Nachdem der dritte Film von Jonathan Mostow die lange Zeit so heilige Terminator-Kuh vor einigen Jahren schamlos leer gemolken und damit offiziell den Weg für einen kompletten Franchise-Ausverkauf, u.a. in Form einer selten blödsinnigen und schlecht produzierten Fernsehserie, geebnet hat, ist der Stoff nun endgültig freigegeben für die totale Verwurstung durch Studio und Produzenten. Mit Werbe- und Musikclipfilmer McG sitzt für den vierten "Terminator" deshalb jetzt auch folgerichtig ein Mann an den Hebeln, der den einst so faszinierenden Kinomythos ganz erfolgreich zu Grabe trägt.
Vermutlich hätte James Cameron sein Baby nie aus der Hand geben dürfen, oder vielleicht auch er der Versuchung widerstehen sollen, das stilprägende Original zur großen Saga auszudehnen. Andererseits ist "Terminator 2" nicht nur eine beispielhafte Demonstration dessen, wie man ein Sequel gemäß des Prinzips der Wiederholung – und letztlich sind Fortsetzungen per se Wiederkäuer – in jeder Hinsicht maximiert, also als noch größeres Spektakel inszeniert. Sondern auch ein bemerkenswertes Positivbeispiel für die Strategie der Postmoderne: Die Umkehrung, der ironische Bruch, der nicht mehr böswillige Arnie.
Das war zu Beginn der 90er. Heute, möchte man meinen, gibt es keine solch bewussten Beispiele mehr. Das ist kein Klagelied über die Innovationsleere des Kinos, es ist die einfache Feststellung, dass sich im Mainstream und insbesondere im Genrefilm ein ultimativer Stillstand abgezeichnet hat. Das, was da seit Jahren Kasse macht, ist nichts anderes als die Wiederholung des ewig gleichen. Wenn man sich "Terminator: Die Erlösung" anschaut, wundert es einen vermutlich schon gar nicht mehr, dass man diesen Film eigentlich bereits kennt.
Es ist eine einzige große Wiederverwertung von bereits Bekanntem, ein Pool aus Referenzen, Zitaten und Bezügen, nicht nur auf den eigenen Filmmythos (was ja legitim ist), also die Idee Camerons, sondern auch auf "Mad Max", auf "Transformers" oder vielleicht auch die Power Rangers. Die Auswahl ist willkürlich, weil der Film zu keiner Sekunde originär wirkt. Selbst wenn McG, der "3 Engel für Charlie"-Regisseur, diese Geschichte ganz frei von jedweden Vorbildern auf uns Zuschauer losgelassen wissen möchte, so erinnert doch alles an schon Dagewesenes: Bewusst oder unbewusst, konkret oder unbenannt – es ist der Fluch einer unsäglichen Entwicklung, die sich aus Reboots, Remakes, Reimaginations, Relaunches und anderen Synonymen für den großen Ideenverlust speist.
Folgerichtig erschließt dieser neue "Terminator" keinerlei neuen Raum, bedeutet keinen Neuanfang der Serie und ist überhaupt in jeder Beziehung nicht neu. Er spinnt auch Camerons Geschichte nicht weiter, sondern spinnt ganz generell ein wenig. McG bebildert jene postnukleare Zukunft, von der Kyle Reese alias Michael Biehn schon im 1984er-Original mit großem Schrecken berichtet – und die uns Cameron in einigen Zeitsprüngen auch zu vermitteln versuchte. Ein erwachsener John Connor (Christian Bale) kämpft hier also noch immer gegen Skynet, noch immer gegen die Maschinen, und irgendwie auch gegen die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zugleich.
Die innere Logik, die Cameron bereits mit seiner eigenen Fortsetzung überwunden hatte, wird in diesem vierten Film nicht ad absurdum, sondern in ungeahnte Grenzbereiche geführt. Es stellen sich dabei illustre Fragen nach dem "Was wäre wenn"-Prinzip, etwa: Was wäre, wenn Kyle Reese (Anton Yelchin), bekanntlich John Connors Vater, im Laufe der Handlung ums Leben käme – würde sich sein Sohn dann auf der Stelle in Luft auflösen, weil er nie gezeugt worden wäre?
Es spielt natürlich keine Rolle, dass sich der Film mit den genretypischen Zeitparadoxien herumschlagen muss, es wäre nur schön gewesen, wenn er dabei noch etwas zu erzählen gehabt hätte. Stattdessen reiht sich Actioneinlage an Actioneinlage, geht immer, wenn wieder einmal drei (der zugegeben stets bemerkenswert blöden) Dialogsätze abgehakt wurden, das große Rambazamba los. Unter dem lauten Getöse verschwindet dann der ganze Rest, was zumindest im Falle des schnarchigen Ensembles keinen Verlust bedeutet – allen voran Schlaftablette Christian Bale, dessen verbale Set-Ausraster einem nun immerhin nachvollziehbar erscheinen.
Der "Dark Knight"-Star ist in gewisser Hinsicht auch das eigentliche Problem des Films: Das ursprüngliche Script sah für John Connor nur eine Nebenrolle am Schluss vor. Als Bale zu dem Projekt stieß, stellte er aber mal wieder alles ein wenig auf den Kopf: Gedacht war, dass er die Rolle Sam Worthingtons übernehmen würde, stattdessen wollte Bale um jeden Preis Connor spielen und ließ das Drehbuch so lange umschreiben, bis seine Figur genügend zu tun haben und die Geschichte keinen wirklichen Sinn mehr ergeben würde. Diese eitle Praxis übermütiger Schauspieler steht zum Beispiel auch bei Edward Norton auf der Tagesordnung: Und fast immer endet das in einer künstlerischen Katastrophe.
"Terminator: Die Erlösung" stand von Anfang an unter keinem guten Stern: Ein Regisseur, der drei Viertel des Films mit permanenten Nah- und Großaufnahmen herunterinszeniert. Ein Hauptdarsteller, der sich lieber in Angelegenheiten jenseits seines Kompetenzbereiches einmischt, statt seine bedauerlichen Egoprobleme in den Griff zu bekommen. Und ein Franchise, der schon im Vorgänger nur noch als Joke über sich selbst taugte. Es ist ein Trauerspiel frei von jeder Tiefsinnigkeit, das nur noch auf die niedrigen Ansprüche eines zahlungswilligen Popcorn-Publikums hoffen darf.
20% - erschienen bei: gamona