Don Siegel, Philip Kaufman und Abel Ferrara haben das bereits alle schon einmal erzählt, der Stoff selbst ist sogar noch weitaus älter als die erste Verfilmung, und so allgemein, universell und unspezifisch, dass er noch zahlreiche andere Variationen vorher und nachher, offiziell und inoffiziell erfuhr. Siegels 1956-Version ist sicher noch immer die eleganteste, die ursprünglichste; ein klassisches Kabinettstückchen in harten Kontrasten, mit wüster Logik und noch wüsteren Schauspielern besetzt. Aber selbst dieser Horror- und/oder Science Fiction-Klassiker muss ohne den smarten, blauäugigen und mit wunderbar britischem Englisch murmelnden Daniel Craig beim Frühstückmachen auskommen. Und ganz sicher ist das weniger Verlust, als es für die vierte Filmfassung des "Body Snatchers"-Stoffes einen Gewinn bedeutet: Denn abgesehen von den wenigen Craig-Auftritten und der hübsch soliden Kidman ist da ein gar scheußlich unbedeutender Film bei rumgekommen.
Dirigiert hat das Szenario der deutsche Oliver Hirschbiegel, der aus Hamburg, Regisseur von "Das Experiment" und "Der Untergang". Die haben Anklang gefunden, einige wichtige und viele unwichtige Preise gewonnen, und letzterer wurde für den Oscar nominiert. Hitler als Karikatur auf Messers Schneide, zwischen Größenwahn und menschelnder Empathie, vorgetragen mit bühnenhaftem Eifer von Bruno Ganz - das hat den Amerikanern gefallen. Hirschbiegels erster Hollywoodstoff ist gemessen am Brimborium um seinen Vorgänger eine eher undankbare Aufgabe, immerhin das Remake eines Remakes eines Remakes eines Remakes. Dass Siegels Original gern als Politparabel auf das zerrüttelte McCarthy-Amerika der 50er-Jahre verstanden wird, hat da vielleicht eine Rolle gespielt. Immerhin könnte ein deutscher profilierter Filmemacher aus dem Stoff nun so etwas wie eine zeitlich beschränkte Update-Metapher für die Politik einer gesellschaftlichen Gleichschaltung in der Bush-Ära basteln, das hätte doch Schmackes.
Hirschbiegel bekommt derartiges nicht hin, das wollte er womöglich auch nicht. Was er wiederum überhaupt im Sinn hatte, verrät der Film zwar auch nicht, es scheint aber immerhin seine bislang beste Arbeit zu sein: "The Invasion" nämlich ist weder so homophob, grotesk und weltfremd wie "Das Experiment", noch so verlogen, redselig und theatralisch wie "Der Untergang", vor allem aber geht ihm erfreulicherweise ein wenig die teutonische Steife verloren. Er ist letztlich lediglich schlecht inszeniert und bemerkenswert langweilig, das nun wenigstens. Es passiert viel und eigentlich doch gar nichts, der Reiz der Geschichte ist mittlerweile ohnehin relativem Unbelangen gewichen und irgendwo dazwischen rennt auch noch eine aufgebrachte Nicole Kidman umher, um ihren dümmlich grinsenden Sohn vor ausgebrannten Hirntoten zu retten.
Da passt nicht eine Szene an die nächste, wird wild von einem Schauplatz zum nächsten geschnitten und kommt zu keinem Zeitpunkt Spannung, Atmosphäre, ja wenigstens ungefähr so ein Gefühl der Bedrohung, der Paranoia, des Unbehagens auf, so wie es selbst noch Ferrara 1994 hinbekommen hatte. Waren die unschlüssigen Erklärungen und die mangelnde innere Logik des Originaldrehbuchs schon einst diskussionswert, so tun sich angesichts der enormen Plotholes in "The Invasion" gänzlich neue Abgründe auf. Teilweise wirkt der Film wie auseinander genommen und später falsch zusammengesetzt, ganze Figuren verschwinden irgendwann sang- und klanglos, andere wiederum tauchen aus dem Nichts auf. Die Inszenierung schwankt zwischen Sci-Fi-Thriller und Familiendrama, entwickelt nie einen eigenen Stil oder lässt irgendeine Handschrift ihres Regisseurs vermuten (womit nicht unterstellt werden soll, dass dieser eine besäße). Mitunter sind die Handlungssprünge so absurd, dass nur noch die Frage nach der Motivation des ganzen den Zuschauer vor hysterischem Gelächter bewahrt.
Bedauerlicherweise kann man Hirschbiegel für das Desaster nicht einmal gänzlich zur Verantwortung ziehen. Seine ursprüngliche Version soll Warners Produzentenabteilung derart in Aufruhr versetzt haben, dass diese erst radikale Änderungen vornahm und schließlich sogar Nachdrehs unter Ausführung von James McTeigue ("V for Vendetta") in Auftrag gab. Das konfuse Finale scheint dabei gänzlich erneuert worden zu sein, hat mit dem Rest des Films allerdings auch nicht mehr viel zu tun. Kidman und Craig verlagern dann ihre bis dato eindrucksvolle Lustlosigkeit hin zu sichtlicher Verärgerung und starker Genervtheit, werden das ganze aber womöglich als primitive Probenarbeit für ihr gleich danach folgendes Abenteuer "The Golden Compass" abgeschrieben haben. So hätte "The Invasion" ja womöglich doch noch etwas halbwegs Nützliches gebracht – denn sicherlich wäre er auch in Hirschbiegels eigentlicher Fassung kein guter, zumindest aber vielleicht halbwegs erträglicher Film geworden.
30% - erscheint bei: Wicked-Vision