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Oktober 25, 2011

Kino: THE ADVENTURES OF TINTIN

Hunderttausend heulende Höllenhunde! Bereits 1983 sicherte sich Steven Spielberg die Filmrechte an "Tim und Struppi", doch erst jetzt schickt das ewige Hollywood-Wunderkind den wissbegierigen Reporter und dessen cleveren Foxterrier auf ihre erste große Kinoreise. Produziert von Peter Jackson und geschrieben unter anderem von "Scott Pilgrim"-Regisseur Edgar Wright, versammelt "Die Abenteuer von Tim und Struppi" ein internationales Team, das die berühmte Comicserie des Belgiers Hergé vorlagengetreu und mit beispiellosem Aufwand für die Kinoleinwand adaptiert.

"Das Geheimnis der Einhorn" ist der erste von vorerst zwei animierten Tintin-Kinofilmen, den noch unbetitelten zweiten Teil wird dann nicht mehr Spielberg, sondern Peter Jackson – voraussichtlich während seiner Arbeit an "The Hobbit" – drehen und fertig stellen (lassen). Zwar wurden Hergés weltweit gelesene und bereits 1929 erstmals veröffentlichte Abenteuergeschichten schon mehrfach in bewegte Bilder umgesetzt, aber sowohl die wenig bekannten Realfilme als auch die unterschiedlichen Zeichentrickversionen des Stoffes konnte man trotz ihres Charmes oder ihrer Beliebtheit bei Fans kaum als adäquate Verfilmungen der Vorlage bezeichnen.

Erst als Spielberg vor mittlerweile 30 Jahren von europäischen Filmkritikern auf die Verwandtschaft seines ersten Indiana-Jones-Films mit den rätselhaften Schatzsuchen der "Tim und Struppi"-Bände hingewiesen wurde, soll er die Comics kennen und lieben gelernt haben. Auf angeblich ausdrücklichen Wunsch Hergés übertrug man ihm nach dessen Tod die Filmrechte, doch eine anspruchsvolle Kinoadaption sollte auf sich warten lassen. Gerüchten zufolge plante Spielberg zwischenzeitlich eine Realfilmversion mit der androgynen Gwyneth Paltrow als Tim (?!), die jüngere (und nach wie vor zwiespältige) Motion-Capture-Technik jedoch inspirierte ihn nun zur Umsetzung des Stoffes als 3D-CGI-Animations- abenteuer.

Die Bände "Das Geheimnis der Einhorn" und "Der Schatz Rackhams des Roten" bilden die Grundlage des ersten Films, aber auch Elemente aus "Die Krabbe mit den goldenen Scheren" wurden vom Autorenteam in die Handlung eingeflochten. Tim (Jamie Bell) stößt darin auf ein altes Schiffsmodell, in dem sich Hinweise auf einen geheimnisvollen Schatz verbergen. Hinter diesem ist allerdings auch der skrupellose Sakharin (Daniel Craig) her, gegen den sich Tim, sein loyaler Hund Struppi und der stets volltrunkene Kapitän Haddock (Andy Serkis, der bisher womöglich einzige Performance-Capture-Star) auf alle erdenklichen Arten zur Wehr setzen müssen.

Der gelegentlich ein wenig höhepunktlose Einhorn-Zweiteiler erweist sich nicht unbedingt als idealer Einstieg für eine neue Tintin-Kinofilmserie. Zweifellos gehört Haddock (wie später auch Professor Bienlein) zu den beliebtesten Figuren und eigentlichen Stars der Comicserie, für einen ersten Film hätten sich Spielberg und Jackson jedoch vielleicht besser auf die ersten Bände konzentrieren sollen, um Tim und Struppi zunächst allein auf Abenteuerreise schicken und sie damit einem neuen Publikum vorstellen zu können. Gerade das umwerfend schöne erste Drittel des Films zeigt, dass man sich die Einführung weiterer fester Hauptfiguren und ein besonders großes Abenteuer auch bis zum zweiten Teil hätte aufsparen können.

Denn die ersten Minuten warten nicht nur mit einer sensationellen Titelsequenz, zahlreichen Anspielungen und Hinweisen auf die Vorlage und einem Quasi-Cameo von Hergé auf, sondern führen mit heimeligen Schauplätzen und ulkigen Sidekicks wie Schulze und Schultze (Simon Pegg und Nick Frost) geradezu wundersam in die Welt von Tim und Struppi ein. Die Detailverliebtheit in der Animation ist beeindruckend, und bei der Darstellung des Helden bleibt Spielberg den Comics erstaunlich treu: Tim ist ein Junge ohne Eigenschaften und Hintergrund, er wird erst durch sein Umfeld und bestimmte Handlungen annähernd charakterisiert.

Zur gewohnten Höchstform läuft Spielberg wieder einmal dann auf, wenn er Actionszenen geradezu kunstvoll arrangiert und durchspielt. In seinen Verfolgungsjagden und Duellen stecken mehr Ideen und Kniffe, als in jedem anderen computeranimierten Film, die teils sogar in digitale Plansequenzen gehüllten Actionstücke sind nichts außer beeindruckend – und dabei stets übersichtlich, nachvollziehbar und mitreißend choreographiert (in zudem sehr plastischem 3D). Das ist nicht selbstverständlich für einen klassischen Handwerker wie Spielberg, der bisher nicht nur völlig ungeübt war im digitalen Schnitt, sondern mit "Die Abenteuer von Tim und Struppi" schließlich überhaupt das allererste Mal einen vollständigen Trickfilm inszeniert.


60% - (vollständige Version) erschienen bei: gamona

April 13, 2011

Kino: PAUL

Vor einiger Zeit noch stand der Nerd-Begriff für fachidiotische Außenseiter, die sich so sehr einer bestimmten Vorliebe verschrieben haben, dass ihre soziale Inkompatibilität zum wandelnden Klischee wurde. Heute scheint die tendenzielle Abschätzigkeit gegenüber Nerds der Glorifizierung eines charmanten Stereotyps gewichen. Längst schon feiern sie ein sich selbst behandelndes Kino, das mit Geschichten von Nerds und für Nerds die eigene Zielgruppe gleichzeitig repräsentiert und bedient. Zitierwütige Comic- und Filmfans sind zu Helden gereift, sie vergöttern nicht länger nur fachkundig Science-Fiction-Filme, sondern spielen nunmehr selbst die Hauptrolle in ihnen.

Die Alien-Komödie "Paul" ist reinstes Nerd-Kino. Sie wurde geschrieben von Simon Pegg und Nick Frost, die ihre nimmermüde Leidenschaft für Popkultur seit ihrer längst nicht mehr als Geheimtipp geltenden Britcom „Spaced“ fröhlich ausstellen, und inszeniert von Greg Mottola, der sich zumindest mit dem artverwandten Geek-Phänomen in seinen großartigen Filmen "Superbad" und "Adventureland" beschäftigte. Die geballte Fanboy-Kompetenz hinter "Paul – Ein Alien auf der Flucht" (Universal Germany – kein Verleih spinnt originellere Zusatztitel) gibt also schon mal eine gewisse Richtung vor: Ein Querverweis auf zwei Beinen, Film als reine Zitatensammlung und dazu ganz viel Extraterrestrisches.

Die britischen Sci-Fi-Freaks Graeme (Pegg) und Clive (Frost) reisen mit ihrem Wohnmobil quer durch die USA, von der Comic-Con in San Diego bis zur berühmten Area 51 in Nevada. Bei einem nächtlichen Unfall auf der Landstraße stoßen sie plötzlich mit dem Außerirdischen Paul zusammen (im Original gesprochen von Seth Rogen, in der deutschen Fassung leiht Bela B. dem kleinen grünen Männchen seine Stimme). Der Alien-Knirps sucht auf der Flucht vor dem FBI die Landebasis seines Mutterschiffs, um nach jahrzehntelangem Aufenthalt auf der Erde die Rückreise zum Heimatplaneten antreten zu können.
Graeme und Clive helfen dem altklugen Außerirdischen mit der Cargo-Hose auf Anhieb und erleben dabei einige halsbrecherische Abenteuer. Paul zeigt gern seinen Arsch, raucht am Lagerfeuer extrastarkes Gras und verdrückt mit seinen beiden neuen Freunden Bratwürste und Bier, während ihm eine skrupellose Alien-Sondereinheit auf den Fersen ist. Jene wird von einer mysteriösen Frau angeführt, die im Film lange Zeit nur als Stimme in Erscheinung tritt. Es gibt wahrscheinlich nur eine einzige Schauspielerin, deren finaler Star-Cameo in einer Alien-Komödie Sinn ergeben würde. Originell ist das nicht, überraschend noch weniger. Der irrwitzige Gastauftritt von Bill Murray in "Zombieland" bleibt wohl noch eine ganze Weile unberührt.
Als launiges Nerd-Ereignis mag "Paul" gut funktionieren, als Film ist er eine eher lahme Angelegenheit. Die Witze bewegen sich selten über pubertärem Gaga-Niveau, meist geht es um Titten, Pimmel und Polöcher. Brüche mit den klischeehaften Gags des Nerd-Kinos werden bestenfalls vage angedeutet, lediglich einige treffsichere Schwulenwitzchen können als sanfte Parodie auf die verklemmte Sexualmoral vergleichbarer Buddy-Komödien gelesen werden. Das aber gelang den beiden Hauptdarstellern unter der Regie von Edgar Wright in "Shaun of the Dead" und "Hot Fuzz" um einiges pointierter, ganz zu schweigen von den klugen Zerlegungsideen in den Filmen Greg Mottolas.
Stattdessen konzentriert sich "Paul" auf eine Aneinanderreihung von Referenzen, Zitaten und so vielen Insider-Jokes wie nur möglich. Berühmte Dialoge aus "Star Wars" ("Boring conversation, anyway.") oder "Aliens" ("Get away from her, you bitch!"), eine Nachstellung der (angeblich) schlechtesten Kampfszene aller Zeiten aus "Star Trek" – die hinreichend bekannten Vorbilder werden ausgiebig bemüht. Gerade in Verbindung mit der temporeichen Road-Movie-Geschichte erinnert das Rezitierpuzzle inklusive prominenter Gastauftritte an die Loser-Comedy "Fanboys", zu der sich "Paul" insgesamt wie ein unnötiger Nachklapp verhält.

Bei aller Sympathie für Filmfreaks im Allgemeinen und Pegg/Frost im Besonderen: Dieses ständige Drehen um die eigene Nerd-Achse verkommt in "Paul" mitunter zur reinen Masche, die weniger einen charmanten, als vielmehr ermüdend selbstgefälligen Eindruck macht. Das redundante Wildern in Film- und Serienzitaten gerinnt spätestens dann zur Belastungsprobe, wenn das Zitat als solches nur noch zur ungebrochenen Nachahmung führt: Die inflationären Spielberg-Verweise des Films beispielsweise gehen letztlich so weit, dass "Paul" seine Geschichte mit einer fast einstellungsgenauen Übernahme des "E.T."-Finales abschließt. Wenn das Zitat also für eigene erzählerische Defizite herhalten muss, entwertet es sich schlicht selbst.

Während ihrer Zusammenarbeit mit Regisseur Edgar Wright haben Pegg und Frost mehrmals bewiesen, dass nerdiges Popkulturwissen nicht nur selbstgenügsamen Slacker-Humor produzieren, sondern auch formale Komplexität, Intelligenz im Umgang mit den Vorbildern und letztlich auch herzhaften Charme zulassen kann. Nicht zuletzt das unterschied die Arbeiten der beiden Autoren und ihres Freundes Wright von den einfältigen Pillepalle-Komödien des Nerd-Urgesteins Kevin Smith, der ja ungepflegte Langweiler überhaupt erst zum salonfähigen Kult erklärt und damit im Kino weitere nicht enden wollende Ergüsse postmodernen Bescheidwissens in Gang gesetzt hat. "Paul" jedoch ist davon leider nicht mehr allzu weit entfernt.

40% - erschienen bei: gamona

April 16, 2009

Kino: THE BOAT THAT ROCKED

Lediglich zwei Stunden Popmusik in der Woche mag die BBC ihren Hörern im Jahre 1966 zumuten – und das ausgerechnet in England, wo der Rock’n’Roll mit stilprägenden Bands doch derweil seine innovativste Phase durchläuft. Da die staatlichen Sender das rockwillige Publikum also im Stich ließen, suchte sich die zeitgenössische Musik ihre eigenen Wege und Wellen: Radio Rock, der größte Piratensender des Landes, schickte all die Kinks, Turtles und Stones von hoher See aus in die Transistorradios der Nation – und entwickelte sich rasch zur meistgehörten Radiostation der Insel.

Natürlich erwies sich der Rockkanal bei den entsprechenden Behörden als Dorn im Auge. Gesetzlich waren private Sendeanstalten verboten, doch die Piraten sendeten die neuesten Platten der Pop- und Rockbewegung nicht vom Festland, sondern einem gigantischen Dampfer vor der Nordseeküste aus. Gegen die Lücke einer rechtsfreien Zone will deshalb niemand so sehr vorgehen wie der zuständige Minister (als irritierende Hitler-Karikatur: Kenneth Branagh), der mit allen Mitteln verhindern möchte, dass die seetaugliche DJ-Crew weiterhin teure Kanäle blockiert.

Der Film nutzt diese auf Tatsachen basierende Idee (reales Vorbild war Radio Caroline) für eine ansonsten wenig akkurate, romantische und selbstredend unbekümmert verklärende Rückschau auf das Lotterleben der Radio- moderatoren, ihre weiblichen Groupies und das allgemeine unbeschwerte Lebensgefühl von freier Liebe und ganz viel noch freierer Rockmusik. Im Mittelpunkt steht dabei der 18-jährige Carl (Tom Sturridge), den seine Mutter in die Hände des Onkels (Bill Nighy), dem urigen Boss des Senders, und damit direkt auf das Schiff der Träume entlässt – neben allerlei Abenteuern soll der schüchterne Junge dort auch die erste große Liebe finden.

Richard Curtis, der Briten liebster Regisseur für heitere Nostalgie und romantische Komödien, hat nach "Tatsächlich Liebe" erneut mit großem Ensemble einen wirkungsvollen Feel-Good-Stoff auf die Leinwand gezaubert. Fast keine Szene, in der nicht irgendein Rocksong das richtige Gefühl vermitteln soll, nahezu keine Figur, die nicht nur Überbringer diverser Drehbuchgags sein darf, und überdies eine Geschichte im Mittelpunkt, die eigentlich keine ist, sondern nur für viele Einzelepisoden um den gemeinsamen Nenner genügt: Rock. So wie er leibt und lebt.

"Radio Rock Revolution" ist sorgenfreie Unterhaltung mit sympathischem Musikappell und bestens aufgelegtem Cast, allen voran Nick Frost, der auch ohne Simon Pegg als wunderbar kauziger Komödiant mit gutem Timing besteht, und Philip Seymour Hoffman als bierbäuchigem Radiohost. Der Film versprüht in seinen besten Momenten viel gefakten nostalgischen Charme und rührige Botschaften für ein Miteinander im besten Rocksinne: "Father and Son" stimmt Cat Stevens an, wenn eben Vater und Sohn im großen Finale die besonders ans Herz gewachsenen Platten im sinkenden Schiff zu retten versuchen.

Der Film unternimmt jedoch keinerlei Versuche, etwas Tatsächliches über seine Musik zu erzählen, über ihre Bedeutung oder den gesellschaftlichen Wandel etwa, sondern imitiert auf eine zwar ulkige, aber eigentlich ungemein oberflächliche Art die üblichen Zeitgeistklischees. Das Rockphänomen wird hier letztlich auf Posing, hübsche Mädchen und Männerbündel herunter gebrochen, um eine austauschbare Story mit dem nötigen Soundtrackschmiss aufzupeppen. In dieser Hinsicht ist „Radio Rock Revolution“ kein Vergleich etwa zum ebenso beseelten wie klugen "Almost Famous – Fast berühmt".

Richtiggehend öde wird die Musikkomödie, wenn Curtis seinen Radiopiraten partout kein Ende gönnen möchte. An gefühlten 20 Stellen ist die ohnehin recht dünnflächige Geschichte spürbar fertig erzählt, der vermittelte Spaß ausreichend erschöpft und überhaupt der soundsovielte schwungvolle Rocksong über die soundsovielte Montage gelegt. Aber dennoch folgt auf jede Abblende noch ein Nachschlag hier und ein weiterer Gimmick dort, bis aus einem amüsanten 90Minüter schließlich eine über zweistündige zähe Nummernrevue entsteht, die einem letztlich eigentlich so gar nichts zu sagen hat.

"Radio Rock Revolution" gefällt als launige und sympathische Ode an die Klischees der Rockbewegung, lädt dabei stets zum Mitschunkeln ein und vereint ein liebenswertes Ensemble. Unterm Strich hat der Film allerdings weder etwas zu erzählen, noch vermittelt er dem Zuschauer das angepriesene Lebensgefühl in einer Weise, die wirklich ansteckend wäre. Und dramaturgisch geht das "Boat That Rocked" – so der Originaltitel – schließlich schon nach etwas mehr als der Hälfte sang- und klanglos unter.


50% - erschienen bei: gamona

April 07, 2008

News: Neue Wright/Pegg-Komödie in der Mache!

Simon Pegg dürfte derzeit eigentlich völlig ausgelastet sein, dennoch schreibt (oder schrieb?) er für Working Title Films mit Edgar Wright den Abschluss ihrer "Cornetto-Trilogie", die mit "Shaun of the Dead" und "Hot Fuzz" begann. Vermutlich werden dieses Mal Science Fiction- und Endzeitvehikel an der Reihe sein, der Vorabtitel "At World's End" lässt zumindest darauf schließen. Ob Nick Frost (links) als Peggs Partner wieder mit dabei sein wird, ist noch nicht bestätigt, aber man darf wohl davon ausgehen. Wright inszeniert darüber hinaus noch einen Crime-Thriller namens "Baby Driver" für Working Title, allerdings ohne Pegg.

Quelle

Mai 08, 2007

Kino: HOT FUZZ

Jungs auf dem Spielplatz kennen kein Erbarmen, da wird sich getreten, übereinander geworfen, imaginär erschossen wie simultan zersäbelt und jener Energie freien Lauf gelassen, die sich beim heimischen Konsum von Trick- und Actionserien so angestaut haben dürfte. Drückte man den Kindern dann eine Kamera in die Hand, es würde wohl ganz sicher ein Film wie "Hot Fuzz" dabei herumkommen. Hier dürfen große Jungs, echte englische Vorstadt-Slacker – also richtige ‚Bad Boys’ sozusagen – einmal ungehemmt auf den Putz hauen und sich in genau jene Posen schmeißen, die sie einst ehrfürchtig bewundert haben, heute allerdings nur kaum mehr noch ohne hysterisches Grinsen wahrnehmen können. Der Film zum Spielplatz lässt sich gleichermaßen als unernste Verneigung vor dem Actiongenre samt seinem verbissen coolen Selbst- verständnis und dem dazugehörigen Potential unfreiwilligen Humors wie auch als deftige Parodie auf eben jene Videojunkieware werten.

"Hot Fuzz" erscheint im Oeuvre von Regisseur Edgar Wright nur konsequent. Nicht nur widmete sich schon dessen mit zarten 18 Jahren produzierter No Budget-Kurzfilm "Dead Right" augenzwinkernd dem Polizeifilmgenre, sondern war es nur eine Frage der Zeit, bis der überaus spezifische und höchst britische Buddy-Humor der beiden Couch Potatoes Simon Pegg und Nick Frost eine angemessene Kino- Entsprechung erfahren würde. Bereits in der kongenialen Channel 4-Britcom "Spaced", die das Team Wright-Pegg- Frost erstmals vereinte (diverse Gastauftritte jener Cast-Members, darunter Julia ‚Marsha’ Deakin und Bill ‚Bilbo’ Bailey, dürfen auch in "Hot Fuzz" nicht fehlen), wurden unzählige Große Jungs-Klassiker von "Die Hard" bis zu "Terminator 2" mit Referenzen bedacht, ganz zu schweigen von der grundsätzlichen Figurenkonstellation – drei meist arbeitslose Loser, die in einer kleinen schäbigen Wohnung im Norden Londons abhängen –, die ausreichend Raum für Buddy-Film taugliche Gags bot.

Der erste Kinofilm der Truppe, die an originellem Esprit kaum mehr steigerbare Zombiepersiflage "Shaun of the Dead", rettete jenen nüchternen Humor aus "Spaced" auf die große Leinwand. Die Vereinbarung unzähliger Reminiszenzen mit einer im Kern streng liebenswerten Arbeiterviertelgeschichte begeisterte insbesondere durch das enorme Gespür für Timing, die Platzierung wunderbarer Ideen und Zitate innerhalb einer nichtsdestotrotz höchst souverän ausgear- beiteten Handlung und nicht zuletzt ungebremster Spielfreude – die Lust an der Sache ist dann genau jenes Energie stiftende Element, das auch "Hot Fuzz" erst zum Leben erweckt. Und bis auf die Tatsache, dass sich die Jungs hier manches Mal zu sehr darin gefallen, Gestus und Sprache der Vorbilder durch den Kakao zu ziehen, was zu leichten Dehnungen in der Dramaturgie führt, gelingt dem einge- spielten Team die Reproduktion dieses Konzepts ein weiteres Mal auf höchstem Niveau – "Hot Fuzz" ist eine schier unglaublich pointierte Comedy-Revue.

Schon die zahlreichen Teaser-Plakate ließen vermuten, dass die Autoren Wright und Pegg die Ästhetik des späten 80er-/frühen 90er-Jahre-Actionfilms mit den Testosteron beladenen und von glühender Asphaltsonne gebleichten Hochglanzbildern der Bay/Bruckheimer-Stilistik kombinieren würden. Das äußert sich vor allem in den zwei besonders häufig auf den Plan gerufenen Vorbildern "Point Break" und dem ungleich schlechteren "Bad Boys II", die im Film mehrfach direkt benannt und sogar in die Handlung eingebunden werden. Abgesehen davon, dass man hier qualitativ grundsätzlich schärfer hätte separieren müssen – während Kathryn Bigelows stilbildender Surf-Thriller durch dessen elegante Inszenierung zu Recht der Ruf des Klassikers nacheilt, kann man die menschenverachtende und hand- werklich weitgehend primitive Drogenjagd Michael Bays tatsächlich nur mit vorgehaltener Hand ertragen – gelingt dem Film die amüsante Vorführung banaler Genreklischees geradezu vorzüglich. Dass den Albernheiten von "Hot Fuzz" dabei auch ein zumindest auf die (De)Konstruktion genre- spezifischer Merkmale subversiver Kern innewohnt, versteht sich von selbst.

So sorgt das Aufeinandertreffen actionästhetischer Elemente – coole Posen, wilde Verfolgungsjagden, schwere Knarren – mit den Bildern einer verschlafenen Kleinstadtidylle, die direkt aus dem Kosmos eines "Wicker Man" entstammen könnten (kurz: hier meint man stößt Michael Bay auf Agatha Christie), nicht nur ganz eigene visuelle Reize, es führt insbesondere die viel zu oft verbitterte Ernsthaftigkeit des klassischen Actionfilms vor: Wenn im anarchischen Finale gigantische Waffengeschütze aufgefahren werden, nur um sich dann in einem Supermarkt mit Einkaufswagen zu bekämpfen oder sich in einer kleinen Modellstadt auf die Rübe zu hauen, ist das durchaus als bissiger Kommentar zum ausgeprägten und nicht selten höchst albernen Größenwahn der Vorbilder lesenswert. Indem "Hot Fuzz" sich also selbst großspurig behauptet und damit die Tradition des Genres bedient, seinen Gegenstand letztlich aber antithetisch und selbstreflexiv als großen (und natürlich dadurch minimalistischen) Kinderspielplatz präsen- tiert, trifft er einen ironischen Ton, der weitaus schärfer als jener aus "Shaun of the Dead" erscheint. Und da sich die Jungs mit heftigen Goreeskapaden immer mal wieder in die Sphären des Splatterfilms verirren (Billie Whitelaw sei Dank inklusive einem spektakulären, beinahe unglaublichen "Omen"-Zitat), darf man vielleicht doch vorsichtig mut- maßen, wo hier die wahren Sympathien begraben liegen.


80% - erschienen bei: Wicked-Vision.de

April 01, 2007

News: HOT FUZZ - WHAT THE FUCK?

Wer dachte, UIP hätte seinerzeit schon mit "Ein Zombie kommt selten allein" den Vogel abgeschossen (so sollte "Shaun of the Dead" in die deutschen Kinos kommen!), der wird eines Besseren belehrt: "Hot Fuzz" wurde hierzulande um den Untertitel "Zwei abgewichste Profis" erweitert. Das kommentiert sich von selbst...

März 18, 2007

News: HOT FUZZ - Offizielle Website

In UK ein bemerkenswerter Box Office-Erfolg (bisher über 35 Mio. Dollar Einspiel), kommt Edgar Wrights Copfilm-Parodie "Hot Fuzz" am 14.06.2007 auch hierzulande in die Kinos. Zur Trailer-Auswahl (Deutsch/Englisch) geht es hier.

Februar 09, 2007

News: HOT FUZZ - Neuer Trailer!

Gerade bei Comingsoon.net entdeckt, der neue "Hot Fuzz"-Internet-Trailer geht den infantilen Bad Boys erst so richtig an den Kragen. Das wird endlich die ironische Antwort auf diese unsäglichen Bay-Filme sein, die man in den letzten Jahren ertragen musste. Wer allein mit den Postern durch den Kakao gezogen wird: hier

Januar 10, 2007

News: HOT FUZZ - Trailer No. 2!

Manche werden es nicht mehr hören können, aber ja, ich freue mich wahnsinnig auf den neuen Film von Edgar Wright. Das wird der Wahnsinn! Teaser etc. siehe auch hier. Wer nicht von allein errät, welche Filme die Poster aufs Korn nehmen, der klicke hier.

Dezember 01, 2006

News: HOT FUZZ Trailer!

Nach den beiden irrekomischen Teasern (siehe hier), jetzt der richtige Trailer zu Edgar Wrights "Hot Fuzz"! Die beiden coolen Plakate gab es ja bereits hier zu sehen.

---> Trailer small / large <---

November 13, 2006

News: Neue HOT FUZZ-Poster

"Hot Fuzz" dürfte wohl DER Kracher des nächsten Jahres werden! In den Hauptrollen: Simon Pegg, Nick Frost, Timothy Dalton, David Bradley, Bill Nighy und Billie Whitelaw (!). Die beiden Teaser gibt es hier, Videoblogs und Clips hier.

Oktober 23, 2006

News: HOT FUZZ Teaser

Es wird mit Sicherheit der witzigste Film des nächsten Jahres. Das bewährte Team – bestehend aus Regisseur Edgar Wright, Darsteller Simon Pegg und Nick Frost – widmet sich nach „Shaun of the Dead“ nun dem Polizeifilmgenre. Als großer „Spaced“-Fan kann ich es kaum erwarten, die beiden Teaser sind zum Brüllen!