Februar 25, 2008

ACADEMY AWARDS 2008 - Rückblick

Komische Oscars waren das. Aber auch spannende, zumindest was die nominierten Filme betraf. Einer pessimistischer als der andere, kaum fröhliches, beschwingtes, erheiterndes. Nicht mal ein "Little Miss Sunshine" konnte dieses Jahr für Auflockerung sorgen, der Ersatz dafür hieß "Juno" und der behandelt immerhin ein Tabuthema, nämlich die Schwanger- schaft einer 16jährigen. Indes macht er dies ein wenig verlogen und bringt so dann doch noch ein etwas Sonnenschein in die Liste solch grimmiger bzw. deprimierender Filme wie "Michael Clayton", "There Will Be Blood", "Atonement" und "No Country for Old Men". Letzterer ging als der erwartungsgemäße Sieger hervor: Bester Film, beste Regie, beste männliche Nebenrolle, bestes adaptiertes Drehbuch. Damit kann ich leben, zugegeben. Auch wenn mir die Coens suspekt sind: Zwei Brüder, die ihr ganzes Leben zusammenglucken, aussehen, als würden sie sie nicht waschen, und zudem alles andere als liebenswert freaky, sondern eher arrogant und unsympathisch auf die Oscarbühne stolzierten. Dass der Film gelungen, aber als überschaubare Kinospielerei nicht unbedingt preiswürdig ist, verdeutlicht der Blick auf die Konkurrenz. Das Meisterwerk "There Will Be Blood" wurde von der Academy entweder nicht verstanden, oder – was wahrscheinlicher ist – nicht gemocht, stellt er doch das gesamte Grundgerüst ihres Vaterlandes in Frage. Das Abspeisen mit zwei Auszeichnungen wird dem Klassikerstatus da eher zuträglich sein.

Der wirklich große Verlierer ist für mich ohnehin David Finchers "Zodiac", der von Warner offenbar nicht beworben, einfach vergessen oder übersehen wurde. Nominierungen für Film, Regie und Ausstattung wären hier unabdingbar gewesen. Selbiges gilt für "Sweeney Todd", der mindestens in fünf weiteren Kategorien nominiert hätte werden müssen. Auch "Hairspray" tauchte gar nicht auf, ebenso wie Andrew Dominiks "The Assassination of Jesse James by the Coward Robert Ford" insgesamt übergangen wurde. Wo wir schon dabei sind: Javier Bardems Frisur in allen Ehren, aber die Verkörperung einer Figur, die reine Genrekonstruktion ist, sollte nicht höher eingestuft werden als die brillante, begnadete Performance, die Casey Affleck als Robert Ford darbot. Aber ich denke einfach schnell an Pedro Almodovar-Filme zurück und die Sache bekommt einen versöhnlichen Geschmack.

Der Autorenstreik hat auch so seine Spuren hinterlassen. Jon Stewart war gut, aber er war nicht so gut wie bei seinem ersten Einsatz. Der Moderationsteil fiel insgesamt auch merklich kürzer aus, die Gags waren in Ordnung bis wirklich großartig, aber doch eher spärlich gesät.

Auf "Die Fälscher" hätte man eigentlich wetten müssen, Holocaust zieht immer, erst recht aus Deutschland (was für die Academy sicherlich gleichbedeutend mit Österreich und der Schweiz sein dürfte). In dieser Kategorie wären dennoch "Auf der anderen Seite" und sicher auch "El Orfanato" besser aufgehoben gewesen. Überraschend hingegen die weibliche Nebenrolle: Tilda Swinton und ihr Derek Jarman-Getue in allen Ehren, aber an Cate Blanchett und "I'm not there." hätte kein Weg vorbei führen dürfen – die Frau ist ein besserer Bob Dylan als Bob Dylan selbst! Und so doof, pubertär und öde "Transformers" auch sein mag, was seine visuellen Effekte betrifft, hebt der die Messlatte auf ein neues Niveau, was man vom steif getricksten "The Golden Compass" nicht behaupten kann. "Juno" wurde mit dem Drehbuch von Diablo Cody (ist das ein Name?) abgefertigt, als sentimental favourite sozusagen, und das, obwohl gerade dieses mit seinen affektierten Dialogen zu den Schwächen des Films zählt. Andererseits: Wenn Stripperinnen Oscars gewinnen können, ist Hopfen und Malz doch noch nicht verloren.

Was bleibt, sind die wahren Gewinner: "Once" und der beste Song, "Sweeney Todd" und die großartige Ausstattung von Dante Ferretti. Daniel Day-Lewis für seine Jahrhundert- leistung, "Atonement" für seinen ebenso originellen wie eingängigen Soundtrack, und "Ratatouille" für sich selbst. Fünf zufriedene Oscars, da gab es tatsächlich schon schlechtere Schnitte.

PS: Beinahe hätte ich die Geschmacklosigkeit des Abends vergessen. Wer bitte kam auf die Idee, die Oscars für den besten Dokumentarfilm (kurz/lang) von irgendwelchen US-Soldaten per Videoschaltung verkünden zu lassen? Real-Satire?