Da sind sie wieder, die üblichen Verdächtigen - Johnny Knoxville (Chef und Rekordhalter im Ohnmächtigwerden bei den Dreharbeiten), Steve-O (der, der immer kotzt), Bam Margera (der, der immer seine Eltern quält), Ryan Dunn (der mit dem Bart), Chris Pontius (der, der sich bei pulsierenden Technobeats gern auszieht), Dave England (der, der ziemlich gewagte Skateboardakrobatik vollführt), Jason "Wee Man" Acuña (kleiner Mann ganz groß), Preston Lacy (die Kampfwurst) und Ehren McGhehey (der mit den angeklebten Schamhaaren im Gesicht). Und mit ihnen kommen die neusten Ergüsse sadomasochistischer Selbstmalträtierung, als da wären: Angelhaken durchs Wangenfleisch bohren („I can't believe I'm fishing with Steve-o as my bait!“), Pferdesperma trinken, Pferdekot kauen, Stierkampf mit blindem Matador, Bier in den Analbereich einflößen, sich als freizügige, will heißen mit herauspurzelndem Hodensack präsentierende Rentner verkleiden und die Hip-Hop-Voroorte unsicher machen, und viele, viele irrsinnige Stunts, Experimente und anarchistische Selbstversuche, ganz nach dem Motto: "Because it was funny."!
Da gibt es nichts zu diskutieren. "Jackass", das ist für manch einen der bebilderte Untergang abendländischer Kultur, ein grauenvolles Exempel menschlicher Fehlentwicklung und eine fragwürdige Aushebelung von Wert und Sitte, die alle in den Verfall treiben wird. Nicht umsonst entspringt 'Party-Boy' Chris Pontius im Luziferkostüm einer zur sinnbildlichen Hölle umfunktionierten Baustelle und wedelt vor den Augen entsetzter Passanten groß mit der Aufforderung: "Keep God out of California!", hier gibt es höchstens Platz für blasphemische Chaosexzesse. Normal sein ist schon lange uncool. Sich normal verhalten erst recht. Und was überhaupt ist schon normal? Etwa in Anbetracht all dessen, was die Jungs dort zu unserem vermeintlichen Entsetzen fabrizieren, den Blick abzuwenden? Dann sind Millionen Menschen streng genommen unnormal. Wobei das ja nun eigentlich auch wieder kein Geheimnis ist.
Es lässt sich lange drehen und wenden, am Ende gibt es die, die das Kino stürmen, und die, die es vorzeitig wieder verlassen oder gar nicht betreten, und in jedem Falle werden Zugehörige erster Kategorie mit abermals die Grenzen der Grenzen durchbrechenden Nonstopattacken auf die Lachmuskeln belohnt, Zeuge einer so radikal wie konsequent unfilmischen Kinofassung (in nunmehr zweiter Runde) all der bereits in der MTV-Serie von 1999 etablierten Beispiele eigentlich beispielloser Destruktion am eigenen Leibe. So abstoßend, so unanständig das auch sein mag, es ist pure Transparenz, eine ungeformte Abbildung von Chaos und street behaviour, von Jungenstreichen und postpubertärem Unfug, wie ihn ein jeder in uns kribbeln spürt, wie man ihn in der ein oder anderen Form auch schon herausgelassen hat, und wie man es eben deshalb so urkomisch findet, was die Jungs da ob der Geschmacklosigkeit treiben.
Dabei ergäbe großes Rätseln, wie diese bizarre Form von Sadismus zu erklären sei, weniger Sinn als die Frage, warum es angesichts des überwältigenden Erfolges der Serie und Filme so legitim scheint. Mutmaßungen führen schnell zur allgemeinen Lust am – im Kontext alberner Späße und der eigenen Freiwilligkeit der Betreffenden – Leid anderer, der Schadenfreude, dem hemmungslosen Voyeurismus, den wir da bedienen. Aber wesentlich ausschlaggebender für die Wirkung dieser mehr oder weniger wahllos montierten Stunts, die sich zumeist aus einem nicht unterdrückbaren Drang der gedanklichen Partizipation am Gezeigten äußert, ist das Gemeinschaftsgefühl, das dieses mit Videokamera festgehaltene Blödelgebräu hervorruft. Nicht nur lacht der Zuschauer über diese gegenseitige Penetration, er lacht vor allem auch mit den Jungs, die sie betreiben. Und dass diese zwar offenbar nur relativ wenig respektvoll miteinander umgehen, ist dabei kein Widerspruch: In genau den Momenten, in denen sie sich alle auf dem Boden biegen vor Lachen, da sind sie so eng und gemeinsam, wie wahre Freunde vermutlich überhaupt nur sein können.
Denn diese ganzen Sauereien erwecken nicht zufällig immer auch ein wenig den Anschein von versuchten Selbstfindungsexperimenten, die Malträtierung des eigenen Körpers, um sich selbst - und um anderen - näher zu kommen. Jegliche sich aufdrängende sexuelle Konnotationen werden zumindest nicht dadurch entkräftigt, dass Trash- und Schwulenikone John Waters als Lehrmeister mit Dirigierstab auftritt. Und nicht zuletzt steht "Jackass" mit seiner Geschmacklosigkeit und bewussten Provokation überdeutlich in genau dieser Tradition des Tacky Cinema, und setzt die feierlichen Orgien der Grenzüberschreitung aus Waters' "Pink Flamingos" (1972) fort: Wo Drag Queen Divine einst frischen Hundekot verspeiste, da wird derweil eben Pferdesperma verzehrt - so lange es dem Initiationsritus dienlich ist, sei es den Probanden doch vergönnt. Diese Bilder mögen abstoßend sein, in ihrer unbefleckten Reinheit sind sie dennoch umso ehrlicher. Von wie vielen Filmen kann man das denn schon noch behaupten?
70%
Da gibt es nichts zu diskutieren. "Jackass", das ist für manch einen der bebilderte Untergang abendländischer Kultur, ein grauenvolles Exempel menschlicher Fehlentwicklung und eine fragwürdige Aushebelung von Wert und Sitte, die alle in den Verfall treiben wird. Nicht umsonst entspringt 'Party-Boy' Chris Pontius im Luziferkostüm einer zur sinnbildlichen Hölle umfunktionierten Baustelle und wedelt vor den Augen entsetzter Passanten groß mit der Aufforderung: "Keep God out of California!", hier gibt es höchstens Platz für blasphemische Chaosexzesse. Normal sein ist schon lange uncool. Sich normal verhalten erst recht. Und was überhaupt ist schon normal? Etwa in Anbetracht all dessen, was die Jungs dort zu unserem vermeintlichen Entsetzen fabrizieren, den Blick abzuwenden? Dann sind Millionen Menschen streng genommen unnormal. Wobei das ja nun eigentlich auch wieder kein Geheimnis ist.
Es lässt sich lange drehen und wenden, am Ende gibt es die, die das Kino stürmen, und die, die es vorzeitig wieder verlassen oder gar nicht betreten, und in jedem Falle werden Zugehörige erster Kategorie mit abermals die Grenzen der Grenzen durchbrechenden Nonstopattacken auf die Lachmuskeln belohnt, Zeuge einer so radikal wie konsequent unfilmischen Kinofassung (in nunmehr zweiter Runde) all der bereits in der MTV-Serie von 1999 etablierten Beispiele eigentlich beispielloser Destruktion am eigenen Leibe. So abstoßend, so unanständig das auch sein mag, es ist pure Transparenz, eine ungeformte Abbildung von Chaos und street behaviour, von Jungenstreichen und postpubertärem Unfug, wie ihn ein jeder in uns kribbeln spürt, wie man ihn in der ein oder anderen Form auch schon herausgelassen hat, und wie man es eben deshalb so urkomisch findet, was die Jungs da ob der Geschmacklosigkeit treiben.
Dabei ergäbe großes Rätseln, wie diese bizarre Form von Sadismus zu erklären sei, weniger Sinn als die Frage, warum es angesichts des überwältigenden Erfolges der Serie und Filme so legitim scheint. Mutmaßungen führen schnell zur allgemeinen Lust am – im Kontext alberner Späße und der eigenen Freiwilligkeit der Betreffenden – Leid anderer, der Schadenfreude, dem hemmungslosen Voyeurismus, den wir da bedienen. Aber wesentlich ausschlaggebender für die Wirkung dieser mehr oder weniger wahllos montierten Stunts, die sich zumeist aus einem nicht unterdrückbaren Drang der gedanklichen Partizipation am Gezeigten äußert, ist das Gemeinschaftsgefühl, das dieses mit Videokamera festgehaltene Blödelgebräu hervorruft. Nicht nur lacht der Zuschauer über diese gegenseitige Penetration, er lacht vor allem auch mit den Jungs, die sie betreiben. Und dass diese zwar offenbar nur relativ wenig respektvoll miteinander umgehen, ist dabei kein Widerspruch: In genau den Momenten, in denen sie sich alle auf dem Boden biegen vor Lachen, da sind sie so eng und gemeinsam, wie wahre Freunde vermutlich überhaupt nur sein können.
Denn diese ganzen Sauereien erwecken nicht zufällig immer auch ein wenig den Anschein von versuchten Selbstfindungsexperimenten, die Malträtierung des eigenen Körpers, um sich selbst - und um anderen - näher zu kommen. Jegliche sich aufdrängende sexuelle Konnotationen werden zumindest nicht dadurch entkräftigt, dass Trash- und Schwulenikone John Waters als Lehrmeister mit Dirigierstab auftritt. Und nicht zuletzt steht "Jackass" mit seiner Geschmacklosigkeit und bewussten Provokation überdeutlich in genau dieser Tradition des Tacky Cinema, und setzt die feierlichen Orgien der Grenzüberschreitung aus Waters' "Pink Flamingos" (1972) fort: Wo Drag Queen Divine einst frischen Hundekot verspeiste, da wird derweil eben Pferdesperma verzehrt - so lange es dem Initiationsritus dienlich ist, sei es den Probanden doch vergönnt. Diese Bilder mögen abstoßend sein, in ihrer unbefleckten Reinheit sind sie dennoch umso ehrlicher. Von wie vielen Filmen kann man das denn schon noch behaupten?
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