Andrei Tarkovskys letzter Film ist deutlich gekennzeichnet von einer meditativen, das Leben reflektierenden Abschieds- stimmung. Der zur Drehzeit bereits todkranke Regisseur lässt seine Figuren nicht nur ausgiebig philosophische Monologe aufsagen, er entwirft auch ganz konkrete Bilder vom Lebensabend. Die Opferbereitschaft des Menschen zum Dienste eines höhergestellten Zweckes – hier der Verhinderung einer nuklearen Katastrophe – drückt ein weiteres Mal die tiefsinnige Auseinandersetzung Tarkovskys mit dem eigenen Glauben, der eigenen Spiritualität und der allgemeinen Frage nach dem Sinn menschlicher Existenz aus. Die kammerspielartige, bedrückende Atmosphäre in "Opfer", seine dröge, betont kryptische und mit Bedeutung aufge- ladene Erzählweise führt dem Zuschauer rasch vor Augen, Zeuge einer besonders weisen, besonders ambitionierten Aufgabe zu sein, die vollste Konzentration für sich einfordert. In langen Einstellungen und betörenden Bildern entwickelt Tarkovsky zweifellos eine enorme innere Spannung, kann aber nicht den anfänglich großspurigen Behauptungen seiner Inszenierung standhalten: Was sich als mehrdeutige Parabel, als prophetischer, visionärer Appell an menschliche Vernunft anbietet, ist doch nicht mehr als ein simples Bekunden göttlicher Allgegenwart, eine mit platten Symbolen von Lebensbäumen, Wasserbädern und Reinwaschung untermalte Erlöserfantasie, die alle Fragen eines nichtreligiösen Publikums vorschnell abwinkt und sich erhaben in mediokre Bilder flüchtet.