Mag sein, dass meine persönliche Abneigung gegenüber bestimmten Drehbuchmechaniken, zum Beispiel den unsäglichen Missbrauch historischer Erzählungen für gegenwartsschlaue Kommentare und Woke-Dialoge, es mir von vornherein unmöglich macht, Filme wie Can You Ever Forgive Me? nicht unerträglich zu finden. Gewundert hat mich dennoch, dass keine Kritik, jedenfalls keine, die ich las, ein Problem zu haben schien mit Richard E. Grants übertrieben effeminierter Performance einer Figur, die keine über ihr Schwulsein hinausweisenden Eigenschaften besitzt, und so etwas, im Gegenteil, sogar für preiswürdig erachtet wird. Zumal der Film auffällig flach gedreht ist (ähnlich wie Marielle Hellers Vorgänger, der seinerseits recht dümmliche Diary of a Teenage Girl) und keinerlei Gespür für Lee Israels literarische (Aneignungs-)Qualitäten sowie jene offenbar sehr überzeugend gestalteten Fälschungen vermittelt, die sie zur resignierten Heldin der Geschichte machen.
Can You Ever Forgive Me? startete in den deutschen Kinos am selben Tag wie Boy Erased und etwa einen Monat nach The Favorite, zwei ebenfalls von nicht-heteronormativem Begehren erzählenden Filmen. Misslungen sind sie auf insgesamt sehr unterschiedliche Weise, wobei sie allesamt zur figuralen Vereinfachung neigen (Queerness als plot device: der heimlich schwule Konversionstherapeut, die lesbischen Intrigen von Machtfrauen). Im Oscar-Kontext 2019, der noch Green Book und Bohemian Rhapsody mit einschließt, kommen dann Revision und Verschämtheit hinzu, besonders grotesk beim Queen-Biopic, das Homosexualität als Exzess mit anschließender AIDS-Diagnose zeigt, die Freddie Mercury in einem sakral anmutenden Krankenhaus erhält, durch dessen dunkle Gänge er schleichen muss, vorbei an sichtbar von der Krankheit ausgemergelten Patienten. LGBT-Kino, oder auf welche Formel auch immer man diese Filme bringen möchte, war schon mal deutlich weiter.
Februar 25, 2019
Februar 23, 2019
Oscars 2019 - Was sich an der Verleihung ändern muss
Obwohl die umstrittenste Änderung verworfen wurde, drohen Zeitdruck und Zuschauerhörigkeit der Oscarverleihung 2019 den Garaus zu machen. Kontinuierlich eliminiert der wichtigste US-Filmpreis seine Stärken.
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Februar 20, 2019
Die irrelevante Qualität des Films
Filmkritik kann nicht objektiv sein, sondern nur die Vielfalt ihrer Perspektiven nutzbar machen. Wenn es jedoch um handwerkliche Fragen geht, werden auch cinephile Diskussionen von Qualitätsbegriffen bestimmt, die Allgemeingültiges im Diffusen suchen.
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Februar 14, 2019
Podcast: THE WALKING DEAD 9.1
Nach Jahren virtueller Seitenhiebe haben Sascha Brittner und ich unsere The Walking Dead betreffende Fehde produktiv gemacht und sprechen in der Neuauflage des PewCast über den bisherigen Verlauf der Serie sowie die erste Hälfte der aktuellen 9. Staffel. Zu hören auf PewPewPew oder direkt bei Soundcloud.
Februar 13, 2019
Zuletzt gesehen: SENSE AND SENSIBILITY (1995)
Jane Austen als konfuzianisches Sittenbild. Im englischen Landadel des 19. Jahrhunderts spielt dieser Film, er zeigt eine Welt der falschen Gefühle, der absurden Knickse, tristen Entschuldungsgesten, und hinter jeder zwischenmenschlichen Regung haust irgendein pragmatischer Gedanke, der Figuren zwischen Aufbruch und Selbstverleugnung, Begehren und Pflichtbewusstsein beschwert. Daraus hat Ang Lee, was keine leichte Aufgabe ist, einen ungekünstelten Film gedreht, evokativ und doch zurückhaltend, im Verzicht auf Ausagierungszwänge, denen so viele andere Filmemacher verfallen. Es ist seine respektvolle Distanz, die überhaupt erst Nähe zu den Figuren ermöglicht, mit räumlichen Anordnungen, die jenen "Sicherheitsabstand zwischen den Menschen" betonen, "den die gute Erziehung einzuhalten gebietet" (Fabienne Liptay). Für besonders herzzerreißende Momente sorgt Alan Rickman. Niemand hat den früh verstorbenen Schauspieler und dessen sonore Stimme zärtlicher in Szene gesetzt als Ang Lee.
Februar 02, 2019
Zuletzt gesehen: HOLLYWOOD STORY (1951)
In Hollywood spielende Kriminalgeschichten gehören zu meinen liebsten Cinefetischen, von Sunset Boulevard bis Scream 3 würde ich so ziemlich jeden mit der US-amerikanischen Filmproduktion verknüpften Totschlagsplot anderen Murder Mysteries vorziehen. Zum einen, weil sich da ein Mythos hinter dem Mythos versteckt, die Traumfabrik als Schlangengrube, in der buchstäblich über Leichen gegangen wird, ein Hollywood Babylon im Kenneth Angerschen und somit überhöhten Sinne, aber auch das Ökonomische und Vertrackte deutlich wird, ein Studiosystem nämlich, öffentlichkeitswirksam und doch gänzlich abgezirkelt, dessen Produktivität selbst noch Verbrechen zu kaschieren im Stande gewesen wäre. Doppelter Budenzauber quasi, von dem ein Film wie Hollywood Story profitiert, obwohl er sich, denn gedreht hat ihn der unermüdlich fürs Kino begeisterte William Castle, nicht die Schlangengrube selbst vornimmt (das hat er Billy Wilder und später Robert Altman überlassen), sondern den Mord eines Stummfilmregisseurs sogar über Mittel der Filmproduktion zur Aufklärung bringt, inklusive finaler Täterhatz durch Requisiten. Gimmick-Maestro Castle, das vergessen heute viele, war ein effizienter Studiohandwerker. Und seine markante Zweckmäßigkeit steckt hier bereits im anfänglichen Voice-Over: "A deserted motion picture studio, a shot, and a corpse – the year: 1929".
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