Juli 20, 2010

Kino: KNIGHT AND DAY

Seit seiner Hüpfattacke auf dem Studiosofa von Oprah Winfrey und dem geplatzten Deal mit Paramount ist der einstige Hollywood-Superstar und Hitgarant Tom Cruise um eine Imagekorrektur bemüht. Doch weder mehr oder weniger ambitionierte Produktionen wie das Kriegsdrama "Lions for Lambs", noch der Geschichtsthriller "Valkyrie" konnten den Ruf des Vorzeige-Scientologen als Kassenmagneten wiederherstellen. Nun scheint Cruise mit der High-Profile-Actionkomödie "Knight and Day" seine Karriere auf sicherem Old-School-Terrain retten zu wollen. Operation: Moneymaker.

Die Zeichen stehen auf Retro: Ein ungleiches Liebespaar im Feuergefecht, das haarsträubende Abenteuer mit schlag- fertigen Dialogen kommentiert. Verbale Geschlechterklischees und irrsinnige Verfolgungsjagden gehen schließlich schon seit den Anfängen des Genres eine glückliche Verbindung ein. In der Tradition von "Charade" oder "North by Northwest" verknüpften diese Filme immer wieder klassische Caper- und Screwball-Motive mit Action- und Abenteuerelementen. Unter der Regie des souveränen, aber stilistisch unauffälligen James Mangold geht "Knight and Day" dabei ganz auf 90er-Kurs: Dieser Film könnte Ihnen gefallen, wenn Sie auch schon "Bird on a Wire" oder "True Lies" mochten.

Worum es hierbei eigentlich geht, wer genau wen oder was verfolgt und wer am Ende wann oder wo glücklich sein wird – geschenkt. Das Strickmuster hat sich nie verändert, es ist höchstens hier und da noch ein wenig blöder geworden. Cruise spielt den smarten Geheimagenten Roy Miller, Cameron Diaz das naive Blondchen June Havens. Er befindet sich auf einer gefährlichen Mission, sie auf der Reise zur Hochzeit ihrer Schwester. Und dann kreuzen sich ihre Wege und werden sich fortan auch nicht mehr trennen: Weil Miller eine geheime Superbatterie (…) besitzt, verfolgen ihn FBI und CIA mit allen Mitteln. Und das garantiert eine mal amüsante, mal romantische Tour der Force mit halsbrecherischen Actioneinlagen.

Die kleine, enorm leistungsfähige Batterie, die die Handlung an- und vorantreibt, ist natürlich nichts weiter als der klassische MacGuffin – sie hat keine wirkliche Bedeutung und könnte auch durch eine Packung Taschentücher oder einen 5-Dollar-Schein ersetzt werden. Ähnlich schematisch und funktional ist die Liebesgeschichte konstruiert, die der Film allerdings nie glaubwürdig entwickeln kann. Es bleibt rätselhaft, was genau Cruise von Diaz wirklich möchte und umgekehrt, beide behindern sich permanent und könnten an zahlreichen Stellen problemlos getrennte Wege gehen. Das (mehrfach umgeschriebene) Drehbuch tut sich schwer, ihre Beziehung innerhalb der rasanten Handlung halbwegs plausibel erscheinen zu lassen.

Das ist bei derartigen Actionkomödien noch mit dem Verweis auf Genretraditionen erklärbar, aber wenn "Knight and Day" die Stringenz seines actionorientierten Plots letztlich durch einige unschön geschummelte Auslassungen herzustellen versucht, verschenkt er auch sein Potenzial. Wie Cruise als Agentenheld nämlich die unmöglichsten Situationen meistert, kann man sich oftmals nur zusammenreimen: Indem er seiner hysterisch kreischenden Weggefährtin ständig Drogen verabreicht (zugegeben: irgendwie unkonventionell) und der Film dankbar ihre Perspektive einnimmt, sieht der Zuschauer am Ende einer spektakulären Szene meistens nur schwarz. Ehe dann die nächste Aufblende in der nächsten schönen Location folgt.

Da macht es sich der Film natürlich etwas einfach und erweist sich konzeptionell als unsauber und pragmatisch in der letztlich lediglich Action- und Comedy-Momente vorbereitenden Handlungsstruktur. Diese aber machen durchaus eine Menge Spaß. Erstaunlich rotznäsig und zeitweise sogar ruppig werden hier Gegner im Minutentakt ausgeschaltet, Karambolagen detailfreudig in Szene gesetzt und gefährliche Stunts geradezu zelebriert. Trotz des unvermeidlichen CGI-Einsatzes scheinen die Actionszenen dabei möglichst an Originalschauplätzen gedreht zu sein und wirken gesetzter als in vergleichbaren Genrefilmen der letzten Jahre.

"Knight and Day" ist dank seiner Albernheiten und saftigen Actioneinlagen deshalb auch stets unterhaltsam und kurzweilig, aber er knüpft bestenfalls oberflächlich an seine Genrevorbilder an. Ihm fehlen originelle Ideen, schöne Regieeinfälle und eine halbwegs schlüssige Geschichte. Und die "Vanilla Sky"-Kombination Cruise/Diaz ist denkbar ungeeignet, um einen solch langbärtigen Filmstoff frisch aufzupolieren. Die beiden sind nicht nur sichtbar in die Jahre gekommen, ihnen fehlt auch der Charme und wirklicher Star-Appeal, um aus derart klischeehaften Rollen noch etwas herauszuholen. Cruise ist kein glaubwürdiger Womanizer und er ist schon gar nicht Cary Grant. Und die Diaz, die sollte vielleicht mal ihren Agenten wechseln.


50% - erschienen bei: gamona

Juli 08, 2010

Kino: PREDATORS

Zurück im Dschungel, zurück im Schlamm, zurück im Actionkino der 80er Jahre. Eine kernige Männergruppe kämpft sich hier mit schwerem Waffengeschütz durchs Gebüsch. Die One Liner sitzen, die Knarren sowieso, und der gemeinsame unsichtbare Feind macht die grundverschiedenen Kerle zu Verbündeten. Aus einem geschickten Set-Up, das die ahnungslosen Männer unvermittelt auf einem fremden Planeten zu sich kommen lässt, generiert der Film einen effizienten Handlungsverlauf: Wo sind wir, warum wurden wir hierher gebracht und was sind das wohl für Monster, die hier ihr Unwesen treiben? Die Predators, außerirdische Jäger und Trophäensammler, haben es auf die beinharten Männer abgesehen. Alles weitere bleibt der Film dem Zuschauer schuldig.

Nach einem erstaunlich stimmungsvollen ersten Drittel hat "Predators" genau damit ein Problem: Sein offensives Konzept der Rückbesinnung und damit Reduktion läuft ins Leere, als der Film seine überlange Exposition an Action- und Spannungsmomente abgeben muss. Man mag darüber streiten können, ob es überhaupt sinnvoll ist, ein durch vier Kinofilme, eine Comicserie und diverse Videospiele hinreichend bekanntes Monster innerhalb der Handlung bis zum ersten Auftritt derart lange anzukündigen, aber offensichtlich setzen Produzent Robert Rodriguez und Regisseur Nimród Antal alles auf Retro, auf ein Gefühl wie beim ersten Mal: Im Geist eines Remakes, das keines sein will, spielen sie noch einmal den ersten "Predator"-Film von John McTiernan nach. Das geht eine ganze Weile gut, ehe sich Laurence Fishburne stellvertretend für die eigentliche Ideenarmut des Films auf die Leinwand quetscht.
Ihm gelingt es tatsächlich, das Projekt komplett auszuhebeln. Wie ein parodistisches Relikt des Originals fährt seine Figur in Wort und Tat alle nur erdenklichen Trash-Geschütze auf. Er behindert den Fluss des Films, stoppt ihn geradezu, und lässt auch keinen Raum für die ausbleibende Plot- und Figurenmotivation, die das elliptisch strukturierte Drehbuch nachzureichen versprach. Von hier an kippt "Predators" um: Statt auf angekündigte Höhepunkte hinzuarbeiten, ergeht er sich in popeligen Verfolgungsjagden und lediglich angedeuteten Actionszenen. Die Inszenierung, völlig aus dem Ruder gelaufen, bewegt sich fortwährend auf dem Niveau von Schadensbegrenzung. Weniger soll dabei augenscheinlich mehr bedeuten, und so steuert der Film überraschend spannungs- und vor allem actionarm auf ein müdes Finale zu, in dem Adrien Brody die Spargeltarzanversion von Arnold Schwarzenegger gibt.

Dadurch erschöpft sich "Predators" im nicht einmal bemühten Neuerfinden eines Franchises, das eigentlich nie eines war. Die kommerzielle Lebenserhaltung der Figur ist nach dem finanziell eher enttäuschenden Sequel von Stephen Hopkins lediglich der Verknüpfung mit einer ungleich komplexeren Monsterkreation zu verdanken: Ohne "Alien vs. Predator" und die dazugehörigen amüsant-doofen Filme würde das einst von Special-Make-Up-Guru Stan Winston entwickelte Rastalockenviech längst in Rente geschickt. Dieser Film hier, ob nun Remake, Reboot oder Reimagening, erweist sich lediglich als verkrampfter und liebloser Versuch, das "Predator"-Franchise auszubauen oder überhaupt tragfähig erscheinen zu lassen. Da muss das Publikum dann gar mit falschen Tatsachen geködert werden: Statt Dutzender Predators im Trailer zählt man im fertigen Film nicht einmal eine Handvoll, und die auf blutiges Goregekröse hoffende Fanfraktion dürfte sich auf der verzweifelten Suche nach harten Actionszenen auch maßlos enttäuscht zeigen.

30% - erschienen bei den: 5 FILMFREUNDEN

Juli 02, 2010

Kino: THE TWILIGHT SAGA - ECLIPSE

Alles wie gewohnt in Forks, Washington: Herzschmerz, Eifersucht, schlechtes Wetter. Bella (Kristen Stewart) steht immer noch zwischen den Fronten und ihre Perücke sieht gar fürchterlich aus. Edward und sein Vampirclan müssen sich gegen eine so genannte "New Blood"-Armee von Blutsaugern zur Wehr setzen, und die oberkörperfreien Indianerwölfe stehen ihm trotz aller Rivalitäten bei. Das macht die Sache für Bella nicht einfacher. Sie ist jetzt zwar verlobt mit dem Vampir (Robert Pattinson), empfindet aber auch Liebe für den Werwolf (Taylor Lautner). "I love you", gesteht sie Jacob, bei Edward dann schon "I love you more". Wirklich kompliziert war und ist das alles nach wie vor nicht, aber langsam geht’s ans Eingemachte: Die Hochzeitsglocken drohen zu läuten und der erste Sex kommt bestimmt. Endlich!

Ich hätte es damals nicht für möglich gehalten, dass die Teenie-Trash-Romanze "Twilight" – bis dato noch lediglich ein, ich sage mal: Jugendbuch-Phänomen – solch ein kommerzieller Erfolg werden würde. Nun muss man ja mittlerweile, neben den Adaptionen der "Harry Potter"-Romane, wohl vom größten und wahrscheinlich auch wichtigsten Kino-Franchise der letzten zehn Jahre sprechen. Das lässt sich als aufmerksamer Filmfreund nur noch schwer umgehen, auch wenn die Filme eigentlich, nun ja, etwas doof sind. Und konservativ und ein bisschen sehr langweilig. Aber immerhin sprechen wir von einer Serie, für die zum Teil hochinteressante Regisseure verpflichtet wurden, oder zumindest im Gespräch waren – zuletzt gar David Cronenberg, der den zentralen Vampirmensch-Konflikt der schönen Bella gewiss nicht nur als schmachtvolle Sehnsuchtsmetapher verhandelt hätte.

Mit dem bisher auf etwas abseitige Genrefilme wie den superguten "Hard Candy" oder den superschlechten "30 Days of Night" abonnierten Briten David Slade haben die Produzenten für den dritten "Twilight"-Film "Eclipse" aber auch eine alles andere als langweilige Regiewahl getroffen. Nach Catherine Hardwicke und Chris Weitz ("New Moon") bringt Slade ein deutlich markanteres visuelles Konzept in die Serie ein, das sich in modischen (aber eben immerhin:) Horrorbildern verortet. Neben den üblichen rührseligen Gefühlsbekundungen zwischen Bella und ihren monströsen Verehrern, Vampir-Romeo Edward und Sixpack-Werwolf Jacob, setzt der dritte Film zudem einige dramaturgische Actionakzente, die Slade mit spürbarer Genreaffinität möglichst ausspielt. Dafür, dass hier zum dritten Mal in Folge eigentlich nichts passiert, passiert dann doch so einiges: Kämpfe und so was, durchaus unterhaltsam.

Slade findet im Vergleich zu seinen Vorgängern ein ausgewogenes Verhältnis zwischen romantischem Sinnieren in Larifari-Dialogen und mehr oder weniger packenden Action- und Horrorszenen. Der dritte Film rückt, was seinen Look und die besseren visuellen Effekte betrifft, nunmehr tatsächlich in den Bereich des Blockbuster-Kinos vor, auch wenn das Budget von nicht einmal 70 Millionen US-Dollar immer noch bescheiden ausfällt in Relation zum erwartungsgemäß gigantischen Einspielergebnis. Aber: Das ist alles gut gemacht hier. Der Score von Howard Shore ist sogar großartig, geradezu episch, konkurriert im Film hingegen natürlich mit zahlreichen schwerfälligen Pop- und Indiesongs. Allerdings sind auch die wieder schön! Wenn Muse etwas von einer Neutron Star Collision singen, verkauft sich diese jugendliche Ménage à trois zumindest nicht unter Wert.

"Eclipse" gibt allmählich Anlass, "Twilight" heimlich mögen zu dürfen. Für junge Mädchen und sicher auch ein paar Jungs kurz vorm Coming Out ist diese Serie eine legitime Projektionsfläche für naive idealisierte Träumereien. "Twilight" konserviert klassische Prinzessinnenwünsche, für die es offenbar immer noch Bedarf gibt. Bella ist, getreu dieser Logik, so etwas wie das Pony von heute. Und natürlich scheint es bezeichnend, dass derlei Mädchenfantasien offenbar nur noch im Fantasy-Kontext ausgemacht werden dürfen, um einigermaßen integer zu bleiben. Das verrät wohl doch einiges über das ideologisch vermeintlich bedrohliche Potenzial dieser Filme, die ihrer konservativen Sehnsüchte zum Trotz wohl nichts weiter als harmlose Bebilderungen unschuldiger Pubertätswünsche sein können.


60% - erschienen bei den: 5 FILMFREUNDEN

Zuletzt gesehen: FILME IM JUNI 2010


Day & Night

(USA 2010, Teddy Newton) (8/10)

Toy Story 3
(USA 2010, Lee Unkrich) (7/10)

Cloverfield
(USA 2008, Matt Reeves) (5/10)

War of the Worlds
(USA 2005, Steven Spielberg) (7/10)

National Treasure
(USA 2004, Jon Turteltaub) (5/10)

National Treasure: Book of Secrets
(USA 2007, Jon Turteltaub) (6/10)

Columbo: A Trace of Murder
(USA 1997, Vincent McEveety) (5/10)

Dirty Dancing
(USA 1987, Emile Ardolino) (8/10)

Introducing Dorothy Dandridge
(USA 1999, Martha Coolidge) (3/10)

The Curse of the Cat People
(USA 1944, Robert Wise, Gunther von Fritsch) (3/10)

La Tourneuse de pages [The Page Turner]
(F 2006, Denis Dercourt) (7/10)

Scoop
(USA/GB 2006, Woody Allen) (4/10)

Match Point
(GB/USA 2005, Woody Allen) (3/10)

Heart and Souls
(USA 1993, Ron Underwood) (6/10)

La Ley del Deseo [Law of Desire]
(E 1987, Pedro Almodóvar) (2/10)

Avatar
(USA 2009, James Cameron) (7/10)

The Godfather: Part II
(USA 1974, Francis Ford Coppola) (9/10)

The Godfather: Part III
(USA 1990, Francis Ford Coppola) (5/10)

The Masterpiece That Almost Wasn't
(USA 2008, Kim Aubry) (7/10)

This Is It
(USA 2009, Kenny Ortega) (3/10)

Amityville Horror
(USA 2005, Andrew Douglas) (2/10)

The Panic Room
(USA 2002, David Fincher) (3/10)

You've Got Mail
(USA 1998, Nora Ephron) (5/10)

Top Secret!
(USA 1984, Jim Abrahams, David Zucker, Jerry Zucker) (6/10)

Ruthless People
(USA 1986, Jim Abrahams, David Zucker, Jerry Zucker) (6/10)

Paranormal Activity
(USA 2007, Oren Peli) (3/10)