Ein Fluch lastet auf dem Geschwisterpaar Ellie (Christina Ricci) und Jimmy (Jesse Eisenberg), seit ihrer unfreiwilligen Bekanntschaft mit einem Werwolf. Gleich in den ersten Minuten lässt Regisseur Wes Craven ("The Hills Have Eyes") sein haariges Monster zubeißen, ehe man sich versieht, liegen am künstlich ausgeleuchteten Straßenrand des Mullholland Drive die blutigen Überreste von Shannon Elizabeth ("Scary Movie"), deren Kurzauftritt ein ähnlich rigoroses Ende nimmt, wie die nicht gerade zimperliche Ausweidung der niedlichen Drew Barrymore nach nur wenigen Minuten in „Scream“. Zehn Jahre zuvor war es, als Craven gemeinsam mit Kevin Williamson ("Dawson’s Creek") den Slasherfilm sezierte, als sie ihn auf seine Anatomie hin untersuchten, die Regeln zusammentrugen und im gleichen Moment wieder dekonstruierten, sich all die Klischees eines Genres zu eigen machten, um sie selbstreflexiv zu durchbrechen und in einen genrehistorischen Kontext zu stellen, der durch die Film-im-Film-Ebenen in den Fortsetzungen noch weiter ausgebaut wurde.
"Scream" war eine große ironische Verbeugung vor dem Horrorfilm, und bei all der dreisten Entlarvung des Genres war es auch ein Film, der sich nicht nur mit den Regeln und Mechanismen des Stalk’n’Slashers auseinandersetzte, sondern sie völlig aus ihrem Rahmen löste, sie in die vermeintliche Realität einer Filmwelt überführte. Die Jugendlichen im Williamson-Zeitalter sind aufgeklärte Teens, die sich vom Kino schon lange nichts mehr erzählen, geschweige denn beein- drucken lassen, sondern die das Leben selbst zu einem Film machen: Sie wissen um die Berechenbarkeit ihrer selbst, und trotzdem wird sie das nicht vor dem sicheren Tod bewahren.
Für das Werwolfsgenre ist "Cursed" leider nicht das, was "Scream" für das Teenanger-in-Angst-Kino bedeutete, dafür fehlt ihm der doppelte Boden, das korrelative Element. Zwar dreht sich auch hier alles um die bekannten Themen des Williamsonschen High-School-Kosmos’, unsichere Jugendliche, den Verlust der Eltern, Beziehungsprobleme, die Frage nach der eigenen Schuld, doch er scheint sich gar nicht die Mühe machen zu wollen, diese zu einem tiefgründigen Komplex zu verflechten, sondern greift sie lediglich an der Oberfläche auf, würfelt alles einmal durch und schleudert es hinein in eine übergestylte MTV-Welt, wo coole Sounds und hippe Outfits alles bedeuten. Heraus kommt ein Neo-Heuler, dem der intelligente Umgang mit Genrekonventionen nicht gänzlich fehlt, der aber kaum am Substanziellen seiner Figuren und deren Umwelt interessiert ist.
Dabei hätte das Drehbuch so viel mehr aus diesem Stoff machen können. Richtete sich "Scream" besonders an John Carpenters "Halloween", dessen Bedeutung er im selben Moment verabsolutiert, in dem er ihn auch demaskiert und zur trivialen Popunterhaltung erklärt, so hätte sich "Cursed" als mit Referenzen gespickter Teenhorror wesentlich deutlicher auf Gene Fowlers "I Was a Teenage Werewolf" (1957) beziehen müssen. Dieser war seinerzeit nicht nur der erste wirkliche Genrevertreter, der Jugendliche ins Zentrum seiner Erzählung presste, sondern kam an genau den Punkten einer Darstellung der mittelstandsgesellschaftlichen US-Suburbs so bissig und direkt daher, wo auch Craven für gewöhnlich ansetzt, um seine selbst zerstörerischen Familienbilder zu entwerfen. In Fowlers Film sind es die Teenager, für die es keinen Platz in dieser kleinbürgerlichen Welt zu geben scheint, die Unsicherheit der Figur Tony Rivers kulminierte hier in einer graphischen Metamorphose, als Ausdruck eines elterlichen Unverständnisses für die individuelle Entwicklung ihrer Kinder. Die Erwachsenen machen sie zu schuldigen Monstren - das ist eigentlich ein prädestinierter Craven-Stoff, der in "Cursed" nur sehr unzureichend angeschnitten (Ellie und Jimmy überwinden nach dem Biss allmählich ihre Ängste) und nicht weiter verfolgt wird.
Es stellt sich dennoch die Frage, ob das von der klugen Doppelbödigkeit eines "Scream" entfernte Yuppiefilmchen deshalb nicht trotzdem überdurchschnittlich selbstironisch zu Tage tritt. In vielen Momenten erreicht "Cursed" eine verspielte Dichte, bei der zahlreiche Seitenhiebe auf TV- und Modebranche besonders im Zusammenhang mit einem künstlichen Schickimicki-Ambiente amüsanten Genre- reflexionen dienen. Die Motivation der Werwölfe im – wenig überraschenden – Finale ist so ganz und gar anderer Natur, als es bei den unfreiwilligen Mutationen eines Lon Chaney der Fall war. Wo einst die große Tragik der missverstanden Monster in den Mittelpunkt rückte, strebt man derweil regelrecht nach den haarigen Verwandlungen im Vollmond: Das kann einem in der Hollywood-High Society des 21. Jahrhunderts durchaus den Karrierekick geben. Es ist geil, ein Werwolf zu sein.Oder : "There's no such thing as safe sex with a werewolf.".
Und so schummelt sich da eben doch ein wenig der augenzwinkernde Williamson hervor, der sich nicht einfach mit dem Herunterspulen formelhafter Genreware zufrieden gibt, so unambitioniert der Film für Craven-Verhältnisse auch sein mag. Zur Ehrenrettung sei mindestens erwähnt, dass "Cursed" von Seiten des Miramax-Studios mehrfach umgeschnitten wurde, Szenen nachgedreht werden mussten (B-Mimen wie Corey Feldman oder Robert Forster hatten ihre Parts bereits absolviert, wurden jedoch ersetzt) und das ganze obendrein noch auf jugendfrei gestutzt wurde, sodass sich der Altmeister vom fertigen Schnippelprodukt mehr oder weniger distanzierte. Übrig geblieben ist ein hübscher, vergnüglicher Film, mit seichtem Grusel und selbstironischen Biss. Mehr aber auch nicht.
70%
"Scream" war eine große ironische Verbeugung vor dem Horrorfilm, und bei all der dreisten Entlarvung des Genres war es auch ein Film, der sich nicht nur mit den Regeln und Mechanismen des Stalk’n’Slashers auseinandersetzte, sondern sie völlig aus ihrem Rahmen löste, sie in die vermeintliche Realität einer Filmwelt überführte. Die Jugendlichen im Williamson-Zeitalter sind aufgeklärte Teens, die sich vom Kino schon lange nichts mehr erzählen, geschweige denn beein- drucken lassen, sondern die das Leben selbst zu einem Film machen: Sie wissen um die Berechenbarkeit ihrer selbst, und trotzdem wird sie das nicht vor dem sicheren Tod bewahren.
Für das Werwolfsgenre ist "Cursed" leider nicht das, was "Scream" für das Teenanger-in-Angst-Kino bedeutete, dafür fehlt ihm der doppelte Boden, das korrelative Element. Zwar dreht sich auch hier alles um die bekannten Themen des Williamsonschen High-School-Kosmos’, unsichere Jugendliche, den Verlust der Eltern, Beziehungsprobleme, die Frage nach der eigenen Schuld, doch er scheint sich gar nicht die Mühe machen zu wollen, diese zu einem tiefgründigen Komplex zu verflechten, sondern greift sie lediglich an der Oberfläche auf, würfelt alles einmal durch und schleudert es hinein in eine übergestylte MTV-Welt, wo coole Sounds und hippe Outfits alles bedeuten. Heraus kommt ein Neo-Heuler, dem der intelligente Umgang mit Genrekonventionen nicht gänzlich fehlt, der aber kaum am Substanziellen seiner Figuren und deren Umwelt interessiert ist.
Dabei hätte das Drehbuch so viel mehr aus diesem Stoff machen können. Richtete sich "Scream" besonders an John Carpenters "Halloween", dessen Bedeutung er im selben Moment verabsolutiert, in dem er ihn auch demaskiert und zur trivialen Popunterhaltung erklärt, so hätte sich "Cursed" als mit Referenzen gespickter Teenhorror wesentlich deutlicher auf Gene Fowlers "I Was a Teenage Werewolf" (1957) beziehen müssen. Dieser war seinerzeit nicht nur der erste wirkliche Genrevertreter, der Jugendliche ins Zentrum seiner Erzählung presste, sondern kam an genau den Punkten einer Darstellung der mittelstandsgesellschaftlichen US-Suburbs so bissig und direkt daher, wo auch Craven für gewöhnlich ansetzt, um seine selbst zerstörerischen Familienbilder zu entwerfen. In Fowlers Film sind es die Teenager, für die es keinen Platz in dieser kleinbürgerlichen Welt zu geben scheint, die Unsicherheit der Figur Tony Rivers kulminierte hier in einer graphischen Metamorphose, als Ausdruck eines elterlichen Unverständnisses für die individuelle Entwicklung ihrer Kinder. Die Erwachsenen machen sie zu schuldigen Monstren - das ist eigentlich ein prädestinierter Craven-Stoff, der in "Cursed" nur sehr unzureichend angeschnitten (Ellie und Jimmy überwinden nach dem Biss allmählich ihre Ängste) und nicht weiter verfolgt wird.
Es stellt sich dennoch die Frage, ob das von der klugen Doppelbödigkeit eines "Scream" entfernte Yuppiefilmchen deshalb nicht trotzdem überdurchschnittlich selbstironisch zu Tage tritt. In vielen Momenten erreicht "Cursed" eine verspielte Dichte, bei der zahlreiche Seitenhiebe auf TV- und Modebranche besonders im Zusammenhang mit einem künstlichen Schickimicki-Ambiente amüsanten Genre- reflexionen dienen. Die Motivation der Werwölfe im – wenig überraschenden – Finale ist so ganz und gar anderer Natur, als es bei den unfreiwilligen Mutationen eines Lon Chaney der Fall war. Wo einst die große Tragik der missverstanden Monster in den Mittelpunkt rückte, strebt man derweil regelrecht nach den haarigen Verwandlungen im Vollmond: Das kann einem in der Hollywood-High Society des 21. Jahrhunderts durchaus den Karrierekick geben. Es ist geil, ein Werwolf zu sein.
Und so schummelt sich da eben doch ein wenig der augenzwinkernde Williamson hervor, der sich nicht einfach mit dem Herunterspulen formelhafter Genreware zufrieden gibt, so unambitioniert der Film für Craven-Verhältnisse auch sein mag. Zur Ehrenrettung sei mindestens erwähnt, dass "Cursed" von Seiten des Miramax-Studios mehrfach umgeschnitten wurde, Szenen nachgedreht werden mussten (B-Mimen wie Corey Feldman oder Robert Forster hatten ihre Parts bereits absolviert, wurden jedoch ersetzt) und das ganze obendrein noch auf jugendfrei gestutzt wurde, sodass sich der Altmeister vom fertigen Schnippelprodukt mehr oder weniger distanzierte. Übrig geblieben ist ein hübscher, vergnüglicher Film, mit seichtem Grusel und selbstironischen Biss. Mehr aber auch nicht.
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