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Juni 02, 2011

Kino: THE HANGOVER PART II

Nachdem Phil (Bradley Cooper), Stu (Ed Helms), Alan (Zach Galifianakis) und Doug (Justin Bartha) den schwersten Filmriss ihres Lebens halbwegs verdaut haben, reisen die vier einmal um die halbe Welt, um in Thailand die Hochzeit von Zahnarzt Stu zu feiern. Obwohl sich die (Noch-)Junggesellen geschworen haben, es nicht wieder zum Äußersten kommen zu lassen, wachen drei von ihnen nach einer durchfeierten Nacht in einem Hotelzimmer in Bangkok auf (aus irgendeinem Grund ist der vierte im Bunde, Doug, erneut nicht direkt ins Geschehen verwickelt). Wieder haben die Jungs keine Erinnerungen daran, was passiert ist, und wieder bringen ihre Exzesse unangenehme Konsequenzen mit sich. Und der irrelustige asiatische Schwule (Ken Jeong) ist auch wieder mit von der Partie.

Der männliche Ritus, sich zum Ende der Junggeselligkeit mit Freunden noch einmal richtig abzuschießen, bevor es dem heiligen Bund der Ehe beizutreten gilt, kann sehr amüsant sein. Darüber wurden schon diverse komische Filme gedreht, zum Beispiel eben die elliptische Katerkomödie "The Hangover". Sie verstand die letzte große Bachelor Party als Erinnerungslücke, die ihre Protagonisten nach einem bösen Erwachen Stück für Stück und voller Verzweiflung zu füllen bemüht waren. Die enthüllten Details der folgenreichen Sausenacht bewegten sich zwischen schwer harmlos und leicht aufregend und führten am Schluss selbstverständlich zur ehelichen und freundschaftlichen Versöhnung zwischen Mann und Frau und – garantiert platonisch – auch zwischen Mann und Mann.

Nicht ohne finale An- wie Aussprachen, leicht sentimentalem Läuterungsgestus und etwaigen geschmacklosen Witz wiedergutmachender Harmonie folgte "The Hangover" artig den neuerlichen Konventionen der US-Komödie, nach denen jedes Unheil stets wieder zur Ordnung gebracht und jede normative Verunsicherung gebannt werden muss. Selbst noch die verrücktesten Begebenheiten im Alkoholrausch könnten nie ernstlich einen Status Quo aufheben, denn im Männerwolfsrudel ("The Wolfpack") ist am Ende alles ungefährlich – und lustig natürlich sowieso. Dass die bemerkenswert langweilige, witzlose und himmelschreiend verklemmte Prollblödelei 2009 zum Überraschungshit des Jahres avancierte, versteht sich von selbst: Reaktionäre Doofheit war schon immer mehrheitsfähig, besonders beim amerikanischen Publikum.

Nun ist so ein besonders böser Kater nicht wirklich fortsetzungstauglich, erst recht nicht, wenn sich anschließend alles sogar noch zum Besseren wendet. Freilich aber musste Todd Phillips seine Spießerbande in Serie schicken und dem Hangover einen Part II hinterher kippen. Gemäß dem Niveau des Vorgängers greift das Sequel dessen einzige Idee wieder auf und lässt das Wolfpack nach einer durchzechten Nacht erinnerungslos zurück. Neue Stadt, neue Heirat, neuer Kater, alles noch mal nach Erfolgsrezept. Diese 1:1-Kopie des Erstlings ist tatsächlich noch einmal wesentlich tempoärmer als der ohnehin schon schnarchige Vorläufer und feuert seine Wahnsinnsgags dieses Mal im Dreiviertel- stundentakt ab.

Man kann nicht sagen, aus "Hangover 2" wäre irgendwie die Luft raus, denn das hieße ja, der erste Film sei kein Platten gewesen. Aber konnte man dort zumindest noch nachvollziehen, was das leicht zufrieden zu stellende und bierfreudige Jungs- und Jungmännerpublikum an der Geschichte attraktiv zu finden schien (Klemmi-Humor und ein kurzzeitiger Anflug von Normwandlung), lässt einen die Wiederholung eher ratlos zurück. Die durchschaubaren Versuche des Films, Ideen- und (offenbar auch) Lustlosigkeit mit noch zotigeren Einlagen im Ballermann-Modus abzuwehren, münden jedenfalls in abermals schlimmen Verunglimpfungen von Minderheiten und allem, was heterosexuelle Ängste auszulösen vermag.

Als Stu, einst zahnlos und nun auch noch durch ein Tattoo entstellt (auweia!), in Erfahrung bringen muss, während seines Rauschs Sex mit einem Transvestiten gehabt zu haben (und das auch noch in der Rolle des passiven Parts), sind sich seine Freunde und er einig, dass einem Menschen wohl nichts Schlimmeres im Leben widerfahren könne. Entsetzt stellt er fest, einen Dämon in sich zu haben, der ihn offenbar betrunken zu dieser Schrecklichkeit getrieben habe. Das Wolfpack vereinbart Stillschweigen auf Lebenszeit, und dann kommt auch schon wieder das lustige rauchende Äffchen um die Ecke, das dem Film ein ums andere mal aus der Misere helfen muss. Machwerke wie "The Hangover Part II" setzen wohl endgültig einen biederen Schlusspunkt unter das Erbe von John Waters, der solche und andere Derbheiten einst subversiv in den Mainstream schmuggelte – nicht ahnend, zu welch fraglicher Konformität sie einmal beitragen würden.


10% - erschienen bei den: 5 Filmfreunden

November 04, 2010

Kino: DUE DATE

Der Komödie im amerikanischen Mainstream-Kino geht es schlecht. Sie boomt seit Jahren, sie ist rentabel, sie hat den Dreh raus. Und produziert fleißig einen Rohrkrepierer nach dem anderen. Trotz hartnäckiger Versuche, in den Filmen so unterschiedlicher Regisseure wie Judd Apatow, Adam McKay oder Billy-Wilder-Fan Jason Reitman neue Hoffnungsschimmer für das Genre zu installieren, krankt die überwiegende Mehrheit der US-Comedies am strukturell gleichen Problem: Schlechtigkeit, Tendenz steigend. Der potentielle Publikumsliebling "Due Date", ins Deutsche aus unerfindlichen Gründen zu "Stichtag" übersetzt, ermöglicht eine Annäherung: 15 Fragen zum momentanen Zustand der US-Komödie, die dieser Film indirekt beantwortet.


1. Was ist "Stichtag"?

"Stichtag" ist der neue Film der "Hangover"-Produzenten und des "Hangover"-Regisseurs Todd Phillips mit dem "Hangover"- Star Zach Gali…fianakis nach dem "Hangover"-Erfolgsrezept: Männer on the Road, Frauen in the kitchen.

2. Was ist "Hangover"?

"Hangover" ist die erfolgreichste Komödie des vergangenen Jahres. Sie spielte weltweit rund 470 Millionen US-Dollar ein und wird in Kürze fortgesetzt. Im Wesentlichen geht es in dem Film um die Folgen eines haarsträubenden Junggesellenabschieds. Die Geschichte mit den vier Männern, dem Baby, den Tigern, Tucken und Titten wurde zum Publikums- und Kritikerliebling.

3. Wer ist Todd Phillips?

Todd Phillips ist ein Regisseur, Produzent und Drehbuchautor, der seine Karriere mit zotigen Komödien wie "Road Trip" und "Old School" zum Laufen brachte. Seine früheren Filme trugen Züge der rabiaten Humorästhetik der Farrelly-Brüder, mit "Hangover" und nun "Stichtag" scheint seine mildere Midlife-Phase begonnen zu haben.

4. Wer ist Zach Gali…fianakis?

Zach Galifianakis ist ein Stand-Up-Komiker mit relativ unaussprechlichem Nachnamen. Er hat ein paar unbedeutende Nebenrollen in Film und Fernsehen gespielt, bis er mit der tatsächlich recht komischen Fake-Interview-Serie "Between Two Ferns with Zach Galifianakis" und schließlich "Hangover" größere Bekanntschaft und Beliebtheit erlangte. Jetzt, da er ein Shooting-Star zu sein scheint, taucht er in jeder dritten Kinokomödie auf, zuletzt in "Dinner für Spinner".

5. Wer spielt in "Stichtag" außerdem mit?

In "Stichtag" spielen außerdem Robert Downey Jr., Michelle Monaghan, Juliette Lewis und Jamie Foxx mit.

6. Juliette Lewis?

Ja. Sie spielt eine Minirolle als kiffende Mutter namens Heidi (…). Nach ihrer Erfolgslaufbahn in den 90er Jahren (mit Oscar-Nominierung) und Beitritt zu Scientology (mit Weirdo-Faktor) arbeitet sie nun zum dritten Mal mit Regisseur Todd Phillips zusammen. Sonst spielt und singt sie in einer Punkband mit treuer Fangemeinde.

7. Worum geht es in "Stichtag"?

In "Stichtag" geht es um den schnöseligen Kontrollfreak Peter Highman (Downey Jr.), der dringend den Flieger nach Hause zu seiner Frau (Monaghan) bekommen muss, um nicht die Geburt seines Kindes zu verpassen. Am Flughafen macht er Bekanntschaft mit dem Nachwuchsschauspieler Ethan Tremblay (Galifianakis), der ihm fortan nur Pech bescheren wird. Schließlich müssen die beiden aufgrund verschiedener Umstände mit dem Auto quer durch die USA reisen, um rechtzeitig bei Peters Frau zu sein, und erleben dabei einige verrückte Abenteuer.

8. Und worum geht’s eigentlich?

Eigentlich geht’s um die mittleren Jahre ergrauter Männer, Selbstfindung, Freundschaft und Frauen, die zuhause auf der Couch sitzen und ihre Männer vermissen. Also in etwa um das gleiche wie in "Hangover".

9. Was soll daran lustig sein?

Lustig sein sollen die Erlebnisse des ungleichen Paars, zum Beispiel ein ungewollter Autocrash oder eine Verhaftung durch die mexikanische Grenzpolizei. Einmal verkloppt Peter den kleinen Sohn von Heidi, was ebenfalls lustig gemeint sein könnte. Die größten Lacher dürfte eine Szene kassieren wollen, in der Zach Galifianakis sich im Auto parallel zu seinem Hund selbst befriedigt.

10. Ist das denn lustig?

Nein, das ist nicht lustig. Das ist nur der typische Klemmi-Humor typischer US-Komödien von heute, in denen konservierte Geschlechterbilder mit vordergründigen Sexwitzchen kaschiert werden sollen. Andere Comedy-Regisseure mit ebenso ausgeprägtem Mutter- oder Analkomplex, wie Kevin Smith etwa, versuchen ihr reaktionäres Verständnis von Humor wiederum mit endlosen Nerd-Dialogen zu kompensieren.

11. Woran macht sich diese Haltung fest?

Diese Haltung durchzieht sämtliche US-Komödien des Mainstreams und Indie-Mainstreams. "Hangover" und "Stichtag" verstehen eine gute Frau als Kinder gebärende Hausfrau und Mutter, eine schlechte als Wesen mit eigenständiger Sexualität oder Promiskuität, also Nutte bzw. Schlampe.

12. Beispielsweise?

In "Stichtag" werden mindestens eine Handvoll Gags aus dem Umstand generiert, dass Robert Downey Jr. seine Frau verdächtigt, ihn mit seinem besten Freund (Foxx) betrogen zu haben. Höhepunkt dieser zur totalen Dystopie aufgeblasenen Vorstellung ist ein finaler Witz des Films, bei dem Peter im Kreissaal zunächst ein schwarzes Baby erblickt. Die neue Prüderie der US-Comedies hinter einer lediglich behauptet anrüchigen Gesinnung erreicht also allmählich ihren traurigen Tiefpunkt.

13. Ist der Film denn wenigstens okay gemacht?

Der Film ist nicht okay gemacht. Er ist, einmal jegliche Ideologie außer Acht gelassen, ein Film ohne Handwerk. "Stichtag" folgt der inoffiziellen Agenda heutiger US-Komödien: Hauptsache Star-Komiker, der Rest ergibt sich von allein. Drehbücher im Sinne zu ende erdachter Geschichten mit gezielten Pointen oder klugen Wendungen spielen keine Rolle, so lange man irgendeine Fernsehnase hat (zumeist aus Saturday Night Live), der man Gags vorsetzt oder sie einfach vor der Kamera improvisieren lässt. Zach Galifianakis ist so ein Fall. Hat man ihn, hat man den Film – so ungefähr lautet das Konzept. Ob er sich dabei mit seinem Schnarchhumor letztlich nur als komatöse Version von Jack Black erweist, scheint egal zu sein.

14. Könnte ein guter Regisseur da überhaupt etwas retten?

Vermutlich ja. Leider ist Todd Phillips kein solcher. Sein Gespür für Tempo gleicht dem einer Schildkröte, sein Timing hat was von einem epileptischen Anfall in Zeitlupe. "Schluss mit gemütlich" steht auf dem deutschen Poster zu "Stichtag", was eine glatte Lüge ist. Der Film ist so gemütlich wie ein Sesselfurzer – und so witzig. Am deutlichsten entlarvt sich Phillips’ Nichtskönnerei, wenn er auf besonders verzweifelte Regieeinfälle zurückgreift: So schneidet er nach einem Gag immer mal wieder auf die Reaktion des Hundes, damit auch jeder kapiert, dass etwas Lustiges vor sich geht.

15. Und sonst so?

Sonst so ist "Stichtag" einfach kein guter Film, geschweige eine gute Komödie. Er ist sicher besser als "Hot Tub Time Machine", aber auch deutlich schlechter als "Hangover". Was gewiss kein Qualitätskriterium ist. Gegen die müden mainstreamigen US-Komödien der letzten Jahre mit ihrer Klemmi-Moral, ewigen Selbstfindungssoße und Proll-Attitüde muss endlich mal ein Kraut wachsen, sonst wird das nichts mehr mit der Ehrenrettung des Genres.


15% - erschienen bei: gamona

Juli 24, 2009

Kino: THE HANGOVER

Bevor er den heiligen Bund der Ehe schließt, wird der smarte Noch-Junggeselle Doug von seinen drei besten Freunden auf einen Kurztrip nach Las Vegas eingeladen, um in geselliger Männerrunde ein, zwei, drei Kästen Bier leeren und, man kennt das ja irgendwie, den letzten Abend in ‚Freiheit’ entsprechend auskosten zu können. Dass seine drei Buddies, der eitle Lehrer Phil, der etwas stockige Zahndoktor Stu und der nerdige Tollpatsch Alan, am nächsten Morgen mit einem kräftigen Kater erwachen, war dabei sicherlich noch abzusehen – nicht jedoch, dass der Bräutigam in spe plötzlich verschwunden, das Hotelzimmer komplett auf den Kopf gestellt und die Erinnerungen an die Vornacht quasi ausgelöscht sind. Und dabei gilt nicht nur zu klären, wie der Tiger ins Badezimmer kam oder wem das schreiende Baby im Schrank gehört…

Die dem Zuschauer vorenthaltene, folgenschwere Nacht gilt es nun gemeinsam mit den liebenswert gemeinten Protagonisten zu rekonstruieren. Stück für Stück versuchen die auch äußerlich gezeichneten Jungs nachzuvollziehen, warum der Concierge ihnen plötzlich ein Polizeiauto vorfährt, sie von Gangstern verfolgt werden oder Mike Tyson höchstpersönlich einen mächtigen Groll gegen sie hegt. Das detektivische Aufspüren der Hinweise folgt dabei einem simplen elliptischen Prinzip – dem Gesetz der Lücke, die gefüllt werden will, und den absurden und irrwitzigen Zufällen, aus der eine Komödie ihre sicheren Gags generieren kann. Ein alter Hut, ein geschenkter Gaul, ein wahrer Drehbuchklassiker sozusagen.

Dem Regisseur einiger erfolgreicher Comedies, Todd Phillips, möchte dennoch wenig einfallen beim Ausmalen der leeren Felder. Und so bemüht "The Hangover" stets die offensichtlichsten Zusätze seiner an und für sich hübschen Idee: Kein Regieeinfall, der sich nicht drei Ecken zuvor ankündigt, kein Witz, der sich nicht auf verbrauchte Dosenbierklischees verlässt. Dass dem Film zusätzlich jeglicher Drive, Schwung, Pepp fehlt, er überhaupt eine Geschichte über abstruse Irrtümer mit ermüdender Gemächlichkeit erzählt, mag sich sogar noch als Konzept verstehen – so doch das Genre seit Judd Apatow neuerdings immer eins, zwei Gänge zurückfährt. Den bedauerlichen Mangel an tiefsinnigem Witz und Selbstironie dieser Retortenveranstaltung entschuldigt das aber nicht.

Es irritiert jedoch nicht im Geringsten, dass diese betont altmodische Komödie in ihrem 90’s-Appeal an Filme wie "Honeymoon in Vegas", "Arizona Junior" oder "Very Bad Things" erinnert und sich damit an den Kinokassen als Überraschungserfolg behaupten konnte: Es ist eine sichere Bank, die Geschichte mit den vier Männern, dem Baby, den Tigern, Tucken und Titten. Phillips knüpft in dieser Selbstfindungsschnulze immerhin an seinen eigenen "Road Trip" an – beschrieb dieser noch einen romantischen Rückblick auf die ungehemmten Vorzüge der Adoleszenz, befinden sich die vier männlichen Hangover-Helden schon inmitten einer bürgerlichen Normgesellschaft. Hier wie dort sinniert Phillips gleichermaßen über die Attraktivität des Ausbruchs und der anschließenden Rückkehr ins Gefüge. Der überschaubare Eskapismus der Handlung empfiehlt also auch den Film als willkommene Realitätsflucht für ein Pärchen- und Jungs- publikum, das mit ausreichend Bier und Popcorn seinen nächsten Kulthit gekürt hat.


30% - erschienen bei den: FÜNF FILMFREUNDEN