"Braindead" setzt die Lust an der orgiastischen Koppelung übertriebener Anarchokomik mit Splatterfilmelementen aus dem wenige Jahre zuvor entstandenen "Bad Taste" lückenlos fort, um ihn schließlich in jeder Hinsicht - und besonders des roten Nasses wegen - zu überbieten. Regisseur Peter Jackson reiht nunmehr nicht einfach bewusste Provokationen aus amüsantem Ekel und obszönen Ideen aneinander, sondern unterordnet sie bis zur Klimax einem Handlungsgeflecht, das wesentlich sorgfältiger ausgearbeitet scheint als beim relativ wahllosen Erzählmuster des indirekten Vorgängers, wo die einfache Landung von Außerirdischen den Mittelpunkt der Geschichte und damit die Voraussetzung für viel herben Witz markierte.
Mit jederzeit unverkennbarer Liebe zum Genre gilt es den Leidensweg des naiven und durch die sadistische Obhut seiner Mutter gebrandmarkten Lionel Cosgrove, vom neuseeländischen TV-Comedian Timothy Balme verkörpert, zu beenden. Nur eine Frau (die temperamentvolle Paquita) kann ihn, den umgekehrten Märchenprinzen, aus dem alttäglichen Alptraum befreien. Der jähe Tod der Mutter durch den Biss eines importierten Rattenaffen (der - Referenzen an "King Kong" inklusive - in der Pre-Credit-Sequenz auf Skull Island bereits für einigen Ärger sorgt) ist allerdings nicht Ende, sondern Beginn einer wesentlich problematischeren Entwicklung: Die alte Frau wird zu einem unkontrollierbaren Zombie, der bald die halbe Stadt infiziert hat.
Im Gegensatz zum Züge einer Amateurproduktion tragenden "Bad Taste" kann sich Jackson bei der Arbeit an "Braindead" auf ein hervorragendes Drehbuch stützen, das er gemeinsam mit seiner Ehefrau Fran Walsh verfasste. Dieses fokussiert die simple Liebesgeschichte der beiden unfreiwilligen Helden, sowie die Überwindung des Mutterkomplexes und anschließende Selbstfindung Lionels, und reichert es mit zahllosen Genreverweisen, Situationskomik und Slapstick an. Immer wieder wurde der Film auf seinen finalen Goreanteil reduziert, ohne die hommageähnlichen Elemente - die mitunter weitaus tragfähiger sind - zu berücksichtigen.
In liebevollen Details und mit charmanter Inszenierungsfreude bebildert Jackson kleinbürgerliche Schreckensvorstellungen. Die 50er-Jahre bilden den zeitlichen Rahmen des Films: Da fahren alte Straßenbahnen unweigerlich ihre Linien, tuckern langsame Autos umher, und im kleinen Kaufmannsladen kennt und grüßt man sich freundlich. Diese Fassade ist natürlich immer als solche erkennbar, insbesondere wenn Lionels Mutter in den eigenen vier Wänden einer regelrechten Tyrannei nachgeht, bei der Beerdigung von Nachbarn und Freunden jedoch als gutmütige Mutter und Witwe geadelt wird. Jackson überzieht seine scharfen Statements immer weiter, bis das Ende sogar verrät, dass sie die Mörderin des eigenen Ehemannes ist: Ihre Legitimation für die Unterdrückung des Sohnes enttarnt sich als bittere Lebenslüge.
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Die deutschen Zensurbehörden wollten respektive konnten offenbar kaum das Humorverständnis des Neuseeländers teilen, hierzulande wurde der Film für die Kino- und Videoauswertung so stark gekürzt, dass der ohnehin sehr freie Untertitel "Der Zombie-Rasenmähermann" jeglichem Sinn entbehrt, ist doch eben genau diese Sequenz nahezu vollständig entfernt worden. Die später veröffentlichte ungeschnittene und nicht geprüfte Fassung wurde bundesweit beschlagnahmt, bevor nach rund 10 Jahren selbst die alte FSK: 18-Version dran glauben musste. Momentan ist "Braindead" nunmehr in einer indiskutabel gekürzten, jugendfreien Fassung erhältlich (die kurioserweise an vielen Stellen länger als die frühere FSK-Videofassung ist). Abgesehen von der Veröffentlichung in den USA (dort ist neben der R-Rated selbst die Unrated-Version zensiert) erschien im Gegensatz dazu weltweit die vollständige Originalfassung. Selbst die zimperliche BBFC gab das Werk trotz sexistischer Elemente (der Pfarrer und die Krankenschwester können selbst im blutigen Matsch nicht voneinander lassen) in Großbritannien ohne Schnitte frei.
Dabei ist das aufwändige und viel zitierte Finale des Films, das auch maßgeblich für seinen Kultstatus verantwortlich zeichnen dürfte, nicht nur Ausdruck einer spürbaren Freude an der Sauerei, die mit unzählbaren Effekten explodierender und zerstückelter Körper aufwartet, sondern tatsächlich Höhepunkt einer dem Inhalt verpflichteten Katharsis, wie es sie mit derartigen Hyperbeln im Stakkatorhythmus bislang nicht auf der Leinwand zu sehen gab. Das große Fest an Gore Galore ist nicht mehr als das konsequente Herauslassen all der unterdrückten Energie des Helden, ein gezogener Schlusssatz unter die langwierigen Qualen der Mutter: In einem letzten Kampf stellt er sich der hinreißend komischen Inkarnation kindlicher Horrorvorstellungen der Erziehungsberechtigten. Die mutierte Übermutter verschlingt ihren Sprössling, der sich darauf hin selbstständig aus ihren Klauen befreit und sprichwörtlich neugeboren wird. Vor den brennenden Trümmern des Hauses - dem Käfig des alten Lebens - hat das blutüberströmte und gleichzeitig ironisch unbefleckte Paar ihren Liebesbeweis vollbracht.
Der überaus spezielle Humor des Films resultiert nicht allein aus einer Nummernrevue bizarrer Effekte und Ideen, sondern aus dem skurrilen Weltentwurf Jacksons. An jeder Straßenecke lauern seltsame Gestalten, die entweder snobistisch die Nase rümpfen, sich von allem und jedem abkehren oder aufdringlich in die Kamera grinsen - die vielen schrillen Gesichter, die in verzerrten Perspektiven erscheinen, sind eines der Markenzeichen des Regisseurs. Die logische Folge dieses Gesellschaftssarkasmus' kann demnach nur die Herausbildung einer Zombieplage sein. Exemplarisch lässt der Film sogar ein untotes Baby den Anfangspunkt setzen, was abermals Gelegenheit für zahlreiche komödiantische Situationen ergibt. So reihen sich urkomische Slapstickmomente an geschickt platzierte Running-Gags, wenn Lionel den Zombienachwuchs auf den Spielplatz ausführt oder das später verselbstständigte Baby im Alleingang nicht aufzuhalten scheint.
Jackson spart dabei nie mit dezenten Ansätzen, sondern verschreibt sich hemmungslos dem bad taste. In vielen Momenten erinnert die respektlose Übertreibung der Darstellung an den Humor der Monty Python-Truppe ("Monty Python And The Holy Grail"). Insbesondere die Friedhofssequenz, bei der ein Pfarrer mit exaltierten Kunf-Fu-Bewegungen einer Horde wilder Rocker "für den Herrn in den Arsch tritt", steht mit ihrer comicartigen Inszenierung abgerissener Arme und Beine in der Tradition des skurrilen Humors der Briten und scheut auch nicht vor einer gesunden Portion Blasphemie. Zusätzlich erhalten die kruden Goreeskapaden durch die pointierte Musik aus der Feder Peter Dasents eine ironische Note. Dass der Regisseur bei all dem scheinbaren Durcheinander an Turbulenz und Ideendrive dennoch nie seine liebevollen Figuren - darunter eine gesetzte Krankenschwester, ein erbsüchtiger Onkel (deren Weichteile als wiederkehrender Gag regelmäßig in Beschlag genommen werden), ein überforderter Bestatter, illustre Gesellschaftsdamen und andere schrullige Gestalten - aus den Augen verliert, distanziert Jackson von seinen Kollegen, die sich zumeist in eindimensionalem Nonsens verlieren.