Seine großen Jahre in der Traumfabrik nährten sich unaufhaltsam dem Ende, von Kritik und Publikum mit zunehmend weniger Interesse wahrgenommen, legt doch auch dieser zehnte Film von Regielegende Preston Sturges (
"Sullivan's Travels") abermals Zeugnis seines Rufes als Ingenium Hollywoods ab, beweist als fesselnd inszenierte und vor allem meisterlich erzählte, mit satirischen Elementen angereicherte Mischung aus der Sophisticated-Screw- ball-Comedy und den schwarzen Thrillermotiven einer Krimigeschichte die bissige Einzigartigkeit des ehemaligen Theaterautors.
"Unfaithfully Yours" spielt erneut genüsslich mit den Erwartungen des Zuschauers, der Film pendelt bewusst und überaus geschickt bereits in den ersten Minuten hin und her zwischen spritziger und ironischer Komödie sowie einer stoischen Ernsthaftigkeit. Zu verdanken ist dieser Effekt neben allerlei Regieeinfällen auch dem zwielichtigen Spiel des großartigen Rex Harrison ("Anna und der König von Siam"), der blitzartig von der einen zur nächsten Minute sympathisch liebäugelnd und abstoßend-zynisch zugleich auftritt. Dass Sturges seinen Film selbst jedoch von Beginn an als ungemein genüsslich-subversive Satire auf den Schmalz und vermeintlichen Glamour der Hollywoodromanzen anlegt, das wird erst im weiteren Verlauf und bis zum herrlich ausgefallenen Ende deutlich, ist die überkandidelte Darstellung des sich ununterbrochen die Liebe beschwörenden Ehepaares Ausdruck feinsinniger Ironie.
Bemerkenswert nüchtern, regelrecht trocken, entwickelt der Regisseur den aufkommenden Verdacht seiner im wörtlichen Sinne dirigierenden Figur, die eigene Frau verfalle der Untreue und betrüge ihren erfolgreichen Mann mit dem jüngeren Sekretär. Auf der einen Seite ist Harrisons Charakter gekennzeichnet durch selbstsichere Egozentrik, andererseits etabliert sich dessen „zweites Ich“ als eifersüchtiger, übertrieben energischer Ehemann umso unvermittelter – als Ausdruck der Unsicherheit vor dem anderen, „erstarkten“ weil selbst bestimmenden Geschlecht, als eine süffisante Note zum Klischeetypus des Mannes im Film.
Will somebody "get her" tonite?
Für den obligatorischen turning point seiner prinzipiell leichtfühligen Geschichte, die ebenso als schwarze Komödie funktioniert, wählt Sturges einen höchst raffinierten Kunstgriff: Er dehnt die simple Idee beliebig aus, indem er den Protagonisten drei tagträumerische Visionen heimsuchen lässt, jeweils durchschnitten während des abendlichen Konzerts, bei dem der Dirigent just in dem Augenblick, als er zumindest musikalisch den Ton angibt, jegliche Dominanz und Gültigkeit zu verlieren glaubt. Alle drei Varianten umfassen dabei die Konfrontation der Frau mit dem Vorwurf des Ehebruchs gegenüber ihrem Mann. Der Zuschauer weiß jedoch beim Eintreten der ersten möglichen Version noch nicht, dass diese nur dem eifersüchtigen Hirngespinst des Mannes entspringt, obwohl dies stilistisch sogar deutlich angekündigt wird, nähert sich die Kamera vom Orchester aus immer weiter den starren Augen Harrisons, bis sie in der linken Iris zu verschwinden scheint, eingetaucht in seine grenzenlose Gedankenwelt.
Beim Zuschauer forciert Sturges in dem Moment, wenn sich das Gesehene als nicht reale Ansammlung existentialistischer männlicher Ängste entpuppt, ein gleichermaßen überraschendes wie erleichterndes Gefühl, denn so absurd es hier zugehen mag, das entspricht wohl kaum dem Sujet des Regisseurs, würde er sich nicht hinter den Illusionen einer Figur verbergen. Die jeweiligen Episoden sind dabei makaber, naiv und äußerst originell konstruiert, vor allem aber unheimlich treffsicher in ihrer Wirkung, inszeniert Sturges die beiden nachfolgenden Träume doch wiederum kurz und prägnant, nachdem das Schema bekannt ist.
Formal sind diese nicht nur mit dem wiederkehrenden Motiv des Zooms einer deutlichen Zäsur unterzogen, sondern stets musikalisch mit der „tatsächlich“ dirigierten Orchestrierung unterlegt. Wenn dann das Ende des feierlichen Abends hereinbricht, steigt die Spannung unaufhörlich, arbeitet die Dramaturgie doch nur auf die Frage hin, welche der Möglichkeiten nun am ehesten der Wahrheit entsprechen würde, gleich wenn sich der Film hier ein wenig in etwas deplaziertem Slapstick verirrt. Die tatsächliche Auflösung soll an dieser Stelle dennoch nicht verraten werden. Dabei tritt der Regisseur unterschwellig den Beweis an, dass seine letztlich durch und durch dem Film-Noir zugeordneten Stilmittel keine Genregrenzen kennen. Umso mehr ist "Unfaithfully Yours" ein wunderbarer, mitunter sehr untypischer Sturges-Film, der einen vorzeitigen Schlusspunkt unter eine so unverwechselbar vielseitige wie einzigartige Karriere setzt.
85%