Verhielt sich Wes Cravens frühe Regiearbeit zu ihrem Bezugsobjekt noch wie die naiv-intellektuelle, zumindest aber überaus geistreiche und im Anliegen deutlich gesellschafts- politische Umkehrung des Bergman-Films, also einer Low-Budget-Neubearbeitung mit freimütigen Akzent- verschiebungen, so begnügt sich Dennis Iliadis’ in der 2009er-Version des Materials größtenteils auf das brave Nachstellen jener einst verstörend bösen Bilder Cravens, die in ihrer jetzigen aalglatten Berechenbarkeit bestenfalls ein wenig Popcornrascheln beim pubertierenden Publikum garantieren.
Die Rape-and-Revenge-Geschichte ist demnach die gleiche: Zwei unschuldige Bikini-Miezen vom Land geraten in die Fänge einer wüsten Großstadtbande, werden erst vergewaltigt und gefoltert, um anschließend einen qualvollen Tod sterben zu müssen. Unglücklicherweise sucht die mörderische Gang daraufhin nächtlichen Unterschlupf im Waldhäuschen jener Eltern, deren Töchterchen sie soeben Fluss abwärts elendig verenden haben lassen. Diese entpuppen sich dann, ganz so wie 1972 bei Wes Craven, hinter bürgerlicher Glitzerfassade als eigentliche Barbaren und führen gegen die Peiniger ihres Kindes einen genüsslichen Rachefeldzug – mit allem, was der eheliche Werkzeugschuppen so herzugeben hat.
Iliadis hat es, bei allem, was diese Neuverfilmung entschärfend an Änderungen vornimmt, immerhin verstanden, der zweiten Hälfte einen größeren Bedeutungs- und Spielraum zuzugestehen, um so zumindest die Essenz des Originals – das hinter US-amerikanischer Vorgartenidylle erst das wahrhaft monströse Gewaltpotential der Gesellschaft ausmachen und sich im Kontext der Hippiebewegung somit wohl gar als ironisch verstanden wissen wollte – auf logistischer Ebene wiederherzustellen. Doch verliert die, augenscheinlich deutlich explizitere, Meucheljagd der Eltern in dieser Neuauflage alles von ihrer symbolischen Bedeutung: Vom aufgebrachten Geist Cravens ist freilich ohnehin nichts mehr zu spüren (und der Verlust des bissigen Kommentars allein durch die Nicht-Reproduzierbarkeit der tief in den 70ern verwurzelten Vorlage erklärt), doch tut sich das Remake mit seinem Handlungsausbau in der zweiten Hälfte keinen Gefallen.
Denn unter den vielen anbiedernden dramaturgischen Korrekturen weg vom unangepassten, vielleicht gar imper- tinenten Erzählstil des Craven-Films, hin zur klassischen Opfer-Täter-Verteilung, wie sie das Mainstream-Format auf ein erträgliches, will heißen: beschwingtes, Unterhaltungslevel einpendelt, wurde auch das Überleben der Tochter gesichert: Damit die Identifikationsfigur das Ende des Films miterleben und dafür verletzt aus dem Fluss schwimmen darf. Dass das grotesk-brutale Abrechnen mit den Kindstötern – bzw. Nichttötern – dadurch keiner wirklichen Logik mehr, geschweige denn Aussagekraft folgt, liegt auf der Hand. Nur, und das ist das eigentlich perfide dieses weiteren sinnlosen Remakes eines 70er-Jahre-Genreklassikers, wirkt all die ausgestellte Gewalt – so glatt gebügelt und wenig schockierend sie auch erscheinen mag – dadurch nur umso unnötiger: Was einst einen subversiven Geist versprühte und bedauerlicherweise noch immer die Zensuranstalten beschäftigt, wirkt heute nur noch sinnentstellt, dümmlich und reichlich menschenverachtend. Nicht zuletzt der haltlose Epilog dieses neuerlichen "Last House on the Left" erweist sich dabei als ebenso einfältig wie verräterisch.