Oktober 15, 2006

Retro: POPCORN (1991)

Ziemlich behäbig beginnt der Film, mit einer höllisch schlecht inszenierten Traumsequenz, viel wirrem Gedöns und banalen Dialogen, präsentiert in äußerst unstimmiger Serienoptik, und zusammengewürfelt mit vielen als Schauspieler getarnten Knallchargen und Konventionen, um dem auch 1991 offenbar immer noch nicht gänzlich aus den Kinos verbannten Teenieslasher zu huldigen. Dass sich hinter dieser wenig einladenden Erscheinung tatsächlich eine amüsante und mit Referenzen geradezu voll gepumpte Hommage an das Trash- und B-Movie-Genre verbirgt, dafür brauch „Popcorn“ – so der gegenüber „Skinner… lebend gehäutet“ ungleich treffendere Originaltitel – leider eine gute halbe Stunde, weiß dann jedoch abgesehen von einigen Hängern und groben Schwächen im Drehbuch weitestgehend zu gefallen.

Die pannenreichen Produktionsumstände sind dabei merklich spürbar, so wurde Regisseur Alan Ormsby („Deranged“) bereits nach Drehbeginn durch den unerfahrenen Mark Herrier ersetzt, ebenso wie auch Jill Schoelen („The Stepfather“) erst nach einigen Wochen in die Hauptrolle schlüpfte. Bei aller Liebe fürs Sujet ist „Popcorn“ leider ziemlich schludrig in Szene gesetzt, so richtig weiß Herrier offenbar nicht, ob er eine liebenswerte Genreparodie oder eigentlich doch einen ernsten, etwas okkulten Thriller abliefern möchte. Erst das Finale lässt vermuten, dass er einer eher augenzwinkernden Intention folgt, wenn die Verquickung von Film-im-Film-Elementen und das Spiel mit den Grenzen von Kino und Realität den gelungenen Abschluss markieren.

So kann mit viel gutem Willen geflissentlich übersehen werden, dass das ganze technisch überaus einfältig dahin schreitet. Besonders der schwache Schnitt verhindert Drive und Kontinuität, und verträgt sich auch wenig mit der vom Drehbuch implizierten, inneren Geschlossenheit. Bei all der doppelbödigen Verspieltheit, die „Popcorn“ auszeichnet, gefallen insbesondere die stilecht arrangierten B-Movie-Ausschnitte, denen man die Liebe fürs Detail mitunter deutlicher anmerkt, als letztlich dem Film selbst. Gehuldigt wird da natürlich den Größen des Genres, seien es Jack Arnold („Tarantula“) oder William Castle („Macabre“), dem auch Elektroschocks auf Knopfdruck oder die durch den Kinosaal fliegenden Riesenattrappen entlehnt sind. Hier werden im Übrigen Erinnerungen an den zwei Jahre später entstandenen Joe Dante-Höhenflug „Matinee“ wach, genauso wie das altkluge Studentengeschwafel und der für Fiktion gehaltene Mord vor grölendem Publikum stellenweise an Wes Cravens „Scream 2“ (1997) erinnern. Herrier selbst orientiert sich strukturell wohl ein wenig an Lamberto Bavas „Demoni“, ohne allerdings an dessen drastische Make-Up-Eskapaden anzuknüpfen.

Das alles ist also gut gemeint, scheitert aber doch an seiner formalen Divergenz, offenbar wollte hier in kreativer Hinsicht jeder etwas anderes, mal Slasher, mal Gruselkomödie – und im nächsten Moment wird schon wieder mit selbstreferentiellen Zutaten um sich geschmissen, während die Produzenten wohl nach dem sicheren R-Rating schielten. Ein waschechter Flop wurde „Popcorn“ dennoch, angesichts seiner sperrigen Art nicht verwunderlich. So etwas lässt sich schwer verkaufen, die Unausgegorenheit des Films ist schon im Trailer zu erahnen. Und doch, die charmante Naivität, die bemühte Unbeschwertheit, die Herrier hier aufbringt, ist immer noch wesentlich angenehmer als so vieles, was der seelenlose Genremarkt sonst zu bieten hat.

5/10