Juni 12, 2008

Kino: YOU KILL ME

Eigentlich soll Frank (Ben Kingsley) für seine polnische Mafiafamilie unter Roman Krzeminski (Philip Baker Hall) im beschaulichen Buffalo regelmäßig Aufträge ausführen – also wohl gemerkt: sich Konkurrenten aus der Schneeräu- mungsbranche entledigen! –, doch statt zur Waffe greift er lieber zur Flasche: Ja, Frank, der Auftragskiller, hat ein schweres Trinkproblem. So schwer, dass seine Familie ihn zu den anonymen Alkoholikern nach San Francisco versetzt. Der Profikiller findet sich unter den verzweifelten Trinkern anfänglich nur schwer zurecht, lediglich der neue Job als Leichenbestatter sorgt für ein wenig Alltagsroutine. Bis Frank die hartnäckige Laurel (Téa Leoni) kennen und lieben lernt.

Abgesehen von der postmodernen "Duel"-Neuauflage
"Joy Ride" ist John Dahl bekanntlich ja leider schon ein wenig länger in die Mittelmäßigkeit abgerutscht, da überrascht seine neueste nette und beschauliche Gangsterkomödie in ihrer gepflegt inspirationslosen Eintönigkeit nun wahrlich nicht. Aber wenn "You Kill Me" mit schwarzhumorigem Eifer da so von Killern und verführerischen Frauen erzählt, dann erinnert man sich unfreiwillig ja doch ein wenig an die aufregenden frühen Filme Dahls, die Noir-Variationen, die guten Thriller mit guten Drehbüchern und guten Schauspielern. Immerhin: Letzteres kann dieser neue kleine Film von Johnny Boy auch für sich behaupten. Ben Kingsley ist komisch, ja wirklich sehr komisch als lakonischer alter Berufsmörder. Nicht so nuanciert zwar wie in "Sexy Beast", aber besser als in "Bloodrayne"

Und wenn schon Kingsley diese etwas bemüht trockene Geschichte schultert, kann gewiss.
"You Kill Me" so schlecht nicht sein. Zugegeben, über die 90 Minuten ist das ein unterhaltsamer, ruhiger Spaß, eine leichte, luftige, lockere Angelegenheit, aber wenn John Dahl vielleicht noch die ein oder andere Überraschung, Wendung, Unvorhersehbarkeit, vielleicht mal einen Drehbucheinfall hier und eine hübsche Regienote da beigesteuert hätte, dann wäre daraus vielleicht eine ähnlich spritzige Thrillergroteske gereift wie jüngst Martin McDonaghs "In Bruges" – und nicht nur eine harmlose, aber austauschbare Mixtour aus "The Sopranos" und "Six Feet Under".


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- erschienen bei: DAS MANIFEST