Oktober 29, 2011

PornFilmFestival 2011: DIE JUNGS VOM BAHNHOF ZOO [aka. STRICHER aka. RENT BOYS]

Rosa von Praunheim, einst Regisseur zahlreichen schwulen Ulks, Mediendiva über Gebühr und öffentlicher Outing-Nötiger, gehört ja nun schon seit einiger Zeit zu den interessantesten Dokumentarfilmern Deutschlands. Seine Milieustudien und teils auch hochpersönlichen Arbeiten laufen längst nicht mehr nur pflichtschuldig, sondern wegen ihrer großen Sorgfalt in der Erstellung von Einblicken in Subkulturen, Szenenischen und Zwischenräume des Alltags auf sämtlichen hiesigen Festivals. "Die Jungs vom Bahnhof Zoo", co-produziert vom NDR und rbb, schildert die Entwicklung von Strichern und Callboys in Berlin seit dem Fall der Mauer. Fünf von ihnen begleitet Praunheim, lauscht ihren unterschiedlichen Geschichten und lässt außerdem Freier, Barkeeper und Sozialarbeiter zu Wort kommen. Mit größter Zurückhaltung und fast teilnahmslos dokumentiert der Film Schicksale – selten fragt Praunheim in den Gesprächen nach, nie bohrt er in der Vergangenheit seiner Protagonisten. Gewohnt souverän gelingt es ihm damit, durch Zusammenführung und Montage mehr über die von ihm interviewten Menschen zu zeigen, als diese in den Gesprächen artikulieren wollen und vielleicht auch können. Dank der besonderen Unterschiedlichkeit aller Protagonisten in ihren Lebenswegen, Motivationen und Schlussfolgerungen entwirft der Film ein vielfältiges und komplexes Bild über ein Thema, das anderswo nach wie vor von viel zu vielen Klischees bestimmt wird.


70%