Nun, bei allem, was der Disney-Erfolg auch nach seinem Sprung vom Fernsehen, wo noch die ersten beiden Teile aufgeführt wurden, auf die große Kinoleinwand an keimfreien Jungstars, aufgeblasenen Teenienöten und Klischee- Konfliktchen auffährt – es ist noch immer ein herrlich vergnügliches Gute-Laune-Happening. Denn glücklicherweise wurden nicht nur die mittlerweile millionenschweren Teen-Idole und deren brav-niedliche Film-Images, sondern auch der gesamte queere Input der ersten beiden "High School Musical"-Filme konvertiert: Die überdramatischen Solo- Musical-Nummern, die pinkbunten Kostüme, die einfallsreichen Tanzeinlagen – sie sind fast durchweg zweideutig, mindestens aber urkomisch widersprüchlich zu den Schul-Settings von Basketballhallen und Cafeterias, zu den harmlos-unschuldigen Liebeleien der beiden Hauptdarsteller und ganz besonders zu der von Disney doch so sorgfältig entworfenen asexuellen Welt hübscher Teen-Retorten-Stars.
Anders als die beiden weiteren Disney-Franchises, die dem Konzern Milliarden in die Kassen spülen, nämlich "Hannah Montana" mit der 16jährigen Kaugummi-Rocksängerin Miley Cyrus und deren per Cross-Promotion etabliertes Äquivalent The Jonas Brothers, behält sich "High School Musical" manch versteckt schlüpfriges nicht vor. Immerhin folgt das neue Disney-Teen-Ideal, im Kern freilich zutiefst reaktionär, strengen Regeln: Miley Cyrus muss eine pädagogische und moralische Vorbildfunktion mit all ihren Serien, Kinofilmen und CDs erfüllen, die Jonas Brothers – drei sanft in ihre Gitarren hauende Pastorensöhne – gar propagieren ganz gezielt christliche Werte, tragen Enthaltsamkeitsringe, die ihre Keuschheit bis zur Ehe symbolisieren, und reagieren während ihres Deutschlandbesuchs bei TV Total auf ein "Shit" Stefan Raabs schon mal mit sichtlicher Sprachlosigkeit.
Zwar traut es sich auch "High School Musical" nicht, beispielsweise die in allen drei Filmen von Lucas Grabeel mit weibischer Hysterie gespielte Figur des zunächst intriganten und später zum Schulchoreographen gemauserten It-Boys Ryan für schwul zu erklären, aber wird zumindest nicht versucht, ihm noch eine Freundin an die Seite zu dichten, und in der Bühnenversion der Filme schließlich auch gar kein Geheimnis mehr daraus gemacht. Die fast aseptisch- normative und gleichgeschaltete Welt, in der die "High School Musical"-Teile angesiedelt scheinen, wird von Regisseur Kenny Ortega immerhin mit dezent absonderlichen, mindestens jedoch nicht gänzlich angepassten Inhalten ausgefüllt. Vielleicht nämlich werden die an und für sich merklich albernen Problemchen all der reinlichen Jugendlichen im Film und deren forcierte, simpel lösbare Konflikte auch nur durch so viel Tanz- und Sangeslust in plüschig-theatralischer Ausstattung ermöglicht. Nicht umsonst behandeln alle drei Filme die Arbeit an einem Schulmusical, das als doppelter, also inhaltlicher und filmischer Höhepunkt fungiert: Innerhalb eines unbe- schwerten, verspielten und letztlich eben sehr queer tradierten Rahmens darf Märchenideal gespielt werden.
Am Ende erscheint es deshalb konsequent und verständlich, wenn die jungen "High School Musical"-Sternchen dann aus der Filmhandlung heraustreten und sich auf einer Bühne vor ihrem (nunmehr) Kinopublikum verneigen, ehe der rote Vorhang fällt. Nein, so ganz ernst kann er sich doch eigentlich nicht nehmen, der mal unfreiwillig komische, mal verkitscht niedliche Spaß. Auch wenn Ortega, immerhin einstiger Zögling von Gene Kelly, trotz des Riesenerfolges der Serie sich selbst in dritter Folge mit einem verhältnismäßig bescheidenen Budget herumschlagen muss, der Produktionsaufwand also leider nicht ganz so gestiegen ist wie erhofft, so steckt in diesen bunten Teenie-Träumereien viel Liebe und Hingabe zum klassischen Filmmusical. Und wenn das weltweit frühpubertäre Mädchen und Jungen begeistern kann – umso besser.