Was ich dem übel beleumundeten zweiten Teil der "Indiana Jones"-Serie angerechnet hatte, nämlich seine relative Eigenständigkeit und die Nichtwiederholung der Erfolgsformel, das gilt für "Indiana Jones and the Last Crusade" nicht mehr. Er klammert sich peinlichst an den Originalfilm und lässt den Vorgänger wie einen Ausreißer erscheinen. Steven Spielberg und George Lucas bedienen sich stark der Muster von "Raiders of the Lost Ark", allenfalls leichte Modifikationen am Konzept sind erkennbar. Grundsätzlich bietet Teil drei der Abenteuersaga nur Altbekanntes: Die Suche nach einem heiligen Relikt, betont abwechslungsreiche Schauplätze, comicartige Nazischergen. Der Film probiert im Gegensatz zu "Indiana Jones and the Temple of Doom" nichts Neues, bewegt sich durchweg auf sicherem Terrain. Das bekommt ihm nicht gut, er weist unbeholfen wirkende Leerstellen und regelrecht langatmige Momente auf, das wunderbare Tempo des Vorgängers fehlt ihm sogar gänzlich.
Die obligatorische Einführung des Suchobjekts verkommt zum reinen Redeschwall. Dem Helden Indiana Jones wird die Suche nach dem Heiligen Gral bzw. nach seinem Vater aufgetragen, vom listigen Walter Donovan, einer Nazimarionette, wie schon Belloq im ersten Teil eine war. Minutenlange Dialoge erklären das Drumherum, die Vorgeschichte, den Auftrag, das Ziel – Spielberg arbeitet hier visuell erschreckend einfallslos, ergeht sich in statischen Einstellungen, die er bei den Vorgängern noch gründlich vermieden und durch geschickte Ausschmückungen wesentlich geschickter vermittelt hatte. Immer wieder gibt es im Film seltsam einfältig inszenierte Momente, die auf denkbar einfachste Weise umgesetzt wurden. Verbunden mit der allzu ähnlichen Dramaturgie des Originals machen diese Regiemängel aus "Indiana Jones and the Last Crusade" ein doch sehr zwiespältiges Vergnügen.
Lediglich ein neues Element bringt der Film in die Serie. Den Vater des Helden, seinerseits Archäologe, jedoch ungleich weniger abenteuerlustig und eher ein Bücherwurm, ist mit Sean Connery besetzt – zweifellos ein Castingcoup: Der Bond-Darsteller als Vaterfigur eines Bond-Imitats, das ist in der Tat komisch. Entsprechend gestalten sich sind die gemeinsamen Momente zwischen Ford und Connery, sie zählen mit Abstand zu den amüsantesten Teilen des Films, und Spielberg muss da nur noch draufhalten. Leider will die Kombination mehr als nur amüsieren, wie schon die inszenatorisch lediglich solide Exposition – Indy in a nutshell – mit ihrem Initiationsritusgehabe zeigt. Spielberg arbeitet sich einmal mehr am Vater-Sohn-Komplex ab, und dieser ist so leer wie jener Moment, in dem das Gespann während eines Zeppelinflugs endlich Zeit für ein ruhiges Gespräch findet, aber sich eigentlich nichts zu sagen hat.
Interessant allein, dass dieser dritte Teil in gewisser Hinsicht den ödipalen Kreis schließt. War "Raiders of the Lost Ark" diesbezüglich ein eher untypischer Spielberg-Film, als er nicht von einem Grauen berichtete, das über den familiären Raum hereinbrach, und von einer männlichen (oft auch patriarchalischen) Figur gegen alles Heimische verteidigt werden musste, sondern im Gegenteil sogar einen Helden etablierte, der sich allen konventionellen Vorstellungen von Familie zu widersetzen schien, so verlagerte Spielberg diese eigentliche Motivkonstante von Teil zu Teil stärker. Wo der erste Film die Freundschaft zwischen Indy, Marion und dem gutmütigen Sallah als Gemeinschaft ins Blickfeld rückte, bildete schon die Fortsetzung deutlichere Muster heraus: Indy avancierte zu einer Art Vaterfigur für den kleinen Short Round, dem mit der Sängerin Willie auch noch ein mütterlicher Bezugspunkt geboten wird. Im Mittelpunkt von "The Temple of Doom" stand somit eine Ersatzfamilie, die sich gegen dämonische Kräfte zur Wehr setzen musste. Und Teil drei feiert gewissermaßen die Rückkehr zur biologischen Familie, die sich bewähren muss.
Des Sohnes Jagd nach dem Heiligen Gral entpuppt sich folglich als McGuffin, der die eigentliche Suche, die nach einem Verhältnis zum Vater also, antreiben soll. Alle Bewährungsproben schnüren das familiäre Band fester zusammen, selbst für einen Spielberg-Film ist das erstaunlich funktional. Unnötig erscheinen darüber umso mehr jene Szenen, in denen der Film ausgewälzt seinen Gegenstand erklärt, obwohl dieser doch gar nichts zur Sache tut. Darin unterscheidet sich der dritte Teil vielleicht doch von seinen Vorläufern, die sich als naive Schatzsucherfilme verstanden und ihre Geschichte durchaus im Sinne einer Spannungsdramaturgie steuerten: Werden sie die Bundeslade finden, an sich reißen und vor den Nazis versteckt halten, werden sie die heiligen Steine wiederbeschaffen und das indische Dorf vom Schrecken des Kali-Kults befreien können – diesen Fragen steht nun ein größeres Anliegen gegenüber. Vater und Sohn soll es gelingen, ihre Beziehung ins Lot zu bringen. Und Indiana Jones ist nicht länger Held eines eskapistischen Eventfilms, er muss auch kräftig menscheln.
Die Actionszenen können aufgrund der unbeholfenen Tricks, die augenscheinlich noch in den CG-Kinderschühchen steckten, ebenfalls nicht an die Vorgänger anknüpfen. Und einen so daneben gegangenen, wirklich sagenhaft peinlichen Einfall wie die Szene, in der Indy auf Hitler trifft, hat es in der gesamten Reihe kein zweites Mal gegeben. Das Finale kann leider auch nichts. Der Schatz will nur gefunden werden, um den verletzten Jones sr. Durch heilende Kräften zu retten! Ungeachtet des extrem albernen Tons dieses christlich-mythologischen Unterbaus enttäuscht "Indiana Jones and the Last Crusade" mit seiner fehlenden Konzentration auf das eigentliche Abenteuer, das noch die beiden Vorgänger so wunderbar bedienten. Spielberg und Lucas hatten wohl schlicht etwas mehr vor, etwas vermeintlich Höhergestelltes – vielleicht als Reaktion auf die Kritik am zweiten Film, vielleicht aber auch deshalb, weil Spielberg Ende der 80er-Jahre einfach schon viel zu sehr Spielberg war, als dass er ganz auf die naiv unbeschwerte Kraft seines Peter-Pan-Impulses hätte vertrauen können.