März 21, 2008

Kino: BE KIND REWIND

Seien sie so nett, spulen sie zurück. Diese Videothekenregel ist ja nunmehr eine gar altmodische, denn was der LaserDisc einst noch verwehrt blieb, das gelang der DVD rasch flächendeckend, wenn vielleicht auch nicht allzu nachhaltig: Der Durchbruch, und damit kein Zurückspulen mehr. Einer der Vorteile des neuen Mediums bestand sicherlich im verringerten Gefahrenrisiko, dessen sich die Videotapes noch ausgesetzt sahen. Denn das ist ja alles nicht so einfach: Gegen das nächstgelegene Atomkraftwerk muss man sich mikrowellen- sicher mit Aluminiumfolie und zum Mittagessen stets mit Blechsieb auf dem Kopf schützen, und gegen das boomende DVD-Geschäft der Konkurrenz hilft die Tugend über der Not – nachdem alle Magnetbänder durch den verstrahlten Jack Black gelöscht wurden, muss Videoladen-Aushilfe Mos Def zum Masterplan übergehen und die besonders gefragten Titel einfach neu drehen. "RoboCop" im Hinterhof, "Rush Hour 2" auf dem Dach, "Driving Miss Daisy" in einer alten Rostlaube auf vier Rädern. Und die Kunden lieben es!

Schließlich bekommt die selfmade-Bande jedoch bald Ärger mit den Rechtsvertretern der Hollywoodstudios (wunderbar: Sigourney Weaver) und muss kurzerhand Produktionen eigenen geistigen Besitzes für die Schlange stehende Kundenmeute in Auftrag geben. So besinnen sie sich unter Ägide von Shopbesitzer Danny Glover auf die Legende ihres Viertels, den schwarzen Jazzpianisten Fats Waller, und drehen einfach ein Biopic unter Mithilfe ihrer Kundschaft. Wie man hier schon vermuten darf, ist Michel Gondrys "Be Kind Rewind" nicht unbedingt die angekündigte Verballhornung diverser Kinovorbilder, keine ausschließlich verspielte, liebenswürdige Verbeugung vor der Kleinkunst. Ein wenig tarnt sich der Spaß einfach als Filmparodie, deren veralbernder Teil zunehmend vom sozialkritisch aufgesetzten Nebenstrang zurechtgewiesen wird: Der alte Videoladen nämlich soll abgerissen werden, und nur um auch das zu verhindern, wird der Remakeplan bald so tatkräftig umgesetzt.

Somit erzählt dieser Film keine Geschichte über die Liebe zum Kino, formuliert kein Plädoyer für kleine Imitatoren, die zu großen Filmemachern werden, sondern bewundert lediglich den Zusammenhalt einer Gemeinschaft, feiert den kleinen einfachen Mann. Das Nachspielen der Vorbilder ist nur eine nette Beigabe, ein Mittel zum Zweck. Spätestens ab der zweiten Hälfte ergeht sich der ohnehin wenig peppige, uninspirierte Ulk in Rührseligkeiten, die das Versprechen (oder die Hoffnung) eines reflektierten Filmspaßes nicht einlösen können. Überhaupt ist Gondry gar nicht bei der Sache: Die Ideen in der Umsetzung der Minifilme bieten sich doch förmlich von selbst an, doch nutzen tut er die wenigsten, das meiste wiederholt sich nur, die gewählten Beispiele sind belanglos und lassen keine Möglichkeit für Kommentare zu. Und die will der Regisseur vermutlich auch gar nicht: Die filmischen Opfer werden weder mit Biss noch mit Scharfsinn vorgeführt, sie werden von Gondry nicht einmal sichtlich geliebt. Das alles dient nur der Vorbereitung eines kitschigen Friede-Freude-Eierkuchen-Finales.

Sieht man von einer beeindruckenden Montage, die sämtliche nachgedrehte Filme im Schaffensprozess zusammenfügt, ab, bleibt nur eine unkreative, ohne visuelle Einfälle aufbereitete Ode an die Provinz, an die Kraft der Imagination. Dass die Viertelbewohner hier zuletzt eine Stadtgeschichte nach- drehen, die gar nicht stattgefunden hat, ließe auf ein schönes Bekenntnis zur Kunst und ihrer Funktion schließen, doch selbst der dem Geschehen inhärente Ansatz, aus Imitation könne letztlich neuer originärer Einfallsreichtum erschaffen werden, erstickt im harmlosen, nach friedvollem Konsens eifernden Schluss. Vielleicht sollte sich Gondry mal wieder mit Charlie Kaufman zusammentun. Dessen Drehbücher übersetzte er wunderbar in fantasievolle Basteleien – und kam erst gar nicht in Versuchung, eigenen Ambitionen gerecht werden zu müssen.


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