Mai 27, 2008

Zuletzt gesehen: MARTIN

George Romero bezeichnet "Martin" als seinen persönlichen Lieblingsfilm. Ich würde ihn gern als seinen meistunter- schätzten bezeichnen wollen. Weil er belegt, wie vielfältig und mehrdeutig der Pittsburgher Regisseur den Horrorfilm aus- schöpft, ihn bereichert und erweitert, und weil er von all seinen Arbeiten die authentischste, die kraftvollste, die intimste ist. "Martin" ist ein schleppend inszenierter, ruhiger Film über einen jungen Mann, der sich anders fühlt, anders als die anderen, anders als sein Umfeld. Vom eigenen Cousin ketzerisch als Nosferatu prophezeit, durchlebt der in sich gekehrte Junge eine qualvolle Sinnsuche, getrieben von sexueller Sehnsucht, und gleichzeitig im Kampf gegen den Trieb. Die hinlängliche Metapher des Vampirseins für sexuelle Sublimierung belässt Romero als uneindeutige Note, die die traumähnlichen Bilder des Films immer wieder anstimmt und in Bewegung versetzt. Dem unausgespielten Problem, das Martin letztendlich zum rastlosen Außenseiter macht, lässt der Film keine Erklärung folgen, vielmehr erweist er sich als sensible Paraphrase über Verdrängen und Selbstfindung, im Vampir- ebenso wie im coming of age-Film gut aufgehoben und unbedingt empfehlenswert.

75%