August 04, 2008

Retro: MEN IN WAR (1957)

"Tag ohne Ende" – der deutsche Verleihtitel ist Programm. Dabei ist es eigentlich kein allzu langer Marsch mehr, den Lieutenant Benson und seine verbliebenen Männer aus dem Bataillon noch durch das feindliche Gebiet der Koreaner absolvieren müssen, ehe sie den US-Stützpunkt erreichen. Doch diese letzten Meilen sind die größte Herausforderung, die schwerste Hürde: Die Landschaft ist trügerisch, sie verändert stetig ihre Form, und der Feind lauert hinter Büschen, auf Bäumen, im Gestrüpp, er schleicht herum, schießt überraschend aus der Ferne oder greift aus einem Hinterhalt an.

Viele Jahre bevor Terrence Malick in "The Thin Red Line" einen bildgewaltigen Widerspruch zwischen der Schönheit einer unberührten Natur und einem gewaltvollen Vordringen überlasteter Soldaten in eben diese aufzeigte, verfolgte bereits Genrefilmer Anthony Mann in diesem Kriegsfilm einen ähnlichen Ansatz. Er kennzeichnet die Landschaft, die seine Soldaten umgibt, als Botin einer unberechenbaren und auch unbezwingbaren Naturgewalt, die sich dem Muster der Zerstörung nicht fügen mag. Indem Mann die Natur hier als feste Größe, als eigenen Charakter etabliert, der die Funktion eines set pieces, eines Handlungshintergrundes übersteigt, markiert er eine eindrucksvolle, absurde Dissonanz zwischen kriegerischer Eroberung und eindringlicher Klaustrophobie: Wie zusammengepferchte Tiere kriechen die Soldaten über staubige Landstraßen, karge Wiesen oder trockenes Gestein, in der Angst vor einem allgegenwärtigen Feind, der sich die trügerische Natur zu Eigen gemacht hat. Der Krieg in "Men in War" ist das Gegenteil von Raumbezwingung.

Dabei ist das gar kein richtiger Krieg, den Mann hier zeigt. Es ist mehr der Epilog eines Krieges. Der Film beginnt unvermittelt im Geschehen. Diese Soldaten hier sind schon am Ende ihrer Kräfte, entsprechend zermürbt, dreckig und fast unmotiviert erscheinen sie, und indem Mann nur das letzte Bisschen ihrer Route zum Ausgang seiner Erzählung macht, definiert er von Anfang an einen grundpessimistischen, aussichtlosen Ton. "Men in War" funktioniert über weite Strecken wie ein Thriller mit Kriegsfilmkontext, er vereint Horrorelemente mit Westerneinflüssen und wirkt mit seinem reduzierten Spielraum, seinem auf die räumliche Unbe- rechenbarkeit des Feindes gesetzten Suspense-Fokus überhaupt ein wenig wie die frühe Version von John Boormans "Deliverance" oder Walter Hills "Southern Comfort". "Tell me the story of the foot soldier and I will tell you the story of all wars.", heißt es da zu Beginn: Das ist Manns bemerkenswert regressiver Ansatz.

Dass der Regisseur auf jegliches Heldenpathos, auf jedwede Klischees standhafter Soldaten jenseits der Heimatfront, auf jede Rechtfertigung seines sinnentleerten Settings aus Tod und Verderben verzichtet, ist dabei einerseits der erdrücken- den Schwere seines Films dienlich, sichert "Men in War" aber vor allem eine Außenseiterposition in jenem Genre, das seit jeher den gewaltigen Widerspruch zu verhandeln hat, Krieg zu zeigen und Krieg zu verurteilen – also ein Spektakel zu bedienen, das es eigentlich zu vermeiden gilt.


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