
Die Waage zwischen verschrobenem Witz und bewegender Außenseiterode versucht Regisseur Craig Gillespie hier ebenfalls im Gleichgewicht zu halten, doch sein Film über einen jungen Mann, der in der Garage seines Bruders und dessen Ehefrau wohnt, und übers Internet seine neue Freundin, eine lebensgroße Silikonpuppe, "kennen lernt", möchte vor allem das Herz berühren. Er soll bewegen, den Zuschauer für die ungewöhnliche Geschichte empfänglich machen, und er soll Mitleid erzeugen mit seiner Titelfigur Lars, dem unverstandenen, eigenwilligen Mann, dessen schüchterne Gestik und introvertierte Sprache von Ryan Gosling mit sichtlicher Freude am Zeigen von Können umgesetzt werden. Dass dieser Lars seine Gummipuppe Bianca wie einen lebenden Menschen behandelt, ist nur eine der Facetten, die bei ihm eine schwere psychische Störung, vermutlich ein durch den Tod der Mutter bedingtes Kindheitstrauma, vermuten lassen. Bianca ist eine Ersatzfigur, eine Projektion gegen die Einsamkeit, ein deutlicher Ausdruck dafür, dass diesem jungen Mann irgendwie geholfen werden sollte.

Dabei kann der Film doch nicht ernsthaft glauben, er zeige mit seiner verlogenen Haltung Aufrichtigkeit: Wenn die geschlos- sene Ortsgemeinschaft Lars’ Freundin als neues Mitglied einweiht, sie auf Partys eingeladen und mit Krankenwägen chauffiert, sie also von einer gesamten Kleinstadt genauso behandelt wird wie von ihrem Besitzer Lars, dann fragt man sich doch, wie viel Doofheit erlaubt sein darf für eine nett gemeinte Außenseitergeschichte. Wo Filme ähnlichen Sujets, seien es nun die Arbeiten Tim Burtons, sei es Henry Kosters "Harvey" oder Richard Kellys "Donnie Darko", ihre Ausgangs- idee dafür verwenden, entweder auf den Seelenzustand ihrer Figuren aufmerksam zu machen, oder deren Umfeld gewitzt zu denunzieren, als vigilantes Spießbürgertum zu entlarven, stimmt "Lars and the Real Girl" eine dissonante, völlig daneben gehauene Ode auf die Suburbs an. Da wartet man fast zwei Stunden darauf, dass endlich mal jemand die Klappe aufmachen und dem Jungen wirkliche Hilfe zukommen lassen wird, während selbst geschultes Arztpersonal die im großen Stil aufgezogene Puppennummer – angeblich – zugunsten der Figur unterstützt. Doch kann dem verstörten Mann diese absurde Haltung doch unmöglich gut tun: Und wo der Film offensichtlich möchte, dass wir das Spiel genauso mitspielen wie das Kleinbürgervolk es tut, da wünscht man sich eigentlich nur, dass diesem Lars doch irgendwann auch noch einmal professionelle Hilfe vergönnt sein darf.
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