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Dezember 03, 2013

Kino: INSIDE LLEWYN DAVIS

Die Arbeiten der Gebrüder Coen sind immer dann am stärksten, wenn ihr ausdauerndes filmemacherischeres Gewitzel persönliche Färbung erhält. Mit "Inside Llewyn Davis" gönnen sie sich nun eine nostalgische Reise zurück ins New York der frühen 60er-Jahre, als das Folk-Revival seinem Höhepunkt entgegensteuerte. Ein intimer, melancholischer, herzensguter Coen-Film, in dem es einmal nicht nur um den ganz großen Ulk geht. [...]

November 30, 2011

Kino: IN TIME

Zeit ist Geld, diese Redewendung erfährt im neuen Film von Andrew Niccol eine ganz neue Bedeutung. Der Sci-Fi-Thriller "In Time – Deine Zeit läuft ab" beschreibt, wie Menschen aufgrund einer genetischen Veränderung im Alter von 25 aufhören zu altern. Ein rückwärts laufender Timecode aktiviert sich auf ihrem Unterarm und erinnert fortlaufend daran, dass das letzte Lebensjahr begonnen hat. Ist die neongrüne Uhr auf der Haut erst einmal heruntergezählt, schaltet sich der Körper von einem Moment zum nächsten einfach ab. Keine Zeit, kein Leben.

Einzig den Wohlhabenden der Gesellschaft jenseits der Ghetto-Timezones ist Unsterblichkeit vergönnt. Sie handeln mit Zeit, erkaufen und verwalten sie. Ihre Lebensuhren laufen zwar ebenfalls rückwärts, werden jedoch regelmäßig um Jahrzehnte, wenn nicht gar Jahrhunderte erweitert – wie Geld, das sich auf Konten anhäuft. Zeit also ist kein selbstverständlich verfügbares, allgemeines Gut mehr, sondern eine lebensverlängernde und –sichernde Ware, die Macht und Stärke symbolisiert. Und wer nicht Acht gibt auf seinen Timecode, der kann auch einfach seiner Lebenszeit beraubt werden, durch Auf- bzw. Entladung per Armberührung.

Diese phantastische Prämisse, die in ihrem technisch-biologischen und sozialen Prinzip an die futuristischen Ideen eines Philip K. Dick erinnert, ist zweifellos interessant genug, um aus ihr einen mitreißenden und klugen Science-Fiction-Film zu entwickeln. Mitreißend ist "In Time" dann auch über weite Strecken, nur an der Ableitung tiefer gehender Gedanken, vielschichtiger Überlegungen oder profunder Schlüsse aus seiner Idee ist der Film wenig interessiert. Das ist sicherlich verschmerzbar, aber auch insofern eine Enttäuschung, als Niccol ebendies mit seinem Regiedebüt, dem Biopunk-Sci-Fi-Drama "Gattaca", vor einigen Jahren noch wunderbar gelang.

Im Zentrum der Handlung steht Will (Justin Timberlake), ein einfacher Arbeiter aus dem Armenviertel, der stets am Limit seiner Zeit lebt: Sein tägliches Gehalt entscheidet, ob er auch den nächsten Morgen noch erleben wird. Als Will bei einem Feierabendbier (kostet etwa eine Stunde, bezahlt wird wie überall über einen Arm-Scanner) einem von kriminellen Zeiträubern bedrohten Fremden hilft, überlässt dieser ihm im Schlaf dessen gesamte Kapazität. Plötzlich verfügt Will nicht nur über 100 Jahre mehr Lebenszeit auf seinem Timecode, sondern muss auch erklären, warum der von ihm gerettete Mann nun tot unter einer Brücke liegt.

Während der Wohlhabende wider Willen sein Vermögen erst einmal dazu nutzt, das durch hohe Grenzgebühren abgeriegelte Ghetto zu verlassen und Lebensjahre im Casino zu verschleudern, sind ihm die so genannten Timekeeper (angeführt vom wie immer unfassbar charismatischen Cillian Murphy) auf den Fersen – eine Quasipolizei, die die bestehenden Ungleichheiten aufrecht erhält. Als man Will des Mordes am unbekannten Zeitspender bezichtigt, kidnappt er die vermögende Despotentochter Sylvia (Amanda Seyfried) und startet eine halsbrecherische Vergeltungstour gegen das Zweiklassensystem.

Die Idee ist stark und sie trägt den Film. Dass Niccol sie bestenfalls für eine recht platte und abgehangene Kapitalismuskritik bemüht, dem aktuellen Gesinnungstrend aus weltweiten Bürgerprotesten gegen die "Diktatur der Finanzmärkte" nur allzu dienlich, schadet "In Time" als Unterhaltungsfilm nicht. Der Verzicht auf eine intensivere Beschäftigung mit dem Thema (ein derartiges System wie das im Film dargestellte kann eigentlich keine zivilisierte Gesellschaftsordnung mehr zulassen) ermöglicht natürlich die Fokussierung auf einen genretypischen Road-Movie-Plot und dessen unverzichtbarer Liebesgeschichte.

Timberlake und Seyfried bilden ein charmantes Paar (wie sie einmal, ganz uneitel, auch selbst im Film feststellen), werden allerdings beide von Niccols Drehbuch in entscheidenden Momenten im Stich gelassen: Ihre schlussendliche Auflehnung gegen die herrschenden Zustände erscheint schlicht vollkommen unmotiviert. Timberlakes Figur entwickelt sich im Laufe der Handlung aus unerklärlichen Gründen zum Robin Hood, während Seyfrieds plötzlicher Ausbruch aus dem Establishment (nach ihrer Entführung!) mit keiner Silbe oder Geste begründet wird.

Freunde so genannter Logik werden da im Kohärenzabgleichen noch über ganz andere Ungereimtheiten stoßen (nicht einmal die Hälfte der Besetzung geht äußerlich noch als 25jährig durch), und Probleme im Timing des stets auf die Tube drückenden und etwas zu sehr auf vordergründige Plotentwicklung abzielenden "In Time" fallen zusätzlich ins Gewicht. Unterm Strich ist das alles andere als ein schlechter Film, aber seine Zeit-Metapher gedanklich weiterzuspinnen ist letztlich irgendwie reizvoller, als deren eigentlicher Umsetzung zuzuschauen.


50% - erschienen bei: gamona

Oktober 07, 2010

Kino: THE SOCIAL NETWORK

Endlich ein Film über Arschlochstudenten. Verwöhnte, schnöselige, karrieregeile Arschlochstudenten. Schmierige Rich Kids in schlecht sitzenden Designeranzügen, Absolventen von Elite-Unis, die jede Statistik zerbröseln, aber keine vernünftige Unterhaltung führen können. Und David Fincher mag sie nicht. Aber das lässt er sich nicht anmerken, sein Film blickt nicht herab auf den Größenwahn der Jungunternehmer und Superverdiener von morgen, er begibt sich in ihr Milieu, untersucht, beobachtet, seziert es, bis es gänzlich entkleidet vor sich selbst zurückschreckt. "The Social Network" ist, wider Erwarten, kein Film über das Phänomen Facebook, er ergründet vielmehr das gesellschaftspolitische Phänomen eines Anfangzwanzigjährigen, der es mit einer einzigen Idee zum Multimilliardär schafft. Paradox, und letztlich selbst dem Film nicht ganz begreiflich, ist dies der zweistündige (Rekonstruktions-)Versuch, die unglaubliche und trügerische Erfolgsgeschichte des Harvardstudenten Mark Zuckerberg nachzuvollziehen.

Trotzdem "The Social Network", wie schon erwähnt, kein Film ist, der am Massenphänomen sozialer Netzwerke sonderliches Interesse bekundet, ja, diese nicht einmal verhöhnt, lässt er es sich nicht nehmen, seine symbolträchtige Aufsteigerstory in einen kritischen Bezug zum Erfolgsobjekt der Begierde zu setzen: Im Grunde ist es nicht relevant, welches konkrete Unternehmen die Unverhältnismäßigkeiten der freien (oder sozialen?) Marktwirtschaft antreibt (dieser Film funktioniert auch gänzlich allegorisch), und doch besteht Fincher darauf, den Widerspruch eines globalen Netzwerks, das soziale Kontakte intensivieren, vergrößern oder überhaupt erst produzieren soll, ausgerechnet als Erfindung eines sozial weitgehend inkompetenten Egozentrikers herauszuarbeiten. Insofern geht es hier vor allem um die Machtkämpfe der Harvardstudenten, um finanzielle und kreative Beteiligungen, um Plagiatsbeschuldungen, um den unerbittlichen Konkurrenzkampf in der Mensa. Auf dem Weg nach oben gilt es schließlich einige Hürden zu überwinden. Oder, wie es die Tagline des Films so treffend formuliert: "You don't get to 500 million friends without making a few enemies."

Und natürlich amüsiert sich der Film über das, was er zu ergründen versucht. Das ist zum Teil Verzweiflung, weil ihm die hochstaplerischen Eliteheinis suspekt sind, aber auch seine Interpretation der kuriosen Vorstellung, dass man mit einem anfänglichen Universitätsnetzwerk zum weltweiten Erfolgsgiganten mutieren kann. Wenn der Trailer seine Bilder mit den Lyrics einer Coverversion des Radiohead-Songs "Creep" unterlegt, verrät er auch, dass er diese ständig vor sich her faselnden Kids zwischen Größenwahn und raffinierter Strategiewut nur als weirdos begreifen kann. Insofern bezieht "The Social Network" Stellung, bleibt aber größtenteils dennoch – ganz wie Finchers meisterlicher "Zodiac" – ein Film, der sich mittels seines sorgfältigen Drehbuchs höchst konzentriert auf das Faktische beschränkt. In einer unfassbaren Fülle an cleveren Dialogen, mit einer detailgetreuen und präzisen Beobachtungsgabe.

Auch wenn das letztlich kein Film sein mag, der die Herzen seiner Zuschauer erobern wird, so ist es doch zumindest Finchers bisher reifste Regiearbeit. Formal auf das Wesentliche beschränkt, im völligen Verzicht ausgestellter Inszenierungskniffe und ganz ohne die ästhetische Verliebtheit in blumige Ausschmückungen. Keine durch Türschlitze gleitenden Kamerabewegungen, keine visuellen Verspieltheiten, keine erschöpfenden Legitimierungsversuche der eigenen (einstigen) Disziplinlosigkeit. Diese Geschichte ist so spannend und stark, dass auch Fincher sie mit aller Konzentriertheit erzählen möchte. Nach seinem klebrigen Regierausch mit "Benjamin Button" ist "The Social Network" die unerwartete, erfreuliche Selbstbesinnung eines Regisseurs, der vom Budenzauber Hollywoods und seiner eigenen Videoclipvergangenheit rehabilitiert scheint. Und es ist ein inspirierender Film. Ich empfehle Christopher Nolan, ihn sich genau anzusehen.


80% - erschienen bei den: 5 FILMFREUNDEN

Juli 10, 2007

Kino: BLACK SNAKE MOAN

Einst war Lazarus (Samuel L. Jackson) einer der angesagten Bluesmusiker seiner Gegend irgendwo in den Südstaaten. Mittlerweile allerdings fristet er abgehalftert und verbittert ein armseliges Dasein in seinem abgelegenen Häuschen. Bis ihn eines Tages das Schicksal heimsucht: Auf offener Straße findet er die junge Rae (Christina Ricci) – bewusstlos und schwer verletzt. Lazarus beschließt sie zu sich zu nehmen und gesund zu pflegen. Bei seinen Nachforschungen kommt er schnell dahinter, dass Rae als Stadthure verschrien und drogenabhängig ist, während ihr Freund Ronnie (Justin Timberlake) seine Zeit beim Militär absolviert. Um sie von ihren ‚Dämonen’ zu befreien, kettet Lazarus das Mädchen an eine Heizung und entwickelt eine intensive freundschaftliche Beziehung zu ihr.

"Black Snake Moan" ist kein gewöhnliches Südstaaten- Melodram, sondern erzählt in schicken und modernen Bildern eine zwar nicht ungewagte, tendenziell jedoch überaus altmodische Geschichte. Denn so unverhüllt und dirty die Grundsituation – greiser Bluesmusiker treibt fescher Kleinstadt-Nymphe den Teufel aus – erscheinen mag, hinter den gewitzten und herben Dialogen verbirgt sich lediglich eine ziemlich biedere Moral: So darf sich Ricci nicht nur für den Bund der Ehe und damit gegen ein umtriebiges Teenagerleben entscheiden, sondern Jackson sich auch gleich noch auf alte Tage berufen – als jemand, der eigentlich vom Glauben abgekommen war, schöpft er mittels Notfall-Exorzismus neue Kraft. Dabei hätte den Figuren ein wenig mehr Tiefe nicht geschadet, zumal Brewers Film ein merkwürdig misogynes Rollenverständnis hat: In der Welt von "Black Snake Moan" haben Frauen nichts anderes im Sinn als rumzuvögeln und ihre gut situierten Männer zu verlassen, die dann folgerichtig als Lebenswrack enden. Wären da nicht die gefühlvollen, puren Musikmomente, in denen Jackson zur Gitarre greift und manch rostigen Blues anschlägt, müsste man nach Brewers tollem "Hustle and Flow" von einer herben Enttäuschung sprechen.

45% - erschienen bei: DEADLINE

Januar 20, 2007

Kino: ALPHA DOG

Ungewöhnlich ist sie schon, die Praxis des Films, der sich eines wahren Falls bedient: Jesse James Hollywood galt auf der „Most Wanted“-Liste des FBI als einer der jüngsten Straftäter aller Zeiten, als verdächtigter Initiator des Mordes an einem 15jährigen High School-Schüler. Mehrere Jahre auf der Flucht, konnte er 2005 schließlich gefasst werden und muss – so erklärt es der Film "Alpha Dog" – nun mit der Todesstrafe rechnen. Damit nimmt sich Nick Cassavetes ("John Q") eines Stoffes an, der noch nicht einmal verhandelt wurde, und klärt einen der spektakulärsten Mordfälle der USA gleich selbst: Im Kino. In Farbe. Mit viel Testosteron, heißen Girls, schnittigen Autos, Drogen, Sex und was sonst noch dazu gehört. Der Independentfilm ist sich dabei durchaus bewusst, dass er ein reales Szenario zur stilisierten Erhebung der Generation X umfunktioniert und an der Schuld und Nicht-Schuld seiner Protagonisten keine Zweifel lässt.

So rennen seine brutalen Vorortkids und Junkies ins unaufhaltsame Verderben – Partys und exzessivem Alkoholmissbrauch folgen gewaltsame Übergriffe rivalisierender Banden und bald auch organisierter Mord. Bedenkt man, dass die tatsächliche Schuld Jesse James Hollywoods noch gar nicht bewiesen wurde, erscheint "Alpha Dog" in seiner vorgegaukelten Authentizität wie eine geschmacklose Frechheit. Nicht nur verhalten sich die Teens und Möchtegern-Haudegen unter Führung Cassavetes’ wie ihre filmischen Vorbilder aus dem Universum eines Brian De Palma (natürlich hängt im Zimmer des Äquivalents Hollywoods, Johnny Truelove, ein "Scarface"-Poster) oder Quentin Tarantino (und fluchen und bewegen sich entsprechend selbst verliebt), sondern wird auch deren soziales Milieu ähnlich überraschungslos präsentiert.

Es sind die Eltern, die ihre Kinder nicht zu verstehen scheinen, vernachlässigen und ihrer selbst überlassen. Im günstigsten Fall versorgen sie sie mit Geld, um deren Drogen- und Schuldenprobleme zu finanzieren, im schlechtesten rauchen auch sie Joints und schniefen Kokain bei feierlichen Hauspartys. Cassavetes’ Sicht auf die Dinge würde in ihrer dümmlichen Banalität weniger ärgerlich erscheinen, zöge er die differenzierte Möglichkeit einer etwaigen Unschuld seiner Figuren in Betracht. Doch verantwortungslose Eltern ziehen Verliertypen heran, die ihrem Schicksal kaltblütig ausgeliefert sind und dieses auch genüsslich auskosten. Das ist nicht fatalistisch, das ist in erster Linie eindimensional und bedauerlich.

Die tatsächlichen Hintergründe dieser authentischen Personen erforderten selbstredend Recherche, deren Ergebnisse jedoch würden sich wenig mit der intendierten Darstellung von Ursache und Wirkung vereinbaren lassen, wie man sie sich im Kino des Nick Cassavetes gern vorstellt: Ganz sicher ohne einen Justin Timberlake, der sich und seine Coolness mit Freude selbst inszeniert. Und wohl auch ohne schicke Bildfilter in Videoclipästhetik, die so ganz vorbildlich die Realität verzerren können. Im Griff hat der Film seine Darsteller ohnehin nicht: Die Newcomer (darunter Ben Foster, "11:14") zelebrieren mit großer Spiellaune eine ausufernde Party auf der Leinwand, haben jedoch keinen blassen Schimmer von der Verantwortung, die ihre Figuren aufweisen. Jedoch fallen insbesondere die etablierten Namen aus dem Rahmen, diffamieren sich Bruce Willis (demnächst in "Live Free or Die Hard") als Vater des Drahtziehers Truelove und Sharon Stone (nach "Basic Instinct 2" geht es weiter bergab) als verzweifelte Mutter des Opfers durch regelrecht grotesk schlechte Leistungen selbst – das ist Over-Acting in penetrantester Erscheinung.

Besonders unangenehm entwickelt sich der Film dann, wenn für die folgeschweren Taten dieser Kids auch noch Motive in den Raum geworfen werden. Hier verhält es sich ganz wie bei der Frage um Schuld und Unschuld; Cassavetes bietet nicht an, er zwingt auf: In platten Dialogen („Hattest du auch schon mal diesen Traum? Den, in dem du etwas gemacht hast… und nicht weißt warum, aber du kannst nie wieder zurück?“) wird aus den Figuren das herausgekitzelt, was das Drehbuch nicht fähig in Subtilitäten chiffrieren konnte. Dem Zuschauer werden keine Vorschläge angeboten, die mithilfe einer Tiefgründigkeit der Protagonisten das „warum“ und „wieso“ diskutierten, sondern pseudophilosophische Antworten an den Kopf geknallt. "Alpha Dog" verharmlost ein reales Verbrechen – und ist höchst bedenklich und gründlich misslungen.

20%

Review erschienen bei: Wicked-Vision.de