Dezember 31, 2010

Zuletzt gesehen: FILME IM DEZEMBER 2010


Rammbock

(D/A 2010, Marvin Kren) (7/10)

Schautag
(D 2009, Marvin Kren) (6/10)

Long Weekend
(AUS 1977, Colin Eggleston) (9/10)

Invictus
(USA 2009, Clint Eastwood) (2/10)

Rare Exports
(FIN/F/NOR/S 2010, Jalmari Helander) (3/10)

Burlesque
(USA 2010, Steven Antin) (4/10)

The Tourist
(USA 2010, Florian Henckel von Donnersmarck) (2/10)

Monsters
(GB 2010, Gareth Edwards) (3/10)

Black Swan
(USA 2010, Darren Aronofsky) (3/10)

The Tingler
(USA 1959, William Castle) (7/10)

13 Ghosts
(USA 1960, William Castle) (6/10)

Repulsion
(GB 1965, Roman Polanski) (8/10)

La Locataire
(F 1976, Roman Polanski) (7/10)

TRON: Legacy
(USA 2010, Joseph Kosinski) (6/10)

Love and Other Drugs
(USA 2010, Edward Zwick) (1/10)

You Will Meet a Tall Dark Stranger
(USA/S 2010, Woody Allen) (5/10)

Der Räuber
(D/A 2009, Benjamin Heisenberg) (7/10)

Skyline
(USA 2010, Colin Strause, Greg Strause) (2/10)

Tatort: Nie wieder frei sein
(D 2010, Christian Zübert) (6/10)

The House of the Devil
(USA 2009, Ti West) (9/10)

The Descent
(UK 2005, Neil Marshall) (8/10)

Red Hill
(AUS 2010, Patrick Hughes) (3/10)

Solitary Man
(USA 2009, Brian Koppelman, David Levien) (5/10)

Notting Hill
(GB/USA 1999, Roger Michell) (6/10)

Vegas Vacation
(USA 1997, Stephen Kessler) (1/10)

Hausu
(J 1977, Nobuhiko Ôbayashi) (7/10)

White Lightnin'
(GB 2009, Dominic Murphy) (1/10)

Vengeance
(HK/F 2009, Johnnie To) (7/10)

Carlos
(F/D 2010, Olivier Assayas) (7/10)

Macon County Line
(USA 1974, Richard Compton) (6/10)

Moon
(GB 2009, Duncan Jones) (4/10)

The Road
(USA 2009, John Hillcoat) (8/10)

El Secreto de sus ojos [The Secret in Their Eyes]
(ARG 2009, Juan José Campanella) (3/10)

The X Files – Season 3
(USA/CDN 1995, David Nutter, Kim Manners u.a.) (8/10)

Dezember 30, 2010

Zuletzt gesehen: MACON COUNTY LINE

Ein wenig in Vergessenheit geratenes, aber Mitte der 70er recht erfolgreiches Indie-Road-Movie, das heute fälsch- licherweise unter der neuerdings attraktiven Umschreibung Grindhouse firmiert. Weitere Begriffe, die man mit dem Film in Verbindung bringen könnte, wären Drive-In-Cinema oder Redneck Nightmare, ich persönlich bezeichne die gelegentlich etwas schmuddeligen und besonders amerikanischen Vertreter dieser Art gern als "Highwayploitation" – eine grobe Formkategorie quasi, nur echt mit rostigen Schrottkarren, zurückgebliebenen Psychopathen und durchs Bild wehenden Tumbleweeds. Obwohl "Macon County Line" einige Merkmale dieser Filme trägt und auf DVD in Richtung "The Hitcher" vermarktet wird, erweist er sich eher als Selbstjustizdrama und Gesellschaftsporträt, das sogar einen wahren Fall nachstellt. Ein etwas kürzerer Vorlauf bis zum eigentlichen und erst im letzten Drittel konkret verhandelten Kern der Geschichte um Eskalation und US-Traumata und einige weniger nebulöse Verweise auf den politischen Zeitgeist der 50er Jahre (durch die 70’s-Brille) hätten dem Film eine noch größere Schlagkraft verliehen, doch trotz seines etwas ungenutzten Potenzials und der alles andere als konzentrierten Inszenierung ist "Macon County Line" sehenswertes Kino aus der Hochphase New Hollywoods.


60%

Zuletzt gesehen: MOON

Visuell eindrucksvolle, aber wenig originelle Quasi-Emulation diverser Science-Fiction-Klassiker, die Regisseur Duncan Jones für sein Filmdebüt sowohl ästhetisch ("2001" & "Solaris"), als auch inhaltlich ("Silent Running" & "Soylent Green") bemüht. Die Grundprämisse eines einzelnen Astronauten, der nach dreijähriger Stationierung auf dem Mond seiner Heimreise entgegensieht, wird zunächst mit atmosphärischen Bildern aus Einsamkeit und Tristesse vermittelt, ehe der Film denkbar umständlich seine Geschichte zu erzählen beginnt. Statt die interpretierfreudigen Ereignisse der Handlung nur zu umreißen und an Fragen nach Isolation und Identität zu knüpfen, erweist sich die zurechtgebogene Idee des Films nur als sklavisch an Drehbuch und Regie gekoppelte Plotsackgasse, über der dann auch die schwergewichtige moralische Klagehaltung zur unglaub- würdigen Pose gerinnt. Jedweden existenzialistischen Tiefgang verwirft "Moon" schließlich zugunsten einer albern zur Schau gestellten Kritik an der wirtschaftlichen Profitgier von übermorgen – statt gedanklich hinterfragt wird lieber fleißig gerügt. Die mangelnde Subtilität des Films hätte Jones im Abspann eigentlich nur noch mit dem Evergreen seines Vaters krönen müssen: Ground control to Major Tom. Space Oddity – na ja.


40%

Dezember 29, 2010

Zuletzt gesehen: 13 GHOSTS

Bedauerlicherweise wird William Castle damals wie heute vorwiegend auf seine legendären Gimmicks, seine lebhafte Effekthascherei und seine schrulligen Rip-Off-Versuche diverser Erfolgsfilme aus der A-Liga reduziert, obwohl seine Regiearbeiten zutiefst surreal, anmutig und durchaus auch künstlerisch ambitioniert waren. "13 Ghosts", der ebenso wie "House on Haunted Hill" ein charmeloses CGI-Remake über sich ergehen lassen musste, ist hingegen wahrscheinlich am Wenigsten geeignet, dieses Vorurteil auszuräumen. Tatsächlich ist der Film konsequent um seine attraktive Zugabe herum konzipiert – an bestimmten Stellen konnte der Zuschauer im Kino mit einem so genannten Ghostviewer (= anaglyphe 3D-Brille) selbst entscheiden, ob er die Geister sehen möchte oder nicht – und darüber hinaus eher ein wenig trostlos geraten. Castle schummelt sich zwar elegant um den eigentlichen Aufhänger des Films, die Titel gebenden Geister, doch nach der wunderbar stimmigen Exposition geht ihm auch dabei allmählich die Puste aus. Ironischerweise gelingt es dem Film dennoch, durch seinen pseudointeraktiven Gimmick die relativ dünne Inszenierung und den rasch als Plotaufhänger enthüllten Geisterstoff zu kaschieren: In der "Illusion-O"-Version, also der ursprünglichen Kinofassung, die auf der mittlerweile vergriffenen Erstauflage der US-DVD von Columbia enthalten ist, gerinnt "13 Ghosts" zum erinnerungswürdigen Happening mit unschlagbarem Unterhaltungswert. Und Margaret Hamilton, die hier als wandelndes "Wizard of Oz"-Zitat durch den Film schleicht, ist wiederum eine Gimmick-Klasse für sich.


60%

Dezember 26, 2010

Zuletzt gesehen: WHITE LIGHTNIN'

Pseudoprovokativer Nonsensfilm voller pubertärer Unappetit- lichkeiten, hinter dessen gewollter Kunstattitüde sich lediglich eine so banale wie harmlose Biopic-Struktur mit nervtötendem Voice-Over verbirgt. Diverse Filter, Abblenden und stilisierte Spielereien vor Dauerbeschall mit Countrysongs sollen die dümmliche Haltung des Films offenbar akustisch und visuell kaschieren, demonstrieren allerdings unentwegt den Mangel an Feinsinn, inszenatorischem Können und jedweder erzählerischer wie ästhetischer Komplexität. Selten wurde White Trash im Kino so derart plump verhandelt, selten bebilderte ein Regisseur soziale Abstiegsmilieus so unverblümt als Werbeclipstrecke. Am Ende driftet dann nicht nur der psychopathische Protagonist in den Wahnsinn, sondern auch der Film: Overacting und Overdirecting geben sich die Klinke in die Hand. Ein Banalitätserzeugnis der besonders üblen Sorte – geeignet wohl für Zuschauer, die Kontroverses nur im Wohlfühlmantel mit ausreichend konventioneller Fütterung ertragen.


10%

Zuletzt gesehen: SOLITARY MAN

Konsequent auf Michael Douglas zugeschnittene Tragikomödie, der mit dieser prägnanten Altersrolle im revisionistischen Spätwerk angekommen ist. Douglas’ Figur, ein nicht altern wollender, notorischer und triebgesteuerter Betrüger mit Vorliebe für deutlich jüngere Frauen, lässt einige autobiographische Bezüge erahnen, während der Film auch ganz konkret Verbindungen zur Karriere des Schauspielers zieht, u.a. mit der Besetzung seines langjährigen Freundes Danny DeVito. Eine gewisse Affinität zum filmischen Schaffen von Douglas gereicht "Solitary Man" zum Vorteil, Anspielungen auf dessen unzählige Machorollen in diversen Erotikthrillern inklusive. Douglas spielt die Titelfigur zwar exzellent, wen die Geschichte eines abgehalfterten Womanizers bzw. den daran geknüpften Rückblick aufs eigene Werk allerdings angehen soll, bleibt Rezeptionssache. Mir hat’s hier etwas an Substanz und Wehmut gefehlt, der Film geht nicht wirklich ans Eingemachte und als Charakterstudie bleibt er dünn. Hübsch anzuschauen, vor allem wegen der guten Besetzung, aber auch allzu routiniert und zielsicher heruntergedreht. Und was beispielsweise "Gran Torino" für Clint Eastwood war, das möchte mit "Solitary Man" und Michael Douglas – so nebenbei – auch nicht recht funktionieren.


50%

Dezember 22, 2010

Zuletzt gesehen: SKYLINE

Nach "District 9" und "Monsters" der nächste vergleichsweise kostengünstige Sci-Fi-Quatsch, der seine gänzlich auf Spezialeffekte herunter gebrochene Prämisse allerdings gleich zu Beginn stolz ausstellt. "Skyline" ist nichts weiter als die vollkommen irrelevante Effektdemo eines sonst im Trickbereich tätigen Regiegespanns und hat im Kino eigentlich überhaupt nichts verloren. Den Strause-Brüdern fällt dann auch nicht viel mehr ein, als ausgelutschte Genreklischees und die wie üblich bei Spielberg entliehenen Invasionsbilder aneinander zu reihen, einen im grässlichen TV-Look gehaltenen 08/15-Plot abzuspulen und das ganze mit unerträglichen Aushilfs- darstellern zu unterfüttern. Da der Film vermutlich auch oder insbesondere als ulkiger Alien-Trash verstanden werden möchte, hätten ihm ein wenig Charme oder weniger forcierte Naivität gut getan – so wirkt der ganze Blödsinn ausschließlich nervtötend, kalkuliert und nicht gekonnt. Reinste Zeitverschwendung.


15%

Dezember 21, 2010

Zuletzt gesehen: DER RÄUBER

Die "wahre Geschichte" eines österreichischen Bankräubers und Mörders, der in den 80er-Jahren als "Pumpgun-Ronnie" für Schlagzeilen sorgte und bereits Kinofilme wie Kathryn Bigelows Heist-Romanze "Point Break" inspirierte. "Der Räuber" ist die trostlose, karge und mitunter auch schwerfällige Drama- tisierung des Stoffes nach dem Roman von Martin Prinz. Rund 100 Minuten mit dem kaltschnäuzigen Protagonisten verbringen zu müssen, ist dabei angesichts der subjektiven Erzählhaltung eine reizvolle Herausforderung, zumal der Film, trotzdem er von Bewegung und Dynamik lebt, zu großen Teilen eher still steht. Dieser Widerspruch, wenn man ihn als solchen bezeichnen möchte, mag sich daraus ergeben, dass Benjamin Heisenbergs Film zwar Merkmale des Biopics und auch klassischer Caper-Movies trägt, durch die ausgeprägten Manierismen der "Berliner Schule" – in Anführungszeichen, weil es ja doch nur ein diffuser Begriff zur Einordnung ist – aber auch kaum als reines Genrekino verstanden werden kann. In den extravaganten Fluchtszenen brilliert "Der Räuber" mit beeindruckend gefilmten Verfolgungsjagden, die in der Inszenierung von Tempo und Kinetik an die beiden "Bourne"-Sequels von Paul Greengrass erinnern, durch ihren vergleichsweise reduzierten, makellosen Schnitt jedoch eine eigenständige Faszination entwickeln. Insgesamt ein etwas unentschlossener, aber einfach bemerkenswert inszenierter Film.


70%

Dezember 20, 2010

Last Seen: YOU WILL MEET A TALL DARK STRANGER

Mit Good Old Woody ist’s immer nett oder absolut unerträglich. Mal amüsieren die hübschen Geschichtchen für Bildungsbürger, die milden Dialogfetzchen und das gekonnte Jonglieren mit leichtem Witz und Figuren vom Reißbrett. Mal nerven die gestrigen Altmännerposen, der quirlig verkleidete Sexismus und die endlosen Laber-Rhabarber-Schleifen. Ein schmaler Grat. Aber Europa liegt wieder einmal zu Woodys Gunsten vor: In London hat’s noch immer was Frisches, das übliche Beziehungstheater des Stadtneurotikers. Alles ist gewohnt gewitzt und das ungewohnt gewitzt. Gute Besetzung, wie so oft. Jeder zeigt, was er kann, und hier können alle was. Also nett. Der Film macht Spaß, er amüsiert, er ist leichte Kost und so weiter. Heitere Comedy im besten Sinne, ein lockeres Geschäft, für Weinkenner ein Muss. Und tatsächlich ziemlich komisch, auch wenn’s um nix geht. Ich habe mich wunderbar unterhalten und den Film jetzt schon wieder vergessen – perfekt.


50%

Dezember 16, 2010

Dezember 14, 2010

Kino: THE TOURIST

Was ist eigentlich schlimmer – Florian Henckel von Donnersmarck oder die Filme, die er macht? Der Größenwahn eines Mediengespensts oder die Zelluloidverwurstungen eines Wenigkönners? Das elitäre Geschwafel über die Adelshoheit oder die klebrige Filmhochschulsülze? Erinnerung: Das bayrische Wunderkind Florian gewann den Oscar für seinen Hollywoodanbiederungs- und Uni-Abschlussfilm "Das Leben der Anderen". Anschließend hat er öffentlich Henry Hübchen verunglimpft und sich an die Poperze von Tom Cruise gekuschelt. Dann organisierte er schnurstracks einen Umzug nach Los Angeles und verschwendete 100 Millionen US-Dollar für "The Tourist", den ödesten Starfilm seit der Erfindung von Starfilmen. Und nun macht er Promotion für dieses Vehikel, z.B. in der Süddeutschen, wo er über den glorreichen Hitler-Widerstand der Adelsklasse und seinen Cousin "KT" zu Guttenberg sinniert. "Die Donnersmarcks sind ja die Erben von Goethe.", sagt er. Und: "Vielleicht hat es noch nie in der Geschichte der Menschheit irgendjemand besser gehabt als ich."

Florian ist also der Auserwählte. Er hat einen kulturellen Bildungsauftrag und er hat sich mit zwei Filmen sowohl als politischer Filmemacher wie auch Unterhaltungsregisseur beweisen wollen. Neo-Flo, the One, ist ein viel beschäftigter Mann zwischen Goethe-Erbe, Oscarjunge und gesellschaftlicher Selbstaufgabe. Und den Hollywood Dream muss er auch noch träumen. "You'll never get over this", soll ihm Steven Spielberg nach der Oscarverleihung zugeflüstert haben – Flo hat lange über diesen Satz gerätselt, ist aber zu dem bequemlichen Schluss gekommen, dass Spielberg Filmpreise wahrscheinlich viel wichtiger als er nehme. Und sowieso habe F. H. v. D. den Oscar ja nicht für sich, sondern für uns gewonnen: "Da ist 'Germany' eingraviert." – Adel verpflichtet, die Mission eben. Nächster Halt: Bundes- ministerium für Bildung. Dann kann Flo seinem KT mal von Minister zu Minister die Hand schütteln.

Drei Jahre Zeit nun hat er sich nach seinem Stasi-Siegeszug genommen, um Drehbücher zu wälzen, Projekte zu sortieren, Kontakte zu knüpfen. Und dann fiel seine Wahl ausgerechnet auf ein US-Remake des französischen Films "Anthony Zimmer" von Jérôme Salle, einer seichten Spionagekomödie mit Urlaubsflair. In den Hauptrollen zwei der bestbezahlten Hollywoodstars, erstmals gemeinsam vor der Kamera. Alles streng auf Kurs, Kino nach Plan. Möglichst früh an der eigenen Vielseitigkeit werkeln, um es auch als großer Auteur zu schaffen. An denen hat sich Flo schließlich schon immer orientiert: "Das Leben der Anderen" adaptierte Prämisse und Ästhetik von Coppolas "The Conversation" auf Schmal- spurniveau, "The Tourist" bemüht sich um die komplexe Leichtigkeit eines "To Catch a Thief" oder "Charade". Hitchcock und Donen, die massakrierten Paten.

"The Tourist" ist letztlich ein reines Branchenerzeugnis, eine formschöne gewollte Visitenkarte fürs Ego seines Regisseurs und ein so derart irrelevanter Film, dass eigentlich jede Zeile über ihn eine Zeile zu viel wäre. Aalglattes Starkino gut und schön, doch was Angelina Jolie und Johnny Depp hier zwischen gelangweilter Möchtegern-Laszivität und aufgedunsener Unansehnlichkeit an komatösen Dialogen aufsagen, das grenzt an vollständige Arbeitsverweigerung. Der Film ist in einem derartigen Schneckentempo erzählt, mies geschrieben und einfallslos in Szene gesetzt, dass die Academy besser auf der Stelle ihren Goldjungen zurückordern sollte.

Diese einschläfernde, dröge, lahmarschige Krimikomödie tut mit ihren dilettantischen Actionszenen und dem hundsmiserablen Schnitt nicht nur physisch weh, sie leistet sich in ihrer nicht gekonnten Laissez-faire-Attitüde auch noch eine widerwärtige Selbstgefälligkeit, die man wohl nur auf ihren Regisseur zurückführen kann. Dieses Nichts an Story, dieses hoch hinaus wollen und ganz unten landen, diese streberhafte, aber durch und durch ungenügende Nullnummer von einem Film ist nichts anderes als das ganz große Scheitern – und wird die erschlichene Karriere unseres Auserwählten, wenn es ihn schon nicht auf den Boden der Tatsachen bringen sollte, mit ein wenig Glück ins vorschnelle Aus befördern.


15% - erschienen bei den: 5 FILMFREUNDEN

Interviewquellen: SZ /FAZ


Dezember 12, 2010

Zuletzt gesehen: THE TINGLER

Nach seinem Publikumserfolg "House on Haunted Hill" (1959) steuerte Gimmick-Maestro William Castle mit "The Tingler" auf den Höhepunkt seiner Karriere zu. Der Film gilt heute als sein Meisterwerk, sein Opus Magnum, sein meistzitierter Klassiker. Es ist gar nicht mal Castles beste, aber vielleicht doch seine eindrücklichste Regiearbeit. Die Geschichte über menschliche Angst, die sich zu einem an der Wirbelsäule entstehenden Krabbelmonster manifestiert, zu eigenem Leben erwacht und nur durch einen entsetzlichen Hilfeschrei bezwungen werden kann, ist zweifelsfrei Trash mit Hochachtung, aber auch eine treffliche Reflexion von Horrormechanismen, die Castle wie kein anderer beherrschen wollte. Der Einbruch der Vierten Wand im Finale, die zur Komplizenschaft mit dem Publikum einladenden Fake-Filmrisse und direkt an die Zuschauer gerichteten Dialoge verleihen "The Tingler" zusätzlich filmreflexive Qualitäten, die das cinephile Herz höher schlagen lassen. Visuelles Highlight: Eine in Farbe gedrehte Badezimmerszene mit surrealem Einschlag. Most sleazy moment: Der erste LSD-Trip der Filmgeschichte. Wahre Größe: Vincent Price, der mit seinem unnachahmlichen Habitus selbst noch die schäbigsten Dialoge zum vollendeten Genuss macht.


70%

Dezember 10, 2010

Zuletzt gesehen: MONSTERS

Eines unter bald zahllosen "District 9"-Rip-Offs, also Science-Fiction als Alien-Arthouse betont anders gedacht und mit wenig Geld auf den Weg gebracht. Die ja durchaus nicht uninteressante Prämisse des Films, das Kriegsgeschehen um die Ausbreitung außerirdischer Riesenmonster ins Framing zu verbannen, die üblichen Erwartungen an das Genre durch den Verzicht aufs große Spektakel nicht zu erfüllen und das Ausmaß der Katastrophe lediglich nuanciert am Rande zu streifen, bleibt leider völlig chancenlos gegen die stattdessen in den Mittelpunkt gerückte Liebesgeschichte und den schwerfälligen Road-Movie-Charakter. Der mühsam, aber dennoch beharrlich vorangetriebene Plot mitsamt seiner dramaturgischen Unzulänglichkeiten steht wiederum der rein sinnlichen Erfahrbarkeit eines apokalyptischen Endzeit- szenarios im Weg, wodurch "Monsters" auch als bloße meditative Zustandsbeschreibung einer aus den Rudern gelaufenen Welt zu keiner Zeit Reize entwickeln mag. Bemühte Bezüge zur Realpolitik und ein selbstverständlich indirekt an 9/11 gemahnender Grundtenor geben dem ganzen konzeptionellen Missverständnis den Rest. Insgesamt ein arg unausgegorener und prätentiös müffelnder Sci-Fi-Schmu, der sich anders und unherkömmlich behaupten, aber auch keinerlei tragfähige, effektive oder weitergedachte Alternativen zu den Konventionen des Genres anbieten möchte.


30%

Dezember 08, 2010

Photo des Tages!

Googlen du musst.

Dezember 07, 2010

DVD/BD: RAMMBOCK

Zombies in Berlin, überall. Ein Weltuntergangsszenario auf Kreuzberger Art. Apokalypse Altbau, Horror Hinterhof. – Die Deutschen und das Genrekino, immer noch von allerhöchstem Seltenheitswert. Ein Zombiefilm, co-produziert vom ZDF, das wäre dann wohl sogar Meta, eine schöne Wunschvorstellung oder ein redaktioneller Unfall. Aber "Rammbock" von Marvin Kren ist tatsächlich ein zunächst als kleines Fernsehspiel fürs Nachtprogramm erdachter und dann schließlich gar fürs Kino weitergereichter Zombie- oder korrekterweise Virushorrorfilm aus Deutschland, mit freundlicher Unterstützung vom Zweiten Deutschen Fernsehen. Und er ist ziemlich klasse, er braucht Vergleiche mit Danny Boyles London-Dystopie "28 Days Later" nicht scheuen, und auch mit all den anderen Romero-Erben nicht. Ein Film von großer Eigenwilligkeit, Charme und Konsequenz, der nicht einmal Bonussympathien für seinen Mut zum teutonischen Genrekino benötigt.

Der Wiener Michael (Michael Fuith) sucht seine Gabi. Die Beziehung ist am Ende, drum will er sie in Berlin überraschen und zurückerobern. Doch Gabi ist nicht zuhause, nur Handwerker trifft Michael in ihrer Wohnung an. Und dann geht alles ganz schnell. Der Heizungsmann mutiert zur bissfreudigen Bestie, Sirenen ertönen, das Fernsehen sendet nur noch Testbilder. Michael und der Auszubildende Harper (Theo Trebs) müssen sich verbarrikadieren, um vor einer wütenden Infiziertenmeute sicher zu sein. Ein aussichtloser Überlebenskampf beginnt, um der Epidemie zu entrinnen. Aber wo ist eigentlich die Gabi?

Den Einbruch des plötzlichen Grauens in den ganz gewöhnlichen Berliner Alltag inszeniert Kren von Beginn an als faszinierenden Kontrast: Bilder mutierter Menschen und Genreästhetik in Kombination mit hauptstädtischem Lokalkolorit, das hat einen ganz speziellen Reiz. Folglich bindet er die Räumlichkeiten des typischen Altbaukomplexes in die Handlung ein und verarbeitet den apokalyptischen Horror äußerst geschickt als Kammerspiel im Hinterhof. Das (manchmal etwas vordergründige) Drehbuch von Benjamin Hessler kombiniert dabei stets Gegensätze – alltäglich banale treffen auf existenzielle Umstände – und vermeidet bewusst die Klischees der US-Vorbilder: Die Helden sind keine Superhelden, sie verteidigen sich nur ungern und machen dabei natürlich keine sonderlich gute Figur. Sie ziehen sich zurück, verstecken sich in Wäschekammern und auf Dachböden, versuchen sich nachvollziehbar in der Ausnahmesituation zu positionieren.

Zuletzt ließ Regisseur Bruce LaBruce den untoten Titelhelden seines "Otto; or, Up with Dead People" durch Berlin schwelgen, "Rammbock" aber fügt sich den Konventionen des Genres wesentlich deutlicher, was seine Klischeebrüche und Modifizierungen am sonstigen Horrorkino umso erfrischender erscheinen lässt. Einen waschechten und ernsthaften Zombiefilm aus deutschen Landen hat es ja nun auch dringend einmal gebraucht, insbesondere nachdem die lebenden Toten hier bisher ausschließlich ein trauriges Dasein im Amateurquatsch der Schnaas- und Rose-Fanzirkel fristen mussten. Da ist es nur konsequent, dass Kren seine Geschichte nicht ironisiert: Die Helden können keine Zombiefilmalphabete aufsagen und müssen auch nicht knöcheltief im Blut waten. Einen so puren Zombiefilm gab es schon lange nicht mehr. Wirklich schade, dass er nur etwas über eine Stunde läuft.


70% - erschienen bei den: 5 Filmfreunden

Dezember 04, 2010

Zuletzt gesehen: INVICTUS

Clint Eastwoods filmische Schlaftablette über Nelson Mandela und den südafrikanischen Rugby-World-Cup Mitte der 90er. Morgan Freeman darf mit dem Blick eines Teddybären endlich den sanftmütigen Anti-Apartheid-Kämpfer geben, der in seiner Vita noch gefehlt hat. Und Matt Damon spielt Rugby mit blondierten Haaren. Ein endlos ermüdendes pseudopolitisches Pathosgewäsch mit schlecht ausgearbeiteten Figuren, das mit Eastwoods Vorliebe für minutiöses Pianogeklimper in dauerhaften Halbschatten ersäuft. Weder mitreißend noch tiefsinnig, so gehaltvoll wie ein Wikipedia-Dreizeiler über den südafrikanischen Rugby-Sommertraum und in seiner Winner-Dramaturgie so belanglos wie öde. Mit dieser ideenlosen Bebilderung des Amtsantritts Mandelas mag sich Eastwood einen persönlichen Gefallen getan haben, interessantes Potenzial oder spannende Perspektiven gewinnt er dieser Geschichte zu keiner Sekunde ab. Megagelacktes, ur- amerikanisches Formatkino zum Abgewöhnen.


20%

Dezember 02, 2010

Zuletzt gesehen: LONG WEEKEND

Das kommt leider viel zu selten vor: Man schaut einen Film, über den man eigentlich nichts weiß, wirklich gar nichts. Man hat, obgleich er schon 1977 produziert wurde und gar nicht mal allzu unbekannt ist, nie bewusst etwas von ihm gehört oder gelesen. Man legt die DVD ein, begibt sich auf eine unbekannte Reise und weiß am Ende gar nicht, was man da eigentlich gesehen hat. Wie man die Euphorie einordnen, wie man den Wahnsinn sinnvoll beschreiben oder was man überhaupt über das Gesehene sagen soll, um es irgendwie fassen zu können. Mich hat das australische Juwel "Long Weekend" von Colin Eggleston so derart fasziniert, verstört und mitgerissen, dass ich es nur grob skizzieren kann: Ein unglaubliches Vexierspiel mit der filmischen Erzählung. Ein Psychodrama, ein gnadenloses Horrorkorsett, ein wirklicher Angstmacher. Ein wunderbarer Metapherndschungel. Eine Beziehungsallegorie. Eine menschliche Parabel. Ein Gewaltenfilm. In jeder Beziehung pure Intensität. Eine filmische Lehrstunde, mindestens im Umgang mit Tondesign. Einfach groß, ganz groß. Die persönliche Entdeckung des Jahres.


90%

Zuletzt gesehen: FILME IM NOVEMBER 2010


The House on Sorority Row

(USA 1983, Mark Rosman) (6/10)

Sorority Row
(USA 2009, Stewart Hendler) (4/10)

Saw 3D
(USA/CDN 2010, Kevin Greutert) (5/10)

Tangled
(USA 2010, Nathan Greno, Byron Howard) (5/10)

Casablanca
(USA 1942, Michael Curtiz) (9/10)

Explorers
(USA 1985, Joe Dante) (6/10)

Spider-Man 3
(USA 2007, Sam Raimi) (8/10)

Carrie
(USA 1976, Brian De Palma) (5/10)

Se7en
(USA 1995, David Fincher) (7/10)

Greenberg
(USA 2010, Noah Baumbach) (8/10)

Annie Leibovitz: Life Through a Lens
(USA 2006, Barbara Leibovitz) (3/10)

Inception
(USA/GB 2010, Christopher Nolan) (3/10)

Survival of the Dead
(USA 2009, George A. Romero) (7/10)

Harry Potter and the Deathly Hallows: Part 1
(GB 2010, David Yates) (4/10)

Lawrence of Arabia [in 70mm]
(GB 1962, David Lean) (9/10)

My Son, My Son, What Have Ye Done
(D/USA 2010, Werner Herzog) (6/10)

It
(USA 1990, Tommy Lee Wallace) (6/10)

Ondine
(IRL 2009, Neil Jordan) (5/10)

The Next Three Days
(USA 2010, Paul Haggis) (5/10)

Journey to the Center of the Earth 3D
(USA 2008, Eric Brevig) (1/10)

Strait-Jacket
(USA 1964, William Castle) (7/10)

Mad Monster Party
(USA 1967, Jules Bass) (7/10)

The X Files – Season 2
(USA/CDN 1994, Rob Bowman, Chris Carter u.a.) (8/10)

Dezember 01, 2010

Zuletzt gesehen: MAD MONSTER PARTY

Stop-Motion-Trickfilm als schauerromantisches Musical. In Deutschland bis heute komplett unbekannt, ist "Mad Monster Party" mit seinen knuddeligen Gruselpuppen, schrägen Dialogen und beschwingten 60’s-Sounds zumindest in den USA ein beliebter Animationsklassiker, dessen Einfluss besonders auf die Trickfilme Tim Burtons unverkennbar ist. Der Titel des kruden Vergnügens ist Programm: Frankenstein (gesprochen von Boris Karloff!) beordert Graf Dracula, den Wolfsmensch, die Mumie, den Unsichtbaren, Dr. Jekyll & Hyde und andere illustre Schauergestalten in sein Schloss, um dort seinen Neffen Felix als Erben auszurufen, was unter den anwesenden Monstern auf wenig Begeisterung stößt. "Mad Monster Party" steckt voller liebenswürdiger Details, verneigt sich vor Genregrößen wie Peter Lorre und gilt mit seiner aufwändigen Animation und insbesondere der Figuren- zeichnung völlig zu Recht als einer der Pioniere des Trickfilms. Das alles ist unaufgeregt, heute fast schon lethargisch und irgendwie ein wenig neben der Spur, aber dem Charme des Films kann man sich nur schwer entziehen.


70%

November 29, 2010

November 28, 2010

Zuletzt gesehen: STRAIT-JACKET

Nach einer ganzen Reihe berühmter Gimmick-Filme, deren Vermarktung und Rezeption sich – zum Teil auch: leider – in erster Linie mit legendären Attraktionen um fliegende Skelette und elektrisierte Sitze in den hiesigen Kinos verband, hat William Castle in seinem bekanntesten Spätwerk 1964 den vielleicht größten Gimmick seiner Karriere aufgefahren: Joan Crawford. "Strait-Jacket", in geradezu kunstvollem Trash aus billigem Horroreffekt, banalpsychologischer Dramaturgie und erwärmender Melodramatik ein Meisterstück des unter- schätzten Autorenfilmers, ist Crawfords Bühne, ganz auf sie zugeschnitten, um ihre Schauspiel-Range herum erbaut. Ein hochkarätiger Brocken Edel-Sleaze mit einem echten A-Star in der Hauptrolle, der nach "What Ever Happened to Baby Jane?" folgerichtig in den süßen Niederungen des B-Movies landen musste. "Strait-Jacket" ist umwerfend inszeniert, mal hysterisch, mal melancholisch, einfach wunderschön – irgendwo zwischen Rip-Off-Ästhetik und eigenwillig-originärer Camp-Schauerstunde: Grande Dame Guignol, hat man das einmal sehr treffend genannt. Ein Film voller Highlights, im Guten wie im Schlechten, aber immer mit Leidenschaft.


75%


Ein sehr lesenswertes Plädoyer für das unterschlagene Kino William Castles hat Bloggerkollege Sano kürzlich an dieser Stelle verfasst.

November 26, 2010

Zuletzt gesehen: SORORITY ROW

Mitunter solides, aber komplett austauschbares Slasher-Remake im Hochglanzformat. Der ausgelassenen Farbverspieltheit des stimmungsvollen Originals setzt die Neuauflage aalglatte Bilder in kühler Ausleuchtung entgegen, die der Atmosphäre nicht gerade zuträglich sind. Die Verbindungsschwestern mutieren im Remake allesamt zu garstigen Biestern oder ziemlich langweiligen Zicken, was ins Konzept passen mag, aber die Figuren getreu üblicher Slasherfilme nur wieder leichtfertig als Opfervieh ausweist. Das enorm käsige Finale und die durch und durch unwürdige Gastrolle Carrie Fishers verspielen obendrein einige Sympathiepunkte, während die einzigen wirklichen Lichtblicke die Bezugspunkte zum Original bleiben. Ansonsten weitestgehend unoriginell, zuweilen launig, insgesamt deutlich blutiger als das Original. Mit hoher Toleranzgrenze: Gerade noch so unterdurchschnittlich.


40%

November 24, 2010

Kino: SAW 3D

Wenn einem schon nach wenigen Minuten allerlei Blut und Gekröse, Körperteil und Gedärm um die Ohren fliegt, weiß man wieder zügig, woran man ist. "Saw", die beständige Folterserie, das derzeit zuverlässigste Horrorunternehmen des Kinos und der einzige wirkliche Franchise-Riese im Genre, beglückt jedes Jahr aufs Neue mit hübschen Fallen, konstruierten Hintertürchen und ideenreichen Blutschüben. Ob’s nun gefällt oder nicht: Die Reihe liefert regelmäßig ab, was sie verspricht, und das auf durchaus akzeptablem Niveau, seit nunmehr sieben Filmen. Jetzt aber soll zum letzten Mal gesägt werden.

Der Jigsaw-Killer ist also bislang nicht totzukriegen. Was eine gewisse Ironie mit sich bringt, denn eigentlich ist er schon in Film Nummer drei abgetreten. Tobin Bell, der Star der Serie, geistert seither in Rückblenden durch die Handlung und steuert das Geschehen quasi aus dem Jenseits. Obwohl Jigsaw keine wirkliche Rolle mehr spielt, bleibt er das Cover-Zugpferd der Reihe. Seine Nachkommen sind ihm hörig, sie führen die tüfteligen Mordfallen munter fort und das, zugegeben, aus keinem wirklich ersichtlichen Grund. Es scheint vielmehr, als verberge sich hinter den nicht enden wollenden Jigsaw-Erben ein gewisser Kodex: Eine Ideologie des Tötens.

Darin lag schon immer der Kern der "Saw"-Filme, die ihre Splatter-Ergüsse stets mit einer Prise banalisierter Gesellschaftskritik zu legitimieren versuchten. Jigsaw, der seinen Opfern ausgerechnet mit Tod bringenden Fallen den moralischen Wert des Lebens vor Augen führen möchte, sinniert als todkranker Psychopath über Moralvorstellungen und entscheidet willkürlich, wer ein guter und wer ein schlechter Mensch zu sein hat. Bis zu einem gewissen Punkt musste sich die Serie deshalb zu Recht den Vorwurf gefallen lassen, sadistischen Hardcore-Horror mit Nazilogik anzureichern und fürs Multiplexkino salonfähig zu machen.

Mit immer abstruseren Storykonstrukten und einem deutlichen Rückgang der fragwürdigen Jigsaw-Monologe hat sich die Reihe allerdings schnell zum verlässlichen Folterspaß gemausert, der nicht anders als die zahllosen Slasher-Filmserien der 80er Jahre strukturiert ist. Kreatives Töten heißt die Formel, der Rest wird irgendwie so gebogen, dass es passt: Zweckerfüllung. Die "Saw"-Serie ist immerhin redlich bemüht, das Drumherum mit verschiedenen Erzählebenen, wechselnden Protagonisten und verschachtelten Rückblenden verhältnismäßig komplex zu gestalten. Tatsächlich bilden alle sieben Filme ein zusammenhängendes Gewebe, aus dem man ein Stück nicht ohne weiteres heraustrennen kann.

Deshalb geht es auch in "Saw 3D – Vollendung", so hat man den siebten Film hierzulande genannt, genauso verschachtelt zu wie bisher. Detective Mark Hoffman (Costas Mandylor) hängt die Backe schief, nachdem Jigsaws Witwe (Betsy Russell) ihm am Ende von "Saw VI" den berüchtigten Folteraufsatz übers Gesicht stülpte. Hoffman allerdings überlebt und setzt sein blutiges Treiben fort, während Frau Jigsaw bei der Polizei um Immunität bittet, um dafür mit exklusiven Informationen zur Stellung des Killers beizutragen. Das übliche Katz-und-Maus-Spiel nimmt seinen Lauf, während zwischenzeitlich diverse Menschen in diversen Todesfallen ihre Leben lassen müssen.

Wenn eine Horrorserie sich auf dem Höhepunkt ihres Erfolges als Finale oder letztes Kapitel ankündigt, dann weiß man als geneigter Fan in der Regel, dass es jetzt erst richtig losgeht. Unwahrscheinlich zumindest, dass "Saw 3D" bei Einspielergebnissen von weltweit bereits knapp 100 Millionen US-Dollar wirklich die „Vollendung“ besiegelt. Zwar schließt sich der Kreis zum Schluss abermals, als der Bogen bis zum ersten Film von James Wan gespannt wird, aber das kann’s ja nun trotzdem noch nicht gewesen ein. So lange Jigsaw Milch gibt, wird er auch gemolken. Das war bei Freddy, Jason und Konsorten nicht anders.

Immerhin fällt den "Saw"-Produzenten immer noch was Neues ein. Der siebte Film nun eröffnet wie gewohnt mit einer obligatorischen Mordfalle, die allerdings in einem Schaufenster platziert ist. Vor den Augen der Öffentlichkeit bluten zwei Männer um die Gunst ihrer Flamme, bis irgendwann haufenweise Innereien umher fliegen. Der Beginn von "Saw 3D" dürfte sicherlich zu den bisher originellsten der Serie gehören, was ja auch nicht mehr selbstverständlich ist.

Gastauftritte mehr oder weniger bekannter Größen wie hier Linkin-Park-Sänger Chester Bennington gehören inzwischen genauso zum Programm wie die stärkere Ausgestaltung des "Saw"-Universums. Die Handlung der Filme scheint nunmehr schließlich eine derart tragfähige Plotmythologie gebildet zu haben, dass Jigsaw als gesellschaftlicher Boogey Man bereits zum Medienphänomen aufgestiegen ist. Immerhin haben sich mittlerweile Selbsthilfegruppen von Jigsaw-Überlebenden versammelt, während man in TV-Shows als Opfer kuriose Berühmtheit erlangen kann. Das "Saw"-Netz lässt sich munter weiter spinnen.

Was also soll man jetzt groß über "Saw 3D" sagen, außer, dass er völlig okay ist, dass er die Franchise-Erwartungen erfüllt und die im Prinzip eher Thriller-orientierte Handlung der Vorgänger fleißig weiterführt. Besonders ambitioniert ist das alles zwar nicht, aber das gehört zum Prinzip. Die besten Ideen stecken wie immer in kreativen Foltermethoden, die schlechtesten in der Entwicklung der Figuren. Das Billig-3D hat’s nicht gebraucht, sonst aber ist der Film nicht anders, nicht besser oder schlechter als die bisherigen Kapitel der Serie. Alle wie aus einem Guss – zielgenau produziert, ganz auf die Bedürfnisse der Fans zugeschnitten. "Saw"-Business as usual, im guten Sinne.


50% - erschienen bei: gamona

Zuletzt gesehen: THE HOUSE ON SORORITY ROW

Mit einigen Thrilleranleihen versehener, aber sonst recht exemplarischer B-Horror aus der Blütezeit des Slasherfilms, der in Deutschland seltsamerweise bisher nie veröffentlicht wurde. Den genreüblichen Zutaten fügt Regisseur Mark Rosman, besonders visuell unverkennbar ein Protegé Brian De Palmas, wenig hinzu: Die unheilvolle Exposition aus der Vergangenheit, promiske Teenager, die auf den Tod warten, und ein sleaziger Plot, dem es hin und wieder an Gross-Out-Momenten fehlt. "House on Sorority Row" funktioniert aber wie viele seiner Vertreter als atmosphärisches Zeitkolorit in schicken Bildern, und nicht zuletzt die erstaunlicherweise sinfonische Musik von Richard Band trübt über die gelegentlich arg ungelenke Inszenierung hinweg. Autor Kevin Williamson hat den Film offenbar genau geschaut und die Idee trügerischer Schuld im jugendlichen Sündenpfuhl clever für sein Drehbuch zum unterschätzten "I Know What You Did Last Summer" konkretisiert.


60%

November 23, 2010

Zuletzt gesehen: ONDINE

Die Geschichte vom Mädchen aus dem Wasser, als irisches Sozialdrama durchaus eigenwillig neu erzählt. Mit unbeirrtem Glauben ans Phantastische und gewohnt genreunbestimmt inszeniert Neil Jordan seine Version des Stoffes irgendwo zwischen Neuzeitmärchen und Liebesfilm, Familienmelodram und Thriller. Wie so oft beschreibt der Regisseur die Sehnsucht nach Märchenhaftigkeit im grauen Alltag, den Christopher Doyle zu schmuck- und wirkungsvollen Bildern formt, wie seine Kamera sich ohnehin als stärkste erzählerische Kraft des Films erweist. Eigentlich ist "Ondine" ziemlich schön, mit lakonischem Humor, Mut zum Kitsch und einem ungemein starken Colin Farrell in der Hauptrolle. Aber bis zuletzt wusste ich nicht, was ich davon halten sollte, alles blieb ungreifbar und distanziert, ohne wirklichen Fokus oder roten Faden. Vielleicht ist das seine Stärke, warm wurde ich damit aber nicht so recht. Und mittlerweile nerven mich Filme etwas, in denen Musik von Sigur Rós eine mehr oder weniger tragende Rolle spielt.


50%

November 16, 2010

Last Seen: MY SON, MY SON, WHAT HAVE YE DONE

Nach "Bad Lieutenant" hat Werner Herzog nun wieder einen typischen Herzog-Film über Gott und die Welt gemacht. Es geht um Wahnsinn, Menschsein und die Natur, um Himmel und Erde und Wolken und einen wilden Fluss. Dazu noch Tiere, Männer, Bibelzitate, Exotik, Theater und eagles in drag. Und ein paar Fragen danach, wie denn die Welt nun so beschaffen ist. Am Ende der verbürgten, aber recht irrelevanten Geschichte von "My Son, My Son, What Have Ye Done" übergibt Herzog das Schicksal wie so oft dem Zufall und inszeniert den Werdegang eines Basketballs zum Schlüsselmoment. Solch wohltuender Eso-Trash ist aber leider etwas rarer gesät als in seinem Vorgängerfilm, stattdessen verbinden sich Herzogs heitere Einblicke in die menschliche Natur mit den stilisierten Realismusbildern eines David Lynch, der hier ausführend produzierte. Etwas schade doch, dass Herzog sich unterm Strich nur wieder an alten Obsessionen abarbeitet, statt so ungeniert frei zu drehen wie in seinem letzten, diesem hier nicht ganz unähnlichen, Film – gerade oder trotz wegen einiger besonders schöner und amüsanter Regieeinfälle.


60%

Zuletzt gesehen: LA HORDE

Unsäglich langweiliger Blödsinn, der sein Gangster- und Zombiegeschehen am Liebsten permanent aus der Nähe filmt und es sich nicht nehmen lässt, seinen Mangel an ideenreicher Bildgestaltung mit verwackelten Steadys und komplett unmotiviertem Schnitt zu kompensieren. Die megagrottige Inszenierung generiert zu keiner Sekunde Atmosphäre, und die Arschlochfiguren sind so uninteressant, dass man nicht einmal Energie aufbringen möchte, ihnen die Zombies an den Hals zu wünschen – denn die sind genau so ätzend. Von vorn bis hinten absoluter Müll voll unnötiger und überzogener Gewalteinlagen und nach "Frontiers", "Inside" und "Mutants" die nächste Gore-Grotte aus Frankreich.


10%

November 15, 2010

Zuletzt gesehen: INCEPTION

Die ersten Minuten: Bräsige Dröhnmucke von Hansi Hinterzimmer, dann spielende Kinder in Zeitlupe, dann ein am Meer gestrandeter Leonardo DiCaprio mit Schlaf in den Augen. Ob’s hier wohl um etwas total faszinierend Merkwürdiges gehen mag? Zum Beispiel Traum- und damit Identitätsfragen? Wow! Christopher Nolan, Meister des Subtilen. Philosophie wird mit Dauergeballer angereichert, Träume werden auf die denkbar fantasieloseste Art ausbuchstabiert und sind sowieso nur Zerstörung statt Kreation, vor Tiefgründigkeit flüchtet sich "Inception" mit schwergewichtiger Planlos-Action, Knalleffekten und nichts sagender Geschwätzigkeit. Und das Unterbewusstsein ist ein Fahrstuhl – doofer geht’s nimmer. Eine einzige Chose und in seiner sklavischen Erzählverliebtheit eigentlich überhaupt keiner Rede wert. Das Bemerkenswerte aber an diesem künstlich verschachtelten und unnötig aufgeblasenen Film, der letztlich nur eine uralte Fragestellung zweieinhalb Stunden lang zu Tode verschnörkelt, ist seine Fähigkeit, eine bildgewaltige Architektur aus reinem Nichts zu erschaffen und mit ihr ein Popcorn mampfendes Massenpublikum so zu begeistern, dass selbst noch der hinterletzte Vollhorst den Abspann in dem Glauben runterrasseln sieht, etwas außergewöhnlich Komplexes und Unbegreifliches gesehen zu haben. Das hat auch bei mir zumindest soweit funktioniert, als ich mich wider besseres Wissen nicht gelangweilt habe (Inception?), obwohl dieser Film bestenfalls die gestutzte gedankliche Schmalspurversion von David Cronenbergs "eXistenZ" ist. Inhaltloses Posing, reine Hülle, Kino fürs Ego. Bäh.


30%



November 09, 2010

Zuletzt gesehen: GREENBERG

It never rains in Southern California. Alles eine Lüge und der Kitsch regiert die Welt: Mit verkrampften One-Night-Stands, alten Schulfreunden, glückseligem Nichtstun. Dazu Nuscheln, Kichern, Weinen und die besten Dialoge des Jahres. Die totale Neurose, das totale Leben. "Greenberg" ist Drehbuch und Feinsinnigkeit, also vollendete Ultrakunst. Es geht um gar nichts und um alles, also um Kitsch. Ben Stiller kann doch viel, Greta Gerwig kann alles und Noah Baumbach hat den Plan. Hurt people hurt people. Jede einzelne Minute ein Genuss. Verdammt wunderbarer Film.


80%

November 05, 2010

Kino: MACHETE

Stunt-Casting, nächste Runde. Danny Trejo gibt Machete, Steven Seagal den Drogenkönig, Don Johnson einen viehischen Grenzsheriff, Robert De Niro 'nen bösen Senator, Cheech Marin ist als Priester zu sehen, Michelle Rodriguez wie immer als Amazone, Lindsay Lohan als drogenabhängige Blondine (was sonst), aber auch als Nonne (was sonst²). Und die CGI-Brüste von Jessica Alba spielen auch mit. Zusammen ergibt das ein wüstes Gemisch aus korrupten texanischen Politkern und einer mexikanischen Untergrundbewegung, die sich ab und an mal eins auf die Mütze geben. Am Ende saust Machete für 10 Sekunden mit einem ballernden Motorrad durch die Luft. Sonst passiert im Grunde nichts.

"Machete" ist der unter Tarantino- und Rodriguez-Jüngern lang erwartete Film zum Fake-Trailer ihres Schmuddel-Doubles. Ein Überbleibsel aus dem Konzept Pseudo-Grindhouse, das Billiges teuer zu imitieren versuchte. Das Schlechte im Guten, das Naive im Kalkulierten, das Unfreiwillige im Freiwilligen, das Ausstellen und Nachahmen der eigenen Exploitation-Vorbilder auf höherem Niveau.

Und damit ein einziges Missverständnis: Intendierter Trash ist nur halber Trash, wenn überhaupt. Rodriguez und Tarantino mögen mit ihrem Grindhouse-Projekt anständigen Filmulk verzapft haben, an der Mentalität und vor allem Rezeption ihrer Vorbilder haben sie allein mit ungleich höherwertigen Produktionsumständen vorbei inszeniert. Trash wollen heißt nicht unbedingt Trash machen, Trash rezipieren heißt Entdecken, vorbei denken, gegen den Strich gucken. "Machete" ist genauso gewollter Spaß wie "Planet Terror" und damit ziemlich unspaßig.

Müßig wohl, dem Film seine belanglose Handlung, sein Drehbuch ohne Höhepunkte, seine stinklangweilige Regie zum Vorwurf zu machen, schließlich ist’s ja Trash und damit zur Schlechtigkeit legitimiert, nicht wahr. Aber dass Machete in keiner Weise eine tragfähige Titelfigur ist, das wird man sagen dürfen. Dass Danny Trejo nicht grundlos seine gesamte Karriere über nur Neben- und Minidarsteller war, das wohl auch. Jemandem, der kaum eine Treppe hochsteigen kann, nimmt man einen derartigen Actionpart nicht ab, auch wenn er dabei mit Steven Seagal, der es offenbar nicht einmal mehr hinbekommt, sich um sich selbst zu drehen, zweifellos gute Gesellschaft an der Seite hat.

Und selbst für einen Trash-Film, der sich ja offenbar alles erlauben darf, weil Scheiße Programm zu sein scheint, sind drei, vier etwas wildere, etwas launige Momente zu wenig, um sich derart cool abzuklären wie "Machete" mit all seiner aufgesetzten cheasy Attitüde. Herz fehlt hier vor allem, die Liebe zum B-Film bleibt Behauptung, statt Liebe höchstens Vorliebe, Rodriguez’ Ego-Trip eben. Gewollt billig hin oder her, der Mann kann das Bild künstlich verfremden und verschlechtern, Jump-Cuts hier und Anschlussfehler da einbauen wie er möchte: Echt ist das alles nicht. Und charmant – wie die Vorbilder – schon gar nicht.


30% - erschienen bei den: 5 Filmfreunden

November 04, 2010

Kino: DUE DATE

Der Komödie im amerikanischen Mainstream-Kino geht es schlecht. Sie boomt seit Jahren, sie ist rentabel, sie hat den Dreh raus. Und produziert fleißig einen Rohrkrepierer nach dem anderen. Trotz hartnäckiger Versuche, in den Filmen so unterschiedlicher Regisseure wie Judd Apatow, Adam McKay oder Billy-Wilder-Fan Jason Reitman neue Hoffnungsschimmer für das Genre zu installieren, krankt die überwiegende Mehrheit der US-Comedies am strukturell gleichen Problem: Schlechtigkeit, Tendenz steigend. Der potentielle Publikumsliebling "Due Date", ins Deutsche aus unerfindlichen Gründen zu "Stichtag" übersetzt, ermöglicht eine Annäherung: 15 Fragen zum momentanen Zustand der US-Komödie, die dieser Film indirekt beantwortet.


1. Was ist "Stichtag"?

"Stichtag" ist der neue Film der "Hangover"-Produzenten und des "Hangover"-Regisseurs Todd Phillips mit dem "Hangover"- Star Zach Gali…fianakis nach dem "Hangover"-Erfolgsrezept: Männer on the Road, Frauen in the kitchen.

2. Was ist "Hangover"?

"Hangover" ist die erfolgreichste Komödie des vergangenen Jahres. Sie spielte weltweit rund 470 Millionen US-Dollar ein und wird in Kürze fortgesetzt. Im Wesentlichen geht es in dem Film um die Folgen eines haarsträubenden Junggesellenabschieds. Die Geschichte mit den vier Männern, dem Baby, den Tigern, Tucken und Titten wurde zum Publikums- und Kritikerliebling.

3. Wer ist Todd Phillips?

Todd Phillips ist ein Regisseur, Produzent und Drehbuchautor, der seine Karriere mit zotigen Komödien wie "Road Trip" und "Old School" zum Laufen brachte. Seine früheren Filme trugen Züge der rabiaten Humorästhetik der Farrelly-Brüder, mit "Hangover" und nun "Stichtag" scheint seine mildere Midlife-Phase begonnen zu haben.

4. Wer ist Zach Gali…fianakis?

Zach Galifianakis ist ein Stand-Up-Komiker mit relativ unaussprechlichem Nachnamen. Er hat ein paar unbedeutende Nebenrollen in Film und Fernsehen gespielt, bis er mit der tatsächlich recht komischen Fake-Interview-Serie "Between Two Ferns with Zach Galifianakis" und schließlich "Hangover" größere Bekanntschaft und Beliebtheit erlangte. Jetzt, da er ein Shooting-Star zu sein scheint, taucht er in jeder dritten Kinokomödie auf, zuletzt in "Dinner für Spinner".

5. Wer spielt in "Stichtag" außerdem mit?

In "Stichtag" spielen außerdem Robert Downey Jr., Michelle Monaghan, Juliette Lewis und Jamie Foxx mit.

6. Juliette Lewis?

Ja. Sie spielt eine Minirolle als kiffende Mutter namens Heidi (…). Nach ihrer Erfolgslaufbahn in den 90er Jahren (mit Oscar-Nominierung) und Beitritt zu Scientology (mit Weirdo-Faktor) arbeitet sie nun zum dritten Mal mit Regisseur Todd Phillips zusammen. Sonst spielt und singt sie in einer Punkband mit treuer Fangemeinde.

7. Worum geht es in "Stichtag"?

In "Stichtag" geht es um den schnöseligen Kontrollfreak Peter Highman (Downey Jr.), der dringend den Flieger nach Hause zu seiner Frau (Monaghan) bekommen muss, um nicht die Geburt seines Kindes zu verpassen. Am Flughafen macht er Bekanntschaft mit dem Nachwuchsschauspieler Ethan Tremblay (Galifianakis), der ihm fortan nur Pech bescheren wird. Schließlich müssen die beiden aufgrund verschiedener Umstände mit dem Auto quer durch die USA reisen, um rechtzeitig bei Peters Frau zu sein, und erleben dabei einige verrückte Abenteuer.

8. Und worum geht’s eigentlich?

Eigentlich geht’s um die mittleren Jahre ergrauter Männer, Selbstfindung, Freundschaft und Frauen, die zuhause auf der Couch sitzen und ihre Männer vermissen. Also in etwa um das gleiche wie in "Hangover".

9. Was soll daran lustig sein?

Lustig sein sollen die Erlebnisse des ungleichen Paars, zum Beispiel ein ungewollter Autocrash oder eine Verhaftung durch die mexikanische Grenzpolizei. Einmal verkloppt Peter den kleinen Sohn von Heidi, was ebenfalls lustig gemeint sein könnte. Die größten Lacher dürfte eine Szene kassieren wollen, in der Zach Galifianakis sich im Auto parallel zu seinem Hund selbst befriedigt.

10. Ist das denn lustig?

Nein, das ist nicht lustig. Das ist nur der typische Klemmi-Humor typischer US-Komödien von heute, in denen konservierte Geschlechterbilder mit vordergründigen Sexwitzchen kaschiert werden sollen. Andere Comedy-Regisseure mit ebenso ausgeprägtem Mutter- oder Analkomplex, wie Kevin Smith etwa, versuchen ihr reaktionäres Verständnis von Humor wiederum mit endlosen Nerd-Dialogen zu kompensieren.

11. Woran macht sich diese Haltung fest?

Diese Haltung durchzieht sämtliche US-Komödien des Mainstreams und Indie-Mainstreams. "Hangover" und "Stichtag" verstehen eine gute Frau als Kinder gebärende Hausfrau und Mutter, eine schlechte als Wesen mit eigenständiger Sexualität oder Promiskuität, also Nutte bzw. Schlampe.

12. Beispielsweise?

In "Stichtag" werden mindestens eine Handvoll Gags aus dem Umstand generiert, dass Robert Downey Jr. seine Frau verdächtigt, ihn mit seinem besten Freund (Foxx) betrogen zu haben. Höhepunkt dieser zur totalen Dystopie aufgeblasenen Vorstellung ist ein finaler Witz des Films, bei dem Peter im Kreissaal zunächst ein schwarzes Baby erblickt. Die neue Prüderie der US-Comedies hinter einer lediglich behauptet anrüchigen Gesinnung erreicht also allmählich ihren traurigen Tiefpunkt.

13. Ist der Film denn wenigstens okay gemacht?

Der Film ist nicht okay gemacht. Er ist, einmal jegliche Ideologie außer Acht gelassen, ein Film ohne Handwerk. "Stichtag" folgt der inoffiziellen Agenda heutiger US-Komödien: Hauptsache Star-Komiker, der Rest ergibt sich von allein. Drehbücher im Sinne zu ende erdachter Geschichten mit gezielten Pointen oder klugen Wendungen spielen keine Rolle, so lange man irgendeine Fernsehnase hat (zumeist aus Saturday Night Live), der man Gags vorsetzt oder sie einfach vor der Kamera improvisieren lässt. Zach Galifianakis ist so ein Fall. Hat man ihn, hat man den Film – so ungefähr lautet das Konzept. Ob er sich dabei mit seinem Schnarchhumor letztlich nur als komatöse Version von Jack Black erweist, scheint egal zu sein.

14. Könnte ein guter Regisseur da überhaupt etwas retten?

Vermutlich ja. Leider ist Todd Phillips kein solcher. Sein Gespür für Tempo gleicht dem einer Schildkröte, sein Timing hat was von einem epileptischen Anfall in Zeitlupe. "Schluss mit gemütlich" steht auf dem deutschen Poster zu "Stichtag", was eine glatte Lüge ist. Der Film ist so gemütlich wie ein Sesselfurzer – und so witzig. Am deutlichsten entlarvt sich Phillips’ Nichtskönnerei, wenn er auf besonders verzweifelte Regieeinfälle zurückgreift: So schneidet er nach einem Gag immer mal wieder auf die Reaktion des Hundes, damit auch jeder kapiert, dass etwas Lustiges vor sich geht.

15. Und sonst so?

Sonst so ist "Stichtag" einfach kein guter Film, geschweige eine gute Komödie. Er ist sicher besser als "Hot Tub Time Machine", aber auch deutlich schlechter als "Hangover". Was gewiss kein Qualitätskriterium ist. Gegen die müden mainstreamigen US-Komödien der letzten Jahre mit ihrer Klemmi-Moral, ewigen Selbstfindungssoße und Proll-Attitüde muss endlich mal ein Kraut wachsen, sonst wird das nichts mehr mit der Ehrenrettung des Genres.


15% - erschienen bei: gamona

November 03, 2010

Zuletzt gesehen: FILME IM OKTOBER 2010


In This Our Life

(USA 1942, John Huston) (8/10)

Der Baader Meinhof Komplex
(D 2008, Uli Edel) (2/10)

Europe & Italy
(I 1999, Bruno Bozzetto) (6/10)

Alice in Wonderland
(GB/USA 2010, Tim Burton) (6/10)

La Horde
(F 2009, Yannick Dahan & Benjamin Rocher) (1/10)

Legend of the Guardians: The Owls of Ga'Hoole
(USA/AUS 2010, Zack Snyder) (2/10)

Jaws
(USA 1975, Steven Spielberg) (9/10)

Zodiac – Director’s Cut
(USA 2007, David Fincher) (9/10)

AVP: Alien vs. Predator
(USA/GB/D/CDN/CZ 2004, Paul W.S. Anderson) (2/10)

The X Files – Season 1
(USA/CDN 1993, Rob Bowman, David Nutter u.a.) (7/10)

The X Files: I Want to Believe
(USA/CDN 2008, Chris Carter) (3/10)

Harry Brown
(GB 2009, Daniel Barber) (2/10)


Mary and Max
(AUS 2009, Adam Elliot) (9/10)

Machete
(USA 2010, Ethan Maniquis & Robert Rodriguez) (3/10)

The Loved Ones
(AUS 2009, Sean Byrne) (3/10)

Opération Lune
(F 2002, William Karel) (7/10)

Spider-Man
(USA 2002, Sam Raimi) (6/10)

Spider-Man 2
(USA 2004, Sam Raimi) (7/10)

The Ghost Writer
(GB/D/F 2010, Roman Polanski) (8/10)

Clash of the Titans
(USA/GB 2010, Louis Leterrier) (2/10)

Exit Through the Gift Shop
(GB/USA 2010, Banksy) (6/10)

Jackass 3-D
(USA 2010, Jeff Tremaine) (7/10)

Red
(USA 2010, Robert Schwentke) (5/10)

The Other Guys
(USA 2010, Adam McKay) (4/10)

Daybreakers
(AUS/USA 2009, Michael Spierig & Peter Spierig) (3/10)

Fair Game
(USA 2010, Doug Liman) (6/10)

The Runaways
(USA 2010, Floria Sigismondi) (3/10)

The Descent: Part 2
(GB 2009, Jon Harris) (2/10)

Due Date
(USA 2010, Todd Phillips) (2/10)

Rampage
(D/CDN 2009, Uwe Boll) (1/10)

Halloween
(USA 2007, Rob Zombie) (3/10)

May
(USA 2002, Lucky McKee) (7/10)

Triangle
(GB/AUS 2009, Christopher Smith) (3/10)

November 02, 2010

Zuletzt gesehen: TRIANGLE

Und täglich grüßt das Geisterschiff. Typischer Mitschwimmer auf der unsäglichen Welle so genannter Mindfuck-Filme, der eine einzige Drehbuchidee zur totalen Verschnörkelung überdehnt und allein mit der Konstruktion einer fragenden Erwartungshaltung Spannung zu generieren versucht. Die der allgemeinen Einfallslosigkeit wie so oft zuträgliche Ellipsenbildung zur selbständigen Lückenschließung durch interpretierwütige Zuschauer reizt "Triangle" mit banalsten Bildern und einer Überbetonung des, hm, Unheilvollen ohne jegliches stabile Fundament aus, auf dass man sich selbstclever richtig flashen lassen – oder auch einfach genervt abwenden kann. Klassischer Fall eines Films, der an die Eitelkeit des Zuschauers appelliert und diesem eigennützig das Feld überlässt, damit er sich in dem Glauben, etwas besonders Kluges gesehen zu haben, auf die Schulter klopfen und freuen darf (sprich: das Christopher-Nolan-Prinzip).


30%

November 01, 2010

Zuletzt gesehen: THE DESCENT - PART 2

Unmittelbares Sequel zum originären und effektiven Genremeisterwerk von 2005, das das interpretierfreudige Ende des Vorgängers gleich zu Beginn fortsetzungsgetreu zur Eindeutigkeit umdichtet und folglich die gesamte metaphorische Prämisse auf kleinste gemeinsame Nenner herunter bricht: Wahllose Schockszenen, ordentlich Blutgemansche und die unvermeidlich sinnlose Rückkehr an den Ort des Schreckens, den erneuten Abstieg ins Dunkle und die Konfrontation mit verdrängten Ängsten. Ohne den psychologischen Unterbau des ersten Teils wird noch einmal der gleiche Plot mit gleichen Situationen, gleichen Figuren und sogar gleichen Einstellungen nachgespielt, und von allem darf es etwas mehr sein. Zur besseren oder leichter verdaulichen Unterhaltung mag sich der diesmalige Verzicht der sprichwörtlich tiefgründigen Auseinandersetzung mit dem Horrorbegriff vielleicht positiv auswirken, der Mangel an Komplexität, Tiefsinn und damit auch Intensität empfiehlt diese lautstarke Fortsetzung aber eher als konsequent banalisiertes Gegenstück zum nunmehr umso außer- gewöhnlicher erscheinenden Vorgänger, der glücklicherweise und nichtsdestotrotz von diesem schwachsinnigen Nachzügler völlig unberührt bleibt.


20%

Oktober 29, 2010

Zuletzt gesehen: RAMPAGE

Wenn Uwe Bolls bisheriges Œuvre Sesamstraße war, ist "Rampage" nun Teletubbies. Der Regisseur hat mittlerweile ein Anliegen und dreht jetzt Filme mit Botschaft und von gesellschaftskritischer Relevanz. Hier geht es um einen Amoklauf, den Boll nicht ohne manipulatives Geschick zu motivieren versteht. In den Videoregalen findet sich der Film gleich neben aktuellen Neuheiten wie "Harry Brown", Abteilung: Fascho-Gesinnung für Fantasten. In greifbarer Nähe stolpert man vielleicht auch über "Falling Down", "Taxi Driver" steht aber mindestens drei Räume weiter. Der Film jedenfalls – eine heiter übermütige Gewaltfantasie, deren beschränkte Geisteshaltung durch eine drollig-naive Schlusspointe unterstrichen wird (zumindest in der unzensierten Fassung). Die Kamera wackelt nach links und nach rechts, nach oben und nach unten, und im Kopf vom Uwe, da wackelt’s sowieso. Gut ist, dass denkende Menschen über so einen Film nur kichern können. Schlecht ist, dass er von solchen kaum gesehen werden dürfte.


5%

Oktober 28, 2010

Kino: RED

Altes Eisen rostet nicht. Sylvester Stallone und seine "Expendables" haben jüngst demonstriert, dass auch alteingesessene Haudegen noch kräftig auf den Putz hauen können. Warum also nicht gleich eine ganze Garde ehemaliger CIA-Agenten aus dem Ruhestand holen und den jungen Kollegen beweisen, wie man noch so richtig alles kurz und klein ballern kann. „Älter, härter, besser“, so will es der deutsche Titel. Die DC-Comicverfilmung "RED" – "retired, extremely dangerous" – versammelt Bruce Willis, Hellen Mirren, John Malkovich und Morgan Freeman als pensionierte Ex-Killer zu einer augenzwinkernden Actionkomödie. Im Ruhestand und extrem gefährlich.

Punkt sechs Uhr morgens klingelt der Wecker. Dann steht Frank Moses (Willis) auf, macht ein paar Liegestützen, genießt sein Frühstück und telefoniert mit seinem unbekannten Schwarm Sarah (Mary-Louise Parker). Dann liest er Kitschromane, die so Titel tragen wie "Love's Savage Secret". Auf seine alten Tage führt der einstige Top-Agent der CIA also ein geregeltes Leben im Vorort, das durch nichts aus der Ruhe zu bringen ist. Zumindest so lange nicht, bis sein Haus eines Abends von Profikillern in Schutt und Asche gelegt wird, die es wohl aus unerklärlichen Gründen auf sein harmonisches Leben im Ruhestand abgesehen haben.


Weil Frank berechtigterweise davon ausgeht, dass auch seine Telefonflamme Sarah in Gefahr ist, kidnappt er sie zu ihrem eigenen Schutz und wendet sich an seine ehemaligen Kollegen Joe (Freeman), Marvin (Malkovich) und schließlich Victoria (Mirren). Gemeinsam macht sich die Ex-Agentenmeute auf den Weg, um einen alten Auftrag zu vollenden – sie wollen den Noch-Vizepräsidenten töten, ehe er ins Weiße Haus einzieht. Dafür müssen sie allerdings gegen William Cooper (Karl Urban) und somit ihren einstigen Arbeitgeber vorgehen: Die CIA.

Mit der Comicvorlage von Warren Ellis hat
"RED" nur noch wenig gemein, Hollywood hat den Stoff nun deutlich massenkompatibler als familienfreundlichen Actionspaß fürs Kino adaptiert. Der Stuttgarter Regisseur Robert Schwentke zeigt sich allerdings ambitioniert in der Umsetzung: Nach seinem mitteldoofen "Flightplan" und dem megadoofen "Die Frau des Zeitreisenden" ist "RED" ein unauffällig, aber im besten Sinne solide inszenierter Ensemble-Spaß nach Baukastenprinzip. Der Film geht kein Risiko ein und macht demnach nicht viel falsch. Reines Unterhaltungskino auf gutem Niveau.

Die Besetzung ist Trumpf. John Malkovich als unberechenbarer CIA-Veteran? Gekauft. Helen Mirren mit fetter Knarre auf Zack? Wurde auch mal Zeit. Und dazu Auftritte von Hollywoodlegende Ernest Borgnine (93 Jahre alt!) oder Richard Dreyfuss in einer amüsanten Nebenrolle – das funktioniert einfach. Auf seine gut aufgelegten Stars kann sich „RED“ zu jeder Zeit verlassen, sie haben und machen Spaß, selbst wenn das Drehbuch es nicht immer gut mit ihnen meint. Morgan Freeman beispielsweise wird irgendwann einfach aus der Handlung gekickt, und das nicht sonderlich würdevoll. Nun ja.


Die Actionszenen hat Schwentke – bzw. das Second-Unit-Team, so genau weiß man das ja heutzutage nicht mehr – erstaunlich gut im Griff, zumal der Film ein ausgeglichenes Maß findet zwischen klassischen Shoot-Outs und ironisch untersetztem Actionquatsch, der irgendwie ziemlich drüber geht. Probleme ergeben sich da eher zwischen den Rambazamba-Momenten, in denen mitunter viel zu ausgedehnt geschwätzige Dialoge den Film einiges an Tempo kosten. Zwar setzt "RED" offenbar bewusst auf ein gemächlicheres Timing, aber auch einer Komödie über in die Jahre gekommene CIA-Rentner kann etwas inszenatorischer Drive nicht schaden.

"RED"
ist unterm Strich deshalb ein Film der verschenkten Möglichkeiten. Ihm fehlen wirkliche Höhepunkte und denkwürdige Momente, vielleicht auch ein ganz besonderer Besetzungscoup im sonst wunderbar launigen Cast, jemand vielleicht, den man überraschenderweise tatsächlich aus dem (Schauspiel)Ruhestand geholt hätte (Gene Hackman?). Somit bleiben die vielen Nettigkeiten des Films letztlich auch nur solche: Nettigkeiten. In der Geschichte schlummert mehr Potenzial als eine gediegene Action-Comedy. Und dass hier in jeder Hinsicht mehr möglich gewesen wäre, bestätigt dann spätestens das etwas schnarchige Finale.


50%
- erschienen bei: gamona