85% - erschienen bei filmzentrale.de
November 30, 2006
Kino: IN MY FATHER'S DEN
November 29, 2006
TV: MOH #3 - THE V WORD
5/10
TV: MOH #2 - FAMILY
70%
TV: MOH #1 - THE DAMNED THING
Der Auftakt zum zweiten Jahr „Masters of Horror“ hat den stärksten Prolog der Serie, mit ungewöhnlich intensiver Härte inszeniert Tobe Hooper, dessen erster Beitrag „Dance of the Dead“ einen durch und durch überdrehten, stilistisch herausragend entworfenen Endzeitausschnitt markierte, einen radikalen Einstieg für eine bisweilen sonst sehr albern konstruierte Episode. Das dünne Geschichtchen nach der Short Story von Ambrose Bierce übersteht die knapp 60 Minuten Laufzeit nur sehr angestrengt, die Auflösung ist nichts sagend und enttäuschend. Mit sichtlich gelangweilten Darstellern, darunter Ted Raimi als städtischer Pfarrer (!), versucht „The Damned Thing“ mehr schlecht als recht unter Einsatz ebenso blutiger wie selbst zweckhafter Goreeinlagen seine offensichtlichen Plotlücken in den Hintergrund zu rücken. Auf Gewalt als ostentatives Mittel kann sich Hooper jedoch nicht ausnahmslos verlassen, so handwerklich beachtlich die KNB-Jungs hier auch zu Werke ziehen mögen.
35%
Retro: OCTOBER SKY (1999)
Diese Geschichte folgt einer klar strukturierten Gute-Laune-Intention, es ist eine der vielen Mut machenden Heldenerzählungen, von der das Kino nur zu gern berichtet. Doch man täte "October Sky" unrecht, würde man ihn leichtfertig als naives Aufsteigerdrama wahrnehmen, sich zwar umgarnen lassen von der hoffnungsvollen Gewissheit, alles wird sich ohnehin dem Guten zuwenden, doch nichtsdestotrotz nüchterne Distanz halten – es ist ja schließlich emotional gebleicht. Denn Homer Hickam, dieser jugendliche Schüler, dessen Milchbubengesicht die unschuldige Erwartung an eine Welt der Träume nicht verbergen kann, ist weniger eine Figur der Fiktion, denn ein erfolgreicher Raketenkonstrukteur, auf dessen Autobiographie der Film schließlich basiert.
Ein wenig "Stand by me" steckt in der Verarbeitung dieser Lebensgeschichte durchaus, es hat immer etwas Sentimentales, eine wehmütige Gemütlichkeit, wenn Jungs sich von den Normen und Pflichten abwenden, auf rostigen Bahngleisen Zeit verbringen, und Ziele verfolgen, an die niemand anderes glauben will. Meist ertönen dazu stimmige Oldies und Jukebox-Klassiker, warum sollte Joe Johnston, der sich dem Metier auf andere Weise schon mit "The Rocketeer" widmete, in dieser Hinsicht auch Ausnahmen einräumen, wenn sich diese Zeit der Jugend nun einmal so anfühlt. Was zum Klischee verkommen kann, das hält der Film in ehrlicher Absicht unbefleckt fest: Natürlich werden Konflikte gelöst, fügen sich Schicksalsketten einem versöhnlichen Ende, doch "October Sky" porträtiert diese träumerischen Fantasien beinahe so charmant, als wäre es das erste Mal, dass sich ihnen überhaupt jemand widmen würde.
Wenn das Drehbuch manches Mal zur Überkonstruktion neigt, Erfolge mit Rückschlägen beantwortet, um das emotionale Karussell in Bewegung zu halten, dann lassen wunderbare schauspielerische Leistungen schnell vergessen, dass der Weg des Homer Hickam bei all der wahren Begebenheit vielleicht doch an die Naivität des Zuschauers appelliert. Ganz nebenbei aber ist der Film nicht nur eine dezent moraline Hoffungsfabel, sondern Beispiel einer weitestgehend glaubwürdig erzählten Vater-Sohn-Geschichte, deren Kontext eine erstaunlich tiefgründige Zeichnung gesellschaftlicher Schichten bildet. Als Kontrast zum ewigen sozialen Abstieg, dem Hinunterfahren in die staubigen Bergwerke, steht der Wunsch hoch hinaus zu kommen, dem Aufstieg zum Himmel, synonym für die Konstruktion von Raketen. Einfache Metaphern für schwere Hürden: So weit scheint das Leben in Coalwood gar nicht entfernt.
70%
November 27, 2006
News: ALL SAINTS DAY kommt doch!
November 25, 2006
TV: Fernsehtipps 25.11. - 01.12.06
Eine meiner absoluten Lieblingshorrorkomödien - verspielt, spannend, witzig. Und mit einigen hervorragenden Effekten versehen. Leider wird man genau jene in dieser Version hier vermissen.
Brillantes Polit-Drama, das eindrucksvoll Mutmaßungen über die Rückseite politischen Handelns anstellt, und dabei großartig gespielt ist von Joan Allen und allen voran Jeff Bridges (Oscar nominiert!).
Otto Preminger ist immer Pflichtprogramm!
Verdammt witzige Klischeekomödie, die einzig und allein vom großartigen Kevin Kline lebt.
Kevin Costner ist durchaus ein wenig größenwahnsinnig, doch da kann man es drehen und wenden wie man möchte, der Film ist einfach schwer unterhaltsam.
November 24, 2006
Kino: CASINO ROYALE
Basierend auf dem ersten Roman vom Agenten im Geheimdienst ihrer Majestät, inszeniert Regisseur Martin Campbell, nachdem sein Bond-Einstieg mit "GoldenEye" etwas holprig verlief, den Film als konsequente Neudichtung. Die in verrauschtem schwarz-weiß gehaltene pre-credit-Sequenz betont das Vergangene, die Geburtsstunde des Helden verläuft erstaunlich unspektakulär, aber mit umso mehr Stil und Raffinesse. Der darauf folgende Vorspann ist dann schon bereits das zweite große Highlight, getreu dem Motto fliegen hier die comichaft animierten Karten durchs Casino, während der kraftvolle Titelsong "You know my name" von Chris Cornell ertönt, der schon jetzt zu den besten Bond-Songs gehören dürfte – und Madonnas Totalausfall "Die Another Day" fast vergessen lässt.
Nein, die Zweifel waren nicht unberechtigt, sie waren anmaßend. Diese physische Präsenz von Craigs Bond hat etwas unmenschlich-menschliches, seine strahlend blauen Augen drängen sich so penetrant auf, dass man eigentlich wegschauen möchte, aber gleichzeitig nicht verbergen kann, welch enorme Ausstrahlung doch von ihnen ausgeht, und der athletische, gestählte Körper kämpft und schlägt sich durch Betonwände, hängt an riesigen Kränen und Lastwägen, dass die Luft wegzubleiben droht. Gleichzeitig schafft es der Schauspieler aber auch, seiner Figur emotionalen Ausdruck zu geben, mitunter strahlt Bond hier so viel Bedürftigkeit und Sensibilität aus, dass die Frauen reihenweise ihre Herzen auszuschütten bereit sein dürften.
Unter ihnen Vesper Lynd, das Bond-Girl in "Casino Royale". Sie, gespielt von Eva Green ("The Dreamers"), beherrscht all die verführerischen Blicke, die scheinbar berechnende Anziehungskraft und die kluge Eloquenz, mit der auch ihre Vorgängerinnen ausgestattet waren. Doch bringt sie noch andere Eigenschaften mit, die ungleich wenige vor ihr auszeichneten. Lynd ist nicht nur eine emanzipierte Schönheit, sondern ebenso eine zerbrechliche Frau, die nicht leichtfertig von einer zur nächsten Minute Morde vergessen kann, die hinter ihrer Fassade eine zerbrechliche, unsichere Seele zu verbergen sucht. Das Drehbuch nutzt diese Charakteristika jedoch nicht für das plakative Heldentum seines Agenten aus, der wie einst im selben Moment seine Gegner ausschaltete, in dem er auch mit hübschen Frauen unter der Bettdecke verschwand, sondern verwendet diese sorgfältige Zeichnung, um auch James Bond eine glaubhafte Tiefe zu verleihen, die unweigerlich an George Lazenbys Verkörperung der Rolle im unterschätzten "On Her Majesty's Secret Service" erinnert.
Die Gemeinsamkeiten der beiden Berufsspione liegen weniger in Banalitäten wie Skrupellosigkeit oder besonderer Härte im Durchsetzen der Aufgaben ihrer Legitimierenden MI 6-Chefin M (Judi Dench), sondern in deren Herkunft als Waisenkinder. Ihnen fehlt in dieser kaltherzigen Welt, in der sie Terroristen und Drogendealer jagen, Zuneigung und Nähe, weil sie nichts anderes gewohnt sind. Sie ergänzen sich auf Augenhöhe, und der Film lässt sich – vielleicht zur Enttäuschung einiger Action verwöhnter Zuschauer – angenehm viel Zeit für diese Herausarbeitung, die natürlich nur ein dramatisches Ende nehmen kann. Die außerordentliche Härte, mit der Craigs Bond zur Sache geht, ist kein Widerspruch zur geschilderten Einfühlsamkeit dieser Figur, sondern Ausdruck einer mehrdimensional entwickelten Neuinterpretation des Mythos.
Wer nun befürchtet, dass "Casino Royale" nicht dennoch mit knallharter Action aufwarten würde, der wird gleich nach rund 20 Minuten mit einer spektakulären Verfolgungsjagd verwöhnt. Dabei müssen nicht Häuser oder Autos in die Luft fliegen, sind keine übertriebenen Effektszenarien vonnöten, es sind präzise Stunts und ein herausragender Schnitt, die diese Sequenz zum atemberaubenden, beinahe vorzeitigen Showdown machen. Wenn Bond seinen Gegner dann einfach erschießt, anstatt ihn getreu der Anweisung lebend festzunehmen, ist das nur ein weiterer neuer Zug der Figur: Der Mann ist eben nicht unfehlbar, er begeht Fehler, wird von M zurechtgewiesen und muss gezügelt werden. Für die Idealisierung von Mord im vermeintlichen Dienst einer höheren Instanz ist hier kein Platz, für die Egotrips eines selbst verliebten Agenten schon gar nicht.
Die ungeahnten Ambivalenzen in der Struktur des Films schließen auch die Darstellung des Bösewichts darin ein, der hochintelligente Le Chiffre (Mads Mikkelsen, "Adams Äpfel") ist ein ungeheuerlich gerissener, kaltblütiger Terroristenarm, den man zumeist nur diebisch Pokerspielen sieht. Trotzdem verkörpert Mikkelsen seinen Charakter als bitteren Existentialisten, der sich selbst im Fadenkreuz wesentlich bedrohlicherer Gesellen sehen muss. Sollte er das große Spiel im Casino nicht gewinnen können, werden seine Auftraggeber ihn vermutlich töten. Der eigentliche Höhepunkt des Films ist dann auch keine lautstarke Actionabfolge, sondern ein rund 45minütiger Poker, der ungeheuerlich raffiniert inszeniert ist. Die Spannung entwickelt sich hier aus dem Zusammenspiel von Bond und Le Chiffre, sowie all den feinen Details, die Campbell hier ins Bild setzt.
"Shaken or stirred?" - "Do I look like I give a damn?"
Der 21. Bond ist also tatsächlich anders als die anderen. Er ist weniger die Variation des ewig gleichen, denn ein Agententhriller mit Herz und Seele, der Feinfühligkeit und Härte miteinander vereinbart, kompromisslose Kampfszenen neben emotionale Ruhemomente stellt. Das alles mag ein wenig zu lang geraten sein, aber selbst der großartige Clive Owen ("Children of Men") hätte wohl keine bessere Bond-Figur als Daniel Craig abgegeben. Nach den Dreharbeiten zu "Casino Royale" brannte übrigens die 007-Halle der legendären Pinewood-Studios komplett leer. Unfreiwilliges Zeichen eines reinigenden Neubeginns, ein ziemlich drastisches zwar, aber eines, das vielleicht irgendwie nötig war.
80%
November 22, 2006
News: THE HILLS HAVE EYES II Poster
November 19, 2006
TV: Fernsehtipps 18.11. - 24.11.06
November 17, 2006
Kino: THE COVENANT
25%
November 16, 2006
Vorschau: Upcoming Reviews
November 15, 2006
Retro: BRAINDEAD (1992)
D
November 13, 2006
November 11, 2006
TV: Fernsehtipps 11.11. - 17.11.06
Sonntag, 12.11.
1:50 Uhr – „Passwort: Swordfish“ (RTL)
Donnerstag, 16.11.
November 10, 2006
Kino: THE DEPARTED
November 09, 2006
Retro: SUSPIRIA (1976)
Etwas so derart Bizarres, konsequent Fantasievolles hatte das Genre bis dato nicht kennen wollen, "Suspiria" ist ein Film ganz ohne seinesgleichen, bricht konsequent mit den Erwartungen des Publikums. Unmittelbar und ohne erkennbare Struktur findet es sich in einem stilisierten Alptraum wider, aus dem kein Erwachen möglich scheint. Suzy Benyon (Jessica Harper, "Phantom of the Paradise") ist darin Marionette und Führungsfigur zugleich, sie scheint den okkulten Kräften ihres Umfeldes ausgeliefert und bildet dennoch den für den Zuschauer einzig greifbaren Charakter, der die Handlung bestimmt.
Die junge Frau erscheint wie eine moderne Alice im Wunderland, bei der eine unheilvolle Begegnung auf die nächste folgt, doch Argentos Zauber und Magie manifestieren sich nicht in bunt-fröhlichen und lebendig wirkenden, sondern surrealistisch-bedrohlichen Bildern aus Gewalt und Terror: Messer, die tief in das Fleisch der Opfer eindringen (eine der wenigen Verbindungen zum vorherigen Sujet des Regisseurs), Hunde, die ihre Besitzer zerfleischen, Angriffe durch Fledermäuse und Insekten. Das Wunderland kehrt sich zu einem labyrinthischen Schreckenshort um, aus dem es nur dann ein Entrinnen geben kann, wenn das Grauen erkannt und besiegt wird.
Dieses Grauen bleibt lange gesichtslos. Es ist omnipräsent in den langen Gängen und Sälen, wenn Türen knarren, Fenster sich öffnen, der Wind zischt. Wie in einem expressionistischen Gemälde, das sich verselbstständigt hat, scheint diese Welt des Verschrobenen – die der Film nur in wenigen kurzen Szenen verlassen wird – ein Eigenleben zu führen. Erinnerungen an Roman Polanskis "Rosemary’s Baby" rufen sowohl Teile der Musikuntermalung, als auch atmosphärische Gestaltungsmittel hervor.
Unterstrichen wird die suggestive Rauschwirkung des Films durch ausgeklügelte technische Mittel, die in ihrem stellenweise aufdringlichen Erscheinen den Zuschauer regel- recht penetrieren. Dazu trägt neben den psychedelischen, schrillen Klängen der Band Goblin, die unter Fans vor allem auch für ihre Musik zu George A. Romeros "Dawn of the Dead" verehrt wird, in erster Linie die brillante Farbdramaturgie des Kameramannes Luciano Tovoli bei. Wie dieser es versteht, die von Argento gewünschte Trennung der Farben Blau, Gelb und Rot (Weiß kennzeichnet darüber hinaus zusätzlich die Unbeflecktheit der Heldin) als Ausdruck bedrohlicher Signale umzusetzen, und diese in einen Zusammenhang mit Verweisen und situativen Widererkennungseffekten zu bringen, das ist ebenso verstörend wie faszinierend und eines der Markenzeichen von "Suspiria".
Es ließe sich deshalb kaum leugnen, dass Argento sich völlig seiner formalen Energie für die visuelle Ausgestaltung des unbekannten Schreckens widmet, und seine prinzipiell banale Handlung – wie auch die nur grob angerissenen Figuren – dieser unterordnet. Das ist aber weniger ein Hinweis auf die Oberflächlichkeit des Erzählers, als eine Bestätigung seiner handwerklichen Qualitäten. Tatsächlich wird das Geschehen ausschließlich über die filmischen Mittel vorangetrieben, das Märchenhafte, Sinnliche dieser Farben, das Berechnende in der Ausstattung bilden die dramaturgische Dichte des Films – Argentos ungewöhnlicher, aber durchaus legitimer Stil. Dass die somit evozierte Künstlichkeit die Distanz des Zuschauers vergrößere – und damit zugleich die Spannung verdränge – mag ein bedauerlicher Nebeneffekt sein, dessen Bedeutung und Relevanz jedoch ganz und gar dem Rezipienten überlassen sei.