Das Projekt wurde von einer bis dato beispiellosen Medienkampagne begleitet und mithilfe eines ausgeklügelten Marketingkonzepts von Beginn der Produktion an im Bewusstsein der Öffentlichkeit installiert. Ein schon vorzeitig lanciertes Teaser-Plakat bildete lediglich das Batman-Logo ab, ohne den eigentlichen Titel oder andere Filmdetails zu präsentieren, und unzählige Merchandising-Produkte gingen vorab in den Verkauf. Der Trailer wurde auf kopierten Videokassetten umhergetauscht und gezielt vor andere Kinofilme platziert, während Fernseh- und Zeitungsberichte unaufhörlich für die kostenintensive und gewaltige Produktion warben. Nicht zuletzt die Verpflichtung von Jack Nicholson für die Rolle des Batman-Antagonisten Joker erschien als wahrer Casting-Coup, hatte dieser sich doch viele Jahre gegen die kommerzielle Ausbeutung des Kinos mit zahlreichen abgewiesenen Angeboten zur Wehr gesetzt, nun aber hingegen sogar Gewinnbeteiligungen ausgehandelt (die ihm später schätzungsweise 60 Millionen US-Dollar einbrachten). Ebenso folgerichtig wie dennoch kurios erschien in der Vermarktung Nicholsons Name noch vor dem des Batman-Darstellers Michael Keaton, sogar selbst in der Titelsequenz des Films, die den Warencharakter mit einer aufwendig gestalteten Etablierung des Titellogos noch selbstbewusst ausstellt. Der somit besonders in den USA entfachte Batman-Hype garantierte dem Film schon weit vor Kinostart die nötige Aufmerksamkeit, sodass sein Einspiel kaum noch zu überraschen vermochte. Mit Rekordeinnahmen von weltweit über 400 Millionen Dollar allein an den Kinokassen erwies sich "Batman" als einer der erfolgreichsten Filme aller Zeiten und erfüllte alle Erwartungen des Studioriesen.
Insofern spricht es wohl für die bereits ausgeprägte Handschrift des Regisseurs, dass "Batman" trotz seiner chaotischen Produktionsverhältnisse größtenteils deutlich als Tim Burton-Film zu erkennen ist. Der Dark Knight erinnert stark an die Outcast-Figurenentwürfe der vorherigen Burton-Arbeiten und erscheint mehr als einsamer schizoider Rächer, denn strahlender Superheld. Ausgehend von der Neuinterpretation des Comicmythos’ durch Frank Miller und Alan Moore Mitte der 80er Jahre, in der sich die Abkehr ehemals propagandistischer und später forcierter Camp- Elemente in Form einer Umjustierung Batmans widerspiegelte, der nunmehr als deutlich gealterter Held nicht länger Hab und Gut der Privateigentümer verteidigte, sondern innerhalb eines neuen sozialen Realismus gegen die Korruption des Establishments zu Felde zog, betont der Film – den Erwartungen des Mainstreams an einen Titelhelden zuwiderlaufend – die Dualität der Figur, das Widersprüchliche, das sich aus der Flucht hinter die Maske ergibt. Als Mitternachtsdetektiv Gotham Citys bekämpft Bruce Wayne Verbrecher und Freaks, obwohl er selbst nur eine Kreatur und sogar das Produkt seines Gegners ist: Anders als in der Comic-Vorlage erschaffen sich Batman und der Joker gegenseitig. Zwar gelingt es Burton nicht, dieses Motiv durchzuhalten, weil der Film immer wieder in narrative Nebensächlichkeiten zu zerfallen droht, die Fortsetzung "Batman Returns" jedoch wird sich fast ausschließlich mit der Frage nach der Wechselbeziehung von Gut und Böse beschäftigen und die Genreelemente ebenso hinten anstellen wie die Logik eines stringenten Plots.
Großstadt-Moloch: Tim Burtons Gotham City
Ebenso wie das Design des Films bildet hingegen auch die Musik einen eigenständigen Charakter. Die dritte gemeinsame Zusammenarbeit zwischen Burton und Danny Elfman nach "Pee-wee's Big Adventure" und "Beetlejuice" brachte dem ehemaligen Rockmusiker und Mitglied der populären Band Oingo Boingo den Durchbruch als Filmkomponist. Sein Konzept für das Scoring zu "Batman" unterstreicht ähnlich wie auch die Arbeit der Ausstatter und Kostümbildner die angestrebte Zeitlosigkeit des Films (sofern die Prince-Songs mit ihrem 80’s-Flair diesen Ansatz nicht zunichte machen würden), indem er sich stilistisch bei klassischen sinfonischen Filmmusiken von Max Steiner oder Erich Wolfgang Korngold, aber auch John Williams und seinem wohl prägnantesten Vorbild, Federico Fellinis langjährigem Stammkomponisten Nino Rota, bedient. Der konstante Bezug auf letzteren – "Pee-wee's Big Adventure" erschien bereits wie eine einzige große Rota-Hommage – erlaubt auch Rückschlüsse auf die Ähnlichkeiten der Beziehungen zwischen Elfman/Burton und Rota/Fellini, die eine intensive Arbeitsbeziehung über zahlreiche Filme hinweg pflegten und sich als eigenständige, aber identisch denkende Autoren ergänzten. Schließlich haben die Filme von Fellini, in ihrer bedingungslosen Hingabe zu Außenseiterfiguren in Verbindung mit surrealen Bilderwelten, einen offenkundigen Einfluss auf den Regisseur Burton, der diese künstlerische Verbundenheit mehrfach durch filmische Zitate bestätigt hat, etwa in "Big Fish" oder "Sweeney Todd". Es scheint deshalb nicht von ungefähr, wenn Burtons gesamte Karriere vom Einwand begleitet wird, Geschichten zu stark zu visualisieren, statt sie traditionell zu erzählen.
Literatur:
- Breskin, David (1992): Tim Burton. In: Inner Views. Filmmakers in Conversation, New York: Da Capo Press 1997, S. 321-364
- Merschmann, Helmut (2000): Tim Burton, Berlin: Bertz
- Merschmann, Helmut (2000): Von Fledermäusen und Muskelmännern. Postmoderne im amerikanischen Mainstream-Kino: Arnold Schwarzenegger und Tim Burton, Berlin: Spiess
- Rauscher, Andreas (2000): Die dunkle Seite von Disneyland. Die Filme von Tim Burton. In: Stiglegger, Marcus (Hrsg.): Splitter im Gewebe. Filmemacher zwischen Autorenfilm und Mainstreamkino, Mainz: Bender 2000, S. 264-285