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April 29, 2009

Kino: DUPLICITY

Als Julia Roberts und Clive Owen in Mike Nichols "Hautnah" zum ersten Mal ein Liebespaar vor der Kamera gaben, rümpfte die Filmpresse unzufrieden ihre Nase: Die Chemie zwischen der einst bestbezahlten Schauspielerin Hollywoods und dem erst spät vom Theater zum Kino übergesiedelten Briten habe nicht gestimmt, und überhaupt passe der burschikose "Pretty Woman"-Star nicht zum kernigen "King Arthur" mit der sanften tiefen Stimme.

Das hat den "Michael Clayton"-Regisseur und Autor der Jason-Bourne-Filme Tony Gilroy jedoch nicht davon abgehalten, die beiden für seine zweite Regiearbeit erneut zusammenzubringen. In "Duplicity" spielen Roberts und Owen ein Spionagepärchen, das mithilfe ausgeklügelter Firmen- bespitzelung den ganz großen Gaunercoup plant. Überhäuft mit Kinoreferenzen und Insiderbezügen ist Gilroys Film vor allem eine Hommage an klassische Screwball-Komödien und Agenten-Thriller im Stil von Alfred Hitchcock und Frank Tashlin.

Die eigentlich irrelevante Handlung des Films wird von zwei riesigen konkurrierenden Pharma-Unternehmen bestimmt, die ihre Sicherheitsberater und Industriespione aufeinander ansetzen. Die einstige CIA-Agentin Claire Stenwick (Roberts) und der ehemalige MI6-Spitzel Ray Koval (Owens) sind in der jeweils anderen Firma beschäftigt, arbeiten jedoch nicht gegeneinander, sondern an einem geheimen gemeinsamen Plan: Sie wollen sich mit dem wertvollen Patent eines neuen Medikaments absetzen und ihren beiden Bossen (Tom Wilkinson und Paul Giamatti) ein Schnippchen schlagen.

Die Nachricht über ein neues Wundermittel, mit dem der eine Wirtschaftskonzern den anderen auszuspielen droht, dient natürlich nur als offensiver MacGuffin – jenem Element, das Plot und Figuren an- und vorantreibt, ohne selbst eigentlich bedeutsam oder interessant zu sein. Die vielen Story- Verstrickungen, überraschenden Wendungen und erst nach und nach enthüllten Details der Liebesbeziehung der Doppelagenten im Mittelpunkt stellt Gilroy jederzeit deutlich für ein offenkundiges Spiel mit Genregesetzen und Drehbuchklischees aus.

Hinter der pseudokniffligen Geschichte von "Duplicity" verbirgt sich nämlich eher ein amüsiertes Sinnieren über all die falschen Fährten und Ablenkungsmanöver, das unabkömmliche Werkzeug klassischer Spionagekomödien. So interessiert sich Gilroy nicht nur für seine beiden Hauptdarsteller, denen er zahlreiche doppelbödige Dialoge und spitzfindige Wortgefechte geschrieben hat, sondern auch die ewig gleichen Strukturen des Genres, die er verstanden und vorgeführt wissen möchte.

So vereint der Film mit beschwingtem Tonfall ein ewig umeinander kreisendes Liebespärchen, obligatorische Heist- Momente und verschiedenste Spielorte, meist mit sonnigem Urlaubsflair und schönen Postkartenmotiven. Gilroy verweist dabei auf "Über den Dächern von Nizza" oder "Caprice", nutzt für sein Spiel mit der Erwartungshaltung großzügig Splitscreens und die raffinierte Musik von James Newton Howard, während er immer wieder Zeitsprünge vornimmt und die an und für sich simple Handlung neu anzuordnen versucht.

Leider erreicht "Duplicity" dabei nicht immer die Brillanz der Titelsequenz, in der Gilroy die beiden verfeindeten Unternehmenschefs Wilkinson und Giamatti auf einem Flugplatz wie Stummfilmungeheuer aufeinander zu kommen und sich schließlich schniefend und speiend gegenseitig verprügeln lässt – in Slow-Motion, wohl bemerkt. Insgesamt nämlich ist das Konzept des Films bei aller Sympathie ein wenig zu durchsichtig und bemüht, um die zwei Stunden Laufzeit zu rechtfertigen.

Vermutlich hat sich Gilroy – um das eher weniger filmgeschulte Publikum nicht gänzlich zu verprellen – deshalb auch gedacht, seine unernste Geschichte vielleicht doch mit einem seriösen Twist aufzulösen, der dem Plot ganz plötzlich jene Ernsthaftigkeit und Bedeutung verleiht, auf die zuvor so offensichtlich verzichtet wurde. Gerade die Unentschlossen- heit jedoch zwischen Genrepersiflage und clever verschach- telter Spionagekomödie mit überraschendem Schlussgag kostet "Duplicity" einiges an Glaubwürdigkeit und Konsequenz.


60% - erschienen bei: gamona

Juni 25, 2008

Kino: FIREFLIES IN THE GARDEN

Family Plot: Der Schriftsteller Michael (Ryan Reynolds) kehrt für eine familiäre Feierlichkeit in sein betuliches Heimatnest zurück. Dort verbrachte er eine eher unglückliche Kindheit unter seinem tyrannischen Vater Charles (Willem Dafoe) und der hilflosen Mutter Lisa (Julia Roberts). Als Michael jedoch eintrifft, erwarten ihn Blaulichter und Krankenwagen: Seine Eltern hatten auf der Hinfahrt einen folgenschweren Auto- unfall, den seine Mutter nicht überlebt (Filmtod einer ergrauten Diva Roberts nach 10 Minuten). Das Wochenende wird zur schmerzlichen Reise in die Rückblenden-Vergangenheit – Erinnerungen an die sorgenvolle Kindheit, das Wiedersehen alter Freunde und Bekannte und schließlich die Auseinandersetzung mit dem väterlichen Familiendespoten Charles scheinen unausweichlich. Für die ganze Familie beginnt ein schwieriger Heilungsprozess alter Wunden. Familienfest und andere Schwierigkeiten also.

"Fireflies in the Garden" ist das Langfilmdebüt von Dennis Lee. Der hat sogar schon einmal einen Kurzfilm-Oscar gewonnen. Und nicht nur, weil es sich um seine erste große Regiearbeit handelt, sondern der Film auch mit großen Stars glänzt, somit also schwierig zu produzieren gewesen sein dürfte, und vor allem zu großen Teilen autobiographisch verfasst ist, möchte man doch gnädig sein mit ihm. Obwohl hier nicht nur die Stars, sondern überhaupt alle glänzen. Das ist doch ein merklich schöner Film mit einem klaren visuellen Stil, der selbst das größte moralische Dilemma, die schrecklichsten Streitereien oder seelischen Abgründe in edle Schöner-Wohnen-Bilder hüllt. Und so wie "Fireflies in the Garden" ganz schön glatt, ganz schön perfekt, und – zugegeben – auch ganz schön bieder inszeniert ist, so ganz schön reibungs-, konturen- und makellos nichts sagend erzählt er auch seine Familientragödie.

Ganz sicher hat Lees emotionaler Eigenanteil ihm den Blick verstellt, wo er es doch vor lauter Sentimentalität versäumt, seinen Figuren den nötigen Feinschliff zu verpassen, ihnen nicht immer ausformulierte, sondern auch einmal subtile Dialoge zurechtzulegen und jeden komplexen Erzählansatz nicht immer aus Angst vor zu viel Komplexität vorschnell in Friedfertigkeit aufzulösen. "Fireflies in the Garden" fegt deshalb immer da vorbei, wo er gründlich hätte kehren müssen: Irritierend somit, dass der ausschlaggebende Auto- unfall im Film überhaupt keine wirkliche Rolle spielt, dass in Rückblenden eine inzestuöse Beziehung zwischen dem kleinen Michael und seiner Tante Jane angedeutet, von Drehbuch und Regie dann aber wieder panisch zerschlagen wird, und dass eine derart zerrüttelte Familie schließlich doch wieder ins Lot geraten kann, wenn sich alles nur von selbst fügt. So ist die alkoholabhängige Ehefrau von Michael am Schluss einfach trocken, schwanger und glücklich, Vater Charles besänftigt und plötzlich gar nicht mehr so böse – und "Fireflies in the Garden", Michaels Buch, in dem er die peinigende Familien- chronik verewigte, wird einfach ins Kaminfeuer verbannt.

"Fireflies in the Garden" ist mit seiner soften Melodramatik, seinen Schwimmübungen im Fahrwasser von "Ordinary People" bestimmt zweifellos gut gemeint, gut besetzt und gut gespielt, aber noch lange kein guter Film. Er hat seine Momente, seine wirklich guten Momente, wenn Lee Ver- gangenheit und Gegenwart elegant aneinandermontiert oder verwischen lässt, doch für ein packendes, tief greifendes Familienmelodram braucht es mehr als hübsches Handwerk. Aber wer weiß, womöglich packt der Film auch deshalb nie wirkliche Probleme an, weil er fest in der Mittelschicht seiner Durchschnittsfamilie verortet ist – und eine Durchschnitts- familie vielleicht auch nur durchschnittliche Probleme haben darf.


40% - erschienen bei: DAS MANIFEST

März 19, 2008

Zuletzt gesehen: CLOSER

Autor Patrick Marber hat sein preisgekröntes Theaterstück fürs Kino neu verfasst, doch auch als Film unter der Regie von Kinogröße Mike Nichols bleibt das Gefühl, lediglich einem abgefilmten Vier-Personen-Spiel auf der Bühne zuzuschauen. Die Schauspieler bewegen sich fast linienförmig in spartanischen Sets, während selbst die etwas bemüht flexible Kamera nicht den steifen, bühnenhaften Charakter von "Closer" verhüllen kann. Zweifellos aber ist das Drama über Liebe im urbanen Raum, im bourgeoisen Milieu, über Entfremdung und Abhängigkeit gut gespielt und mit Clive Owen und Natalie Portman stark besetzt. Als Fremdkörper hingegen erweist sich die burschikose Julia Roberts, die mit zugeknöpftem Image nur schwer eine freizügige, beziehungs- gestörte Photographin gibt – und sich jede verbale Vulgarität regelrecht herauszwingen muss. Trotz seiner extrem kühlen Inszenierung, der keimfreien, klinischen Betrachtung von Menschen, seinem fast schon mit Verachtung strafenden Blick auf die bürgerliche Selbstzerstörung gefällt "Closer" insgesamt als straffes Beziehungsstück.

60%