Februar 18, 2013

Berlinale 2013: NONE SHALL ESCAPE

Eine Vision vom Ende des Krieges: In "None Shall Escape", gedreht 1944, muss sich der ehemalige SS-Gruppenführer Wilhelm Grimm vor einem internationalen Gericht für seine Kriegsverbrechen verteidigen. Deutliche Ähnlichkeiten zum im Produktionsjahr verstorbenen NSDAP-Reichsleiter gleichen Namens dürften kein Zufall sein, genauere Angaben dazu lassen sich aber nicht finden (überdies ist im Vorspann von der Fiktionalität aller Figuren zu lesen). Der in Ungarn geborene und während seiner Karriere überwiegend auf Western spezialisierte Filmemacher André De Toth nutzt die seinerzeit noch hypothetische Rahmenhandlung des Films, um darin ein sonderbar inakkurates Bild deutscher Machtergreifung, des Einmarsches der Nazis in Polen und der Deportation und Ermordung unzähliger Juden zu betten. Die Freiheiten der eher auf melodramatische denn politische oder historische Aspekte abzielenden Inszenierung sowie ästhetischen Bezugspunkte des Hollywood-Studiosystems der 40er ermöglichen De Doth einen eher an kompakten Genreformen orientierten Blick auf sein Sujet: Die Nazis treten als Landeroberer auf, als seien sie Cowboys, die mit Pferden in Städte einreiten, und in der Ergründung der verbrecherischen Hauptfigur neigt "None Shall Escape" zu rühriger Trivialität. So deutet der Film an, Grimms Taten seien durch eine verschmähte Liebe zusätzlich motiviert, sein Ego nach einer Beinamputation außerdem stark beschädigt. Grobe Effekte wie diese sind leider rar im heutigen schlaumeierischen Geschichtsfilm. Der naive Alliiertenschlussappell direkt in die Linse der Kameras sichert "None Shall Escape" zusätzlich einen Status als schönes Zeitdokument. 


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