Juli 07, 2006

Kino: CARS

Der eigensinnige, aber zielstrebige Rennwagen Lightning McQueen ist der Star aller Races, wird gefeiert und umjubelt wie kein anderes Auto. Auf der nächtlichen Überführung zum größten Sportereignis des Landes, dem Piston Cup, allerdings passiert dem Champion ein Unglück: Er kommt vom Weg ab und verirrt sich in das Wüstennest Radiator Springs. Dort trifft er auf lädierte und provinzielle Vierräder, die mit seinem Ruhm wenig anzufangen wissen, muss den Schaden von seiner stürmischen Ankunft beseitigen und verliebt sich nebenbei in die Porschelady Sally.

Mit ihrem neuen Film "Cars" verlassen die Pixar-Studios gewohntes Terrain und erzählen eine Geschichte, bei der Menschen selbst in sekundärer Erscheinung keine Rolle spielen - sie existieren einfach nicht. Stattdessen entführt uns John Lasseter, der erstmals nach "Toy Story 2" (1999) wieder die Regie übernahm, in eine Welt, die durch und durch aus Autos besteht und trotz des Mangels an jeglichem biologischen Leben offenbar von ihnen erschaffen wurde. Diese Herangehensweise eliminiert das Prinzip der Parallelwelt, das Zentrum vergangener Pixarwerke: Ob im Kinderzimmer das Spielzeug ein Eigenleben führt oder der Alltag von Ameisen und Fischen stets durch die Bedrohung Mensch geprägt ist, die Handlung umfasste eine eigene kleine Welt, angesiedelt in eben der wirklichen.

Tatsächlich will diese neue Idee nun auch nicht so wirklich zünden. Die bisherige Vermenschlichung der Tiere und Gegenstände (die aber menschen- bzw. tierähnlich sind) war und ist der Schlüsseleffekt der meisten Animationsfilme, dies gelingt in "Cars" jedoch nur ansatzweise, zu sehr fehlt der richtige Bezug und zu abstrakt ist die Idee letztlich. Mit dem Fehlen eines Makrouniversums gehen dem Film zudem die Chancen verloren, von der einen in die andere Welt einzuwirken, was insbesondere bei den "Toy Story"-Produktionen zu aberwitzigem Situationswitz führte, sowie die Gelegenheit bot, einen gewissen kritischen Subtext unterzubringen.

Abgesehen von diesem doch grundsätzlichen Problem des Films, der ihn leider auch zum bislang schwächsten des Studios macht, liefert Regisseur und Co-Autor Lasseter mit "Cars" Animationsunterhaltung ab, die qualitativ nichtsdestotrotz immer noch weit über dem steht, was die Konkurrenz um DreamWorks und Co. mitunter abliefern. Zwar hapert es hier und da erstaunlicherweise am Plot, der einfach allzu vorhersehbar ist, doch was Pixar hier künstlerisch im wahrsten Sinne des Wortes auffährt, stellt alles bislang Gesehene wohl oder übel in den Schatten. Landschaften von atemberaubender Genauigkeit, Autos und Straßen animiert mit unvergleichlicher Detailbesessenheit und Hintergründe, an denen man sich nur schwer Satt sehen kann – State-of-the-art in beinahe jeglicher Hinsicht.

Sowohl die Main- als auch die Sidekick-Charaktere sind liebevoll und ideenreich entwickelt, werden zudem großartig gesprochen von Owen Wilson, Bonnie Hunt und allen voran Paul Newman. Wie gewohnt sitzen die Pointen und feinen Nuancen, der Humor ist mal naiv und zurückhaltend, mal direkt und etwas brachial, aber stets ist der Film von einer wundervollen Liebenswürdigkeit durchzogen, die Groß und Klein gleichermaßen begeistern dürfte. Nicht deplaziert, sondern überaus angenehm fällt dabei eine gewisse Schwermütigkeit auf, die an Stelle einer zu deutlich formulierten Intention tritt.

Das siebente Spielfilmabenteuer aus dem Hause Pixar ist ein leider wenig schwungvoller, mit rund zwei Stunden Spielzeit insgesamt zu lang geratener Animationsspaß, der leider nicht so funktioniert, wie es wohl gedacht war. Trotz seiner vergleichsweise schwachen Geschichte überzeugt "Cars" aufgrund seiner Animation insgesamt dennoch als technisch ausgereiftes Glanzstück.


60%