Mai 31, 2007

News: Neues HAIRSPRAY-Poster

Das starbesetzte Remake des John Waters-Klassikers "Hairspray" kommt am 20. Juli in die US-Kinos. An dieser Stelle sei auf das neue Poster (man beachte bitte John Travolta!) und auch noch einmal auf den hinreißenden Trailer hingewiesen.

Mai 30, 2007

Retro: THE TALENTED MR. RIPLEY (1999)

"The Talented Mr. Ripley" ist ein Paradoxon. Denn derartige Filme werden heute eigentlich nicht mehr produziert, zumindest nicht von den Gebrüdern Weinstein und deren Multikomplex Miramax, nicht vom Regisseur von "The English Patient", nicht mit schmiegsamen Vorzeigeschönheiten wie Gwyneth Paltrow oder Jude Law. Und schon gar nicht adaptiert jemand noch einmal Patricia Highsmiths Roman- Klassiker, wo doch der adrette Alain Delon in der hübsch verklemmten Rene Clement-Verfilmung anno 1960 schon den Titel füllenden Ripley imitierte! Was also soll Staffagen- beschwörer Anthony Minghella noch nennenswertes rausholen aus dem Stoff, das über visuellen Urlaubsflair und leichte Krimikost hinausgeht?

Diese Frage wurde einhellig beantwortet – trotz vieler Oscarnominierungen und anderem Getöse ist dies nicht einmal mehr 10 Jahre nach seiner Veröffentlichung ein vergessener Film, ein multipler Thriller unter vielen eben, den man eigentlich nicht wirklich braucht, wenn man "Plein soleil" hat. Das kann nur zwei Gründe haben: Entweder wurde Minghellas nach dem Oscarreigen heiß erwartete und dadurch zum Prestigeobjekt verklärte Arbeit so stark unterschätzt, das sie im schnelllebigen Festivalstrudel seinerzeit schlicht übersehen blieb. Oder aber die prädestinierte Kritik und mit ihr die Mehrheit des Publikums haben diesen Film gar nicht sehen wollen – weil genau das, was da in ihm schlummert, was ihn zu einem der meistverstörenden und -aufwühlenden Meisterwerke der jüngeren Vergangenheit macht, auch schlicht zu unerwartet scheint vom Mann, der gerade eben noch Juliette Binoche in triefend-selbstgefällige Püppchen- bilder hüllte.

Es ist dies eine Einladung zu sich selbst. "The Talented Mr. Ripley" nimmt den Zuschauer weder an die Hand, noch umgarnt er ihn mit konventionellen Erzählkonstruktionen und simplen Figurenmustern. Vielmehr zwingt er ihn mit nahezu symbiotischer Gier hinein in ein tiefenpsychologisches Paradigma dafür, wie stark die reflexive Wirkung eines Films sein kann. Das meint eine Auseinandersetzung nicht nur mit dem rein narrativ formulierten Gestus um Spannungsverlauf zwischen Hitchcockschem Identity-Thrill und Liebesdrama, sondern mit der unheimlich dichten und beängstigend direkten Metaebene, auf der Minghella die komplexen Abgründe seiner Figuren ausbreitet. Matt Damon verkörpert einen Tom Ripley, der nicht einfach nur an schizophrenen Mustern erkrankt, von Eifersucht, Selbsthass und gefährlichem Kontrollwahn getrie- ben ist ("I always thought it would be better, to be a fake somebody... than a real nobody. "). Er ist weder aus- schließlich die Inkarnation des subtilen Bösen, noch der bemitleidenswerte Unschuldsengel. Tom Ripley ist ein filmisches Chiffre, das eine Vielzahl existentialistischer Fragen in sich vereint – und vom Zuschauer den Willen zur Auseinandersetzung mit eben diesen einfordert.

"The Talented Mr. Ripley" ist genau deshalb so erschreckend vielschichtig wie auch zersetzend, denn er vereint in sich geschlossen einige der grundsätzlichsten und ungemütlichsten Themen des menschlichen Daseins. Natürlich geht es um die Suche nach sich selbst, dem Willen zu einer integren Persönlichkeit, dem Wunsch nach Liebe, Bedeutung, Existenz. Und es geht darum, sich seines Menschseins zu versichern ebenso wie zu einem Konsens vom Lebenssinn zu finden. Das sind die üblichen Denkanstöße, die manch Genrefilm mehr oder weniger evoziert, mit ihnen spielt, sie ankratzt oder im günstigen Fall auch auslotet. Minghella jedoch geht noch einige Schritte weiter. Sein Ansatz der Figur und deren filmisches Umfeld behandelt nicht nur die Suche nach einer sexuellen Identität, sondern setzt sich vor allem damit auseinander, wie ungleich schwieriger der Kampf gegen sich selbst auch dann sein kann, wenn man diese erlangt hat.

Tom Ripley weiß, dass er homosexuell ist, und obwohl er seine schwulen Bedürfnisse selbst im zugeknöpften Italien der 50er-Jahre mehr oder weniger auszuleben versucht, möchte er nicht so sein, weil er so auch nicht sein darf. So anders, so speziell. Das ist anfangs erst einmal höchstens noch ganz interessant und abwechslungsreich (die erste Zeit zwischen Ripley und Greenleaf erscheint aufregend), doch es verliert schnell seinen Reiz, wenn das gewöhnliche die Oberhand zurückgewinnt. So ist es weniger Ripleys sexuelle Orien- tierung als der relative Umstand, dass sein Anderssein ihn nicht die gesellschaftlich determinierten, die üblich vorgegebenen, eben "normalen" Bahnen einschlagen lassen kann, wegen dessen sich der junge Mann zunehmend in sich selbst zu verlieren scheint und einer tiefen psychischen wie auch physischen Krise verfällt. "The Talented Mr. Ripley" arbeitet leitmotivisch mit schwulen Konnotationen, das durchzieht Ausstattung, Kostüme und Make-Up, Bewegungen, Blicke und vor allem Dialoge, die kaum stärker einer Ambiguität unterstehen könnten. Doch es ist fortlaufend nicht die reine Benennung homosexueller Sujets, die einfache Feststellung, dass Ripley (Matt Damon), Greenleaf (Jude Law) oder Miles (Philip Seymour Hoffman) eindeutig sexuellen Spannungen ausgesetzt oder eben ganz einfach schwule Figuren sind. Der Film widmet sich stärker dem Umgang mit Homosexualität, dem fehlenden und sich entwickelnden Bewusstsein dafür, ihrer isolierenden Bedeu- tung und ihrer Folgen.

Und Ripley als literarische, in Minghellas Version allerdings wesentlich vertiefte und mit der Leidenschaft nicht für Malerei, sondern Musik ("To me, jazz is noise. Insolent noise.") auch veränderte Figur hat mit ihrem Schwulsein insoweit zu kämpfen, als sie sich unverstanden, halt- und als ganzes auch sinnlos fühlt. Ihre totale Assimilation ist deshalb ein Zwang, der aus einer selbstzweiflerischen und hasserfüllten Eigenaversion resultiert. Das Doppelgängermotiv verlässt somit vollends die übliche Thrillertradition, nach der Neid und Habgier die Motivation der Figuren antreiben und wird in einen psychosexuellen Kontext eingebunden. Die Tragik dieser verzweifelten und zerstörerischen Figur liegt darin, dass sie sich ihrer sexuellen Identität (naturgemäß) trotz Flucht und Anpassung nicht entziehen kann. Matt Damon dabei zuzusehen, wie er sowohl das tötet, was er liebt, als auch alles Immaterielle seines eigenen Ichs auszulöschen versucht, gehört zu den beunruhigendsten Filmmomenten des letzten Jahrzehnts. Und wenn sich in der Schlusseinstellung symbolisch die Türen (des Closets) schließen, dann droht Ripley nicht nur auf ewig ein Opfer seiner selbst zu bleiben, sondern wird auch der Zuschauer endgültig dem finstren Raum überlassen.


90%

Mai 28, 2007

News: THE CLONE WARS Trailer

Zur neuen "Star Wars"-Serie "The Clone Wars" wurde der erste Trailer veröffentlicht. Vor Herbst 2008 darf man mit der animierten Show allerdings nicht rechnen.

Retro: THE FRIGHTENERS (1996)

Nicht erst seit Jerry Zuckers "Ghost" weiß man als Zuschauer von körperlosen Seelen, die sich nach dem plötzlichen Tod nicht für den Weg gen Himmel, sondern ein unbefristetes Weilen als spirituelle Kraft auf Erden entschieden haben. Weniger dramatisch als schaurig-schön erzählt auch Peter Jackson in "The Frighteners" eine feinfühlig zwischen Geisterhorror und Buddy-Komödie ausbalancierte, schicksalhafte Geschichte über Leben und den Tod. Mit Kosten von rund 30 Millionen US-Dollar war es nach dem sensiblen Coming of Age-Drama "Heavenly Creatures" die erste hoch budgetierte Studioproduktion des neuseeländischen Regisseurs. Unterstützt durch Robert Zemeckis, der seinen alten Freund Michael J. Fox für das Projekt gewinnen konnte (der einstige "Back to the Future"-Star benötigte dringend ein Comeback), durfte Jackson den Film trotz erheblicher Bedenken von Seiten der Universal in seinem Heimatland produzieren.

Das bedeutete eine Form der künstlerischen Freiheit, die keinesfalls selbstverständlich war: So sollte nicht etwa ILM, sondern die völlig unbekannte Effektschmiede WETA die visuellen Tricks beisteuern und wurden nicht etwa wenige Wochen, sondern gleich ganze sechs Monate Drehzeit veranschlagt. Vor allem aber durfte Jackson sämtliche seiner langjährigen Teamkollegen verpflichten, darunter Editor Jamie Selkirk oder Kameramann Alun Bollinger. Zemeckis, der vor allem mit seinem werbewirksamen Namen Pate stehen sollte, besuchte die Dreharbeiten insgesamt nur zwei Mal, ließ Jackson also einen enormen Freiraum. Dieser schrieb das Drehbuch gemeinsam mit Gattin Fran Walsh noch während des Drehs mehrfach um, immer wieder wurden Handlungs- details geändert, weggenommen oder hinzugefügt. Da den beiden nach Beendigung von "Heavenly Creatures" nicht viel Zeit für die Pre-Produktion blieb, fertigte Jackson für das Finale keinerlei Storyboards an – tatsächlich hatte er selbst nach Drehbeginn noch kein Konzept für das Ende des Films.

Von den insgesamt also recht eigenwilligen Produktions- umständen bekam Zemeckis indes wenig mit, den US-Geldgebern schien Vertrauen ohnehin besser als Kontrolle – am anderen Ende der Welt würde es der viel versprechende Kiwi-Regisseur schon irgendwie machen. Anders als es sein etwas verklärter Ruf behauptet, ist "The Frighteners" deshalb auch kein Film eines lediglich ausführenden und willenlosen Zemeckis-Rekruten (wie etwa der nicht unähnliche "Poltergeist" mehr eine Spielberg-, denn Hooper-Produktion war), sondern ein überaus kruder Genrefilm, der den exaltierten Humor früherer Jackson- Arbeiten mit den Formen des Mainstream-Kinos vereinbart. Das ist jedoch Stärke und Schwäche zugleich: Zwar ist der Film souverän inszeniert, das aber durch "Heavenly Creatures" hellauf begeisterte Arthauspublikum dürfte sich von ihm ebenso abwenden wie die eingeschworene Horrorgemeinde – denn "The Frighteners" ist weder anspruchsvolles Kunstkino, noch ein opulentes Gorefest. Dieser Disharmonie im Ton ist es vermutlich auch geschuldet, warum dem Film kein finanzieller Erfolg zuteil wurde und das zu Klassifizierungen neigende Publikum ausblieb.

Dabei ist Jacksons siebente Regiearbeit ein mit originellen Ideen geradezu überladenes Abenteuer, das mit enormem Drive, seinerzeit phänomenalen Spezialeffekten und kauzig-guten Darstellerleistungen aufwartet. "The Frighteners" glänzt insbesondere durch seinen visuellen Einfallsreichtum, mit dem die Geschichte erzählt wird – die verhältnismäßig komplexe Handlung wird ohne nennenswerte Längen beständig durch Aktion erklärt und vorangetrieben. Die wenigen Schwächen bei der Zeichnung einiger Nebenfiguren (Ray, der unruhige Ehemann und Gartenzwerg- liebhaber wird mit fortlaufender Dauer sinnlos aus dem Film katapultiert) werden durch die für den Regisseur typische Motiventwicklung verdrängt. So ist Frank Bannister der Prototyp des Jackson-Verlierers. Ganz so wie Lionel Crosgrove ("Braindead") befindet auch er sich auf der Schwelle zwischen kindlicher Naivität und gedrungener Adoleszenz. Sein Trauma – den Tod der Ehefrau, verschuldet auch durch das ewige Festhalten am Jungsein – gilt es zu überwinden, er muss sich emanzipieren von den Dämonen der Vergangenheit. Damit etabliert sich ein weiteres Mal das Initiationsmotiv, das Jackson mit verschiedenen Figuren in seiner epischen "The Lord of the Rings"-Trilogie, für die dieser Film heute als Freifahrtsschein gewertet werden kann, noch verfeinern wird.

"The Frighteners" ist auch ein sperriger Film, einer mit Ecken und Kanten, der sich einer eindeutigen Zuordnung entsagt. Seine verschiedenen Genreeinflüsse – Horror, Comedy, Serial Killer-Drama – und der illustre Umgang mit ihnen brachte Jackson auch vielfach den Vorwurf ein, der Film sei unausgegoren und konzeptlos. Das ist jedoch im Gegenteil eher eine der Stärken von "The Frighteners": Jackson nimmt den Zuschauer mit auf eine ausgelassene Achterbahnfahrt, die ungehemmt immer wieder den Ton wechselt und sich wenig schert um die Einschränkungen des Mainstream-Kinos. Danny Elfmans mit klassischen Horrorzitaten versehene Partitur unterstreicht die wenig formalistische Inszenierung, in dem sie mit Percussions, wilden Streichern und Spukhauschören das Tempo des Films wahlweise vorantreibt oder dämpft. Dass Jackson hier vor allem eine gänzlich triviale und gerade deshalb so amüsante Gruselkomödie zelebriert, sollte dabei nicht vergessen werden: "The Frighteners" ist innerhalb des Jackson-Oeuvres nämlich vor allem auch eine überaus bedeutsame Fingerübung.


70%

Mai 27, 2007

Radio: FILM-BLUE MOON 05/07

Heute ab 22Uhr heißt es wieder drei Stunden mitstreiten beim Film-Blue Moon auf Radio Fritz (Berlin/Branendburg). Durch die Sendung führen wie immer Mc Lücke und Ronald Bluhm, anrufen und sich aktiv an hitzigen Diskussionen zu aktuellen Kinofilmen (Schwerpunkt: "Pirates of the Caribbean 3") beteiligen kann jeder - und einen Griff in die Fritz-Film- Geschenkekiste gibt es dann auch noch. Per Livestream oder direkt im Radio.

News: DEADLINE #03

Die neue Deadline ist ab 30.05.2007 im gut sortierten Handel erhältlich. Auf 114 Seiten gibt es darin Reviews und Specials rund um den phantastischen Film für nur 5 Euro. Die Themen im Überblick:

  • Breitwand - jetzt im Kino
  • Festivalberichte
  • Atomik Films- Labelpotrait
  • CARGO & Interview mit Daniel Brühl
  • Drehtagebücher BLOODRAYNE 2 und TUNNELRATS von Dr. Uwe Boll
  • Herr Buttgereit empfiehlt - die Kolumne von Jörg Buttgereit
  • Horror, privat - mit Hennes Bender
  • Im Juni auf ARTE: „Durch die Nacht mit Franco Nero und Fred Williamson“
  • „Der Letzte macht das Licht aus“ - der Endzeitfilm im Wandel (plus Verlosung)
  • „SYNCHRO ohne AGGRO“ - Die Stimmgabel für Deutschlands beste Synchronisationen
  • „Mad Mad Scientist” - vergessene Mad Scientist-Filme u.v.m.

Homepage: www.deadline-magazin.de

Mai 25, 2007

TV: Fernsehtipps 26.05. - 01.06.2007

Samstag, 26.05.

20:15 Uhr – „Das Imperium schlägt zurück“ (Pro7)

Genremeilenstein und Handbuch für die Konzeption von Filmtrilogien, komplexe und dramaturgisch meisterlich ausge- tüftelte Fortsetzung, die nie etwas von ihrem Charme und der inszenatorischen Kraft wird einbüßen müssen.

0:15 Uhr – „Snatch“ (SAT.1)

Sicher nicht gänzlich doof und stellenweise auch durchaus amüsant, aber leider derart selbstgefällig, dass es schon schmerzt.

Sonntag, 27.05.

12:20 Uhr – „Unter Piratenflagge“ (WDR)

Bombastisch ausgestatteter Michael Curtiz-Klassiker. Nicht ganz so gut wie „The Sea Hawk“.

20:15 Uhr – „The Quest“ (RTL)

‘Da Vinci Code’-TV-Rip-Off Reloaded.

22:15 Uhr – “Matrix” (RTL)

Cleverer und stilbildender nahezu-Klassiker, der allerdings erschreckend schlecht altert.

23:35 Uhr – „Was geschah wirklich mit Baby Jane?“ (BR)

Die Davis war selten so gut – ein noch immer fantastischer Horrorfilm, den man gesehen haben muss.

0:15 Uhr – “Alarmstufe: Rot” (SAT.1)

Weitestgehend unoriginell von “Die Hard” abgekupferter und nicht besonders aufregender Thriller. Gilt ja als Seagals bester Film, was sich dann auch von selbst kommentiert.

0:55 Uhr – „Pitch Black“ (RTL)

Ein grausam schlechter Film ohne visuelles Konzept, in jeder Hinsicht dilettantisch in Szene gesetzt.

Montag, 28.05.

10:05 Uhr – „Falsches Spiel mit Roger Rabbit“ (SAT.1)

Gehört dingend wieder entdeckt: Eine großartige, brillant getrickste Film-Noir-Hommage.

16:10 Uhr – „Unheimliche Begegnung der dritten Art“ (K1)

In seiner lethargischen Inszenierung heute befremdlicher, aber nicht minder brillanter Sci-Fi-Klassiker. Ist das jetzt die Fassung, in der Dreyfuss ins Raumschiff steigt? Besser nicht…

22:00 Uhr – „Sprich mit ihr“ (3SAT)

Meisterwerk von ungeheurer Wucht, in jedem Detail seiner Inszenierung so dicht und beklemmend, so komplex und visuell atemberaubend subtil wie kein zweiter Almodovar.

22:00 Uhr – „Robin Hood: König der Diebe“ (ZDF)

Krankt an unfreiwilliger Komik (Costners Frisur allein provoziert hysterische Lachanfälle) und nervt mit Bryan Adams’ Gedudel – guilty pleasure vom feinsten.

1:25 Uhr – „Elephant“ (Arte)

Lief kürzlich schon, jetzt lässt man den Müll gleich noch ein zweites Mal auf die Menschheit los (in Gedenken an McKenzie).

Mittwoch, 30.05.

20:15 Uhr – „Die Reise ins Ich“ (K1)

Komisches Remake mit gut aufgelegten Darstellern, macht Spaß, macht Laune und tut keinem weh.

Donnerstag, 31.05.

20:15 Uhr – „Der Knochenjäger“ (VOX)

Spätestens wenn sich Angelina Jolie in ein Grab legt, um meditierend hinter die Identität des Mörders zu gelangen, funktioniert der völlig verquaste Film zumindest als Komödie vorzüglich.

22:15 Uhr – „Training Day“ (VOX)

Denzel Washington, die zweite. Over-Acting bis Anschlag, der Film selbst geht als rüdes Männergebaren soweit in Ordnung.

22:25 Uhr – „Dogville“ (3SAT)

Ätzend und narzisstisch, von Trier nervt gewaltig. Schau- derlich steif, mehr nicht.

0:25 Uhr – „Vixen!“ (Arte)

Na bitte! Ist der Donnerstag ja doch gerettet!

Freitag, 01.06.

20:15 Uhr – „Ali“ (Pro7)

Michael Mann ist mir zunehmend egal, um den Film habe ich bislang auch einen großen Bogen gemacht.

20:15 Uhr – „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“ (Pro7)

Einer meiner drei Lieblingsfilme, unfassbar gut erzähltes, visionäres, emotionales Kino mit der vielleicht brillantesten Partitur, die Williams jemals geschrieben hat.

Mai 23, 2007

Kino: PIRATES OF THE CARIBBEAN 3

Seebären, Fischköpfe und Freibeuter auf der einen, tuntige Gauner, halbtote Kapitäne und ein inmitten lautstarken Kampfgetümmels geehelichtes Liebespaar auf der anderen Seite – nicht viel Neues von der Piratenfront, selbst wo die Produzenten nun gar das Ende der Welt aufsuchen müssen, um Captain Jack Sparrow und seine illustre Anhängerschaft aus den Vorgängern zum letzten Streich antreten zu lassen. Das Titel stiftende Ende ist übrigens in Singapur zu finden, dort gesellt sich Neuzuwachs Sao Feng zur Gemeinschaft des Ringes – Pardon, der magischen Münze – und hält den smarten Will Turner gefangen, der zwar nicht in Carbonit, dafür jedoch einer Wasserkiste gefangen auf die Errettung durch seine Freunde hofft. Was als Trilogie nie konzipiert war – und sich in der Fortsetzung deshalb als Fall für die Konstrukteure erwies – wird nun zu einem gleichermaßen wirren wie ermüdenden Abschluss geführt: "Pirates of the Caribbean: At World's End" versteht sich als episches Finale und ist doch nicht mehr als ein gedehntes, schrecklich geschwätziges und überlanges Multiplexprodukt, das an jeder nur erdenklichen Ermüdungserscheinung krankt.

Aber zurück zum Anfang. Gemessen am sonderbaren Umstand, dass Gore Verbinskis unter der Produktionsfittiche von Jerry Bruckheimer initiierter "Pirates of the Caribbean: The Curse of the Black Pearl" auf einer Disneypark- attraktion basiert, hatte die frivole Art des Films durchaus ihren Reiz. Immerhin trafen dort nicht nur allerlei quirlige Figuren aufeinander, sondern wurden auch Genregrenzen soweit ignoriert, dass die verspielte Mischung aus Piraten-, Fantasy- und Abenteuerfilm ihre eigenen Regeln aufzustellen schien. Doch so interessant das ganze in konzeptioneller Hinsicht ausfiel, so sehr schwächelte es in seiner Dramaturgie – zahlreiche Wiederholungen und Dopplungen waren nötig, um die dünne und aufgeblähte Geschichte in einigermaßen logische Erzählmuster zu pressen. Der direkte Nachfolger "Dead Man's Chest", der finanziell schon jetzt als dritterfolgreichster Film aller Zeiten gilt, litt unter denselben Hängern – die Handlung drehte sich im Kreis, steuerte ziellos umher und ließ jede Stringenz vermissen.

Alle guten Dinge sind drei – gilt das eigentlich auch für die schlechten? Oder ist das der Fluch einer jeden back-to-back mit dem ersten Sequel gedrehten dritten Episode? "At World's End" unterbietet seinen Vorgänger nämlich gleich in vielerlei Hinsicht. Ein wahllos erzählter, völlig nichtiger, aufgeblasener und stinklangweiliger Schrott ist das. Da wird ohne jede Liebe fürs Detail, ohne jegliches Gespür für stimmungsvolles visuelles Erzählen, ja gar ohne erkennbaren Willen vor sich herinszeniert, dass es einen schaudert. Im Minutenrhythmus wechseln die Figuren ihre Seiten, ist mal der eine gut, mal der andere böse, kämpft mal dieser auf jener und jener auf dieser Seite, ohne dass auch nur für eine Sekunde klar würde, was dieser ganze Unfug eigentlich soll. Jack Sparrow ist nunmehr eine Marionette, die Johnny Depp einschläfernd und sichtlich desinteressiert für 20 Millionen US-Dollar in Bewegungen versetzt, während auch der Rest der Meute das tut, was man von ihnen kennt – nur eben nicht viel mehr. Keine Überraschungen, keine originellen Neuzugänge, keine Ideen. Selbst den im zweiten Film so großartig zwischen Slapstick und Klamauk auschangierten Humor, man denke an die Sequenzen auf der Insel, sucht man vergebens.

Sicher, auch dieser dritte Teil hat manch schickes Bild zu bieten, Dariusz Wolski darf gar surreales Terrain betreten und Rick Heinrichs Ausstattung macht selbst den ärgerlichsten Drehbuchleerlauf noch einigermaßen erträglich. Doch wo ist der versprochene visuelle Bombast? Bot "Dead Man's Chest" mit Davy Jones und der Besatzung der Flying Dutchmen neue Schauwerte (wenngleich hier nur die Bösewichte des Vorgängers variiert wurden), muss das Finale ohne monströse oder anderweitig reizvolle Neuzugänge auskommen. Bis es dann einige ansehnlich choreographierte Actionmomente zu bestaunen gibt, muss man rund zweieinhalb Stunden warten – bis dahin demonstriert Verbinski, dass er unfähig ist, seine Geschichte mit anderen Mitteln umzusetzen als beständig in Erklärungs- und Dialogwut zu verfallen. Hans Zimmer komponiert dafür hübsch oberflächliche Musikstückchen und fügt sich der aufge- dunsenen Koketterie dieses Films gewohnt bieder – das ist mitunter erstaunlich erträglich, nimmt allerdings zuweilen auch schmerzhafte Gestalt an, wenn beispielsweise mit grober Einfältig- und Fahrlässigkeit Morricone zitiert wird. Irgendwann dann taucht auch noch Keith Richards als Sparrow-Papa auf, dem man originellerweise eine Gitarre umgehängt hat. Und als wäre das alles nicht schon doof genug, löst der Film beinahe jeden seiner (vorher großspurig kreierten) Subplots in komplette Banalitäten auf. "Der Tod macht den Tag erst lebenswert", spricht Captain Barbossa. Ein guter Film ebenso.

30% - erschienen bei: Wicked-Vision.de

Mai 22, 2007

Kino: LES FILLES DU BOTANISTE

Um ein Praktikum bei einem renommierten Botaniker (Ling Dong Fu) zu absolvieren, verlässt die junge Li Min (Mylène Jampanoï) das Waisenhaus und reist nach China. Der cholerische Witwer verhält sich dem chinesisch-russischen Mädchen gegenüber allerdings eher reserviert als aufge- schlossen, nur seine Tochter Cheng An (Xiao Ran Li) zeigt Interesse an der schüchternen Praktikantin. Die beiden entwickeln ein inniges Freundschaftsverhältnis – und nach ersten Annäherungsversuchen bei der Arbeit im Garten und Ausflügen in die Natur entdecken sie rasch auch ihre körperliche Zuneigung. Als jedoch Ans Bruder, der Soldat Dan (Wei-chang Wang), seine Familie besucht, hat das Glück ein jähes Ende: Er soll Mins künftiger Ehemann werden.

Ätherische Öle haben bekanntlich eine wohltuende Wirkung. Noch viel stimmungsvoller aber ist der heiße Dampf von siedendem Blumenwasser, der das feucht-fröhliche Gewächs- haus – zentraler Ort von Lust und Leid dieses Films – durchfährt. Als Zuschauer lässt man sich nur zu gern von diesem irgendwo zwischen spirituellem Verführungswahn und hochkitschiger Homoillusion bebildertem Liebesgeplänkel einlullen – die Bilder in "The Chinese Botanist's Daughters" sind so blumig und überhöht, dass man sich in ihnen verlieren möchte. Doch der Schein trügt, denn trotz der fantasievollen Lustszenarien wird hier die Geschichte einer unmöglichen gleichgeschlechtlichen Liebe erzählt. Die erotisch-träu- merischen Momente können also, das ist schnell abzusehen, nicht von Dauer sein im kommunistischen China der 80er-Jahre.

Ganz sicher meint es Regisseur Sijie Dai ("Balzac and the Little Chinese Seamstress") gut mit seinem Film, jeder Einstellung wohnt eine Spur Ambition inne und jeder sehnsüchtig-tragische Moment, in dem die beiden Mädchen ihren unterdrückten Gefühlen nachgeben, ist von poetischer Schönheit getragen. Die Musik ist dabei mindestens so süßlich wie sich die Bilder pittoresk ausstellen, die Geschichte in etwa so dramatisch wie auch vorhersehbar und die metaphorische Komposition homosexueller Symbolik – man nehme den im viel zu kleinen Käfig gefangen gehaltenen Vogel – bestimmt so nett wie auch ersichtlich. "The Chinese Botanist's Daughters" geht über seine visuelle Ebene allerdings nie hinaus, es fehlen einheitliche Erzählstruktur, vielschichtige Figuren und Ansätze bei Drehbuch und Regie, eine gesellschaftlich untersagte Liebe mitsamt ihres traditionellen wie politischen Kontexts in Beziehung zur inneren Zerrüttelung dieser Frauen zu stellen.

Wenn der angesprochene Vogel dann stets "Lang lebe Mao Tsetung" vor sich her gackert, bekommt man eine ungefähre Ahnung davon, wie wichtig dem Film jener Hintergrund wirklich scheint. Und so krankt "The Chinese Botanist's Daughters" vor allem am Unwillen zur Differenzierung: Die Sympathien werden eindeutig verteilt, für Zwischen- und Spielräume ist diesbezüglich kein Platz vorgesehen. Der Vater als Repräsentant archaischer Traditionen ist eben einfach grimmig, alt und böse; während der kommunistische Bruder eintönig als chauvinistischer Schläger erscheint. Da bemitleidet der Film die nicht tolerierte Liebe seiner tragischen Heldinnen so ausgiebig selbst, dass man in diesen Chor als Zuschauer nur noch bedingt mit einstimmen möchte. Selbst einem aufgeschlossenen Publikum dürfte dieser elegische Gefühlstrip deshalb zu Recht ein wenig seltsam vorkommen.


45%

Mai 19, 2007

TV: Fernsehtipps 19.05. - 25.05.07

Samstag, 19.05.

23:15 Uhr – „Eine verhängnisvolle Affäre“ (K1)

Konservativer, aber nichtsdestotrotz spannender Thriller, dessen ursprüngliches Ende dem fertigen weitaus überlegen ist.

Sonntag, 20.05.

14:00 Uhr – „Karate Kid 4 – Die nächste Generation“ (K1)

Unglaublicher Trash mit einer jungen Hilary Swank – die ihr Talent aber auch heute mitunter noch viel zu oft ver- schwendet.

20:15 Uhr – „Collateral“ (Pro7)

Michael Manns wichtigtuerische und gerade deshalb so fesselnde Nachtodyssee, überzeugend gespielt und irre photographiert ist der Film die Summe einer totalen Kon- struktion, reizvoll aber auch diskussionswert. Nacht- wiederholung uncut.

20:15 Uhr – „Mad Max 3 – Jenseits der Donnerkuppel“ (RTL2)

Schwächster Film der Serie. Überkandidelt und mit seinen theologisch-trivialen Symbolen teilweise auch reichlich albern. Gekürzt.

23:55 Uhr – „Warlock – Satans Sohn kehrt zurück“ (VOX)

Visuell atemberaubende Fortsetzung, die mit illustren Tricks und viel Sarkasmus dennoch nicht ganz an die Klasse des Vorgängers heranreicht. Gekürzt.

Montag, 21.05.

20:40 Uhr – „2046“ (Arte)

Endlich komme ich in den Genuss dieses Wong Kar-Wais, den ich bislang eher unfreiwillig ignoriert habe.

Dienstag, 22.05.

23:00 Uhr – „Wie ein wilder Stier“ (RBB)

Scorseses Regiehöhenflug, halte ich noch immer für seinen besten Film

1:45 Uhr – „Dead Man Walking“ (NDR)

Unpolemisches, erstaunlich differenziertes und herausragend gespieltes Drama über den Wahnsinn Todesstrafe.

Mittwoch, 23.05.

20:15 Uhr – „Bubble Boy“ (S-RTL)

Ein absolutes Muss – komplett nervige, irre lustige Anarchokomödie mit einem unkontrollierten und bezaubernd doofen Jake Gyllenhaal.

0:20 Uhr – „Das Mädchen und der Kommissar“ (ARD)

Klassiker mit höchst intelligentem Unterbau und einer meister- haften Romy Schneider.

Donnerstag, 24.05.

20:15 Uhr – „Hot Shots 2: Der 2. Versuch“ (VOX)

Nimmt sich etwas viel vor, aber sei’s drum – einer derart hohe Gagdichte weist heute nahezu keine Filmparodie mehr auf.

Freitag, 25.05.

20:15 Uhr – „Psycho“ (Das 4.)

Ein Verbrechen von einem Film. Unnützes, dummdreistes, katastrophal bescheuertes, eitles, schlampig und grausam schlecht inszeniertes (das Licht in der Duschszene kommt von der falschen Seite!) Remake, für das Mr. Van Sant gelyncht gehört.

22:00 Uhr – „GoodFellas“ (Tele5)

Inszenatorisch herausragender Film, bei dem man sich für das, was einem da erzählt wird, allerdings auch interessieren sollte – ansonsten dürfte es schwer fallen, dieser Geschichte der Gewalt zu folgen.

Mai 17, 2007

News: SWEENEY TODD - Cast und Crew bekannt

Zu "Sweeney Todd", dem neuen Film von Tim Burton (den ich kaum mehr erwarten kann!), wurden nach dem ersten Drehbild jetzt endlich auch die Stabangaben bekannt- gegeben. Neben Johnny Depp als Barber Sweeney Todd runden u.a. Sacha Baron Cohen (!), Alan Rickman (!!), Helena Bonham Carter und Christopher Lee die familiäre Besetzung ab. Für die Ausstattung zeichnet das Genie Dante Ferretti verantwortlich, die Kostüme stammen wie immer von Colleen Atwood. Das (im Original zweieinhalbstündige) Musical von Steven Sondheim (mein Tipp: zur Einstimmung auf den Film die Version mit Angela Lansbury zulegen) enthält zahlreiche extrem komplexe Gesangsnummern, bei denen sich erst noch zeigen wird, wie sie die Schauspieler umsetzen werden. Um die Puristen gleich vorzuwarnen: "Sweeney Todd" ist ein waschechtes Musical, bei dem nahezu ohne Unterbrechung gesungen wird. Premiere hat der Film auf dem Festival von Venedig im September (Burton bekommt dort endlich den Ehrenlöwen überreicht), der deutsche Kinostart dürfte allerdings erst 2008 sein. Ich weiß nicht warum, aber ich habe das Gefühl, dass dies der Film sein könnte, bei dem die Academy um Burton nicht mehr wird herumkommen können.

News: Upcoming Reviews


Demnächst Filmbesprechungen zu: "Die Töchter des Chine- sischen Gärtners" (Sijie Dai), "Pirates of the Caribbean: Am Ende der Welt" (Gore Verbinski) und "Ocean's Thirteen" (Steven Soderbergh).

Mai 13, 2007

DVD: 46-OKUNEN NO KOI

Kazuki liegt erwürgt auf dem Boden des Gefängnisraums. Am Tatort noch wird Ariyoshi des Mordes bezichtigt, doch hat der zerbrechliche junge Mann seinen Mithäftling tatsächlich getötet? Dieser Frage geht der kriminalistische Teil von Takashi Miikes märchenhaftem Liebesfilm "A Big Bang Love: Juvenile" nach, der sich über derart simple Muster hinausgehend als existentialistisches, düster-melancholisches Drama erweist. Irgendwo zwischen avantgardistischen Chiffren und selbstverliebter Experimentierfreude seziert Miike in abstrakten und mitunter auch überaus verkitschten Bildern bunter Schmetterlinge und strahlender Regenbögen die Beziehung zweier Männer, die einen verzweifelten Kampf nicht nur gegen die eigene Sexualität, sondern auch deren gesellschaftliches Umfeld austragen. Inszeniert in gleicher- maßen artifiziellen wie theatralischen Dekors wirkt die mit allerhand Symbolik geschwängerte Unnahbarkeit des Films fast schon blasiert, leugnet sie doch jegliches Interesse am Zuschauer, der sich der visuellen Erzählung allerdings dennoch kaum entziehen kann. Der reizvolle Ansatz, die naturelle Gewalt des Menschen als Produkt seiner sexuellen Unterdrückung zu deklarieren, wird getrübt durch den ausladend künstlerischen und gerade deshalb etwas ver- klemmten Umgang mit dem schwulen Thema.

60%

Mai 12, 2007

Kino: THE HISTORY BOYS

York 1983: Sie glauben einfach schon alles zu wissen, drum machen sich die Schüler einer Geschichtsklasse aus Theorie nicht viel und spielen im Unterricht viel lieber große Literaturklassiker oder Bette Davis-Filme in verteilten Rollen praktisch nach. Ihrem Lehrer Mr. Hector (Richard Griffiths) kommt das nur zugegen, so lange er seine Jungs auf dem Nachhauseweg ein wenig betatschen darf. Doch der strenge Direktor (Clive Merrison) möchte seine Schüler disziplinieren für die Aufnahmeprüfungen der verschiedenen Elite-Univer- sitäten und stellt einen neuen Lehrer ein, den jungen Mr. Irwin (Stephen Campbell Moore). Dieser krempelt den Lehrplan kräftig um und bekommt die widerspenstige Truppe allmählich in den Griff. Einziges Problem: So wie auch der schüchterne Posner (Samuel Barnett), der Irwin in einem Schüler-Lehrer-Gespräch seine Homosexualität beichtet, entwickelt der Neuling Gefühle für den umschwärmten Dakin (Dominic Cooper).

So eine Schule möchte man als junger Schwuler doch nur zu gern besuchen: Die Mitschüler allesamt knackig und mindestens bi-, wenn nicht sowieso homosexuell, die Lehrer tuntig, der Lehrstoff erst recht, und die Schultage bestehend aus lebensklugem Schwadronieren und geschwätzigem Anstoßen auf das eigene Dasein. Man muss sich das nun alles ganz einfach wie in einer großen Seifenblase vorstellen – “The History Boys“ ist eine fleischgewordene Homofantasie, die keinen einzigen Ton trifft. Anfänglich noch atmet Nicholas Hytners Film den pubertären Geist einer gewöhnlichen College-Komödie, nimmt dann alsbald seltsame Züge eines pompösen Melodrams an, nur um sich schließlich noch zum Coming of Age-Drama zu mausern. Das ist mal sehr gefühlvoll und sensibel erzählt, zumeist allerdings reichlich naiv. Vor allem krankt die Bühnenadaption bei dem Versuch einer filmischen Umsetzung an ihrer theatralischen Überzogenheit: Große Gesten und noch größere Dialoge bestimmen das dick aufgetragene Geschehen.

Ganz unabhängig davon, dass der Film angesichts seiner Unausgegorenheit eine gewisse Ernsthaftigkeit ebenso wie nötigen Witz vermissen lässt, ärgert in “The History Boys“ und seinem Umgang mit dem Thema manch leichtfertig aufgestellte These. Wie der Epilog vermittelt, wird die zentrale Figur Posner später selbst zum Lehrer reifen und beständig damit zu kämpfen haben, seinen Schülern nicht an die Wäsche zu wollen. Damit tritt er als Klischee des schwulen Lehrers in die verklemmte Tradition von Hector und Irwin, obwohl er sein inneres wie äußeres Coming Out im Gegensatz zu diesen erfolgreich bestritten hat. Zum einen bestätigt das Drehbuch hier fatalerweise jenes Vorurteil, schwule Lehrer könnten keinerlei unsexuelles Hierarchie- verhältnis zu ihren männlichen Schülern pflegen. Vor allem aber erklärt der Film die homosexuelle Selbstfindung durch diesen Umstand für vergeblich: Zwar ist sich Posner seiner schwulen Orientierung bewusst, er wird aber dennoch ohnehin nur als verklemmter, von Trieben angeführter Lehrer enden.

So bleibt vieles in “The History Boys“ nur bonbonfarbene Konstruktion, die nicht selten an eine rosarote Variante der “Dead Poets Society“ erinnert. Die tatsächliche Tragik der Geschichte, genannt sei nur die bittere Erkenntnis Hectors, ein ganzes Leben nicht gelebt zu haben, wird in ihrem Potential weniger ausgeschöpft denn vielmehr zwischen Albernheiten und Melodramatik schwankender Selbstge- fälligkeit herunterinszeniert. Das ist dann manches Mal gar so weit bis Anschlag, dass man daran durchaus auch Gefallen finden mag. Doch insgesamt bewegt sich Hytner zu sehr am Rande prätentiöser Unverhältnismäßigkeiten – das ist selbst oder vielleicht auch gerade für schwule Zuschauer weit drüber.

45%

Kino: SHOOTING DOGS

Das Versagen der westlichen Machtapparate und deren grundsätzliche Annahme, die politischen und gesellschaft- lichen Prozesse in Afrika steuern zu können, sind ein zentrales Thema in Michael Caton-Jones’ Film "Shooting Dogs", der sich nach dem in jüngster Vergangenheit produzierten "Hotel Ruanda" und dem weniger bekannten "Sometimes in April" ebenfalls mit dem Genozid in Ruanda auseinandersetzt. Zumindest auf den ersten Blick. Erzählt wird die Geschichte vom Versagen der Vereinten Nationen: Nachdem im April 1994 der ruandische Präsident Habyarimana ermordet wurde, erreichen die Unruhen ihren Höhepunkt. Die Hutus rufen zum Massenmord an der Minderheit der Tutsi auf, während eine kleine Schule unter Leitung eines britischen Paters (überzeugend: John Hurt) sich um Bedürftige kümmert. Doch die brutale Präsenz der Hutu-Meute führt zu immer folgenschwereren Ausschreitungen – und die UN-Truppen ziehen sich allmählich zurück.

In seinem Ton ist dieser Film wesentlich schärfer als die genannten Arbeiten ähnlichen Sujets, das äußert sich sowohl in der unpräzisen, dämonischen Darstellung der UN-Soldaten (hier in Vertretung eines macht- aber scheinbar auch interessenlosen Befehlshabers, der von Dominique Horwitz gespielt wird), als auch dem Verzicht, die erzählten Gräuel in einen politischen Kontext einzubinden. "Shooting Dogs" nämlich ist ein äußerst spartanisch in Szene gesetztes Drama, dem der geneigte Zuschauer jene Aussparung historischer Bezugs- und Erklärungspunkte verzeihen wird, in dem der Film potentielles Grundwissen ganz einfach voraussetze. Es ließe sich allerdings ebenso ausmachen, dass Caton-Jones nicht unähnlich seinem Kollegen Edward Zwick, der sich mit "Blood Diamond" ebenfalls einer brisanten Problematik auf dem schwarzen Kontinent annahm, hier vielmehr Bilder abendlicher Nachrichten reproduziert, die einzig und allein dem Zwecke dienen, Elendstourismus kinokompatibel aufzubereiten.

Genau deshalb erweist es sich als ärgerlich, dass "Shooting Dogs" keinerlei Raum für eine fachliche Auseinandersetzung bietet und weder geschichtlichen Hintergrund, noch Motivation der handelnden Akteure beleuchtet. Dass der Genozid in Ruanda als womöglich größtes Versagen in der Geschichte der Vereinten Nationen (und ebenso des Völkerrechts) diskutiert werden muss – und ihr ausbleibender Hilfseinsatz filmisch entsprechend drastisch formuliert wird – erscheint verständlich, jedoch lässt der Film nicht nur in dieser Hinsicht jegliche Differenzierung vermissen. Die inhaltsleeren Dialoge werden mit spekulativen und auf die Produktion reiner effekthascherischer Spannung ausge- richteten Tötungsszenarios verbunden, ohne dass der Zuschauer mehr über die Zustände des Landes erfahren würde als dem Umstand, dass hier des nachts laute Sirenen ertönen und viel Blut fließt.

Die Entscheidung, sich dem Thema in gewisser Hinsicht aus einer westlichen Perspektive zu nähern, wirkt vor diesem Hintergrund fast schon geschmacklos. So meint man wird hier kaum mehr noch die Geschichte eines Massakers dokumentiert (oder interpretiert), sondern mit leichter Altherrenromantik vielmehr das Portrait eines greisen Priesters und dessen Nachzüglers (niedlich, aber doof: Hugh Dancy) entworfen. Dieser appelliert beständig an Gottes Vernunft und belegt sein Umfeld mit einem christlichen Schleier, was wie im Falle der ‚Abendmahlszene’ teilweise zu unfreiwilliger Komik führt und dem ganzen somit, besonders auch weil es mit den gängigen Musikmustern unterlegt ist, einen Hauch von Ethnokitsch verleiht. Da gaukelt "Shooting Dogs" dann sogar noch Authentizität vor, weil an seiner Entstehung zahlreiche Überlebende mitgewirkt haben. Dieser Widerspruch hingegen ist dem Film ebenso wenig bewusst wie die Tatsache, dass im April 1994 jede göttliche Institution ihre Augen von Ruanda abgewendet haben muss.

40%

TV: Fernsehtipps 12.05. - 18.05.07

Samstag, 12.05.

20:15 Uhr – „Hulk“ (RTL)

Völlig unter Wert gehandelte, meisterlich in Szene gesetzte und hochkomplexe Comicverfilmung, die Ang Lee zum stillen Drama über Familie und Ethos gestaltet. Ungekürzte Fassung um 0:40 Uhr.

20:15 Uhr – „Spiel mir das Lied vom Tod“ (K1)

Genre-Meilenstein mit faszinierender Musik - brillant gefilmt, aber auch ätzend in seinem Chauvinismus. Läuft gekürzt.

23:00 Uhr – „Jennifer Eight“ (ZDF)

Durchschnittlicher Thriller mit stilbildender Musik von Chris- topher Young.

23:35 Uhr – „Avanti, Avanti“ (RBB)

Spätwerk von Billy Wilder: Amüsante und doppelbödige Hommage an die italienische Vita.

Sonntag, 13.05.

13:00 Uhr – „Meerjungfrauen küssen besser“ (K1)

Nostalgische Tragödie mit tollem Ensemble und noch tolleren Songs.

20:15 Uhr – „Star Wars: Episode II – Angriff der Klonkrieger“ (Pro7)

Mit viel Theatralik und extrovertiertem Design inszenierte Sci-Fi-Romanze, die manch Schwäche des Vorgängers ausbügelt, die sich aber gelegentlich zu sehr an der Ästhetik von Computerspielen orientiert, die ihre Vorgänger wiederum selbst geprägt haben. Dem mit selbstzweckhaften Effekten versehenen Finale in der Arena stehen erstaunlich tief- gründige Charaktere gegenüber.

20:45 Uhr – „Haben und Nichthaben“ (Arte)

Einer der wunderbarsten Filme von Howard Hawks, absolut phänomenal gespielt.

23:55 Uhr – „Warlock – Satans Sohn“ (VOX)

Hervorragender, überaus spannender Fantasyhorror mit einem herrlich diabolischen Julian Sands.

Montag, 14.05.

20:15 Uhr – „Pretty Woman“ (SAT.1)

Altert mehr schlecht als recht – der Lack ist ab.

20:40 Uhr – „Elephant“ (Arte)

Banales, völlig überflüssiges und mitunter fatal inter- pretierendes Gus van Sant-Debakel. Grausam.

23:00 Uhr – „Der Mann ohne Vergangenheit“ (RBB)

Dienstag, 15.05.

23:00 Uhr – „Die Frau, von der man spricht“ (RBB)

Zum 100. Geburtstag von Katherine Hepburn. Liebenswerte Screwball-Comedy von George Cukor. Nur mit Spencer Tracy werde ich mich wohl nie anfreunden können.

Mittwoch, 16.05.

22:15 Uhr – „Jack“ (S-RTL)

Francis Ford Coppola von allen guten Geistern verlassen.

22:30 Uhr – „Gerry“ (Arte)

Arte widmet sich offenbar gleich mehreren Van Sant-Fiaskos – die Sendezeit könnte man sinnvoller nutzen. John Waters liebt den Film ja…

Donnerstag, 17.05.

22:10 Uhr – „Roter Drache“ (RTL)

Mäßig, aber zumindest eleganter als die Michael Mann- Version. Danny Elfmans Main Title ist großartig.

22:30 Uhr – „Wir waren Helden“ (SAT.1)

Unerträglich verlogener, ideologisch zutiefst verwerflicher Dreck. Einer der schrecklichsten Prokriegsfilme aller Zeiten.

23:15 Uhr – „Was nützt die Liebe in Gedanken?“ (ZDF)

Bemühtes, schwerfälliges und verklemmt gespieltes Schwulen-Drama, das sich sehr ernst nimmt und dabei an seinem bedeutungschwangeren Kitsch erstickt.

01:35 Uhr – „Der Fall Paradin“ (BR)

Bis auf einige Momente und originelle Einfälle kein besonders nennenswerter Hitchcock.

Freitag, 18.05.

20:15 Uhr – „Krieg der Sterne“ (Pro7)

Einer meiner absoluten Lieblingsfilme: Visionäre, gleichzeitig naive und unverhohlen kitschige Weltraumoper, die die Filmgeschichte umschreiben sollte.

22:25 Uhr – „Lost Highway“ (3SAT)

Dezent überschätzter, aber nichtsdestotrotz faszinierender Seelenstrip David Lynchs. Allerdings weitaus simpel konstruierter als gemeinhin behauptet.

23:55 Uhr – „Mad Max 2 – Der Vollstrecker“ (RTL2)

Furioses Sequel mit bahnbrechenden Stunts und irrem Tempo. Leider gekürzt und vermutlich aufgezoomt.