Da wird man ganz schön überrollt, wenn die Schwärze der Leinwand sich plötzlich mit der donnernden Ouvertüre von Philip Glass füllt, ehe ruckzuck die Anfangstitel abgespult werden. Es ist wie immer eine reichlich penetrante Musik, die Glass da in bedrohlich-majestätischer Großspurigkeit hinknallt, aber sie ist auch beklemmend schön, elegant, unheimlich und fatalistisch, erinnert an kühle harte Noir-Kompositionen und ist mit Sicherheit das Beste, was ein Woody-Allen-Film musikalisch zu bieten haben dürfte. Damit wäre dann auch schon alles Gute gesagt über "Cassandra’s Dream", Allens neuem und nach "Match Point" und "Scoop" drittem englischen Film, der ein wenig wie die britische Light-Version von Patricia Highsmiths "The Talented Mr. Ripley" wirkt.
Rührend ist's zwar, dass Allen hier zwei Sunny Boys ins Verderben rennen lässt, und hübsch anzusehen ebenso, immerhin geben McGregor und Farrell ein schniekes Brüderpärchen ab, dem man nur alles Beste wünschen kann. Aber der Film interessiert sich nicht die Spur für sie, und so ist es auch egal, ob sie den Coup über die Runden bringen, unbeschadet überstehen und mit reiner Weste aus der Sache herauskommen werden. "Cassandra’s Dream" ist ein ziemlich tristes, unausgegorenes Thriller-Drama, das unbeholfen, staksig und kraftlos von Menschen und Lebensstilen erzählt, zu denen es nicht nur keinen Zugang findet, sondern von denen es auch keine wirkliche Ahnung zu haben scheint. Man könnte den Film als das unenglischste bezeichnen, was englische Schauspieler vor englischen Kulissen so hinbekom- men können, inszeniert von einem ewigen Plappermaul, das mit seinen Arbeiten seit Dekaden nichts Handfestes mehr anzubieten hat.
Und während "Cassandra’s Dream" seine Schuld-Sühne- Geschichte mit bemerkenswerter Langweiligkeit erzählt, schwankt er unentschlossen zwischen Krimi, schwarzer Komödie und der bitteren Abrechnung mit Familienzwängen. Nichts davon gelingt Allen, der aller Altersmilde zum Trotz wie immer verlässlich ist, wenn seine Figuren – die keine sind, sondern Schauspieler – sich aus jeder unfertigen Szene mit zahlreichen Dialogen herausreden dürfen. Nebensache also, dass der Film von Vilmos Zsigmond extravagant photo- graphiert ist (und für diesen schicksalhaften Stoff wesentlich zu extravagant, hell und freundlich), und ab und an seinen hübsch-komplexen Glass-Score mit ins Spiel bringen darf, wenn es doch nur ein weiterer geschwätziger Allen ist, bei dem es um nichts geht. Außer vielleicht dem ultimativen Prinzip der Vorhersehbarkeit: Und da sich hier bereits der Titel geständig zeigt, sollte man mit derlei Laberkino vielleicht auch gnädig sein.