Martin McDonagh macht vieles richtig und nur sehr wenig falsch in seinem Langfilmdebüt, eine überschaubare Gangstergroteske mit herbem Witz, nicht selten zynisch, sehr abgeklärt, lässig, aber ohne aufdringlich zu sein, und liebenswerten Figuren. Letzteres ist freilich eine Grundsatzentscheidung, die bei McDonagh zugunsten des Genremanifests ausfällt, das selbst die bösesten Buben zum Vertreter jedweder Sympathien erklärt: Die beiden Killer soll man schon durchaus dufte finden, was auch gar nicht besonders schwer fällt, denn während der eine damit zu kämpfen hat, ein Kind erschossen zu haben (und wie man lernt darf man alles, aber DAS darf man nicht in diesem Business), kümmert sich der andere fast väterlich um ihn, während er unter dem Druck des gemeinsamen Bosses mit sich ringt, den Freund und Kollegen auftragsgemäß ins Jenseits zu befördern.
"In Bruges" ["Brügge sehen... und sterben?"] erzählt mit sehr englischer Lässigkeit eine Verlierergeschichte, die Gangster- filmklischees meist umgeht und gebrochene, uneitle Killer in die Kulturprovinz befördert, wo sie fast schon meditativ das eigene Dasein reflektieren. McDonagh setzt seinen Spielort Brügge glücklicherweise als eigenständigen Charakter in Szene, der die komischen Dialoge der beiden Hauptdarsteller mitkommentiert, mal als bedrohlicher Raum, mal als bildschönes Städtchen oder meist stinklangweilige Kulisse, die diese Figuren führt und lenkt. "In Bruges" ist somit nicht nur ein Film über zwei desillusionierte Auftragskiller, sondern auch über einen traditionsreichen Ort, der immer wieder stark in das Geschehen eingebunden ist, Verfolgungsjagden und blutige Schießereien inklusive.
Wenn der Film trotz seines ohnehin pointierten Drehbuchs immer wieder die üblichen Zuspitzungen sucht, ganze Figuren und Nebenstränge bastelt, nur um sie in einem Witz aufzulösen, stößt auch McDonagh an die Auflagen, die der Gangsterfilm wohl jedem jungen Regisseur zu stellen scheint. Dabei hat "In Bruges" manch irrwitzigen Zufall in der Handlung, manch nur des kurzen Jokes wegen eingestreuten Einfall wie den als Running Gag platzierten eifersüchtigen Ex-Freund von Rays Brügge-Bekanntschaft oder einem kleinwüchsigen Schauspieler, über den der Film nie müde wird zu witzeln, gar nicht nötig. Vor allem, da es McDonagh überaus galant gelingt, einen ernsthaften Gangsterfilm auf die Beine zu stellen, der ohne ostenative Penetranz auch als Parodie funktioniert. Colin Farrell war vielleicht noch sie so gut wie hier, erschafft und belebt er doch facettenreich eine ganz und gar schrullige Figur, bei der ihm mehr einfällt als das sonstige Runzeln seiner wuscheligen Augenbrauen. Wenn er sich zuletzt ein erbittertes Duell mit Ralph Fiennes in einer sehr augenzwinkernden Rolle liefert, inszeniert McDonagh das nicht nur stilvoll und poetisch, sondern auch mit bewusst selbstreflexivem Witz: Dann wird "In Bruges" schließlich auf seinem eigenen Schauplatz – einem Filmset – sein Ende finden.