Dezember 12, 2006

Kino: ERAGON

Es geht um Mythen, dunkle Sagen und alte Legenden, um Mut, Ehre und Stolz, und um einen pubertären blonden Jüngling, der auszieht, um das Fürchten zu lehren. Das illustre Fantasyabenteuer „Eragon“ erschien 2003 und konnte einen ansehnlichen Erfolg verbuchen, in mittlerweile 38 Länder wurde Christopher Paolinis Roman – der als Beginn einer Trilogie konzipiert ist – exportiert, und allein in den USA verkaufte er sich 2,5 Millionen mal. Der Stoff steckt noch beinahe in den Kinderschuhen, da lässt die Verfilmung nicht lang auf sich warten, begünstigt durch den weltweiten Erfolg der „Lord of the Rings“-Saga. Heraus kommt, was Fans der Vorlage eifrig bestreiten werden: Eine inhaltliche Wiederholung der vierten „Star Wars“-Episode, die bei ihrer Inszenierung schamlos aus dem Fundus von Peter Jacksons Filmtrilogie plündert, allerdings ohne ähnliche Auswirkungen auf das Genre befürchten zu müssen – „Eragon“ ist an Einfältigkeit kaum zu unterbieten und mit großem Abstand der schlechteste Fantasyfilm, der seit geraumer Zeit die Kinos heimsucht.

Nach dem konfusen Prolog, der bereits all die technischen Defizite des Films hübsch zusammenfasst, lernt der Zuschauer diesen Eragon kennen. Das ist ein schmächtiger Dorfbursche, der bei seinem Onkel lebt, unsicher und etwas debil, aber voller Hoffnung, es eines Tages zu etwas bringen zu können. Da rufen nicht ausschließlich optische Ähnlichkeiten den nahe liegenden Vergleich zum Padawan Luke Skywalker hervor, sondern vielmehr noch die komplett identische Erzählung. Wie im Sternenkriegsabenteuer von 1977 blickt der junge Reiter hoch hinauf zur glühenden Sonne, wo sich auch einst der künftige Jedi-Ritter die Flucht von der Wüstenfarm erhoffte – da fehlt bis auf das Schicksalsmotiv John Williams’ nicht mehr viel, abgesehen nur davon, dass bereits dieser kurze, zusammenhanglose Einstieg unfreiwillig komisch erscheint. Denn das Spiel des jungen Ed Speleers hat nichts von der unschuldigen Verträumtheit, die etwa Mark Hamill einst ausstrahlte, sondern wirkt aufgesetzt, überzogen, albern.

Und so geht es weiter und weiter: Eragon wird von einem alten Meister ausgebildet (Jeremy Irons als müder Obi Wan Kenobi-Ersatz), der schnell das Zeitliche segnen und so die Dramatik ankurbeln muss, rettet eine hübsche junge Kriegerin (das profillose Äquivalent zur bezaubernden Prinzessin Leia), bekommt auf halbem Weg Verstärkung durch einen gewitzten Mitkämpfer (Hallo, ich spiele den Han Solo-Part) und darf schließlich in einen finalen Showdown ziehen, bei dem der eigentliche Bösewicht – John Malkovich versucht sich als Selbstparodie – allerdings nicht gestellt werden kann. Demnächst werden wir vermutlich erfahren, wer hier eigentlich wessen Schwester oder wessen Vater ist, und in der Zwischenzeit hat der strahlende Held mithilfe des Drachens Saphira zumindest seine Jedi-Kräfte, Irrtum – falscher Film, seine magischen Fähigkeiten entdeckt.

Es brauch wohl kaum noch erwähnt werden, dass hier zu keiner Zeit die erzählerische Dichte, mitreißende Dramaturgie oder der doppelte Boden der Vorbilder tangiert wird, „Eragon“ dümpelt so lange vor sich hin, bis er schließlich im dichten Morast der Langeweile versinkt. Das alles ist so grausam schlecht inszeniert, dass selbst Trashfreunde ins Wanken darüber geraten dürften, ob dieser Film überhaupt das Prädikat „blöd, aber witzig“ erhalten darf. Das muss sich schließlich selbst ein Uwe Boll erst verdienen, und dem wird hier überaus bemüht zu Ehren gereicht: Billige Kostüme, steife, komplett ungelenk choreographierte Kämpfe und Dialoge einer alberner als der andere, nicht zu vergessen eine Schar von talentierten Schauspielern, die sich allesamt recht unschön blamieren. Leider gelingt es auch dem amateurhaften Schnitt nicht, die inszenatorischen Schwächen einigermaßen zu umschiffen, um das Fremdschämgefühl des Zuschauers nicht unnötig auszubreiten.

Bleibt der Blick auf die visuellen Effekte, immerhin zeichnet F/X-Wiz Stefen Fangmeier in seiner neuen Rolle als Regisseur für diesen Murks verantwortlich. Die Drachen-Sequenzen erscheinen ansehnlich, mitunter stören aber die gewohnt unnatürlichen Übergänge bei den CGi-Animationen und insgesamt bekommt man nicht die erhoffte Menge an feuriger Action serviert, die man erwarten dürfte. Die Kampfsszenen sind ebenfalls von kurzer Dauer und nach Rating-Vorgabe harmlos, wenn nicht gar komplett unspektakulär gehalten. In regelmäßigen Abständen mischen sich dann einige farblose Melodien ins Geschehen, die sich je nach Bedarf bei Howard Shores Kompositionen zu den „Lord of the Rings“-Filmen bedienen. Nach der gewonnenen Schlacht ist man irgendwie froh, dass „Eragon“ nur 105 Minuten Lebenszeit gekostet hat, es hätte ja auch durchaus mehr werden können. Kurz vor Schluss, als sich noch einmal alle lieb haben, da sagt der Drachenreiter dann tatsächlich etwas Sinnvolles: „Du weißt doch wie das mit Legenden ist, heute glauben die Leute alles.“. Leider.

15%

Review erschienen bei: Wicked-Vision.de