Mai 02, 2007

Kino: SHOPPEN

Schon die verkrampfte Neudeutsch-Komödie "Das merkwür- dige Verhalten geschlechtsreifer Großstädter zur Paa- rungszeit" versuchte mit lakonischem Humor einen über- höhten Blick auf die angebliche Verzweiflung der Single- Städter zu werfen. Mit verhaltenen technischen Mitteln setzt nun auch Regisseur Ralf Westhoff das Dilemma in Szene. Schauplatz: München. Handelnde: 18 frustrierte, partnerlose Frauen und Männer. Was tun sie? Sich beim Speed-Dating gegenseitig erkunden, anpöbeln, Komplimente machen und die eigene Lebenskrise verbal bewältigen. Ja, diesen Menschen geht es schlecht. Und sie lassen den Zuschauer daran teilhaben. Sie haben keinen Sex und keine Geborgenheit, aber dafür reichlich Eloquenz im Umgang mit dem anderen Geschlecht.

"Shoppen" heißt diese geschwätzige Komödie, die zum größten Teil in einer Turnhalle spielt. Dort findet besagter Schlagabtausch statt – fünf Minuten Redezeit, dann ist der nächste Date-Partner an der Reihe. Mit Schnitt und Einstellungsvariationen erzielt Westhoff trotz der statischen Inszenierung im festen Raum eine gewisse Dynamik, die das dialoglastige Geschehen nicht allzu langatmig erscheinen lässt. Mehr gutes gibt es über diesen studentisch altklugen Film allerdings nicht zu berichten. Die herben und pointierten Dialoge haben Witz, kennzeichnen aber auch das Grund- problem in "Shoppen": Man fühlt sich hier wie in einer 90minütigen Sketchshow, wo ein Gag hastig den nächsten jagt. Das regt zum Schmunzeln an, verhindert aber auch jeglichen Zugang zu den Figuren. Aufgrund seiner episodischen Struktur bewegt sich der Film ausschließlich auf oberflächlichem Terrain.

Das ist insofern problematisch, als Westhoff von substan- tiellen Großstadtphänomenen berichtet. Die urbane Verein- samung als Grundmotiv für ausbleibendes Lebens- und Liebesglück anzuführen, mag seine Berechtigung haben. Aber der Umgang mit diesem Thema geht leider nie über das Niveau einer US-Vorabendserie hinaus – wir erfahren trotz permanentem Dialoggewitter nur wenig über die Figuren, stattdessen geben diese dauerhaft sinnentleerte und meist zynische Floskeln von sich. Da lacht das Publikum zwar reichlich, aber auf wahren Speed-Dating-Börsen – deren grundsätzliche Kuriosität der Film ebenfalls nur bedingt einzufangen versteht – dürfte sich derlei mundstarke Meute kaum zusammenfinden. "Shoppen" ist also überaus manieriert in seiner Art und wirkt durch die Aneinanderreihung der Gags wie das Best-Of einer mitgeschnittenen Theater- improvisation.

Das verstärkt sich negativ, in dem Westhoff den Film mit zahlreichen Bühnendarstellern besetzt. Diese verleihen dem unrealistischen Ambiente zusätzlich eine Aura nerviger Affektiertheit. Da bekommt man als Zuschauer durchaus schon einmal Platzangst, fühlt es sich doch an, als sei man hier unfreiwillig in die Übungsstunde an einer Schauspielschule geraten. "Shoppen" lebt von der Darstellung seiner Figuren – und scheitert an den überzogenen, theatralischen Leistungen der Schauspieler. Das führt dann auch zu der Frage, was einem hier eigentlich erzählt werden soll. So eklatant wie der Regisseur es wohl meint sind die Probleme der Menschen nicht unbedingt. Oder anders: Wen eigentlich interessiert das selbstmitleidige Geschwätz dieser 30-plus- Singles?

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