Februar 09, 2009

BERLINALE 2009 - Somebody Told Me

High Life (CDN, 2008)

Vier heruntergekommene Morphium-Junkies schmieden den ältesten aller Pläne, um sich den ältesten aller Wünsche zu erfüllen: Um an viel Geld zu kommen, muss man viel Geld stehlen. Am Besten aus einer Bank. Die Idee dazu ist gar nicht mal schlecht, es geht ein wenig um den Trickreichtum der noch jungen EC-Automaten, weshalb Gary Yates seine Slacker-Komödie wohl auch in den frühen 80ern verortet. Natürlich geht alles schief, sehr zur Freude des Publikums.

Auf einer mit schwermütigem globalen Problemstoff ange- reicherten Berlinale ist "High Life", besonders im Panorama, unentbehrliches Unterhaltungsfutter für zwischendurch. Der Film ist kurzweilig, charmant und frei von jedweder Originalität. Tarantino stand Pate, Guy Ritchie und Edgar Wright auch. Macht hingegen alles nix, die kanadische Indie-Produktion hat vier ziemlich urige Hauptdarsteller auf ihrer Seite – selbst der für gewöhnlich ein wenig beschränkte Timothy Olyphant gefällt als trotteliger Aushilfsgangster.


65%

The Reader (Der Vorleser) (USA/D, 2008)

Auf der Pressekonferenz sprach Regisseur Stephen Daldry davon, dass das ja ein kontroverser Stoff sei, weil er nicht den Holocaust, sondern die Nachkriegszeit in Deutschland und den Umgang mit den Naziverbrechen thematisiere. Doch das ist falsch. Und es erstaunt, dass Daldry den bedenklichen Stoff nicht entspannt, sondern noch problematischer inszeniert: Kate Winslet spielt die KZ-Aufseherin so geduckt und so zerbrechlich, wie man sich die Figur im kühl und distanziert verfassten Roman niemals zu erträumen gewagt hätte. So als Häufchen Elend, unter Schichten von Alters-Make-Up, wird die Scham gewiss über die Schuld siegen. Fein gemacht.

Der mit dramaturgischen Hauruck-Methoden entwickelte Film bebildert Schlinks Vorlage sonst sehr brav und garantiert ohne Subtilität. Da rascheln die Seiten und kleistert der Score, es ist ein Regie-Armutszeugnis und überhaupt eine ganz bittere Angelegenheit: "The Reader" verdrängt in schicker Aus- stattungsästhetik, die sogar vor stilisierten KZ-Bildern nicht halt macht, eine wirkliche Auseinandersetzung mit Schuld – und wäscht stattdessen das Gewissen eines Publikums rein, ganz so wie die grauenhafte Vorlage.


25%