Aber zurück zum Anfang. Gemessen am sonderbaren Umstand, dass Gore Verbinskis unter der Produktionsfittiche von Jerry Bruckheimer initiierter "Pirates of the Caribbean: The Curse of the Black Pearl" auf einer Disneypark- attraktion basiert, hatte die frivole Art des Films durchaus ihren Reiz. Immerhin trafen dort nicht nur allerlei quirlige Figuren aufeinander, sondern wurden auch Genregrenzen soweit ignoriert, dass die verspielte Mischung aus Piraten-, Fantasy- und Abenteuerfilm ihre eigenen Regeln aufzustellen schien. Doch so interessant das ganze in konzeptioneller Hinsicht ausfiel, so sehr schwächelte es in seiner Dramaturgie – zahlreiche Wiederholungen und Dopplungen waren nötig, um die dünne und aufgeblähte Geschichte in einigermaßen logische Erzählmuster zu pressen. Der direkte Nachfolger "Dead Man's Chest", der finanziell schon jetzt als dritterfolgreichster Film aller Zeiten gilt, litt unter denselben Hängern – die Handlung drehte sich im Kreis, steuerte ziellos umher und ließ jede Stringenz vermissen.
Alle guten Dinge sind drei – gilt das eigentlich auch für die schlechten? Oder ist das der Fluch einer jeden back-to-back mit dem ersten Sequel gedrehten dritten Episode? "At World's End" unterbietet seinen Vorgänger nämlich gleich in vielerlei Hinsicht. Ein wahllos erzählter, völlig nichtiger, aufgeblasener und stinklangweiliger Schrott ist das. Da wird ohne jede Liebe fürs Detail, ohne jegliches Gespür für stimmungsvolles visuelles Erzählen, ja gar ohne erkennbaren Willen vor sich herinszeniert, dass es einen schaudert. Im Minutenrhythmus wechseln die Figuren ihre Seiten, ist mal der eine gut, mal der andere böse, kämpft mal dieser auf jener und jener auf dieser Seite, ohne dass auch nur für eine Sekunde klar würde, was dieser ganze Unfug eigentlich soll. Jack Sparrow ist nunmehr eine Marionette, die Johnny Depp einschläfernd und sichtlich desinteressiert für 20 Millionen US-Dollar in Bewegungen versetzt, während auch der Rest der Meute das tut, was man von ihnen kennt – nur eben nicht viel mehr. Keine Überraschungen, keine originellen Neuzugänge, keine Ideen. Selbst den im zweiten Film so großartig zwischen Slapstick und Klamauk auschangierten Humor, man denke an die Sequenzen auf der Insel, sucht man vergebens.
Sicher, auch dieser dritte Teil hat manch schickes Bild zu bieten, Dariusz Wolski darf gar surreales Terrain betreten und Rick Heinrichs Ausstattung macht selbst den ärgerlichsten Drehbuchleerlauf noch einigermaßen erträglich. Doch wo ist der versprochene visuelle Bombast? Bot "Dead Man's Chest" mit Davy Jones und der Besatzung der Flying Dutchmen neue Schauwerte (wenngleich hier nur die Bösewichte des Vorgängers variiert wurden), muss das Finale ohne monströse oder anderweitig reizvolle Neuzugänge auskommen. Bis es dann einige ansehnlich choreographierte Actionmomente zu bestaunen gibt, muss man rund zweieinhalb Stunden warten – bis dahin demonstriert Verbinski, dass er unfähig ist, seine Geschichte mit anderen Mitteln umzusetzen als beständig in Erklärungs- und Dialogwut zu verfallen. Hans Zimmer komponiert dafür hübsch oberflächliche Musikstückchen und fügt sich der aufge- dunsenen Koketterie dieses Films gewohnt bieder – das ist mitunter erstaunlich erträglich, nimmt allerdings zuweilen auch schmerzhafte Gestalt an, wenn beispielsweise mit grober Einfältig- und Fahrlässigkeit Morricone zitiert wird. Irgendwann dann taucht auch noch Keith Richards als Sparrow-Papa auf, dem man originellerweise eine Gitarre umgehängt hat. Und als wäre das alles nicht schon doof genug, löst der Film beinahe jeden seiner (vorher großspurig kreierten) Subplots in komplette Banalitäten auf. "Der Tod macht den Tag erst lebenswert", spricht Captain Barbossa. Ein guter Film ebenso.