Mai 30, 2009

TV: Fernsehtipps vom 30.05. - 05.06.2009

Samstag, 30.05.
20:15 Uhr – Monster House (SAT.1)
Computeranimierter Kindergrusel im Retro-Design. Reines Produzentenkino, bei dem Spielberg und Zemeckis noch einmal den Hauch ihrer 80’s-Perlen versprüht wissen wollen. Ist im Ergebnis viel zu brav und viel zu schlecht animiert.
20:15 Uhr – Marie Antoinette (Pro7)
Sofia Coppolas Pop-Interpretation des Prinzessinnenmythos. Ein schwer verdaulicher Film, dessen geballter Camp in Kombination mit angehäuften Großmädchen-Plattitüden wahrscheinlich erklärt, warum er bei jungen Schwulen so nahezu ausnahmslos beliebt ist.
22:05 Uhr – Freeze (Das Vierte)
Bornedals eigenes US-Remake seines größten Hits. Flüssiger als überflüssig und zu alledem ohne Schniepeleinstellung von Ewan McGregor.
22:15 Uhr – Butterfly Effect (RTL)
Geschickter und schlicht unterhaltsamer Zeitreiseschmu für die Donnie-Darko-Generation.
0:15 Uhr – Alpha Dog (RTL)
Behaupteter Jugendmilieu-Sozialtrash von John Cassavetes’ ungleich untalentierterem Sohnemann Nick. Das Over-Acting von Sharon Stone bleibt in Erinnerung.
2:00 Uhr – House of Wax (Pro7)
Saftiges Remaken eines Uralt-Genretopos mit frischen Gesichtern und Paris Hilton. Der Hang zur Überlänge stört, das deftige Abmurksen der Teeniegören hingegen ist höchst vergnüglich.

Sonntag, 31.05.
12:05 Uhr – E.T. – Der Außerirdische (ARD)
21:45 Uhr – Hulk (RTL)
Ang Lees Familientragödie im Comic-Gewand. Mit Multi-Screens und raffinierten Übergängen findet er dennoch die ultimative formale Entsprechung für die Adaption des stillen ins bewegte Bild. Referenzfilm.
22:15 Uhr – Matrix (Pro7)
Ach ja, immer mal wieder. Hab schon so oft was zu dem geschrieben. Finde ich mal sensationell, mal ziemlich käsig. Bin da inkonsistent.

Montag, 01.06.
20:15 Uhr – Hellboy (Pro7)
Fügt sich wunderbar ins Del-Toro-Oeuvre. Dessen Gespür und Verständnis fürs Phantastische ist, von Burton und Gilliam abgesehen, derzeit einzigartig. Das Sequel war dann sogar noch toller.
20:15 Uhr – Das Parfum (SAT.1)
Wie es Tykwer zunächst gelingt, vielfältige Sinneswahrnehmungen über Bilder zu vermitteln, ist wirklich bemerkenswert und eindrucksvoll. Bis zum orgiastischen Finale durchläuft der Film aber auch einige Durststrecken und leidet unter seinem lustlosen Starensemble und der theatralischen Ausstattung.
22:10 Uhr – Memento (Das Vierte)
Es gibt fast nichts Schlimmeres als Filme, die sich penetrant und ekelhaft an ihrem ostentativen Drehbuchspiel ergötzen, und da gibt es unter all diesen einst neuerlichen Twistorama-Erscheinungen einige.
22:30 Uhr – Snakes on a Plane (RTL)
23:05 Uhr – Das Schweigen der Lämmer (SAT.1)
Die finale Montage allein lässt das viele Bemühen von Thriller-Prototypen und die eigentlich höchst alberne Plot-Konstruktion nichtig erscheinen. Stilbildender Film, den man kaum mögen, aber schätzen kann.

Dienstag, 02.06.
Nur Kacke.

Mittwoch, 03.06.
20:15 Uhr – Million Dollar Baby (K1)
Eine Emanzipationsgeschichte. Einfühlsam, intensiv, radikal bricht Eastwood ideologische Muster auf, ohne seinen konventionellen Stil aufzugeben. Dass der Film von der intellektuellen Filmkritik als reaktionär empfunden wurde, erscheint mir weiterhin rätselhaft. At least it’s großartiges Schauspielkino.

Donnerstag, 04.06.
23:02 Uhr – Krieg der Welten (ARD)
Mit verblüffender Detailverliebtheit und Präzision entwirft Spielberg in seinem E.T.-Gegenentwurf ein düsteres, bedrohliches Invasionsszenario, das von seinen beklemmenden Bildern, den mehr oder weniger subtilen 9/11-Anklängen und einem souveränen Tom Cruise lebt. Der Mittelteil ging in die Hose, und über den zwar zweideutigen, aber tendenziell eher verkitschten Schluss kann man streiten. Dennoch Spielbergs bester Film seit Jahren – und absolut beispielhaft in der Kombination von CGI und Live-Action.

Freitag, 05.06.
23:55 Uhr – Mad Max 2 (RTL2)
Ein Film, von dem noch immer so viele zehren. Nach Neill Marshall hat nun auch McG ganz tief in die "Road Warrior"-Mottenkiste gegriffen. Angucken, würde er nur nicht so gekürzt versendet werden.

Mai 28, 2009

PHOTO DES TAGES

Ach ja, schon den Promo-Trailer zum neuen Herzog gesehen? TRASH!

Mai 27, 2009

Kino: THE UNINVITED

Es will kein rechtes Ende nehmen mit den schwarzhaarigen kleinen Mädchen, die in Wandschränken hocken oder aus Fernsehgeräten krauchen, mit den in einem doch so völlig anderen Kulturkreis verorteten übernatürlichen Geister- geschichten und all den knarrenden Türen, Fenstern und Bodendielen, die das US-Genrekino dank zahlreicher asiatischer Horrorvorlagen vor einigen Jahren für sich entdeckte – wenn auch die Initialzündung und der einzige wirkliche Kassenhit hinter dieser – nun ja – Idee, Gore Verbinskis "The Ring" –Remake natürlich, schon wieder eine ganze Weile zurückliegt.
 
Nun also durfte das südkoreanische Gruseldrama "A Tale of Two Sisters", mit dem Kim Jee-Woon seinerzeit auch hierzulande bei den Berliner Filmfestspielen viele über- schwängliche Kritiken einfahren konnte, nach allen Regeln der westlichen Mainstream-Kunst neu verfilmt werden. Die Nähe zum Vorbild betont die deutsche Titelvergabe mit dem "Fluch der zwei Schwestern" stärker als im Original: Dort heißt das US-Remake schlicht "The Uninvited". Und ungebetene Gäste sind dann auch das Schlüsselmotiv der großteils treu adaptierten Geschichte.

So hatten beispielsweise weder Anna (Emily Browning) noch ihre Schwester Alex (Arielle Kebbel) die undurchsichtige Rachel (Elizabeth Banks) eingeladen, in ihr großes Familienanwesen zu ziehen und den vermögenden Papi (David Strathairn) für sich in Beschlag zu nehmen. Die (ausgerechnet!) ehemalige Pflegerin der nunmehr verstorbenen Mutter beider scheint dabei offenbar einen heimtückischen Plan zu verfolgen. Zumindest vermutet die frisch aus dem Krankenhaus entlassene Anna das, nachdem sie zunächst die schweren seelischen Folgen des Todes der Mutter zu verarbeiten hatte.

Der Haussegen hängt demnach reichlich schief: Während der treudoofe Vater blind scheint für die mysteriösen Vorgänge daheim, trägt Rachel offenbar ein dunkles Geheimnis aus der Vergangenheit mit sich. Der Familienzwist zwischen dem Schwesternpärchen und der garstigen Stiefmütter mündet selbstredend allmählich in einer Katastrophe, deren Schlussüberraschung einige Logiklöcher erklärt, sich in dieser Neuverfilmung jedoch auch weitaus deutlicher ankündigt als im koreanischen Original von 2003.

Das Regiegespann Charles und Thomas Guard gibt sich dennoch Mühe, die moralisch komplexe Geschichte effektiv nachzuerzählen. Die Brüder setzen auf klassischen Suspense- Grusel, großzügige Schockeinlagen und allerlei übliche Teasing-Effekte. Der Film ist dramaturgisch durchsichtig und konventionell gestrickt, das aber immerhin mit bemühter Sorgfalt: "Der Fluch der zwei Schwestern" nimmt sich zumindest im Aufbau von Spannung und Atmosphäre ernst, wenn er inszenatorisch auch bei weitem nicht die Originalität erreichen, geschweige denn die psychologischen Tiefen der Vorlage ausloten kann.

Dieses gab sich im Tonfall deutlich melancholischer, fügte dem nicht selten konfusen Familiendrama erst nach und nach märchenhafte Horrorelemente bei und spann insgesamt ein deutlich komplexeres Netz aus Schein und Sein, Illusion und Wirklichkeit, Paranoia und Verdrängung. Die Guard-Brüder sind ungleich weniger am Freudschen Psycho-Drama interessiert als an gängigen Thrillerstrukturen und einem straffen Handlungsverlauf, der genügend Raum für amerikanische (Film-)Klischees bereithält. Ihr Spiel mit der verzerrten Wahrnehmung der jungen Anna bleibt dabei sehr über- und durchschaubar.

So ist insbesondere zu bedauern, dass das Remake nicht einmal auf die ausgeklügelte Farbdramaturgie des Originals zurückgreift, um dem unheimlichen Haus einen eigenen Charakter zu verleihen, so wie Kim Jee-Woon es schließlich noch (an Stanley Kubricks "Shining" erinnernd) eindrucksvoll und überaus unheimlich verstand. Auch der Verzicht auf kluge Regieeinfälle, etwa wenn in "A Tale of Two Sisters" – in Hinblick auf die eigentliche Auflösung der Geschichte – bestimmte Personen nur in ebenso bestimmten Einstellungen zueinander in Beziehung gesetzt wurden, spricht nicht gerade für das künstlerische Konzept der Neuauflage.

Die Amerikanisierung des Schwestern-Stoffes bietet für Nicht-Kenner der Vorlage spannende und nicht selten absehbare Unterhaltung, bricht das 2003er-Original jedoch leider besonders an den reizvollen Schnittpunkten auf glatten Mainstream-Horror herunter. Aus einem Cronenbergschen Psychodrama haben die Guard-Brüder eher klassische Thrillerkost generiert, die Freunde des großartigen "A Tale of Two Sisters" mit Sicherheit kalt lassen wird.


40% - erschienen bei: gamona

Mai 23, 2009

TV: Fernsehtipps vom 23.05. - 29.05.2009

Samstag, 23.05.
20:15 Uhr – Das Dorf der Verdammten (RTL2)
Hübsch photographiertes und auch sonst fleißig nachgestelltes Remake von John Carpenter, das mit seinem seelenlosen Handwerk nur abermals das schlagartig verstummte Mitteilungsbedürfnis eines einstigen Großmeisters offenbart. Gekürzt.
20:15 Uhr – Hook (K1)
Der prädestinierte Spielberg-Stoff, zum absoluten Multi-Regie-Fiasko runterinszeniert. Schrecklich überladene Studiobauten, gräuliche Familienmoral und Mutterideologie, und ein unverzeihlicher Betrug an der Vorlage: Peter Pan wird erwachsen. Dass der Film als Musical konzipiert war, letztlich aber um alle Songs beschnitten wurde, erklärt wohl die katastrophale Dramaturgie.
23:02 – Auf der Flucht (ARD)
Recht stilbildendes 90’s-Spannungskino. Über den Wert der Adaption kann ich nichts sagen, aber der Oscar für Jones gehört durchaus zu den Academy-Kuriositäten.
0:35 Uhr – Ich weiß noch immer… (Pro7)
2:20 Uhr – Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast (Pro7)
Double Feature, sinnigerweise in falscher Reihenfolge. Dem effektiven, cleveren, amüsanten erstem Film folgte ein Jahr später ein ungleich exploitativerer Nachschlag, der durch seinen Bedeutungsverlust und eine Fülle irrwitziger Slasher-Klischees die perfekte Ergänzung bildete. Zwei Filme, die ich gern einmal wieder schauen möchte.

Sonntag, 24.05.
20:15 Uhr – Ich, du und der andere (RTL)
Wenn sich noch jemand an "Was ist mit Bob?" erinnern sollte – das wäre die wesentlich witzigere Alternative zu diesem Retro-Comedy-Flick hier.
20:45 Uhr – Boulevard der Dämmerung (Arte)
Viele haben es versucht, aber niemand hat jemals einen besseren Film über Hollywood(stars) und letztlich auch über einen beträchtlichen Teil des Kinos inszeniert als Billy Wilder. Meisterwerk.
0:55 Uhr – Ich werde immer wissen… (Pro7)
Unerträglicher und billig heruntergekurbelter DTV-Mumpitz, mit dem es sich ausgesommert hat.

Montag, 25.05.
22:20 Uhr – True Lies (K1)
Hat die Zeit nicht überstanden…

Dienstag, 26.05.
20:15 Uhr – The Score (K1)
Lahmer Heist-Thriller, in dem Marlon Brando noch einmal seine ganze Verachtung für ein Kino ausspielen darf, das er – und das ihn – nicht mehr verstehen wollte.
22:00 Uhr – Virus (Tele5)
Wahnwitziger Sci-Fi-Schlock mit Donald Sutherland in seiner trashigsten Rolle ever.
0:10 Uhr – Außer Atem (SWR)
Anschauungsunterricht ohne jedes Gespür für Menschen und Emotionen. Eine ostentative Aufopferungsorgie für das Kino, der jegliches Verständnis für die Kraft der Illusion abhanden gekommen ist. Godard langweilt mich bis zum Erbrechen.

Mittwoch, 27.05.
Nix.

Donnerstag, 27.05.
20:15 Uhr – Wo ist Fred? (SAT.1)
Til-Schweiger-Komödie mit meiner herzallerliebsten Alexandra Maria Lara… so lustig wie eine eitrige Nebenhöhlenentzündung.
0:20 Uhr – Der Chill Faktor (SAT.1)
Bemerkenswert an diesem gefühlten hundertsten "Flucht in Ketten"-Remake sind die völlig aufgesetzten Melt-Splatter-Einschübe. Der Rest ist Quatsch mit Soße.

Freitag, 29.05.
1:45 Uhr – Das Haus der Vergessenen (RTL2)
Ulkige Schauermär von Wes Craven, deren aufgesetzte sozialkritische Anklage nicht vom cleveren Umkehren illustrer Märchenmotive ablenken darf. In "New Nightmare" hat der Meister das allerdings noch feinsinniger hinbekommen. Gekürzt.
3:00 Uhr – Hustler White (Arte)
Konzeptwoche bei Arte. Immerhin hat Bruce La Bruce hier wohl so etwas wie die queere Undergroundversion von "Sunset Boulevard" im Sinn gehabt… erträglicher als seine "8½"-Vergewaltigung, aber immer noch alles andere als… ein Film. Läuft sicher gut entschärft.

Mai 21, 2009

News: Upcoming Reviews

Demnächst Filmbesprechungen zu: "Der Fluch der zwei Schwestern" (Charles Guard), "Terminator: Die Erlösung" (McG) und "Drag me to Hell" (Sam Raimi).

Kino: KINOSTARTS - 21.05.2009

  • My Bloody Valentine 3D (Slasher, USA 2009) [Kritik]
  • Nachts im Museum 2 (Fantasy-Ulk, USA 2009)
  • Sunshine Cleaning (Komödie, USA 2008)
  • Public Enemy No. 1 - Todestrieb (BioPic, F/CAN 2008)
  • Simons Geheimnis (Drama, CAN 2008)
  • Der letzte Applaus (Doku, D/I/J 2009)
  • Die Schimmelreiter (Tragödie, D 2008)

Mai 20, 2009

Kino: RÜCKENWIND [Push-Up]

Zwei junge Männer unternehmen einen Ausflug aufs Land. Ohne Verpflegung dringen sie immer tiefer in die Wälder Brandenburgs ein, um an die Grenzen ihrer Beziehung und Identität zu stoßen.
Jan Krüger, einer der wenigen erfolgreichen queeren Filme- macher Deutschlands, wollte einen intuitiven Film über Ich-Entfremdung und schwule Liebe inszenieren, mit einem nur groben szenischen Konzept chronologisch gedreht. Zunächst erinnert das stille Nebenherlaufen der beiden Figuren, verbunden mit gewollt poetischen Bildern von Sinnsuche und Ziellosigkeit, an Gus Van Sants "Gerry". Recht zügig schummeln sich in den Experimentalcharakter des Films aber klare dramaturgische Linien ein, ehe er sich in der zweiten Hälfte nur noch mit Erzählen aufhält. Die dabei zur Durchsicht freigegebene Geschichte jedoch ist uninspiriert, unfreiwillig komisch und irgendwann nur noch schrecklich uninteressant. Es hätte dem Film besser getan, noch reduzierter, weniger narrativ und mit einem ausgeklügelten Tondesign die Reise zweier rätselhafter Jungs zu begleiten, statt sich irgendwann in halbgaren Plotkonstrukten und pseudomystischen Chiffren zu verlieren.

30% - ab 4. Juni in ausgewählten Kinos

Mai 18, 2009

Kino: MY BLOODY VALENTINE 3D

Es war nur eine Frage der Zeit, bis das wieder entdeckte und neuerdings ja auch als Zukunft des Kinos verhandelte 3D-Format sich nicht mehr nur auf bunte Animationsfilme beschränken, sondern sein mehr oder weniger interaktives Potential auch in anderen Sparten ausspielen würde. Insbesondere effektbetonte Genreware hat dem Verfahren schließlich überwiegend in den 50er und später noch einmal 80er Jahren – seinerzeit noch mit Rot-Grün-Brillen – zu einer kurzlebigen Hochzeit verholfen.
 
Von daher kann sich "My Bloody Valentine" zwar nun zu Recht als erster Horrorfilm behaupten, der sein Publikum mithilfe von Digital-3D unmittelbar ins fröhliche Abmurksen einbezieht. Vom technischen Unterschied und den wesentlich angenehmeren, die Augen weniger strapazierenden Brillen abgesehen bedient sich Patrick Lussiers Remake des 1981er-Originals ("Blutiger Valentinstag") allerdings der gleichen offensichtlichen Gimmicks wie seine Vorbilder.

Regisseure wie Jack Arnold und William Castle hatten es mit obskuren Monsterheulern vorgemacht, ehe sich auch der zeitgenössische Horrorfilm viele Jahre später noch einmal mehr Frische und zweifelsfrei mehr Einnahmen vom umworbenen 3D-Effekt versprach. "My Bloody Valentine" steht klar in der Tradition von Genreproduktionen wie dem dritten Teil der "Freitag, der 13."-Serie, der dem Zuschauer einst mit altmodischen 3D-Tricks ebenso permanent allerlei spitzes Mordwerkzeug und andere Gegenstände entgegen brachte.

Entsprechend Retro ist auch die Geschichte, die sich mal mehr, mal weniger am kanadischen Original von George Mihalka orientiert. Es gibt das schreckliche Ereignis aus der Vergangenheit, und es gibt natürlich auch das Ereignis der Gegenwart, in dem blutige Rache geübt werden muss: Bei einem Bergarbeiterunfall wurde Harry Warden einst schwer verletzt, weshalb er pünktlich zum Jahrestag ein Blutbad unter Tage anrichtete. Die Bewohner der Kleinstadt Harmony geben indes seit jeher Tom Hanniger (Jensen Ackles) die Schuld am Massaker, weil er den Unfall des Mörders versehentlich verursachte.

Der junge Mann verließ das Örtchen daraufhin, kehrt allerdings nach zwei Jahren wieder dorthin zurück. Rein zufällig beginnt gleichzeitig erneut eine Serie von Morden: Ein Killer mit Spitzhacke – der wieder auferstandene Harry? – raubt seinen Opfern die Herzen und verarbeitet sie zu hübschen Valentinstagsgeschenken. Polizist Axel (Kerr Smith), ein ehemaliger Freund von Tom und nun liiert mit dessen einstiger Flamme Sarah (Jaime King), vermutet natürlich einen Zusammenhang… und selbstverständlich landen letztlich alle wieder im Bergwerk, wo das Grauen seinen Lauf nahm.

Im Gegensatz zum Original konzentriert sich das Remake auf die Dreiecksbeziehung und verlagert den Großteil der Handlung zu Ungunsten einer gradlinigen Dramaturgie in den Außenbereich der eigentlichen Attraktion – dem unheimlichen Schauplatz. Die Version von 1981 schöpfte ihre enorm wirkungsvolle Atmosphäre schließlich vor allem aus den Winkeln und Ecken des tief unter der Erde gelegenen Bergbau-Settings, in dem der Spitzhackenkiller Jagd auf eine junge Partymeute machte.

Der Versuch des Remakes, den Stoff erzählerisch auszudehnen, wirkt sich allerdings negativ auf die Spannung aus, denn viel mehr als effektives und – da in prallem 3D gedreht – auch selbstredend eindrucksvolles Meucheln hat "My Bloody Valentine" freilich nicht zu bieten. Es ist immer noch simpler und allen Genregesetzen folgender Slasher- Horror mit hohem Bodycount, viel Gore und wenig Gespür fürs Originelle: Der geänderte Schlusstwist ist so altbacken und unmotiviert, dass auch die dicken 3D-Brillen nicht dessen Vorhersehbarkeit verschleiern wollen.

Regisseur Patrick Lussier, Zögling und langjähriger Cutter von Wes Craven, muss sich deshalb ganz auf die attraktive Ästhetik seines 3D-Konzepts verlassen: Schon nach wenigen Minuten lässt er eine Spitzhacke ins Publikums rasen, was je nach Sitzposition als sehr wirkungsvolle Einladung zum Mitgruseln und –fiebern verstanden werden kann. Trotz verbesserter Technik bleiben die kreativen Methoden des Effektausreizens aber letztlich, was sie schon immer waren: ein Gimmick.

Es wird also offenbar noch ein wenig dauern, bis wieder ein Regisseur die Idee so für sich zu nutzen weiß wie einst Alfred Hitchcock. Er verband das 3D-Format in "Bei Anruf Mord" tatsächlich mit einer dramaturgischen Komponente und verleitete den Zuschauer mit Grace Kellys legendärem Griff ins Publikum zur Komplizenschaft mit einem Mörder. Für so viel Doppelbödigkeit mag es hier noch nicht reichen – so ist "My Bloody Valentine" äußerst mittelprächtiges Slasher-Kino samt vieler spaßiger, aber bedeutungsloser 3D-Einlagen.


50% - erschienen bei: gamona

Mai 15, 2009

STAR TREK - Pre-Abrams-Style.



(Danke, Chili :D)

Mai 13, 2009

Kino: THE LAST HOUSE ON THE LEFT

Einmal mehr wird ein einstiger Undergroundstoff seinem zeitlichen und räumlichen Kontext entrissen und für die immer noch fraglich hochkonjunkturelle Unkultur zeitgemäßer, auf ein klar abgestecktes Teenager-Publikum hinproduzierter Horror- Remakes, die in ihrer deutlichen formalen Abgrenzung der Vorbilder nach allen Regeln der Kunst die Gesetze des Mainstream-Kinos wahren, umgemodelt und vermeintlich aufgefrischt. Interessanterweise versuchte sich bereits der originale "Last House on the Left" an einer Interpretation seines Referenzvorbildes, der "Jungfrauenquelle" Ingmar Bergmans, dessen religiöses Meditieren über Verlust und den Willen Gottes er gegen eine kühne, rücksichtlose und von studentischem Übereifer gekennzeichnete Gewaltballade eintauschte.

Verhielt sich Wes Cravens frühe Regiearbeit zu ihrem Bezugsobjekt noch wie die naiv-intellektuelle, zumindest aber überaus geistreiche und im Anliegen deutlich gesellschafts- politische Umkehrung des Bergman-Films, also einer Low-Budget-Neubearbeitung mit freimütigen Akzent- verschiebungen, so begnügt sich Dennis Iliadis’ in der 2009er-Version des Materials größtenteils auf das brave Nachstellen jener einst verstörend bösen Bilder Cravens, die in ihrer jetzigen aalglatten Berechenbarkeit bestenfalls ein wenig Popcornrascheln beim pubertierenden Publikum garantieren.

Die Rape-and-Revenge-Geschichte ist demnach die gleiche: Zwei unschuldige Bikini-Miezen vom Land geraten in die Fänge einer wüsten Großstadtbande, werden erst vergewaltigt und gefoltert, um anschließend einen qualvollen Tod sterben zu müssen. Unglücklicherweise sucht die mörderische Gang daraufhin nächtlichen Unterschlupf im Waldhäuschen jener Eltern, deren Töchterchen sie soeben Fluss abwärts elendig verenden haben lassen. Diese entpuppen sich dann, ganz so wie 1972 bei Wes Craven, hinter bürgerlicher Glitzerfassade als eigentliche Barbaren und führen gegen die Peiniger ihres Kindes einen genüsslichen Rachefeldzug – mit allem, was der eheliche Werkzeugschuppen so herzugeben hat.

Iliadis hat es, bei allem, was diese Neuverfilmung entschärfend an Änderungen vornimmt, immerhin verstanden, der zweiten Hälfte einen größeren Bedeutungs- und Spielraum zuzugestehen, um so zumindest die Essenz des Originals – das hinter US-amerikanischer Vorgartenidylle erst das wahrhaft monströse Gewaltpotential der Gesellschaft ausmachen und sich im Kontext der Hippiebewegung somit wohl gar als ironisch verstanden wissen wollte – auf logistischer Ebene wiederherzustellen. Doch verliert die, augenscheinlich deutlich explizitere, Meucheljagd der Eltern in dieser Neuauflage alles von ihrer symbolischen Bedeutung: Vom aufgebrachten Geist Cravens ist freilich ohnehin nichts mehr zu spüren (und der Verlust des bissigen Kommentars allein durch die Nicht-Reproduzierbarkeit der tief in den 70ern verwurzelten Vorlage erklärt), doch tut sich das Remake mit seinem Handlungsausbau in der zweiten Hälfte keinen Gefallen.

Denn unter den vielen anbiedernden dramaturgischen Korrekturen weg vom unangepassten, vielleicht gar imper- tinenten Erzählstil des Craven-Films, hin zur klassischen Opfer-Täter-Verteilung, wie sie das Mainstream-Format auf ein erträgliches, will heißen: beschwingtes, Unterhaltungslevel einpendelt, wurde auch das Überleben der Tochter gesichert: Damit die Identifikationsfigur das Ende des Films miterleben und dafür verletzt aus dem Fluss schwimmen darf. Dass das grotesk-brutale Abrechnen mit den Kindstötern – bzw. Nichttötern – dadurch keiner wirklichen Logik mehr, geschweige denn Aussagekraft folgt, liegt auf der Hand. Nur, und das ist das eigentlich perfide dieses weiteren sinnlosen Remakes eines 70er-Jahre-Genreklassikers, wirkt all die ausgestellte Gewalt – so glatt gebügelt und wenig schockierend sie auch erscheinen mag – dadurch nur umso unnötiger: Was einst einen subversiven Geist versprühte und bedauerlicherweise noch immer die Zensuranstalten beschäftigt, wirkt heute nur noch sinnentstellt, dümmlich und reichlich menschenverachtend. Nicht zuletzt der haltlose Epilog dieses neuerlichen "Last House on the Left" erweist sich dabei als ebenso einfältig wie verräterisch.


30% - erschienen bei den: FÜNF FILMFREUNDEN

Radio: FILM-BLUE MOON 07/09

Heute wieder Film Blue Moon. 22Uhr. Zwei Stunden lang. Mit Ronald Bluhm und Tom Ehrhardt. Auf Radio Fritz. So geht's: Anrufen, mitdiskutieren, dann in die Geschenkekiste greifen. Per Livestream oder direkt im Radio. Wer die Sendung verpasst, kann auf den Podcast zurückgreifen, der am nächsten Tag abrufbar ist. Ich werde mit hoher Wahrscheinlichkeit heute nicht dabei sein. Tom, wenn du mitliest, ich fehle also entschuldigt. :)

Viele Lichtjahre von den Einspielergebnissen der bisherigen "Star Trek" Filme entfernt, dringt das Prequel in kommerzielle Galaxien vor, die nie kein Film der Serie zuvor gesehen hat. Doch findet ihr den auch spannend? "Wolverine" wartet mit viel Wumms, Bums und einem gut gelaunten Hugh Jackman im Kino - doch wer braucht nach 3 X-Men Filmen noch mehr? Oder habt ihr um die Blockbuster einen großen Bogen gemacht und eher ne Karte für "Duplicity", "Beverly Hills Chihuahua" und "Trauzeuge gesucht" gelöst?! Ruft an im Film Blue Moon und redet mit Filmfritz Ronald Bluhm und Tom Ehrhardt und fasst Goodies aus der großen Geschenkekiste ab.

Mai 12, 2009

News: Bewegtbilder zum PRINCE OF PERSIA


Wie kann man nur Jake Gyllenhaal so entstellen? Der Film macht mir Angst. Sieht wirklich richtig scheiße aus. Das wird schlimmstes Bruckheimer-Kino.

Mai 09, 2009

TV: Fernsehtipps vom 09.05. - 15.05.2009

Samstag, 09.05.

20:15 Uhr – Shark Attack (VOX)

In meiner Casper-Van-Dien-Trashphase hatte ich mir den mal auf Video gekauft und war ganz entzückt über diesen billigen DTV-Schmu, bei dem Haie eigentlich gar keine Rolle spielen.

22:15 Uhr – Saw III (Pro7)

Ordentlich verstümmelt gesendeter dritter Film um die heimtückischen, gewitzten Fallen des Jigsaw-Killers. Ist in seiner hanebüchenen, lächerlichen Plot-Kontruktion ausnahmslos grotesk bis ermüdend, leider aber auch ätzend gewalttätig, wenn nicht gar faschistoid in seinem Menschenbild.

0:05 Uhr – Reise zurück in der Zeit (Tele5)

Ganz wunderbar fantasievoller Horrorulk im Wachsfigurenkabinett, mit viel Spaß am unbekümmerten Zitieren und Wildern bei klassischen Vorbildern. Eine meiner liebsten Gruselkomödien, leider arg zersäbelt.


Sonntag, 10.05.

20:15 Uhr – Planet der Affen (RTL2)

Letzte Sichtung liegt erst wenige Monate zurück. Und immer noch verstehe ich diesen Film nicht. Das ist nicht Tim Burton, in keinem einzigen Bild. Gleichzeitig aber finden sich überall Nuancen, die ganz eindeutig dessen Handschrift tragen. Daraus will sich jedoch nie ein homogener Gesamteindruck bilden, noch weniger als bei "Batman", dem unpersönlichen Big-Budget-Disaster Burtons. Ich bin mir sicher, dass der gute weiß, was dieses Affen-Remake zu bedeuten hat… und dass er das ganz bestimmt für sich behalten wird.

20:15 Uhr – Solange es Menschen gibt (Arte)

Douglas Sirks auf den Dritten versendetes Meisterwerk zur Primetime, das darf dann ruhig noch einmal erwähnt werden. Diesen Film muss man gesehen haben. Absolutes Schlüssel-Melodram.

3:10 Uhr – Bad Boys II (Pro7)

Widerlich dümmlicher, menschenverachtender Drecksfilm mit mies inszenierten Actionsequenzen und saunervigen Hauptdarstellern. Zum Kotzen.


Montag, 11.05.

23:00 Uhr – Das Leben ist schön (SWR)

Heimlich von "Nackt unter Wölfen" inspirierter Versuch, die Schrecken des Holocausts mit sanftem Klamauk aufzuarbeiten. Der radikale Erzählbruch in der Mitte mag noch eindrucksvoll erscheinen, die völlig banale und entkontextualisierte zweite Hälfte missbraucht die Naziverbrechen für ein fürchterlich unkonkretes und naives Gutmenschenplädoyer, das durch Roberto Benignis nervtötendes Gezappel und das unfassbar dämliche Ende zusätzlich an Würgereiz gewinnt.


Dienstag, 12.05.

0:35 Uhr – Monster’s Ball (ARD)

Saublödes Rassismusdrama, das seine Figuren verrät und die scheinheilige Message mit Füßen tritt. Steht in der Videothek neben "L.A. Crash".


Mittwoch, 13.05.

20:15 Uhr – Das Comeback (K1)

Schlimmstes Ron-Howard-Geseiere mit einem, ja leider, phänomenal guten Russell Crowe in der Hauptrolle. Nahezu begnadet, was der Mann da leistet.

23:40 Uhr – Sommer ’04 (BR)

Angeblich Chabroleskes Beziehungsdrama, das ich schon lange einmal sehen wollte. Notiert. Trotz Martina Gedeck.


Donnerstag, 14.05.

22:30 Uhr – Wir waren Helden (VOX)

Einer der drei, vier abscheulichsten Pro-Kriegsfilme. Schlimmer geht’s nimmer.

23:15 Uhr – Mean Streets: Hexenkessel(WDR)

Schlüsselwerk in Scorseses Karriere, konnte mit dem Film damals allerdings nichts anfangen. Wiedersehen ist wohl unvermeidlich… allein wegen des queeren Subtexts.


Freitag, 15.05.

0:20 Uhr – Underworld (RTL2)

Launiger Fetisch-Horror mit Lack-und-Leder-Kate und vielen übel animierten Werwölfen… wie der es in meine DVD-Sammlung geschafft hat weiß ich bis heute nicht.


Mai 08, 2009

Kino: KINOSTARTS - 07.05.2009

  • Star Trek (Sci-Fi, USA 2009) [Kritik]
  • Spiel der Träume (Komödie, I/D 2008)
  • Die Wundersame Welt der Waschkraft (Doku, D 2009)
  • Wir sind alle erwachsen (Komödie, F 2008)
  • Das Herz von Jenin (Doku, D 2008)
  • Boy A (Drama, GB 2007) [Kritik]
  • Die Anderen (Actiondrama, TK 2008)
  • Zwischen heute und morgen (Liebesdrama, D 2009)
  • Der Junge im gestreiften Pyjama (Holocaust-Drama, USA 2008)

Mai 07, 2009

Kino: STAR TREK

Leider schaffe ich es nicht mehr eine ausführliche Kritik zu verfassen, deshalb nur kurz mein Eindruck vom Restart der Serie: J.J. Abrams rollt das Feld nach dem Kinoflop "Nemesis" sinnigerweise von hinten auf und zeigt nun, wie ein übermütiger Teen-Kirk zum smarten Adult Captain und Spock zu seinem tiefen Verbündeten reift, wie die U.S.S. Enterprise das erste Mal ins All schießt und wie sich die blutjungen Crew-Mitglieder schon in jungen Jahren mit heftigen Raum-Zeit-Paradoxien herumplagen müssen. Das ist dann ganz schlicht mit "Star Trek" betitelt und erinnert in der Rückbesinnung auf den kleinen Farmerjungen Kirk nach einer spektakulären Exposition nicht selten an "Star Wars", oder auch: daran, welches Schwelgen in Nostalgie "Episode I" seinerzeit manchem vorenthalten hat.
Der Film kann sich in erster Linie auf seine Besetzung verlassen, die bekrittelten Teenstars machen allesamt einen guten Job, und, ja, über weite Strecken ist dieses Trekkie-Prequel gar solides Schauspielkino. Leider fällt es dem Drehbuch ab der zweiten Hälfte indes schwer, die durchaus spannende Geschichte der jungen Helden ohne künstlichen Sci-Fi-Pomp und eine irreführende Zeitreisestory zu erzählen. Die sorgfältig entwickelten Figuren werden zunehmend gegen lautstarkes Spektakel ausgespielt – und Abrams flüchtet sich in effektüberladene Weltraumschlachten und arg ver- schnittene Actioneinlagen, bei denen er auf dieselben anstrengenden Farbsättigungen setzt, die schon bei seiner Interpretation des "Mission:Impossible"-Franchise Augen- schmerzen bereiteten. Insofern ist "Star Trek" ambitioniertes Rebooten ohne Konsequenz, aber immerhin unter dem Druck eines sensationellen Scores von Michael Giacchino.

Mai 05, 2009

Kino: BOY A [Push-Up]

Seine Identität ein Schein, seine Vergangenheit ein Geheimnis: Jack (Andrew Garfield) ist 24, als er nach jahrelangen Aufenthalten in Verwahrungsanstalten ein neues Leben beginnt. Mit neuem Namen, solidem Job und bald auch der ersten Freundin gelingt ihm ein Neuanfang. Doch die Erinnerungen lassen Jack nicht los – Gedanken an die schreckliche Tat, für die er als Kind verurteilt wurde und die Schuld, die auf ihm lastet, kann ihm auch sein Sozialbetreuer (Peter Mullan) nicht nehmen. Der Druck auf den jungen Mann, der immer unerkannt bleiben muss, verstärkt sich noch, als die Wahrheit durch einen Zwischenfall ans Licht zu kommen droht.

Im Wettbewerb der Berlinale 2008 platziert hätte John Crowleys "Boy A" sicher für deutlich mehr Aufmerksamkeit gesorgt. Die englische Fernsehproduktion des Channel 4-Kanals wurde allerdings bereits im Vorjahr in Toronto entdeckt und durch die Weinstein-Brüder fürs Kino aufgewertet. Die Geschichte wird parallel montiert erzählt: Rückblicke in die Vergangenheit des Protagonisten wechseln sich mit dessen gegenwärtigen Versuchen ab, in der Gesellschaft wieder Fuß zu fassen. Auf der Flucht vor der Vergangenheit und damit auch vor sich selbst, gestaltet sich die Lage für Jack überaus schwierig. Denn die neue Existenz bietet ihm zwar die Möglichkeit, mit dem Vorfall aus Kinderjahren abzuschließen, ihn zu vergessen, vielleicht sogar ungeschehen zu machen, gleichzeitig sind die sozialen Herausforderungen indes hoch gestellt – weder Kontakt zur Familie, noch zu alten Bekannten ist möglich.

Andrew Garfield, zuletzt neben Robert Redford in "Lions for Lambs" zu sehen, spielt den verschüchterten, unsicheren ‚Boy A’ – unter diesem Pseudonym geistert er im Film durch die Presse – mit einer erschreckenden Brillanz zwischen Hilfsbedürftigkeit und sublimem Wahnsinn. Der junge Schauspieler trifft nahezu jeden Ton, seine Darstellung ist derart auf den Punkt gebracht, dass sie selbst die Leistung des gestandenen, ebenfalls großartigen Peter Mullan überschattet. Seine Figur fungiert dann auch mehr als Katalysator. Zum einen ist sie die einzige Bezugsperson für Jack, sein Antrieb und Motor, sein Vertrauter, sein Freund. Da die Titelfigur jedoch ein Geheimnis mit sich trägt, dass der Zuschauer zwar erahnen, sich letztlich aber doch nur grob ausmalen muss, ist der Sozialbetreuer ebenso ein solider Anhaltspunkt, jemand, der berechenbarer ist in einem sonst verlässlich unberechenbaren Drama, das nie den einfachen Weg sucht.

Trotz des enormen Spannungsverhältnisses, das sich daraus ergibt, bleibt der Film konzentriert und ernsthaft, ohne leichtfertig Sympathien zu verteilen. Damit nähert sich "Boy A" dem Problem von delinquenten Kindern und Jugendlichen auf eine ungemütliche, herausfordernde Art. Er stellt schwierige moralische Fragen, ohne sich selbst jemals selbst moralinsauer zu Wort zu melden. Lediglich die ungeschickte, weil plumpe Entscheidung, der Figur eine versöhnliche Katharsis zuzugestehen, indem sie einem kleinen Mädchen das Leben rettet – symbolhaft eng verbunden mit der Tat, die sein Trauma bildet – ist ein wenig zu bedauern. Hier knickt die Glaubwürdigkeit des Films zeitweise ein und erlaubt dem Antihelden jene erlösende Freimachung von der Schuld, die sich jeder in einer ähnlichen Verfassung wünscht – und deren Streben nach gesellschaftlicher Zugehörigkeit den dezent allegorischen Charakter des Films umschreibt.


75%
- ab Donnerstag in ausgewählten Kinos

Mai 04, 2009

Lieblingstrailer: #9 TERMINATOR 2: JUDGMENT DAY



Der extra produzierte Teaser. Klassiker. (HD)

Mai 01, 2009

News: Upcoming Reviews


Demnächst Filmbesprechungen zu: "Star Trek" (J.J. Abrams), "The Last House on the Left" (Dennis Iliadis) und "My Bloody Valentine 3D" (Patrick Lussier).

Kino: KINOSTARTS - 30.04.2009

  • Echte Wiener (Tragödie, A 2008)
  • Phantomschmerz (Drama, D 2009)
  • Ghosted (Liebesdrama, D 2009)
  • Niceland (Tragödie, D 2008)
  • Wasser und Seife (Doku, D 2008)
  • Beverly Hills Chihuahua (Animation, USA 2008)
  • Duplicity (Persiflage, USA 2009) [Kritik]
  • Tage oder Stunden (Drama, F 2008)
  • Ob ihr wollt doer nicht (Drama, D 2009)
  • Das Neuss Testament (Doku, D 2009)
  • Die Frau des Anarchisten (Drama, D/F 2008)
  • Das Festmahl im August (Drama, I 2008)
  • X-Men Origins: Wolverine (Comic-Adaption, USA 2009) [Achtung: trotz FSK:16 stark gekürzt!]