Februar 28, 2013

TV: Ulmens neue Show – sexistisch oder doch clever?

Skandal! Subversiv! Sexistische Kackscheiße! Zu "Who Wants to Fuck My Girlfriend", der neuen Show von Christian Ulmen, schien bereits im Vorfeld jeder eine Meinung zu haben. Ein erstes Urteil nach zwei bislang gesendeten Folgen.

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Februar 27, 2013

Mel Gibson – Comeback-Versuch einer Nervensäge

Nach dem selbstverschuldeten Ende seiner Karriere lockt ein neuer Film mit Mel Gibson allerhöchstens noch beinharte Fans in die Kinos. Doch schon auf dem Höhepunkt seines Erfolges strapazierte er das Nervenkostüm. Eine Analyse der Selbstfolter.

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Februar 25, 2013

Kino: SIGHTSEERS

Man wird unscheinbare Liebespärchen nach diesem Film mit anderen Augen betrachten: Von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit reisen zwei vermeintlich langweilige Briten in einem Wohnmobil durch Mittelengland und ziehen dabei eine bluttriefende Spur hinter sich her. "Sightseers" ist rabenschwarz, bitterböse und widerwärtig witzig – eine Komödie für alle, die sich auch gern einmal unliebsamer Menschen entledigen würden. [...]

Februar 24, 2013

Zuletzt gesehen: THE PAPERBOY (2012)

Das Interessiere von Lee Daniels, Genregeschichten in demonstrativen sozialen Milieus zu erzählen, setzt sich mit diesem schwülstigen Südstaaten-Pulp-Thriller eindruckslos fort. Anders als bei "Precious: Based on the Novel etc.pp." löffelt der Poverty-Exeget seine Human-Trash-Suppe dieses Mal aus einem Fass sonderbarer Peinlichkeiten und versammelt eine Riege abgehalfterter Hollywoodstars zur Fremdscham-Party. John Cusack sleazt sich unfassbar albern durch eine Rolle als notgeiler Sumpfbock, Matthew McConaughey feiert die manieristische Reprise seines "Killer Joe". Um die krampfhaften, ganz und gar merkwürdig mit vollstem Ernst auf filthy und kinky geeichten Pseudo-Schmuddeleien anrüchig und/oder heiß finden zu können, muss man "The Paperboy" schon mit großen Tomaten auf den Augen oder aber dicken Spinnweben in der Hose schauen. Was sich auf dem Papier verheißungsvoll gibt (Nicole Kidman uriniert auf Zac Efron, goil!!111), ist so vergessenswert und ausnahmslos unsexy inszeniert, dass allerhöchstens stockverklemmten Amis das Gesicht anläuft. Die fast, aber auch wirklich nur fast schon wieder interessante Planlosigkeit des Films auf allen Ebenen lässt einen zumindest nicht vorzeitig wegdösen – was bei so viel bedeutungsschwangerer Langeweile fürwahr einem Wunder gleichkommt.


20%

Februar 22, 2013

Zuletzt gesehen: JUBILATION STREET [KANKO NO MACHI] (1944)

Die japanische (Nach-)Kriegsgeschichte lässt sich an Keisuke Kinoshitas Filmen auf faszinierende und stets ganz unterschiedliche Art nachvollziehen. Eine kleine Straße irgendwo in Tokio, 1944: Nach Jubel ist den verbliebenen Bewohnern erst einmal nicht zumute, sie stehen kurz vor der Evakuierung und müssen auf den letzten Metern des allgegenwärtigen Krieges nun doch noch ihren Wohnort verlassen. Die "Jubilation Street" als beinahe hermetischen Schauplatz hat Kinoshita nach wenigen Minuten etabliert, geschickt verbindet er gleich zu Beginn unterschiedliche Schicksale und Geschichten auf eng abgestecktem Raum. Die Liebesbeziehung einer jungen Frau zu einem Testpiloten steht im Mittelpunkt des situativen Entwurfs, an ihr formuliert der Film eben nicht nur Durchhaltewillen und Mobilisierung, sondern vor allem die Angst vor Schmerz, vor Verletzung und natürlich auch dem drohenden Heimatverlust. Offenkundig funktionale Einsprengsel, die Kinoshita möglicherweise verordnet wurden, unterläuft der Filmemacher sanftmütig. So mag sich das ausdrucksstarke Bild jener Frau, die unter imaginierten Schussgeräuschen um ihren schließlich im Krieg gefallenen Geliebten trauert, derartigen Absichten nur schwerlich fügen. Lediglich das dem Titel dann doch zuspielende Schlussbild nivelliert diesen Eindruck und beraubt den Film deutlich seiner stillen Schlagkraft. 


60%

Februar 21, 2013

Kino: A HAUNTED HOUSE [GHOST MOVIE]

Der "Paranormal Activity"-Filmserie wäre wahrlich Unrecht getan, würde man "Ghost Movie" als deren konsequente Parodie verstehen. Nein, nicht jedes Erfolgs-Franchise bekommt die Spoof-Comedy, die es auch verdient. Wobei der neue Film der kreativen Köpfe hinter komödiantischen Großtaten wie "White Chicks" oder "Dance Flick" mit parodistischem Humor natürlich ohnehin herzlich wenig gemein hat. Eine Bestandaufnahme des absoluten Grauens. [...]

Februar 20, 2013

Kino: DER HYPNOTISEUR [HYPNOTISÖREN]

Die sogenannten Schwedenkrimis, Verfilmungen diverser skandinavischer Beststeller von Stieg Larsson, Jo Nesbø oder Henning Mankell, versprechen spätestens seit der Millenium-Trilogie nicht mehr nur länger hohe Einschaltquoten, sondern auch volle Kinosäle. "Der Hypnotiseur" soll diesen Erfolgstrend fortsetzen, wäre jedoch mit seinen lauen Thriller-Lüftchen im Abendprogramm der Dritten deutlich besser aufgehoben. [...]

Donald Richie

†88

Februar 19, 2013

Kino: WARM BODIES

Auf dem Kinoplakat der stilbildenden Horrorkomödie "Shaun of the Dead" stand einst geschrieben: "Eine romantische Komödie. Mit Zombies." Geradezu wörtlich nimmt diese Prämisse der tatsächlich als zombifizierte Romantic Comedy konzipierte "Warm Bodies". In ihm verliebt sich ein lebender Toter in eine kämpferische junge Frau, die nach anfänglichem Befremden ebenfalls Gefühle für den fauligen Teenager entwickelt. [...]

Februar 18, 2013

Berlinale 2013: NONE SHALL ESCAPE

Eine Vision vom Ende des Krieges: In "None Shall Escape", gedreht 1944, muss sich der ehemalige SS-Gruppenführer Wilhelm Grimm vor einem internationalen Gericht für seine Kriegsverbrechen verteidigen. Deutliche Ähnlichkeiten zum im Produktionsjahr verstorbenen NSDAP-Reichsleiter gleichen Namens dürften kein Zufall sein, genauere Angaben dazu lassen sich aber nicht finden (überdies ist im Vorspann von der Fiktionalität aller Figuren zu lesen). Der in Ungarn geborene und während seiner Karriere überwiegend auf Western spezialisierte Filmemacher André De Toth nutzt die seinerzeit noch hypothetische Rahmenhandlung des Films, um darin ein sonderbar inakkurates Bild deutscher Machtergreifung, des Einmarsches der Nazis in Polen und der Deportation und Ermordung unzähliger Juden zu betten. Die Freiheiten der eher auf melodramatische denn politische oder historische Aspekte abzielenden Inszenierung sowie ästhetischen Bezugspunkte des Hollywood-Studiosystems der 40er ermöglichen De Doth einen eher an kompakten Genreformen orientierten Blick auf sein Sujet: Die Nazis treten als Landeroberer auf, als seien sie Cowboys, die mit Pferden in Städte einreiten, und in der Ergründung der verbrecherischen Hauptfigur neigt "None Shall Escape" zu rühriger Trivialität. So deutet der Film an, Grimms Taten seien durch eine verschmähte Liebe zusätzlich motiviert, sein Ego nach einer Beinamputation außerdem stark beschädigt. Grobe Effekte wie diese sind leider rar im heutigen schlaumeierischen Geschichtsfilm. Der naive Alliiertenschlussappell direkt in die Linse der Kameras sichert "None Shall Escape" zusätzlich einen Status als schönes Zeitdokument. 


65%

Februar 14, 2013

Kino: A GOOD DAY TO DIE HARD [STIRB LANGSAM - EIN GUTER TAG ZUM STERBEN]

Erst Wolkenkratzer und Flughafen, dann schon New York City und schließlich gar halb Amerika. Jetzt also folglich, hm, äh, Moskau? Als gäbe es in den USA nichts mehr zur falschen Zeit am falschen Ort zu retten, verschlägt es John McClane in "Stirb Langsam – Ein guter Tag zum Sterben" nach Russland und später tatsächlich auch nach Tschernobyl. Mit den Ursprüngen der sympathischen Filmreihe hat dieser fünfte Teil kaum mehr etwas gemein. [...]

Februar 13, 2013

Berlinale 2013: PROMISED LAND

Ein, selbstredend, ausnahmslos gut gemeintes Stück Gesinnungskino aus dem populärpolitischen Lager Unterhaltungsfilm schaffender Denker (vgl. Clooney et al., notorisch flache Relevanzfilme wie "Syriana", "Good Night, And Good Luck" oder "The Ides of March"), das von der Gewissenlosigkeit eines Erdgasunternehmens erzählt und seine aufrechte Position in dieser Angelegenheit mit keinem Bild verschweigt. Irgendetwas über den Zustand der USA wird dort jeder herauslesen können, die großen Worte von den Finanzen und den Krisen und den sozialen Scheren, so gleichermaßen korrekt wie arbiträr genug haben die beiden Hauptdarsteller Matt Damon und John Krasinski ihr massiv unterkomplexes Drehbuch dann gewiss schon gefertigt. Natürlich möchte man das, auch aus grundsätzlicher Sympathie zur Damon-Clique und besonders Regisseur Gus Van Sant, ehrenwert finden – mitreißend, unterhaltsam, gewieft ist "Promised Land" allemal – und den filmisch konventionellen Einheitsbrei dem guten Zweck zuliebe runterwürgen. Tut nicht weh, aber bringt einen auch keinen Schritt voran. Immerhin: Damon hat der großartigen Frances McDormand ein paar schöne Momente und Sätze geschrieben. Van Sant hingegen, der sich mit seiner bei Cinephilen feuchte Hosen garantierenden Experimentalphase um die so genannte Trilogie des Todes einst radikal von Wischiwaschi-Filmen wie diesem hier zu emanzipieren wusste, hat sich mit der konfektionsartig umgesetzten Auftragsarbeit seines "Good Will Hunting"-Buddies keinen Gefallen getan. 


40%

Berlinale 2013: A LEGEND OR WAS IT? [SHITO NO DENSETSU] (1963)

"A Legend or Was it?" ist der einzige Film von Keisuke Kinoshita, den das Arsenal-Kino im Programmheft seiner großartigen Werkschau des japanischen Studioregisseurs als 'Meisterwerk' preist. Merkwürdig, dachte ich, ist es doch wiederum die einzige der dort gezeigten Kinoshita-Arbeiten, mit der ich nur wenig bis gar nichts anzufangen wusste. Als eine Art Zwillingsfilm des ebenfalls am Rande der letzten Phase des Zweiten Weltkriegs verorteten Shomin-gekis "Jubilation Street" lesbar, ist "A Legend or Was it?" so gesehen dessen inszenatorisch furiose Überhöhung, ein in farbenfrohen Landschaftsbildern gerahmter Schwarzweiß-Western, der die zunächst banalen Probleme seiner einfachen Figuren zu einem infernalischen Duell steigert. Selbst in die letzten Winkel abgeschiedener Häuslichkeit also ist die virulente Gewalt des Krieges noch kurz vor ihrem Ende eingedrungen, musste habhaft gemacht und bezwungen, musste zur verblichenen Legende werden. Der allegorische Charakter des Films kann sich gegen Kinoshitas ehrwürdigen Genreversuch, gegen die schematische Anordnung der Figuren und künstlich auf Tempo gebrachten Handlungsknäuel, jedoch kaum durchsetzen, nicht zuletzt wegen der Redundanz der experimentellen, zuweilen anachronistischen Musikgestaltung. In seinem nahezu exploitationhaften Tonfall und der hysterischen Extrovertiertheit der Protagonisten wirkt der Film überdies wie ein Gegenentwurf zum Kinoshitaschen Melodram, und ich vermute schlicht, dass ich deshalb nicht ganz warm mit ihm geworden bin. 


50%

Warum der Oscar trotz Nabelschau Spaß macht

Am 24. Februar findet die 85. Oscarverleihung statt. Nominiert sind wie jedes Jahr lediglich Filme, die einer bereits auf Oscarkurs gebrachten Vorauswahl entstammen. Allem Irrsinn zum Trotz bereitet diese Provinzveranstaltung dennoch viel Freude. 

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Februar 12, 2013

Berlinale 2013: THE TROUBLE WITH MONEY [KOMEDIE OM GELD / KOMÖDIE UMS GELD] (1936)

Auch wenn der Titel vielleicht anderes verheißen mag – witzig ist diese selbsternannte Komödie ums Geld nicht. Als Moralstück über Opportunismus und Finanzgeschäfte inszenierte Max Ophüls seine Krisengroteske, die, so lockt es in den schreibenden Fingern, natürlich nichts an Aktualität eingebüßt hat. Gerahmt und durchbrochen wird die "Komedie om geld" von einem drein singenden Zeremonienmeister, dessen burleske Kommentare an Joel Grey im späteren "Cabaret" erinnern, wohingegen Ophüls' sattsam genutzte Metaphern von sozialem Auf- und Abstieg (Fahrstuhlfahrt, ick hör dir trapsen) auch einem Billy Wilder ("The Apartment") gerade recht kamen – immerhin, so will es die Berlinale-Retrospektive, war ja auch er ein Filmemacher mit dem "Weimar Touch". Der Ophülssche Hang zur gestalterischen Perfektion spiegelt sich hier in einer expressiven Kameraarbeit wider, die im Bild sinnfälligen Raum nach oben lässt und ihren Figuren passgenau eine Aura kleiner Männlein verleiht. In der aus verbliebenen Kopien rekonstruierten Fassung fehlen jedoch noch immer Handlungsabschnitte, was der sonstigen narrativen Geschlossenheit eines Ophüls-Films nicht zum Vorteil gereicht (oder Skeptikern von dessen Formgenauigkeit angenehm überraschen wird). Ganz unabhängig davon jedoch: Ein seltsam uninteressanter, höhepunktfreier Film.


40%

Berlinale 2013: FAREWELL TO DREAM [YUYAKE-GUMO] (1956)

Irgendwo da in der Ferne, irgendwo hinter dem Horizont liegt eine Zukunft der Wunscherfüllung. Matrose möchte der 16jährige Yoichi werden, weit weg vom mittellosen dörflichen Leben, das ihn Tag für Tag um seine Möglichkeiten bringt. Die damoklesschwertartige Pflicht will es, dass Yoichi einmal nach dem Tod seines Vaters das familiäre Fischgeschäft fortführt. Und so steht er zu Beginn von Keisuke Kinoshitas "Farewell to Dream" am großen Hügel mit der weiten Aussicht, die bittere Erkenntnis auf dem Gesicht tragend, all jene Träume nie verwirklichen zu dürfen. Als Zuschauer ist einem mit Blick auf den Titel da schon gewiss: Dieses Anfangs- wird auch gleichzeitig ein Schlussbild sein, so wie es ja im Melodram ohnehin immer auch um die Unausweichlichkeit des Scheiterns geht. Gleichwohl "Farewell to Dream" eine Coming-of-Age-Geschichte erzählt, oder eher: Motive einer solchen Geschichte vermittelt, ohne irgendetwas konkret erzählen zu müssen, schält sich aus diesen Motiven vor allem die melodramatische Kraft Kinoshitas, dessen Mitgefühl für hin und her gerissene Figuren sich hier einmal einer dezidiert adoleszenten Perspektive annähert. Als nach einer Reihe von Ereignissen auch noch Yoichis bester Freund (mit dem ihn, darauf verweist Kinoshita in Dezenz, mehr als nur Freundschaft verbindet) in eine andere, in eine weit entfernte Stadt zieht, erreicht die Ausweglosigkeit des still sein Schicksal erduldenden Protagonisten einen neuen fatalistischen Höhepunkt. Sein Ruin ist, was ihm schließlich bleibt, wenn alles andere sich zerstäubt. Ein wahrlich herzzerreißendes Meisterwerk, ein Film ganz ohnegleichen.


90%

Februar 11, 2013

Berlinale 2013: AN ENGAGEMENT RING [KONYAKU YUBIWA] (1950)

Und wieder steht eine Kinoshita-Protagonistin vor der emotionalen Zerreißprobe. Die zwischen ihrem städtischen Juweliersgeschäft und der ländlichen Heimat wöchentlich hin und her pendelnde Noriko (Mizoguchi-Muse Kinuyo Tanaka) verliebt sich in Dr. Ema (Toshiro Mifune, noch ganz am Anfang seiner Karriere), den neuen Arzt ihres lange Jahre schon bettlägerigen Ehemannes. Seit Ende des Zweiten Weltkrieges pflegt sie ihn aufopferungsvoll im Verzicht eigener Bedürfnisse, dann kommt es zur unerwarteten Begegnung. Eine Dreiecksgeschichte, so still und beklemmend, so voller beherrschter Zuneigung und gebändigter Gefühle, dass Kinoshitas Figuren nur während langer Zugfahrten, nur während befreiender Sprünge ins kühle Meerwasser und wortloser Essensrituale ganz zu sich finden können. Den "Engagement Ring", man sieht ihn in einer wunderbar vordergründigen Großaufnahme gleich in der ersten Minute. Und man wird auch mehrfach die neuen Schuhe sehen, die Dr. Ema seiner Noriko zuliebe trägt, und die Gedichte des kranken Ehemannes ebenfalls, die zwischen allen dreien das kommunizieren, was keiner von ihnen zu sagen wagt. "The wind is getting stronger", heißt es kurz vor Beginn des dritten Akts, wenn die feinen narrativen Ellipsen ausgespielten Konfrontationen mit den eigenen Gefühlen weichen. Verbunden durch eine symbolstarke Montage, hemmungslos larmoyante Streicher und die jede zärtliche Geste zum schmerzhaften melodramatischen Blick verdichtende Inszenierung von Keisuke Kinoshita.


80%

Berlinale 2013: PETER [PETER, DAS MÄDCHEN VON DER TANKSTELLE] (1934)

Wenn sich Glenn Close in "Albert Nobbs" als Mann verkleidet, ist das der Academy heute selbstredend eine Oscar-Nominierung wert. Die ungarische Schauspielerin Franziska Gaal, der eine wirkliche Karriere in den USA verwehrt blieb, schlüpfte schon 1934 in Hose und Jackett, um als frecher Tankstellenwart sich und ihren Großvater über die Runden bringen zu können. In der Geschichte der meist auf leicht verklemmte Albernheiten abzielenden Verwechslungskomödie hat dieser "umgekehrte" Fall noch immer eher Seltenheitswert, und der finale Kuss zwischen Gaal und Hans Jaray, beide im Frack, ist so gesehen wohl eine mutige Chuzpe. Der Spaß an "Peter", dieser gut gelaunten, durchweg heiteren romantischen Komödie, wird dann auch bestenfalls marginal durch zeitkontextuelle Gender-Zuweisungen getrübt, denn der heute beinahe noch erfrischender denn wohl seinerzeit erscheinende Umgang mit Geschlechterrollen ist überwiegend von enormer Lockerheit. Ein nahezu selbstverständlicher Cross-Dressing-Ulk, den Hermann Küsterlitz, besser bekannt als Henry Koster, so freilich nur im Exil drehen konnte, als an ein mal nicht nur frivoles, sondern auch ganz natürliches Spiel mit sexuellen Identitäten im deutschen Kino wohl schon gar nicht mehr zu denken war. Wie so viele Filme der Berlinale-Retrospektive 2013 heute jedoch vergessen und auch nirgends regulär verfügbar, leider.


60%

Februar 10, 2013

Berlinale 2013: SOMEWHERE IN THE NETHERLANDS [ERGENS IN NEDERLAND] (1940)

Der gebürtige Mainzer Ludwig Berger, heute vor allem bekannt für den "Walzerkrieg", die Co-Regie des 1940er "The Thief of Bagdad" und seine Verdienste beim deutschen Fernsehspiel der 50er und 60er Jahre, inszenierte "Somewhere in the Netherlands" nach seiner Emigration in, ja nun, den Niederlanden. Schon im Vorspann freibrüstig als Mobilisierungswerk gepriesen, erschien der Film einen Monat vor Beginn der deutschen Besatzung und wurde von den Nazis umgehend verboten (Interesse an einem Kinobesuch also selbstredend geweckt). Als Mischung aus Rekrutierungsfilm für Männer und banalem Unterhaltungsstück für Frauen, so steht es zumindest, wenn auch weitaus euphemistischer, im Programmtext der Berlinale-Retrospektive "The Weimar Touch", ist "Somewhere in the Netherlands" vor allem endlos träge und ungeheuer stumpfsinnig. Der zur Marine einberufene männliche Protagonist schwärmt von gebärfreudigen daheim gebliebenen Müttern, seine Kameraden wiederum betonen den Reiz der eigenen Unterschiedlichkeit, so ja im Krieg Männer aus den unterschiedlichsten Schichten zusammenkämen und vereint seien. Das ist historisch alles nachvollziehbar und begründet, aber auch sterbenslangweilig – zweckdienliche Kunst eben, weitgehend wertlos.


20%

Berlinale 2013: WOMAN [ONNA] (1948)

Eine Tänzerin wird von ihrem Mann überredet, fluchtartig die Stadt zu verlassen. Er scheint maßgeblich an einem Raubüberfall beteiligt zu sein und zwingt die junge Frau schließlich zu einer Marschroute durch die Berge. Selbstzweifel und Spannungen bestimmen den gemeinsamen Weg, der sie allmählich zu entzweien und bald auch das Leben der hin und her gerissenen Geliebten in Gefahr zu bringen droht. Das vage Psychogramm einer Beziehung, ein vernunftwidriges Melodram entwirft Keisuke Kinoshita mit "Woman", seinem neunten Spielfilm. Wie eine einzige lange physische und emotionale Bewegung wirkt dieses inhaltlich möglicherweise nur bedingt nachvollziehbare Groschenheft- drama, das voller Geheimnisse steckt, voller ungesagter Worte und diffuser Hintergründigkeiten. Kinoshitas herausragende Schwarzweißphotographie unterstreicht das paradox Kammerspielartige der Figuren unter freiem Himmel geradezu artistisch (shot entirely on location!), der schattenhafte Stil aus Untersichten und Schrägen gerinnt zum dominierenden Merkmal der Inszenierung. Vor einem finalen Großbrand entscheidet sich schließlich die exploitative Beziehung der beiden Protagonisten, wenn aus Fenstern fliegende Möbel und dicke Rauchwolken jene Feuergefahr verbildlichen, die bereits einen ganzen Film hindurch unter allem zu lodern schien. Befreiend.


75%

Februar 08, 2013

Zuletzt gesehen: HERE'S TO THE YOUNG LADY [OJO-SAN KANPAI!] (1949)

Durchaus eigenwillige, rundum liebevolle Komödie, in der soziale Ungleichheit und perpetuierte Geschlechterrollen abermals über eine knifflige Annäherungsgeschichte zwischen Frau und Mann verhandelt werden. Anstelle von sprühendem Witz und exaltierter Situationskomik, so die US-amerikanische Screwball-Comedy diese Geschichten seinerzeit vornehmlich erzählte, vertraut der japanische Studioregisseur Keisuke Kinoshita auf die Unaufgeregtheit stiller Momente und vergleichsweise sanfte Humoreinsprengsel. Außerordentlich bedachtvoll inszeniert, vor allem in seiner aussagekräftigen Bildsprache, schwankt "Here's to the Young Lady" (aka. "Here's to the Girls") mitunter ein wenig unentschlossen zwischen Tragik und Heiterkeit, zwischen Comedy of Marriage und Liebesmelodram. Die daraus resultierende eher oberflächliche Betrachtung der beiden umeinander kreisenden Protagonisten und ihrer nicht immer ganz plausiblen Hindernisse weiß Kinoshita hingegen gekonnt mit spielerischen Szenenübergängen und souveräner Schauspielführung aufzuheben, sodass "Here's to the Young Lady" als ein im allerbesten Sinne hübscher Unterhaltungsfilm dennoch gefällt. Den frappanten Nebenfiguren (ein frivoler Heiratsvermittler, schrullige Großeltern) gehören dabei die besten Momente im Drehbuch von niemand geringerem als Kaneto Shindô.


60%

Februar 06, 2013

Til Schweigers falsches Verständnis von Kritik

Zum Kinostart von "Kokowääh 2" muss einmal mehr auf die problematische Presse-Politik von Til Schweiger hingewiesen werden. Denn das Multitalent unterdrückt gezielt unabhängige Berichterstattung, um damit letztlich auch das Publikum zu bevormunden.[...]

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Februar 05, 2013

Kino: PARKER

Eine Traumkombination: Jason Statham spielt Donald E. Westlakes berühmte Romanfigur Parker, Jennifer Lopez die schöne Frau an seiner Seite – und ausgerechnet Oscarpreisträger Taylor Hackford inszeniert das Katz- und Mausspiel. Da hätte eigentlich nicht viel schiefgehen können, doch "Parker" ist allzu lang, etwas höhepunktarm und recht umständlich erzählt. [...]

Februar 03, 2013

Zuletzt gesehen: FILME IM JANUAR 2013

Batman
(USA 1989, Tim Burton) (7/10)

Batman & Robin
(USA/GB 1997, Joel Schumacher) (5/10)

Batman Forever
(USA/GB 1995, Joel Schumacher) (3/10)

Batman Returns
(USA 1992, Tim Burton) (10/10)

Blades of Glory [Die Eisprinzen]
(USA 2007, Josh Gordon Will Speck) (7/10)

Borat: Cultural Learnings of America for Make Benefit Glorious Nation of Kazakhstan
(USA 2006, Larry Charles) (8/10)

Broken City
(USA 2013, Allen Hughes) (2/10)

The Broken Hearts Club: A Romantic Comedy [Der Club der gebrochenen Herzen]
(USA 2000, Greg Berlanti) (3/10)

The Bourne Identity [Die Bourne Identität]
(USA/D/CZ 2002, Doug Liman) (5/10)

The Bourne Supremacy [Die Bourne Verschwörung]
(USA/D 2004, Paul Greengrass) (7/10)

The Bourne Ultimatum [Das Bourne Ultimatum]
(USA/D 2007, Paul Greengrass) (9/10)

Breakdown
(USA 1997, Jonathan Mostow) (6/10)

The Candy Snatchers
(USA 1973, Guerdon Trueblood) (6/10)

Carnival of Souls [Tanz der toten Seelen]
(USA 1962, Herk Harvey) (5/10)

Dawson's Creek – Season 5
(USA 2001, Gregory Prange, Michael Lange u.a.) (5/10)

Django Unchained
(USA 2012, Quentin Tarantino) (7/10)

Dorian Gray [Das Bildnis des Dorian Gray]
(I/D/GB 1970, Massimo Dallamano) (3/10)

Excision
(USA 2008, Richard Bates Jr.) (4/10)

Excision
(USA 2012, Richard Bates Jr.) (5/10)

A Good Day to Die Hard [Stirb langsam – Ein guter Tag zum Sterben]
(USA 2013, John Moore) (Sperrfrist)

The Good Son [Das zweite Gesicht]
(USA 1993, Joseph Ruben) (6/10)

Grandmother's House [Die unaussprechliche Sünde]
(USA 1989, Peter Rader) (4/10)

Hangover Square
(USA 1945, John Brahm) (7/10)

House at the End of the Street
(USA 2012, Mark Tonderai) (2/10)

Ich bin ein Star: Holt mich hier raus – Staffel 7
(D/AUS 2013, ---) (5/10)

The Last Stand
(USA 2013, Kim Ji-woon) (7/10)

The Lion King [König der Löwen]
(USA 1994, Roger Allers / Rob Minkoff) (4/10)

M
(D 1931, Fritz Lang) (8/10)

M
(USA 1951, Joseph Losey) (6/10)

Les Misérables
(GB 2012, Tom Hooper) (7/10)

Orphan [Das Waisenkind]
(USA/F/CDN/D 2009, Jaume Collet-Serra) (7/10)

Paperman [Im Flug erobert]
(USA 2012, John Kahrs) (5/10)

Paradies: Liebe
(A/D/F 2012, Ulrich Seidl) (4/10)

Pee-wee's Big Adventure [Pee-Wee's irre Abenteuer]
(USA 1985, Tim Burton) (8/10)

La Residencia [Das Versteck]
(E 1969, Narciso Ibáñez Serrador) (8/10)

Scissors [Final Instinct]
(USA 1991, Frank De Felitta) (4/10)

Seal Team Six: The Raid on Osama Bin Laden [Code Name: Geronimo]
(USA 2012, John Stockwell) (2/10)

See No Evil [Stiefel, die den Tod bedeuten]
(GB 1971, Richard Fleischer) (6/10)

Some Like It Hot [Manche mögen’s heiß]
(USA 1959, Billy Wilder) (10/10)

Warm Bodies
(USA 2013, Jonathan Levine) (4/10)

The Witches [Hexen hexen]
(GB 1990, Nicolas Roeg) (7/10)

The Witches of Eastwick [Die Hexen von Eastwick]
(USA 1987, George Miller) (7/10)

Witchfinder General [Der Hexenjäger]
(GB 1968, Michael Reeves) (5/10)

Zazie dans le métro [Zazie]
(F/I 1960, Louis Malle) (7/10)