Auf eine sehr kuriose, aber lehrreiche Weise formt Michael Bay engst abgesteckte Filme passgenau zum Massenerfolg. Nur einmal, in einem wohl versehentlichen Anfall künstlerischer Ambition, drohte dem Multimillionendollarwerk des Kaliforniers leichter Seitenschlag, als ausgerechnet die zumindest partiell interessante Science-Fiction-Replik "The Island" lediglich mühsam schwarze Zahlen schrieb. Der Rest ist die makellose Erfolgsbilanz eines 1A-Strebers, der mit Zielgruppenwirtschaft von beträchtlicher Ökonomie Kohle scheffelt wie sonst nur die ganz großen Universalfilme eines James Cameron oder Steven Spielberg. Und die scharen sich ja längst um Moneymaker-Michael wie die Fliegen ums Scheißhaus: Der eine stellt sich mit ihm aufs Podium, um über die Vorzüge von 3D zu sinnieren (©Avatar), der andere nimmt ihn sogar direkt unter die Produktionsfittiche. Spielberg ist eben so klug, sein eigenes Erbe gleich selbst zu finanzieren (Transformation: Spielbay).
Beide aber bringen ihre Poperzen für den Bay-Stengel aus gutem Grund in Stellung. Nicht nur, weil die Elite der Megaseller schon aus reinen Prestigegründen auf gegenseitige Tuchfühlung gehen muss, sondern weil Michael Bay längst als royaler Nachfolger der ganz großen Hollywoodgiganten gehandelt wird. Wer so beständig am Box Office abräumt, kann sich auch kreuzüble Machwerke leisten (Cecil B. DeMille ist ja schließlich Filmgeschichte, too), das mag den Reiz am Schandfleck für postmoderne Exegeten sogar noch erhöhen. Da können sich Kritik und Fanschar dann um Kopf und Kragen winden, einen ultranerdigen Internetfight nach dem anderen konstruieren und selbst noch talentlosere Geldsammler aus Wermelskirchen zum Boxduell anstacheln – sie landen ja doch nur in der Bay-Bucht wie kleine Fische, die vom neuen weißen Hai verschlungen werden, vom einträglichsten aller Transformers ([ ] Autobot, [X] Decepticon).
Der nun dritte Roboterfilm nach Hasbro steht zwischen seinen Vorgängern. Er ist schwächer als der immerhin ansatzweise leidlich vergnügliche erste "Transformers", weil man die hässlichen Schrotthaufen nach drei überlangen Überwälti- gungsorgien einfach nicht mehr ertragen kann. Und er ist zugleich besser als der zweite Film, was aber auch wirklich nichts zu sagen hat, denn diese orale, anale und banale Penetration des menschlichen Geistes und systematische Zerstörungsmaschinerie aller Nervenzellen markiert wohl noch für lang den unrühmlichen Tiefstpunkt in Bays ohnehin eher höhenfreiem Schaffen. Die Anhänger des Regisseurs, so muss man es immer wieder in Internetforen, Blogs und anderen Filmplattformen lesen, verteidigen ihren Krawallzulieferer gern als Actiongaranten, Popcornkinogenie (was immer das ist) oder auch Blockbuster-Auteur. Nicht totzukriegen ist da die Phrase vom Unterhaltungsfilm, dem verständnislos eingeforderten Rezeptionsgestus, doch einfach mal ein wenig "sein Hirn abzuschalten". Das Außerkraftsetzen von Denken und Fühlen, so könnte man meinen, sei bedingungslose Voraussetzung für den Genuss eines Michael-Bay-Spektakels.
Untersucht man dessen Filme nach Anhaltspunkten für diese ja doch sehr bizarre, dem Mainstreamkino allerdings auch durchaus zuträgliche Domestizierung, stolpert man tatsächlich über einige Fragen die allgemeine Grundhaltung zum Kino betreffend (Näheres dazu in meiner Dissertation: "Nur ein toter Zuschauer ist ein guter Zuschauer – Die Filme von Michael Bay zwischen Hirneinsammelstelle und Dauer- beschall"). Wenn man "Transformers 3" ohne Gebrauchs- anweisung schaut, also gesundheitlich intakt, fällt schnell auf, dass er wie die beiden Vorgänger gestrickt – oder besser gesagt: nicht gestrickt – ist. Alle drei kennzeichnet ein Verzicht auf Filmdramaturgie, nicht unbedingt im konventionellen Sinn (Gott bewahre), sondern schlicht eine Absage an aufeinander aufbauende oder sich anderweitig bedingende Elemente. Der Film ist frei von Akzenten und sogar Teasing, er ist ein überlanger zweiter Konfrontationsakt (unter zweieinhalb Stunden macht’s der Bay einfach nicht), bei dem von Anfang an die Fetzen fliegen.
Jeder Schauplatz-, Szenen-, Sequenzwechsel wird mit Establishing Shots verkleistert – ganz egal, wie oft sich diese wiederholen – und kein Transformer-Roboter-Ding darf das Bild betreten, ohne sich vorher in ein Auto, Radio und was auch immer verwandelt oder wieder zurückgeformt zu haben. Und alles ist ununterbrochen auf Höhepunkt gebürstet, ganz so als wolle Bay das Publikum partout nicht an die Hand nehmen, es überraschen oder wenigstens für seinen Film motivieren. Diese Dauermonotonie hat offenbar tatsächlich einen Effekt zum Ziel, mit dem der Zuschauer so lange passiviert und teilnahmslos gemacht werden soll, bis er sich dem Giga-Gaga-Theater unweigerlich fügen muss (sofern er nicht vom Geschehen ausgeschlossen werden möchte). Das zu erkennen, ist nicht schwer. Es aber erklären oder gar verstehen zu können, relativ unmöglich. Im konkreten Fall von "Transformers 3" liegt die Vermutung nahe, dass der gesamten Crew vor jedem Drehtag Amphetamine in Überdosis verabreicht wurden. Das würde die planlose, sich auf eine fassungslos machende Art aber selbst gefallende Hysterie aller Beteiligten vor und hinter der Kamera zumindest begreifen lassen.
Zum besonderen Verdienst der "Transformers"-Filme zählt ja die Verpflichtung gestandener Schauspielgrößen, die das unkontrollierte Spiel eines Zappelphilipps wie Shia LaBeouf oder der austauschbaren Bikinimiezchen an seiner Seite einigermaßen nivellieren könnten. Allerdings scheint sich jedes Besetzungsmitglied an eine Vertragsklausel zu halten, gemäß derer es so hemmungslos aufzudrehen gilt, dass es in einigen Kinos vielleicht gelingen möge, einfach aus der Leinwand zu hüpfen. John Malkovich scheint zwar offensichtlich nicht wie der Rest der Belegschaft im Solarium eingepennt zu sein, dafür aber hat man ihm kiloweise Bräunungscreme ins Gesicht geschmiert, was sein zwanghaftes Comedy-Acting nicht nur schwer aushaltbar, sondern auch noch unsehnlich macht. Die Coen-Muse Frances McDormand wiederum bemüht sich in ihren wenigen Auftritten, die engärschige Fetischinszenierung ihres Regisseurs mit Ironie aufzulockern, bekommt dafür aber permanent eins auf den Deckel, weil das Drehbuch keine Gelegenheit zu abgestandenem Chauvi-Humor auslässt. Der lustige schwule Koreaner aus "The Hangover", Ken Jeong, verwandelt den Cast dann endgültig in ein Schreckens- kabinett ohnegleichen.
Wirklich und einzig neu ist, dass die Transformers nun alles dreidimensional in Schutt und Asche legen. Das zwingt Michael Bay dankenswerterweise (!), sein Konzept von Action endlich einmal überdenken zu müssen, da 3D eine gewisse Sorgfalt und Ausgewogenheit im Schnitt erfordert. Die (sowieso von der Second Unit inszenierte) Zerstörungswut des Regisseurs wird also nicht wie üblich in schludriger Montage kaschiert, und auch die Spezialeffekte sind detaillierter errechnet – um nicht zu sagen: Sie sind sensationell, brachial und verstörend gut. Leider aber bringen sie allein einen auch nicht durch dieses Infantilitätserzeugnis, das mit nur der Hälfte der Spielzeit vielleicht ja sogar auf eine sehr perverse Art Spaß machen könnte, so mit all dem exponierten Krawall und seinen gigantischen Tricks. Dazu aber müsste die 3D-Brille einen nicht nur vor Doppelbildern, sondern auch flimmernden Helis in Abendsonnen, entsetzlicher Rekrutierungspropaganda und insbesondere der blendenden Doofheit des Films schützen. Aber wahrscheinlich arbeitet James Cameron bereits an einer technischen Lösung des Problems. [/Hirn aus]
25% - erschienen bei: DAS MANIFEST
Beide aber bringen ihre Poperzen für den Bay-Stengel aus gutem Grund in Stellung. Nicht nur, weil die Elite der Megaseller schon aus reinen Prestigegründen auf gegenseitige Tuchfühlung gehen muss, sondern weil Michael Bay längst als royaler Nachfolger der ganz großen Hollywoodgiganten gehandelt wird. Wer so beständig am Box Office abräumt, kann sich auch kreuzüble Machwerke leisten (Cecil B. DeMille ist ja schließlich Filmgeschichte, too), das mag den Reiz am Schandfleck für postmoderne Exegeten sogar noch erhöhen. Da können sich Kritik und Fanschar dann um Kopf und Kragen winden, einen ultranerdigen Internetfight nach dem anderen konstruieren und selbst noch talentlosere Geldsammler aus Wermelskirchen zum Boxduell anstacheln – sie landen ja doch nur in der Bay-Bucht wie kleine Fische, die vom neuen weißen Hai verschlungen werden, vom einträglichsten aller Transformers ([ ] Autobot, [X] Decepticon).
Der nun dritte Roboterfilm nach Hasbro steht zwischen seinen Vorgängern. Er ist schwächer als der immerhin ansatzweise leidlich vergnügliche erste "Transformers", weil man die hässlichen Schrotthaufen nach drei überlangen Überwälti- gungsorgien einfach nicht mehr ertragen kann. Und er ist zugleich besser als der zweite Film, was aber auch wirklich nichts zu sagen hat, denn diese orale, anale und banale Penetration des menschlichen Geistes und systematische Zerstörungsmaschinerie aller Nervenzellen markiert wohl noch für lang den unrühmlichen Tiefstpunkt in Bays ohnehin eher höhenfreiem Schaffen. Die Anhänger des Regisseurs, so muss man es immer wieder in Internetforen, Blogs und anderen Filmplattformen lesen, verteidigen ihren Krawallzulieferer gern als Actiongaranten, Popcornkinogenie (was immer das ist) oder auch Blockbuster-Auteur. Nicht totzukriegen ist da die Phrase vom Unterhaltungsfilm, dem verständnislos eingeforderten Rezeptionsgestus, doch einfach mal ein wenig "sein Hirn abzuschalten". Das Außerkraftsetzen von Denken und Fühlen, so könnte man meinen, sei bedingungslose Voraussetzung für den Genuss eines Michael-Bay-Spektakels.
Untersucht man dessen Filme nach Anhaltspunkten für diese ja doch sehr bizarre, dem Mainstreamkino allerdings auch durchaus zuträgliche Domestizierung, stolpert man tatsächlich über einige Fragen die allgemeine Grundhaltung zum Kino betreffend (Näheres dazu in meiner Dissertation: "Nur ein toter Zuschauer ist ein guter Zuschauer – Die Filme von Michael Bay zwischen Hirneinsammelstelle und Dauer- beschall"). Wenn man "Transformers 3" ohne Gebrauchs- anweisung schaut, also gesundheitlich intakt, fällt schnell auf, dass er wie die beiden Vorgänger gestrickt – oder besser gesagt: nicht gestrickt – ist. Alle drei kennzeichnet ein Verzicht auf Filmdramaturgie, nicht unbedingt im konventionellen Sinn (Gott bewahre), sondern schlicht eine Absage an aufeinander aufbauende oder sich anderweitig bedingende Elemente. Der Film ist frei von Akzenten und sogar Teasing, er ist ein überlanger zweiter Konfrontationsakt (unter zweieinhalb Stunden macht’s der Bay einfach nicht), bei dem von Anfang an die Fetzen fliegen.
Jeder Schauplatz-, Szenen-, Sequenzwechsel wird mit Establishing Shots verkleistert – ganz egal, wie oft sich diese wiederholen – und kein Transformer-Roboter-Ding darf das Bild betreten, ohne sich vorher in ein Auto, Radio und was auch immer verwandelt oder wieder zurückgeformt zu haben. Und alles ist ununterbrochen auf Höhepunkt gebürstet, ganz so als wolle Bay das Publikum partout nicht an die Hand nehmen, es überraschen oder wenigstens für seinen Film motivieren. Diese Dauermonotonie hat offenbar tatsächlich einen Effekt zum Ziel, mit dem der Zuschauer so lange passiviert und teilnahmslos gemacht werden soll, bis er sich dem Giga-Gaga-Theater unweigerlich fügen muss (sofern er nicht vom Geschehen ausgeschlossen werden möchte). Das zu erkennen, ist nicht schwer. Es aber erklären oder gar verstehen zu können, relativ unmöglich. Im konkreten Fall von "Transformers 3" liegt die Vermutung nahe, dass der gesamten Crew vor jedem Drehtag Amphetamine in Überdosis verabreicht wurden. Das würde die planlose, sich auf eine fassungslos machende Art aber selbst gefallende Hysterie aller Beteiligten vor und hinter der Kamera zumindest begreifen lassen.
Zum besonderen Verdienst der "Transformers"-Filme zählt ja die Verpflichtung gestandener Schauspielgrößen, die das unkontrollierte Spiel eines Zappelphilipps wie Shia LaBeouf oder der austauschbaren Bikinimiezchen an seiner Seite einigermaßen nivellieren könnten. Allerdings scheint sich jedes Besetzungsmitglied an eine Vertragsklausel zu halten, gemäß derer es so hemmungslos aufzudrehen gilt, dass es in einigen Kinos vielleicht gelingen möge, einfach aus der Leinwand zu hüpfen. John Malkovich scheint zwar offensichtlich nicht wie der Rest der Belegschaft im Solarium eingepennt zu sein, dafür aber hat man ihm kiloweise Bräunungscreme ins Gesicht geschmiert, was sein zwanghaftes Comedy-Acting nicht nur schwer aushaltbar, sondern auch noch unsehnlich macht. Die Coen-Muse Frances McDormand wiederum bemüht sich in ihren wenigen Auftritten, die engärschige Fetischinszenierung ihres Regisseurs mit Ironie aufzulockern, bekommt dafür aber permanent eins auf den Deckel, weil das Drehbuch keine Gelegenheit zu abgestandenem Chauvi-Humor auslässt. Der lustige schwule Koreaner aus "The Hangover", Ken Jeong, verwandelt den Cast dann endgültig in ein Schreckens- kabinett ohnegleichen.
Wirklich und einzig neu ist, dass die Transformers nun alles dreidimensional in Schutt und Asche legen. Das zwingt Michael Bay dankenswerterweise (!), sein Konzept von Action endlich einmal überdenken zu müssen, da 3D eine gewisse Sorgfalt und Ausgewogenheit im Schnitt erfordert. Die (sowieso von der Second Unit inszenierte) Zerstörungswut des Regisseurs wird also nicht wie üblich in schludriger Montage kaschiert, und auch die Spezialeffekte sind detaillierter errechnet – um nicht zu sagen: Sie sind sensationell, brachial und verstörend gut. Leider aber bringen sie allein einen auch nicht durch dieses Infantilitätserzeugnis, das mit nur der Hälfte der Spielzeit vielleicht ja sogar auf eine sehr perverse Art Spaß machen könnte, so mit all dem exponierten Krawall und seinen gigantischen Tricks. Dazu aber müsste die 3D-Brille einen nicht nur vor Doppelbildern, sondern auch flimmernden Helis in Abendsonnen, entsetzlicher Rekrutierungspropaganda und insbesondere der blendenden Doofheit des Films schützen. Aber wahrscheinlich arbeitet James Cameron bereits an einer technischen Lösung des Problems. [/Hirn aus]
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