September 30, 2006

Retro: THE LADY EVE (1941)

Turbulente Bekanntschaften unter haarsträubenden Umstän- den gibt es in der Screwball-Comedy viele, mindestens so häufig wie die selbstbewusste Frau mit ihrer unscheinbaren Dominanz den Ton angibt. Getreu der Formel ist das in "The Lady Eve", dem dritten Film von Preston Sturges ("Sullivan’s Travels"), zunächst nicht unbedingt anders. Doch der Schein trügt.

„You're certainly a funny girl for anybody to meet who's just been up the Amazon for a year.” -

”Good thing you weren't up there two years.”


Jean Harrington (Barbara Stanwyck) ist eine charmante, aber gerissene Spielbetrügerin, die sich auf einer ihrer routinierten Reisen in den schüchternen, naiven Millionärsserben Charles Pike (Henry Fonda) verguckt. Der von einer Amazonasexpedition zurückkehrende Junggeselle braucht keinen zweiten Blick, um sich in die Falschspielerin zu verlieben, wenn diese schnell mehr in ihm sieht, als ein potentielles Opfer ihrer Gaunerfamilie. Doch als Pike hinter das Geheimnis der verführerischen Schönheit kommt, ist der Lebenstraum schnell zerplatzt – mit der Ankunft am Hafen von New York, nach der Hälfte des Films, ist die Liebesgeschichte schon wieder vorbei.

Selbst bis dahin erzählt Sturges den Film auffallend eigen, fehlen doch sowohl die rasanten Wortgefechte, als auch absurden Situationen, die ähnliche Komödien für gewöhnlich aufweisen. "The Lady Eve" täuscht den Zuschauer bewusst, anstelle der klassischen Genrezutaten setzt Sturges auf urbane Komik, Überraschungen und zahlreiche Stimmungsschwankungen. Mit seinen verwirrenden Wechseln zwischen Ernsthaftigkeit, alberner Unbeschwertheit und zutiefst authentischer Romantik fordert er ganz bewusst eine Form der Irritierung heraus, die wesentlicher Bestandteil seines satirischen Tons ist. Man weiß eben nie gänzlich, was nun wirklich ernst oder wiederum doch nur sarkastisch gemeint ist.

Tatsächlich treibt der Film dieses Spiel mit den Erwartungen auf die Spitze, als er einen gewagten Schritt vollzieht und die Geschichte in der Mitte enden lässt, um sie indirekt ein weiteres Mal zu erzählen. Dieser in seinem dramaturgischen Aufbau frühzeitig beendete Erzählstrang stößt den Zuschauer durchaus ein wenig vor den Kopf, muss aber gleichzeitig auch als brillant ersonnener, wahrlich origineller Einfall gewertet werden. Denn Sturges unterstreicht mit der zweiten Hälfte das eigentliche Sujet seines Films, in dem er viele aufgeworfene Fragen um Schein und Sein selbst beantwortet.

”You see Hopsi, you don't know very much about girls. The best ones aren't as good as you think they are and the bad ones aren't as bad. Not nearly as bad.“


Charles Pike, umwerfend vom jungen Henry Fonda ("Jezebel") verkörpert, erfährt mit der Enthüllung seiner Geliebten nicht nur deren wahre Identität, er verliert ironischerweise seinen Glauben an die Wahrheit selbst, wenn er im zweiten Teil der Geschichte nicht erkennen will, dass es sich bei Eve, der Frau auf dem Ballfest, um Jean handelt. Weil sie sich zu ähnlich sind, kann es sich nicht um ein und dieselbe handeln, das ist die einzig wahre Logik – und trotzdem stolpert Charles von einer Ecke in die nächste, der immer wiederkehrende und ausgiebig gedehnte Slapstick, den Sturges scheinbar stets unpassend einsetzt, der aber zwingend notwendig ist. In dieser zweiten Hälfte bekommt auch das Sinnbild der „falschen“ Schlange eine neue Bedeutung. Die schöne Eve ist getreu der Mythologie als Zeichen der Polarität Auslöser einer Selbsterkenntnis, die den hoffnungslosen Pike letztlich natürlich doch in ihre Arme führt.

Die Wiederholung als Stilmittel hat hier also den Charakter einer zweiten Chance, eines neuen Versuchs nach der Trennung. Bezeichnenderweise schrieb Sturges den Film kurz nach seiner eigenen Scheidung und erzählt die Geschichte trotzdem ohne Rührseligkeit (wie könnte er auch!), auch wenn der Ton spürbar bitter ist. Nur einmal mischt er sich bewusst ins Geschehen: Barbara Stanwyck ("Double Indemnity") schaut in ihren Schminkspiegel und beobachtet den hilflosen Pike, wie er die Avancen seines weiblichen Umfelds nicht begreift, nimmt also letztlich die Position und Sicht des kommentierenden Regisseurs ein.

"The Lady Eve"
ist eine mutige, weil ganz und gar unkonventionelle "Comedy of Remarriage". Trotz seiner One-Liner und der betont physischen Komik lässt sich Sturges’ Film nicht ohne Weiteres in das Fach der Screwball-Komödien einordnen. Mit seinen großartigen Ideen, den bis in die kleinsten Nebenrollen fantastischen Schauspielern und der geschickten, gezielt das Unerwartete hervorrufenden Regie ist es vor allem ein ungewöhnlicher, letztendlich sogar optimistischer Film.


75% - erschienen in der filmzentrale

September 27, 2006

Kino: THE LAST KISS

Es geht um das alte Thema: Mann und Frau. Der Architekt Michael (Zach Braff, „Scrubs“) führt ein Leben, wie es sich ein 29jähriger nur erträumen kann. Er hat eine wunderbare Freundin (Jacinda Barrett, „Poseidon“), die ihr erstes Kind erwartet, einen guten Job, pubertäre, aber liebenswerte und zuverlässige Freunde, nette Schwiegereltern und so weiter eben. Doch so perfekt diese Welt für ihn auch sein mag, es macht dem jungen Mann Angst. Seine Unsicherheit führt ihn unerwartet in die Arme der jungen Collegestudentin Kim (Rachel Bilson, „The O.C.“) – ein Kuss, der die heile Welt zu zerstören droht.

Hört sich nicht nur austauschbar an, ist es auch. Es war sogar schon einmal genauso so auf der Leinwand zu sehen, in Gabriele Muccinos „L’Ultimo Bacio“. Und dennoch erzählt Regisseur Tony Goldwyn (in „Ghost“ oder „The 6th Day“ einst noch vor der Kamera agierend) diese betuliche Geschichte mit charmanter Leichtigkeit, viel Witz und natürlich ebenso viel Herzschmerz. Ganz im Stile von „High Fidelity“ und „Garden State“, in dem sich Zach Braff bereits mit der hinreizenden Natalie Portman amüsante Lebensweisheiten austauschen durfte.

„The Last Kiss“ konzentriert sich aber nicht nur auf Michaels vorgezogene Midlife Crisis und die Verzweiflung seiner Freundin Jenna, sondern blickt auch in das Leben all der anderen Figuren, die sich mit den Problemen des Zusammenseins herumschlagen. Scheidung und Trennung, Einsamkeit und Selbstfindung, Familie und Freunde sind die Themen im Drehbuch von Paul Haggis („Million Dollar Baby“). Das bietet natürlich genug Raum für dramatische Konflikte, für heftige Geschlechterkämpfe und tränenreiche Auseinandersetzungen, unterlegt durch süßliche Popklänge von Coldplay und den üblichen Verdächtigten.

Und so schön das alles anzusehen ist, so oberflächlich ist es leider auch. Es sind die Probleme gesetzter Kleinstädter, bürgerlicher Jungunternehmer, die stets im Rahmen einer selbstgefälligen Lebensart verharren. Als Zuschauer möchte man nur schwer akzeptieren, dass die Seifenblasenkonflikte der Protagonisten derart an die Substanz gehen, wie es suggeriert werden soll. Bei all dem Wohlstand wirken die Lebensfragen der Figuren seltsam aufgesetzt, es drängt sich ein wenig die Frage auf, warum Haggis die übertriebene Lebenskrise seines Paares ausgerechnet in eine neuzeitliche Bourgeoisie hinein konstruiert.

So darf ruhig gelacht und geweint werden, am Ende geht es einem ja irgendwie doch wieder ganz gut. Schnell ertönt noch ein beliebiger Song irgendeiner ebenso beliebigen Indieband. Und was dann übrig bleibt ist wohl Definitionssache.

5/10 - Kinostart: 16.11.2006

September 23, 2006

Kino: CHILDREN OF MEN

Die Prophetien totalitärer Schreckensvisionen und anarchistischer Zustände bestimmen als düstere Dystopien das Science-Fiction-Genre in regelmäßigen Abständen immer mal wieder, hatten ihren Höhepunkt mit subversiven Zukunftsentwürfen wie "THX 1138", "A Clockwork Orange" oder "Soylent Green" jedoch in den 70er-Jahren. Im Kino der Gegenwart werden die negativen Utopien dagegen meist einer kühlen Stilisierung unterzogen – und verlieren in Filmen von Andrew Niccols "Gattaca" bis hin zu Steven Spielbergs "Minority Report" ihre kompromisslose Bedrohlichkeit, indem ein elegant-futuristischer Stil über die Subtanz der inneren Zerstörung gestellt wird.

Der mexikanische Regisseur Alfonso Cuarón ("Y Tu Mamá También"), der zuvor die kindliche, verspielte Welt des Zauberers Harry Potter im dritten Film der Reihe, "Harry Potter and the Prisoner of Azkaban", in plastische Grautöne tränkte, entwirft mit der englisch-amerikanischen Produktion "Children of Men", auf Grundlage des gleichnamigen Romans von P. D. James (hierzulande unter den Titel „Im Land der leeren Häuser“ erschienen), das Bild einer Zukunft, wie es in so düsterer Konsequenz seit Ridley Scotts "Blade Runner" nicht mehr auf der Leinwand zu sehen war.

2027. Durch ein unerklärliches Phänomen wurde seit 18 Jahren kein Kind mehr geboren. Die Welt ist zu einem Schauplatz kriegerischen Terrors mutiert: Die Diaspora treibt die Menschen nach England, einem der wenigen verbliebenen Orte, wo mit staatlicher Gewalt noch annähernd Alltagszustände aufrechterhalten werden können. Dieser wird dennoch längst durch Kämpfe militanter Gruppen, Terroranschläge und Epidemien bestimmt, in einem Kampf gegen jeden, inmitten eines faschistischen Regimes, das Konzentrationslager und unüberwindbare Mauern erschaffen hat, und kostenfreie Suizidmittel verteilt. Als der jüngste Bewohner der Erde stirbt, ist das ein weiterer Tiefschlag für die Menschen.

Der ehemalige Freiheitsaktivist Theo Faron (Clive Owen, "Sin City") wird von seiner Exfrau, der Terroristin Julian (Julianne Moore, "Far from Heaven"), gebeten, eine junge Afrikanerin zu beschützen - aus unbekannten Gründen ist sie schwanger. Als er auf einer halsbrecherischen Reise durch das Land herausfindet, dass die Untergrundorganisation das ungeborene Kind für ihren Machtanspruch missbrauchen will, flüchtet er unter Mithilfe seines Freundes Jasper (Michael Caine, "Dressed to Kill") mit der jungen Frau, um sie dem mysteriösen „Human Project“ zu übergeben.

“I can't really remember when I last had any hope, and I certainly can't remember when anyone else did either. Because really, since women stopped being able to have babies, what's left to hope for?“

Die Vision in "Children of Men" ist radikal. Wie wilde Tiere fallen die Menschen übereinander her, wie gefühllose Killermaschinen liefern sich terroristische Gruppierungen einen Krieg um das Überleben - in einer Gesellschaft, der das Leben selbst schon lange abhanden gekommen ist, in einem antiexistenzialistischen Kampf ohne jede Zukunft. Gewalt ist in diesem alltäglichen Chaos ein geläufiges Kommunikationsmittel, Theos Heimweg von der Arbeit demonstriert diesen Schrecken einer Welt der Passivität: Die S-Bahn wird mit Steinen beworfen, beiläufig explodieren Cafés, werden Immigranten in Käfige gesperrt. Mit Alkohol schafft sich Theo einen vermeintlich inneren Freiraum, ein kräftiger Schluck alle halbe Stunde hält den Status Quo aufrecht, und lässt ein wenig vergessen, in welcher Desillusion er durch sein Leben schreitet. Clive Owen war noch nie so gut wie in dieser Rolle.

Die Sinnsuche ist eines der Leitmotive in Cuaróns Film. Seine Figuren kämpfen auf unterschiedliche Weise entschlossen gegen den Ist-Zustand ihrer Welt, doch die Selbstverständlichkeit des Mittels Gewalt, die sich längst auch verselbstständigt hat, kann zu keinem langfristigen Erfolg führen, auch wenn es Theo schwer fallen mag, nach dem schmerzvollen Hinrichtungsritual seines pazifistischen Freundes nicht die Mission aus den Augen zu verlieren. Jede Sekunde wird er wieder auf die Probe gestellt, einfach aufgeben möchte man, sich aus diesem Strudel des Terrors befreien. Der Zuschauer ist kein stiller Zeuge dieser Odyssee, zu beklemmend und schonungslos sind die Bilder, und von zu kurzer Dauer die Ruhemomente des Films. Es gibt keine Distanz zum Schreckensszenario auf der Leinwand, die Kamera löst mit entfesselnder Dynamik jegliche Barrieren zu den Figuren auf – Cuarón vertraut mit einer bis ins letzte Detail ultrarealistischen Atmosphäre auf eine unweigerliche Sogwirkung. Emmanuel Lubezkis ("Sleepy Hollow") Bilder sind von erschreckend authentischer Natur.

Trotz der latent christlichen Assoziationen, die Vesperbild ähnliche Einstellungen der Frau mit ihrem Kind aufweisen, durchbricht der Regisseur jeglichen Moment des Kitsches. Das vieldeutige Ende ist mit den in Nebel gehüllten Bildern zu ambivalent entworfen, um Cuarón die Auflösung seiner Geschichte mit einer einfachen Pietà-Symbolik vorwerfen zu können. Der Krieg ist zurückgelassen, das nahende Schiff heißt „Tomorrow“. Und doch weiß niemand wirklich, wie es nun weitergehen wird. "Children of Men" schließt so bedrückend und unangenehm, wie er auch seinen Anfang nahm. Der beste Science-Fiction-Film seit Jahren!

95%

Review erschienen bei: Wicked-Vision.de

TV: Fernsehtipps 23.09 - 29.09.06

Samstag, 23.09.

22:45 Uhr – „Star Trek 2: Der Zorn des Khan“ (K1)

Die Fortsetzung, in jeder Hinsicht eine Steigerung. An die Originalserie reicht aber auch dieser, vielleicht beste Teil nicht heran.

1:00 Uhr – „Der Tod kommt zweimal“ (Pro7)

Brian De Palma kopiert mal wieder Hitchcock: Dieses Mal müssen erneut „Vertigo“ und zur Abwechslung auch mal wieder „Rear Window“ herhalten. Eine leidlich spannende Strapsenshow, plump und billig irgendwie.

Sonntag, 24.09.

17:00 Uhr – „Die Reise ins Ich“ (K1)

Originell und witzig, immer wieder gern gesehen.

Dienstag, 26.09.

20:15 Uhr – „When a Man Loves a Woman“ (S-RTL)

Trotz seiner Polemik ein intensiver Film, der das Thema begriffen hat.

23:20 Uhr – „Außer Atem“ (BR)

Mittwoch, 27.09.

22:05 – „Stargate“ (RTL2)

Für mich der Inbegriff eines modernen schlechten Hollywoodfilms. Roland Emmerichs pathetisches Fantasygedöns, das mich schon als 9jähriger im Kino langweilte.

Donnerstag, 28.09.

23:25 Uhr – „Freitag, der 13. Teil 2“ (Das Vierte)

Vielleicht eines der meistunterschätzten Sequels überhaupt, ein Film, der mit seiner (stark vereinfachten) Mutter/Sohn-Geschichte die Essenz des Subgenres bereithält. Übrigens toll photographiert. Aufgrund der Indizierung aber stark gekürzt, obwohl bereits die MPAA vorher angsetzt hat.

1:35 Uhr – „Wonderboys“ (ZDF)

Ein ganz, ganz wunderbarer Film. Skurril, nachdenklich, witzig. Einer der besten von Regisseur Curtis Hanson.

Freitag, 29.09.

23:05 Uhr – McCabe & Mrs. Miller (WDR)

September 22, 2006

Retro: THE RETURN OF THE JEDI (1983)

Das Beste kommt bekanntlich zum Schluss. Mit „Star Wars: Episode VI – The Return of the Jedi“ soll der kleine Exkurs auch schon wieder beendet sein, es ist und bleibt mein Lieblingsfilm der Serie. Die Filmbesprechung dazu gibt es bei Wicked-Vision.

_______________________________________________

Da kürzlich endlich auch die unbearbeiteten Kinofassungen der Prequel-Trilogie auf DVD veröffentlicht wurden, kann sich bei den Vergleichen jeder selbst ein Bild von der Qualität der Scheiben machen.

News: GORY NEWS #23

Die Gory News Nr. 23 ist erschienen. Darin wie immer allerhand Reviews aktueller Genrefilme und Specials, ich gebe auch wieder die ein- oder andere Kritik zum Besten. Dazu gibt es eine DVD mit vielen Interviews und Festivalberichten von „Evil Aliens“ über „BloodyRayne“ bis hin zu Ken Foree und Eli Roth.

September 21, 2006

News: THE SCREENING Trailer

G. Cameron Romero tritt in die Fußstapfen seines Vaters George. Der Trailer lässt ein wüstes Gorefest vermuten, macht optisch aber einen etwas zwiespältigen Eindruck. Erinnert mich zumindest ein wenig an Bavas "Demoni". Mal sehen.

Download Trailer:
small / medium / large / ED-480i

September 17, 2006

TV: 'Magic Moments in Movies'

Ein MTV Masters, das die schönsten und wichtigsten Momente der moderneren Filmmusik kürt. Mit fachlichen und auch weniger fachlichen, dafür aber witzigen Interviews u.a. von Ronald Bluhm und Simon Gosejohann, sowie Ausschnitten und Bildern der 'Magic Moments in Movies'. Da ein Freund meinerseits dafür verantwortlich zeichnet und ich die Entstehung ein wenig verfolgt habe, eine Empfehlung zum Anschauen.

Sonntag, 17.09. – 19 Uhr (MTV)
Donnerstag, 21.09. - 15 Uhr (Wdh.)

September 16, 2006

DVD: I'LL ALWAYS KNOW...

...WHAT YOU DID LAST SUMMER!

Wir werden wohl nie erfahren, was aus Julie James, jener unschuldigen Pretty aus den beiden Kinovorgängern
„I Know What You Did Last Summer“ und – freilich selbsterklärend – „I Still Know What You Did Last Summer“ geworden ist. Jennifer Love Hewitt schlägt sich mittlerweile lieber mit dem frechen Kater „Garfield“ herum, als weiter den Fischermann mit dem Haken zu ärgern – und somit ist nun einiges anders bei diesem dritten Film der Reihe, direct-to-DVD produziert. Zumindest in Bezug auf die Figuren, denn ansonsten bleibt natürlich alles beim Alten: Für eine Gruppe von Teenagern wird aus einem harmlosen Streich am 4. Juli blutiger Ernst, als ein Skateboard-Stunt für einen mit dem Tod endet. Dabei wollten sich die Vier doch nur ein wenig über die urban legend vom Mann mit dem Haken amüsieren. Nun, wie es das Schicksal so will trachtet dieser ihnen ein Jahr später höchstpersönlich nach dem Leben, denn – Überraschung - er weiß, was die Dorfkiddies letzten Sommer getan haben. Und es kommt noch dicker: Er wird es sogar immer wissen…

September 12, 2006

DVD: V FOR VENDETTA

Dass einem größeren Studiofilm, besonders wohl einer Comicverfilmung, nicht gleich das Prädikat „anspruchsvoll“ aufgestempelt gehört, lediglich weil das Niveau scheinbar über dem genreüblichem Zackbumbum liegt, ist auf James McTeigues „V for Vendetta“ übertragen tatsächlich nicht mehr als eine nahe liegende, zuweilen überflüssige Floskel, derer man sich nicht nur zu leicht bedienen möchte, sondern die eine bewusste Auseinandersetzung über die etwas plakative Oberfläche des Films hinaus meidet. Basierend auf den 80er Jahre Graphic Novels von Alan Moore („The League of Extraordinary Gentlemen“) kämpft darin die Titel gebende Figur V, gespielt von Hugo Weaving („The Lord of the Rings“), mit einem an Guy Fawkes – dessen Kampf gegen den antikatholischen König Jakob I. mit einem Attentat auf das Parlament enden sollte - angelehnten Kostüm gegen das totalitäre Regime Englands in der Zukunft.

Die Wachowski Brothers haben mit „The Matrix“ einen modernen Science Fiction-Mythos ins Leben gerufen, den sie binnen weniger Jahre ebenso eindrucksvoll wieder zu zerstören wussten. „V for Vendetta“ ist nicht nur dahingehend eine Überraschung, als er von Regieneuling McTeigue sorgfältig inszeniert ist, die Wachowskis opfern ihre zutiefst antiutopische Geschichte auch einmal nicht technischen Overkills, die sich spätestens in „Matrix: Reloaded“ verselbstständigten und die existentialistische Philosophie verpuffen ließen. Mit der Adaption des Comics über einen terroristischen Freiheitskämpfer zeichnen sie die Dystopie der Vorlage unheimlich konzentriert nach: Atmosphärisch beklemmend dicht wird der totale Staat konstruiert, ein System der Gleichschaltung und Indoktrination, der staatlichen Zensur und Planwirtschaft, der absoluten Überwachung und Kontrolle. Als diktatorischer Führer der Massenpartei brilliert John Hurt („1984“), der nur über Großbildschirme mit seinen Funktionären kommuniziert - weit weg vom realen Geschehen, distanziert vom alltäglichen Schrecken seiner Herrschaft.

“What was done to me was monstrous.” (V) -
”Then, they created a monster.” (Evey)

So vordergründig der Film das Regime und dessen Auswirkungen auch darstellt, so eindrucksvoll gelingen ihm die inneren Konflikte seiner Protagonisten, die Ambivalenz der Taten seines dunklen Rächers. Trotz einiger ins Banale abdriftender Dialoge zwischen V und der Widerstandskämpferin Evey Hammond (Natalie Portman, „Closer“), deren bedeutungsschwangere Inhalte die Ernsthaftigkeit des politischen Kontexts vermissen lassen, lebt der Film von seinen selbstreflexiven Figuren, die auch ihre eigene Individualität erst erkämpfen müssen. Die Mittel dafür sind die eines Terroristen: Wenn Evey durch V „angstfrei“ erzogen wird, in dem er sie durch die Hölle eines fiktiven Konzentrationslagers – einem selbst erschaffenen Abbild des Orts, an dem er einst zum gebrandmarkten Kämpfer wurde – schickt, wenn Bomben gelegt und Anschläge verübt werden, oder V die Medien für Propaganda missbraucht, ist das nicht nur ein Ausdruck des ewigen Käfigs, in den der totalitäre Staat seine Menschen sperrt, sondern es ist selbst purer Terror, ein sich Bedienen der gegnerischen Methoden. Brisanter Diskussionsstoff, den die Wachowskis hier bieten.

“A building is a symbol, as is the act of destroying it. Symbols are given power by people. A symbol, in and of itself is powerless, but with enough people behind it, blowing up a building can change the world.“

Dieses Widersprüchliche in der Figur V ist so reizvoll am Film. Der Zuschauer wird nicht unweigerlich aufgerufen, einer vermeintlich guten Opposition in den Kampf zu folgen, was auch den leichtfertig auf den Plan gerufenen Vorwurf, Terrorismus würde als legitimes Mittel propagiert, entkräftigt. Denn der Zuschauer lässt sich nur dann zum passiven Mitstreiter verklären, wenn er zu hinterfragen nicht bereit ist. Schließlich erkennt V zuletzt selbst, dass er im Verlauf seines anonymen Kampfes, seiner Suche nach einer neuen Identität die eigene längst verloren hat. Nur die Zerstörung von Symbolen, nicht weiterer Menschenleben, die Dekonstruktion einer totalitären Illusion kann die Freiheit herbeiführen. Die Schlusseinstellungen lösen den Widerspruch eines absoluten Kampfes gegen ein absolutes System bildgewaltig auf – eine naive Fantasie vielleicht, wie sie eben nur das Kino bereithalten kann. „Does it have a happy ending?” – “As only celluloid can deliver.”

Wertung: 9/10

September 11, 2006

Kino: THE BALLAD OF RICKY BOBBY

Ricky Bobby, das ist ein von Berufszyniker Will Ferrell gespielter Rennfahrer, der durch Zufall vom Automechaniker zum NASCAR-Champion aufsteigt, dabei alle Rekorde und Frauenherzen bricht, nebenbei allerhand zweifelhafte Lebensweisheiten ausplaudert und auch als gefeierter Star der Werbebranche – wo er im Rennfahreroutfit Tampons anpreist – eine gute Figur macht. Schon bald aber wendet sich das Blatt: Ricky bekommt Konkurrenz vom homosexuellen Franzosen Jean Girard (fantastisch: Sacha Baron Cohen alias Ali G) und hat prompt einen schweren Unfall. Zu allem Überdruss schnappt ihm sein bester Freund Cal Naughton Jr. (John C. Reilly) auch noch Frau und Haus vor der Nase weg. Nun heißt es unweigerlich: "If you ain't first, you're last."

Adam McCay legt hier mit seinem langjährigen "Saturday Night Live"-Freund Ferrell einen reichlich seltsamen Film vor, insofern zumindest, als die zunächst gewohnt niveaulos daherkommende Blödelei sich mehr und mehr wie eben keine der dümmlichen US-Komödien anfühlt, dafür aber absolut frei von jeder Spannung und mit merkwürdiger Gefühlsduselei eine vorhersehbare Win or Lose-Geschichte erzählt. Das alles ist eigentlich ziemlich idiotisch geraten, und doch schwingt bei den üblichen Klischeewitzchen eine gewisse Ironie mit, ganz als ob McCay diese platten Gags gegen ihre eigentliche, fragwürdige Funktion gerichtet anwendet. So richtig deutlich wird das aber keinesfalls, es bleibt also ein gewisses Rätsel, ob "Talladega Nights: The Ballad of Ricky Bobby" uns diesbezüglich auch wirklich mehr mitteilen will. Ferrells Gags auf Kosten von Randgruppen und Ausländer haben aber – in einer etwas abstrakten Form zwar - auch immer etwas von einer gewissen Lust daran, sich selbst mehr als einen Seitenhieb zu verpassen.

Merkwürdig ist der Humor dieses Films also, sehr speziell um genau zu sein. Denn zeitweise plätschert das Drehbuch regelrecht vor sich hin, ohne den Anflug eines leisen Witzes, dann wiederum jagt eine Splapsticknummer stakkatoartig die nächste, wohl gemerkt aber ohne dass es wirklich witzig ist. Auch in Bezug auf die konventionelle Sportfilmdramaturgie ist es nicht unbedingt ein leichtes, zwischen bierernster Heldengeschichte und vielleicht doch nur parodistisch gemeinter Verballhornung eben jener Genreklischees zu unterschieden. Schwer zu sagen also, ob McCay hier bewusst mit dem Publikum spielt, oder ob man in seiner albernen Nummernrevue nicht mehr sehen sollte, als eigentlich vorhanden ist.

Beim amerikanischen Publikum scheint so etwas anzukommen, dort spielte die Crash Challenge-Komödie fast 150 Mio. Dollar ein. Mit debilem Humor, schnellen Autos, hübschen Frauen und den guten alten Themen um Freundschaft und Familie nicht gerade ein Geheimrezept für kommerziellen Erfolg, wäre da eben nicht die vage Vermutung, dass man hier eigentlich schwer aufs Korn genommen wird.

50%

September 09, 2006

Retro: FRIDAY THE 13th (1979)

Der schäbigste, aber langlebigste aller Slasherfilme ist wohl Sean S. Cunninghams "Friday the 13th". Seinen unberechtigt schlechten Ruf zum Anlass nehmend, gibt es von mir eine ausführliche Filmbesprechung in der filmzentrale.

September 08, 2006

Kino: CLICK

Da ist sie also, die neue Komödie von Hollywoods harmloser Ulknudel Adam Sandler, der seit seiner dezent überbewerteten Performance in "Punch-Drunk Love" offenbar auch gern die leisen Töne anschlägt. So leise allerdings, dass man als Zuschauer nicht nur die Ohren, sondern vor allem die Augen aufsperren muss, um nicht die witzigen Momente des Films zu verpassen. Und die gibt es ja durchaus: Da wird gefurzt, was das Zeug hält, Witzchen über Schniedel, Dicke, Homos und selbstbewusste Frauen gerissen und allerhand anderer, wahnsinnig origineller Unfug fabriziert. Angereichert mit etwas Fantasy und einem kleinen Touch Science-Fiction kommt also "Click" von Regisseur Frank Coraci daher, um unser aller Herzen zu erwärmen.

Immerhin ist Christopher Walken dabei. Der hat zwar auch schon in der ein oder anderen Gurke gespielt, mit Rollen in "The Deer Hunter" oder "Batman Returns" aber nun einmal auch Filmgeschichte geschrieben. Seine Darstellung in dieser Angelegenheit hier gehört nicht gerade zur ersten Kategorie, sondern man möchte doch vorsichtig fragen, welche Drogen Walken eigentlich konsumiert haben muss, um für eine Mitwirkung in diesem völlig irrsinnigen Unfug zu unterschreiben. So sehr Zeuge quälender Unterforderung und ächzender Peinlichkeit wollte man als Zuschauer dann ja doch nicht unbedingt werden.

Nun, der Ansatz des Drehbuchs ist ja zweifelsohne nett, wir alle dürften den Reiz der Geschichte nachvollziehen können. Wenn sich Adam Sandler also einer derartigen Idee annehmen würde, dann könnte das ja theoretisch durchaus eine nette Blödelei werden, oder? Aber nun ja, "Click" ist leider ein sehr, sehr anstrengender Film geworden, eine nach dem "A Christmas Carol"-Prinzip funktionierende Geschichte, die aus ihrer niedlichen Grundidee nichts weiter als einfallslose 08/15-Gags herauspresst, die spannungslos dahinsiecht und einem irgendwie einfach auf die Nerven geht. Man fragt sich schon, was eigentlich los ist mit der amerikanischen Komödie? Selbst in den konservativen 50er-Jahren wurde das Genre nicht annähernd so störend zur Lehrstunde bürgerlicher Werte missbraucht, wie sich das in den letzten Jahren abzuzeichnen scheint. Billy Wilder und Co. durften einst wenigstens im Kino noch höchst intelligente, vor allem aber auch wirklich witzige Gesellschaftsbilder zeichnen. Heute sieht das wohl schon anders aus. Ob es nun Robin Williams in "Mrs. Doubtfire" (bzw. jüngst erst wieder in "R.V."), oder eben Adam Sandler in diesem filmischen Murks betrifft – hier werden Werte propagiert, die nicht nur bedenklich, sondern für den Film selbst auch einfach hinderlich sind.

Denn wie auch immer der reanimierte Trend hin zu konservativen (und nur vermeintlich bissigen) Familienkomödien nun auch zu deuten sei, irgendwie war man darüber doch schon längst hinaus. Und das auch aus gutem Grund - es zähmt den Witz, es stört den Drive, ja es ist eben einfach unnötig, dass nach jeder Slapstick- oder leichten Sarkasmusnummer wieder gekuschelt werden muss. Kate Beckinsale macht sich gut als brave Hausfrau und Mutter, die das traute Heim zwar nie verlassen, aber trotzdem ganz hübsch angezogen sein darf, ebenso wie die kleinen Kinder natürlich ganz niedlich sind, wenn sie ihren Daddy nach der Arbeit knuddeln. Und eines kann hier ruhig schon verraten werden: Trotz all der Eskapaden, durch die Walken als Mad Scientist den guten Sandler mit seiner Remote Control schickt, wird das auch am Ende nicht anders sein, keine Sorge. Im wahren Leben kann man mit seiner Fernbedienung zwar ungleich weniger anstellen, zumindest aber darf man bei derartigem Unfug ungeniert abschalten – das ist doch auch schon was.

25%

Review erschienen bei: Wicked-Vision.de

TV: Fernsehtipps 09.09 - 14.09.06

Samstag, 09.09.

23:30 Uhr – „Der blaue Engel“ (RBB)

Josef von Sterbergs Klassiker – und ich habe ihn noch nicht gesehen. Das wird schleunigst nachgeholt!

Sonntag, 10.09.

16:55 Uhr – „Batman Returns“ (K1)

Der beste Comicfilm aller Zeiten, ein unerreicht düsterer Film, hoffnungslos unterschätzt und meisterlich in wahrlich jeder Beziehung. Tragisch und schön, zutiefst nihilistisch auch, aber vor allem ein Muss, wer ihn denn wirklich noch nicht kennen sollte…

1:25 Uhr – „Garden of the Moon“ (ARD)

Busby Berkeleys Musicalkomödie endlich auch einmal im Free-TV, wird geschaut.

Montag, 11.09.

22:10 Uhr – „5ive Days to Midnight“ (Pro7)

Das Finale, ich freue mich drauf.

Dienstag, 12.09.

22:10 Uhr – „Badlands“ (WDR)

Der Film, der Sissy Spacek berühmt machte. Ob er hält, was ich mir davon verspreche?

Mittwoch, 13.09.

0:05 Uhr – „Dr. No“ (K1)

Der erste Bond, ein ziemlich schäbiges Unterfangen eigentlich, denn so charmant war Connery hier noch gar nicht. Da der Film mit seinen Actionszenen Maßstäbe setzte, soll er hier jedoch genannt sein.

Freitag, 15.09.

20:15 Uhr – „Fahrenheit 9/11“ (Pro7)

Schwächerer, aber immer noch verdammt beeindruckender Moore. Viele haben ihre Probleme mit ihm, und bei vielen verkommt dies beinahe zur unangenehmen Koketterie. Mich persönlich stört der leicht manipulierende, polemische Stil nicht – und es ist doch bezeichnend, dass die Rechtsabteilungen all der Konzerne und politischen Institutionen, gegen die Moore in seinen Filmen vorging, bis heute offenbar nicht einmal in Erwägung gezogen haben, gerichtlich dagegen vorzugehen, nicht eine Zeile seiner Bücher, nicht eine Sekunde seiner Filme musste geändert werden, es kam nicht einmal zu Verfahren. All der Einseitigkeit zum Trotz, wenn dabei so viel Wahrheit herumkommt, soll es mir recht sein.

23:20 Uhr – „Alice in Wonderland“ (Arte)

September 05, 2006

Retro: THE DESCENT (2004)

Regisseur Neil Marshall ("Combat") konnte mit seinem Independentstreifen "Dog Soldiers" vor einigen Jahren Aufmerksamkeit im müden Horrorgenre wecken, obwohl diese mit verschiedenen Zitaten gespickte Werwolfsmär, abgesehen von einem gewissen Charme, nur mit gepflegter Langeweile aufwartete und insgesamt wenig ausgelotet daherkam. Umso erstaunlicher, dass der britische "The Descent" nun zum Originellsten gehört, was der in den letzten Jahren traurig bekümmerte Horrorfilm zu bieten hat.

"Deliverance"
und "Southern Comfort" waren gestern: Die stets nach neuen Herausforderungen suchenden weiblichen Extremsportjunkies Sarah, Juno, Beth, Rebecca, Sam und Holly verbringen ein Wochenende in den tiefen Gebirgen der Appalachen, um sich den ultimativen Adrenalinkick zu geben - den Abstieg in ein gigantisches Erdhöhlensystem. Seit sie bei einem Autounfall Tochter und Ehemann verlor, hat sich Sarah nicht mehr an den Abenteuertreffen der Freunde beteiligt. Nach kurzer Zeit bereits entdecken die sechs einen kleinen Durchgang zu einem noch unmarkierten System. Gerade dort angekommen, stürzt die Luke durch einen Erdrutsch ein. Und schon bald muss die Gruppe feststellen, dass sie dort unten keineswegs allein sind.

Mit sicherer Hand projiziert Marshall einen Alptraum auf Zelluloid, der das Unterbewusstsein des Zuschauers erstaunlich raffiniert beansprucht, ja geradezu herausfordert und der die Nerven bis aufs äußerste strapaziert. Mit einfachsten Mitteln, in stark komprimierter Form, geschieht das alles. In den verwinkelten Höhlen lassen Licht und Schatten meist nur erahnen, was sichtbar scheint, die plätschernde Feuchte macht die Enge unweigerlich spürbar, die Kamera ist beklemmend nah dran an den Gesichtern der Frauen, an den rauen Gesteinsmassen, schafft eine ungeheuer klaustrophobische Intensität und eine beinahe einzigartige atmosphärische Dichte.

Die Figuren sind knapp und verkürzt gezeichnet, man erfährt nur so viel über sie, wie notwendig ist. Das aber trifft nur auf die Sidekicks zu, die dementsprechend nicht frei von Klischees konzipiert wurden. Doch es funktioniert. Es ist fast erstaunlich, wie sich die ihrer filmischen Reduktion gegenüber adäquat dezenten Schauspielerinnen frei und vor allem jenseits von Genre üblichen Hysterieeskapaden bewegen, wie natürlich sie sich in dieser räumlichen Natur anfühlen.

Der Titel gebende Abstieg ist dabei natürlich vielmehr ein Vordringen in das Unterbewusstsein, aus seiner psychologischen Erzählbasis macht Marshall durch weitestgehend wenig Subtilität auch gar kein Geheimnis. Wenn Sarah in das dunkle Höhlensystem hinuntersteigt, dann ist das nicht nur ein Versuch, auch in sich selbst vorzudringen, um das traumatische Empfinden zu bekämpfen, sondern auch ein Risiko, eine Gefahr wie bei einem zweifelhaften, psychotherapeutischen Selbstversuch. Nur selten zuvor aber bedeutete eine Genrekatharsis auch wirklich so sehr eine seelische Reinigung: In der barbarisch-orgiastischen zweiten Hälfte wird mit den Dämonen der Vergangenheit abgerechnet, sich auf urarchaische Instinkte rückbesinnt. Mit seinem rhythmischen Wechsel schlägt "The Descent" dem Zuschauer impertinent vor dem Kopf und entlädt die enervierende Anspannung der ersten Hälfte, ohne jemals seine Intensität einbüßen zu müssen. An einem inhaltlichen Neubeginn angelangt, schließt Marshall seine psychologische Paraphrase und entlässt den Zuschauer aus einem filmischen Alptraum, ganz ohne seinesgleichen.


90%

September 02, 2006

TV: Fernsehtipps 02.09. – 08.09.06

Eine neue Kategorie muss her. Irgendwie machen das alle in ihren Blogs, warum dann ich eigentlich nicht? Nun, ich schaue streng genommen nie Filme im Fernsehen, weil ich überwiegend kein Freund von Synchronisationen bin, die Formate falsch sind oder man eben mit Schnitten, Werbung oder abrupten Abspannen zu rechnen hat. Nun fiel mir in letzter Zeitz allerdings vermehrt auf, dass sich in einigen „Spartenprogrammen“ oder auch sonst eigentlich doch die ein- oder andere Filmperle versteckt hat. Deshalb gibt es hier künftig, möglichst regelmäßig, empfehlenswerte Fernsehtipps, nicht zuletzt deshalb, damit ich nicht vergesse, was ich schauen wollte ;-).

Samstag, 02.09.

22:00 Uhr – „Friday the 13th“ (Das 4.)

Natürlich heftig zensiert, aber in der Free-TV-Premiere und deshalb erwähnenswert, handelt es sich doch um den Inbegriff sleaziger Slasherware. Cunninghams Film ist sozusagen die Exploitation-Variante von „Psycho“, weniger ausgeklügelt als „Halloween“, aber letztlich doch charmanter als dieser. Wird als Kuriosum vorprogrammiert.

23:35 Uhr – „Solo Sunny“ (RBB)

… kann durchaus als Sternstunde der DEFA bezeichnet werden, fängt der Film beinahe unnachahmlich die Ära einer Suche nach Selbstbestimmung in der DDR ein. Der große Durchbruch von Renate Krößner, sehr empfehlenswert!

Sonntag, 03.09.

18:00 Uhr – „The Simpsons“ (Pro7)

Der Start der 17. Staffel. Ich werde wohl gelyncht, wenn ich erwähne, dass ich die Sippe für leicht überschätzt halte.

20:15 Uhr – „Intolerable Cruelty“ (RTL)

Der naive Versuch der Coen-Brüder, die Screwball-Comedy zu reanimieren. Es ist schon löblich, dass die beiden der Filmgeschichte stets Tribut zollen, aber den nötigen Eigenanteil vergessen sie im Eifer ihrer lehrreichen Anschauungspraxis des Öfteren. Trotzdem in Ordnung.

Montag, 04.09.

22:15 Uhr – „5ive Days to Midnight“ (Pro7)

Tag 4 der fünf Folgen umfassenden Miniserie. Das ganze ist streng genommen bloß eine Variation gängiger Zeitreiseklischees, aber Timothy Hutton, seit „The Dark Half“ einer meiner Lieblingsschauspieler, reißt hier einiges raus. Irgendwie gut.

Donnerstag, 07.09.

20:40 Uhr – „Days of Heaven“ (Arte)

Der soll ja nicht schlecht sein. Werde wohl einen Blick riskieren, auch wenn ich mit Terrence Malick bislang nicht so ganz warm wurde.