August 11, 2008

Kino: STAR WARS: THE CLONE WARS

Es gibt immer noch mehr zu erzählen: Nachdem die "Star Wars"-Saga mit den Prequel-Episoden I bis III nun eigentlich vollendet, die Geschichte um den jungen Anakin Skywalker und seinem Übergang zur Dunklen Seite der Macht zum Abschluss gebracht und überhaupt die große intergalaktische Science-Fiction-Metapher vom Aufstieg und Fall eines Imperiums komplettiert schien, kehrt George Lucas nun noch einmal zurück aufs Schlachtfeld: "The Clone Wars", der computeranimierte Kino- und gleichzeitig Serienpilotfilm, ist der Rückblick in den Rückblick, irgendwo zwischen "Attack of the Clones" und "The Revenge of the Sith".

Inmitten der sagenumwobenen Klonkriege – im allerersten "Star Wars"-Film, also nunmehr Episode IV, verweisen Obi-Wan Kenobi und Prinzessin Leia auf deren Bedeutung für die Galaxis – kämpfen die tapferen Jedi gegen die zerstörerischen Separatisten um den Erhalt der Republik. Der hinterlistige Count Dooku, geheimes Mitglied einer Unter- grundlegion der Sith, die den Fall der Demokratie mithilfe eines Putsches durch Kanzler Palpatine (aka. Darth Sidious) vorbereitet, hat dafür einen Handlanger in die Schlacht entsandt: Asajj Ventress soll Obi-Wan und Anakin in eine Falle locken, die den Separatisten und ihren Kampfdroiden den entscheidenden Sieg bringen könnte.

Der Plan scheint aufzugehen: Während die Jedi-Ritter und ihre Klonkrieger in der Schlacht Teilerfolge erzielen, haben Anakin und seine Padawan-Schülerin Ahsoka Tano den Auftrag erteilt bekommen, das von den Separatisten entführte Baby Jabba the Hutts unversehrt zurück nach Tatooine zurückzubringen, damit sich die Vertreter des Senats mit den Hutten verbünden können. Dort allerdings basteln Dooku und seine Handlanger an einer Verschwörung, damit Jabba die eigentlichen Retter seines Sprösslings fälschlicherweise zur Verantwortung zieht – und sich der Dunklen Seite anschließt.

Adieu, Fanfarenklang

Das erste Befremden stellt sich schon vor Filmbeginn ein: Anstelle der obligatorischen Fox-Fanfare, die bekanntlich ein grün leuchtendes Lucasfilm-Logo und damit die ersten Gänse- hautgefühle des gepflegten "Star Wars"-Nerds einläutet, erscheint auf der Leinwand das gelbe Warner-Symbol. Und dann heißt es zwar, dass wir uns irgendwo in einer weit, weit entfernten Galaxis befinden würden, aber der Schrifttext – sozusagen das letzte wirkliche Artefakt des Lucas- Universums, die einzige echte Konstanz, das absolute Verbindungsglied – wird dem geneigten Zuschauer auch noch vorenthalten. Man ist verwirrt, verärgert, verunsichert. "The Clone Wars", das kann doch schon eigentlich nichts mehr werden.

Immerhin: Der Fließtext wird durch visuelles Erzählen ersetzt, eine fixe Montage gibt Aufschluss über den zeitlichen und räumlichen Rahmen, und schnell sind auch die Lichtschwerter gezückt. Der Titel ist dabei Programm, was man sich in den Kinofilmen noch zusammenreimen musste und in Episode II und III nur eine untergeordnete Rolle spielte, das wird jetzt in aller Ausführlichkeit in Anlehnung an japanische Vorbilder zurechtanimiert: Die alles entscheidenden Klonkriege, so sollen sie sich also abgespielt haben.

Alles nur geklont

Nun waren jedoch die Realfilme schon nicht arm an Schlachten, insbesondere die letzte Episode der neuen Trilogie, die den großen Verlust der Jedi und folgenschweren Sieg der Sith dramatisch bebilderte, funktionierte eigentlich wie eine zweistündige Weltraumoper voller Kämpfe, die gerade durch ihr Aussparen der Klonkriegsdetails noch ausreichend Raum für die charakterliche Entwicklung ihrer Helden und nostalgische Zwischentöne fand – und damit zu jenem „Star Wars“-Gefühl zurückfand, das ein Großteil des Publikums in den neuerlichen Episoden bis dato vermisst hat.

Insofern waren die ausgesparten "Clone Wars" mit ihrer passiven, mythisch überhöhten Rolle bestens bedient. Denn das seelen- und lieblose CGI-Getümmel, das dieser Nachschub hier auffährt, ist ebenso unnötig wie einschläfernd: War die gleichnamige TV-Zeichentrickserie von 2003 zumindest als Appetizer auf Episode III sinnvoll, indem sie die Geschichte weitererzählte, wichtige Ereignisse vorbereitete und Fragen aufwarf, die "The Revenge of the Sith" dann beantworten sollte, so ist der zeitlich ähnlich angesetzte computer- animierte Kinofilm nun dahingehend funktionslos. Episode III ist vorüber, die Geschichte erzählt, der Deckel zu.

Eine Frage: Warum?

Somit gelingt es der 3D-Version von "The Clone Wars" anders als seinem TV-Vorgänger in 2D zumindest inhaltlich nicht, in neue Dimensionen des Mythos’ vorzudringen oder gar Leer- stellen auszufüllen. Aber schlimmer noch, ist dieser Pilotfilm für die in den USA ab Herbst dieses Jahres angekündigte Fernsehserie so uninspiriert und geistlos heruntergekurbelt, dass sich die Magie und Faszination, die "Star Wars" ja selbst in Form seiner x-ten Variation oder Neuauflage noch auszeichnet, nicht eine Sekunde lang einstellen mag.

Daran haben sowohl der scharfkantige, aggressive Stil des Films – die Figuren wirken völlig emotionslos und jeglicher Mimik enthoben animiert –, als auch die grauenvolle Musik von Kevin Kiner ihren Anteil. Das wichtigste Element von "Star Wars", die stilbildende John Williams-Komposition mit ihren zahlreichen Motiven und Verweisen, wird hier auf einen Klangteppich reduziert, der jedes Feingefühl vermissen lässt: Die Kampfszenen werden mit Heavy Metal-Riffs unterlegt (!), die wenigen bekannten Score-Themen für nichts sagende Momente verheizt – und das alles auch noch schlecht produziert und offenbar ohne Orchester eingespielt. Wenn man dann an den Blick in die Doppelsonne aus Episode IV und Williams wundervoll episches Schicksalsmotiv zurückdenkt, offenbart sich erst wirklich, was "The Clone Wars" alles verschenkt – und vor allem so richtig falsch gemacht hat.

Was als sympathischer Zeichentrick im Fernsehen noch seine Berechtigung gehabt haben mag und einst das Warten aufs letzte große "Star Wars"-Kapitel verkürzte, das gerinnt als kantiges Kino-Abenteuer aus dem PC zum verspäteten und sinnfreien Ärgernis. Die austauschbare, nur aus Kämpfen und Krawumm zusammengestückelte Handlung verrät nichts Neues über die Geschichte und ihre Mythologie, an der Lucas doch so lange gefeilt hatte. Ohne wirkliches Gespür für jene kindliche Magie und dramatische Zuspitzung, die den Weltraummärchen erst zum universellen Erfolg bei jung und alt verholfen haben, wird hier ein unsäglich niveauloser, in allen Belangen enttäuschender Einstieg vorbereitet – für eine Serie, auf die man auch gut und gerne hätte verzichten können. "The Clone Wars" ist selbst oder vermutlich gerade für eingefleischte "Star Wars"-Fans eine ziemlich bittere Angelegenheit.


30% - erschienen bei gamona