Oktober 13, 2011

Kino: ABDUCTION

Längst überfällig war sie, die erste Hauptrolle des "Twilight"- Schnuckelchens Taylor Lautner (Team Jacob). Immerhin haben sich seine dortigen Co-Stars außerhalb des Mormonen-Franchises schon mehrfach angestellt, auch im allgemeinen Kinogeschehen mitmischen zu können – Robert Pattinsons Liebesdrama mit den Elefanten lief allerdings unter Erwartung, Kristen Stewarts Nicht-Bella-Filme wollte dann sogar gleich niemand schauen. Fraglich gewiss, ob es Lautner mit seinem maßgeschneiderten Leading-Man-Debüt anders ergehen wird.

"Atemlos – Gefährliche Wahrheit" (so übersetzt man also "Abduction", zu Deutsch: Menschenraub) ist komplett auf den 19-jährigen "Hottie" (O-Ton Presseheft) zugeschnittene Teenie-Action als Lightversion der Bourne-Abenteuer, für schmachtende Fangirls gleichermaßen konzipiert wie für Genre-Softies. Ein hauchdünner Ein-Satz-Plot aus belanglosem McGuffin und banaler Identitätssuche sowie willkürliche Actionszenchen klammern eine im Wesentlichen um Lautners Gesichtsbabyspeck und fleißig antrainierten Sixpack heruminszenierte Körpershow für Pubertierende.

Das ist immerhin aufrichtig, aber noch lange nicht gut. Man kann ein Zielpublikum auch bedienen, ohne gleich auf dessen Schößchen springen und kräftig rumrattern zu müssen. Schon in den ersten Minuten gerät der Film über sich selbst ins Sabbern. Lautner soll offenbar geradewegs seinen Mann stehen (sind die Schwulengerüchte etwa auch zu den Produzenten vorgedrungen?), und deshalb müssen zunächst einmal seine Fähigkeiten exponiert werden. Er setzt sich auf die Motorhaube eines mit Vollgas über die Landstraße düsenden Autos, suhlt sich mit Klassenrivalen im Schlamm oder brummt mit dem Motorbike über den Schulhof. Hot!

Daheim gibt’s noch Nachhilfe im Kickboxen vom Papa (Jason Isaacs, auch bekannt als Lucius Malfoy), und auch Mama Hottie (Maria Bello, die Ärmste) kann ihrem permanent oberkörperfrei oder wahlweise auch lediglich in Unterbüchsen herumlaufenden Sohnemann da nur noch zärtlich über den Kopf wuscheln: Hach, "My boys!". In der ersten halben Stunde von "Abduction" ist die Kamera praktisch festgeklebt an Lautners sexy Akrobatik, es kann gar nicht genug Close-ups geben vom Unterlippen kauenden Sonnyboy und seinen athletischen Geschicken (die natürlich nichtsdestotrotz recht beschränkt bleiben).

Nach der großzügig einfältigen Leistungsdemo beginnt der Film dann kurzzeitig Spaß zu machen. Lautner entdeckt auf einer Website für vermisste Kinder ein Foto von sich, im nächsten Moment bereits sind ihm sowohl CIA (in Form von Alfred Molina) als auch dubiose Profikiller (allen voran Michael Nyqvist, bekannt aus der Millennium-Trilogie) auf den Fersen. Mama und Papa Hottie entpuppen sich als Pflegeeltern und werden sogleich eliminiert, einzig seine Schulflamme (kennt man nicht) und eine zuvor in seinem Leben als Therapeutin getarnte CIA-Mitarbeiterin (Sigourney Weaver!) stehen dem plötzlich identitätslosen Teenie bei.

Kurzzeitig Spaß also deshalb, weil hier gleich eine ganze Garde gern gesehener Filmlieblinge zusammenkommt, die den vorhersehbaren Brei zumindest zeitweilig anschaubar macht. Selbst noch in die zweite oder sogar dritte Reihe verdrängt, muss man für Molina oder Weaver dankbar sein, die ja nicht zuletzt eben wegen weitgehend talentfreier Jungsternchen wie Lautner und dem allgemeinen Jugendwahn Hollywoods im US-Mainstream kaum mehr eine (Haupt-)Rolle spielen dürfen. Dass die Größen hier konsequent verheizt werden, ist natürlich klar, ihre Anwesenheit möchte man dennoch nicht missen.

Hinter dieser Besetzung steckt ja auch selbstredend konzeptionelles Geschick: Durch Lautners Muckis und Teenie-Face dringt zu keiner Sekunde auch nur ein Hauch von schauspielerischer Fähigkeit, und nicht einmal für halbwegs originelle Actionszenen hat es im 35-Millionen-Dollar-Budget gereicht. Da kann auch ein mehr oder weniger routinierter Auftragsfilmer wie John Singleton ("2 Fast 2 Furious") nichts ausrichten, außer sich den Gesetzmäßigkeiten des One-Star-Vehikels zu beugen: möglichst viel Gutes daneben stellen, damit das Schlechte im Mittelpunkt vielleicht auch irgendwie ein bisschen gut sein möge.


30% - (komplette Version) erschienen bei: gamona