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Juli 30, 2009

Kino: FANBOYS

Sie sind leidenschaftliche Film- und Comicfreaks, Fulltime-Nerds, Star-Wars-Jünger, "Fanboys": Es ist egal, ob sie einen vernünftigen Job haben, Kontakte zu Mädchen auch mal außerhalb eines Chatrooms hergestellt bekommen oder aussehen wie bleiche Couch-Potatoes, die nur notgedrungen das Tageslicht erblicken – so lange Hutch, Windows, Eric und Linus stundenlang über Chewbaccas Heimatplaneten oder das Paarungsverhalten der pelzigen Ewoks fachsimpeln können, ist die Welt für sie in Ordnung.

Das heißt: fast in Ordnung. Denn seit 1983 der letzte Star-Wars-Film, "Die Rückkehr der Jedi-Ritter", die Kinos eroberte, sind 15 lange Jahre vergangen. Jahre, in denen die Fangemeinde ein weiteres Weltraumabenteuer herbeiträumen musste und auf eine harte Geduldsprobe gestellt wurde, als George Lucas, der geistige und kommerzielle Vater des Sternenkrieger-Imperiums, eine neue Prequel- zur bekannten Ur-Trilogie ankündigte.

Kurz bevor "Episode I – Die dunkle Bedrohung" also seine geplante Erstaufführung erleben sollte, steigert sich die Vorfreude der Fanboys zu einem besonders bekloppten Plan, den Internetlegende und Berufsnerd Harry Knowles ihnen gegenüber dann auch schlicht als "the stupidest thing I've heard since Schumacher put nipples on Batman" bezeichnet.

Denn weil sie nicht mehr warten können auf jenes Großereignis, das die Kindheit des dunklen Darth Vader beleuchten würde, reisen die vier Jungs quer durch die USA, um schließlich auf der Skywalker-Ranch einbrechen und in den heiligen Hallen des Regisseurs einen Rohschnitt des lang ersehnten neuen Star-Wars-Films sehen zu können. Dass sie dort auf Sicherheitsleute im "THX 1138"-Outfit treffen werden, ahnen die übermütigen Draufgänger da natürlich noch nicht.

Und so erleben die Titelhelden auf ihrer Reise im entsprechend mit Fan-Accessoires beschmückten Kleinbus erst einmal allerlei unerwartete Abenteuer: Sie verirren sich in eine schwule Bären-Bar, geraten mit einer Horde wilder Star-Trek-Fans aneinander und treffen schließlich gar auf William Shatner, James T. Kirk höchstpersönlich, der ihnen obendrein nützliche Infos über die Inneneinrichtung der Skywalker-Ranch mit auf den Weg gibt.

Der gemeinsame Traum, das große unmögliche Ziel, dient Kyle Newmans Slacker-Komödie allerdings nur als Aufhänger für ein Road-Movie, das sich wenig bis gar nicht von konventionellen Retorten-Teen-Comedies unterscheidet. Dramaturgisch erinnert der Film an "Road Trip", das Witzniveau bewegt sich selten über der Gürtellinie, und allzu liebevoll oder detailreich bemüht die Geschichte das Wesen von Fandoms leider auch nicht. Es ist ein merklich austauschbarer Film zu einem ganz und gar nicht austauschbaren kommerziellem Phänomen.

"Fanboys" gefällt jedoch in jenen Momenten, die selbst- ironisch und distanziert den Realitätsverlust hartnäckiger Produktanhänger thematisieren, oder allzu vergnügt mit dem Insiderwissen der Star-Wars-Fans spielen. So verfehlen überraschende Cameo-Auftritte von Carrie Fisher (Prinzessin Leia), Ray Park (Darth Maul) oder Billy Dee Williams (Lando Calrissian) selbstredend nicht ihren Zweck, während sich die Anspielungen und Referenzen auch auf allerlei andere Film-Franchises erstrecken. Schließlich dürfen sogar die Ur-Film-Nerds, Kevin Smith und Jason Mewes, kurz vor die Kamera huschen.

Dass Newmans Hommage an eine an und für sich enorm interessante und faszinierende Subkultur – vor allem mit dem Bewusstsein, dass Fans mittlerweile erheblichen Einfluss auf die Produktionsverhältnisse "ihrer" Serien, Fortsetzungen oder Adaptionen haben – ihrerseits eine bewegte Geschichte hinter sich hat, ist dem Ergebnis leider oft auch negativ anzumerken. So wurde der bereits für 2007 angekündigte Film von seinen Produzenten, den Weinstein-Brüdern, trotz erfolgreicher Testvorführungen vielfach umgeschnitten und schließlich ein neuer Regisseur damit beauftragt, Szenen nachzudrehen.

In seiner jetzigen Form ist "Fanboys" bezeichnenderweise ein Fan-Kompromiss aus der ursprünglichen Version und den Änderungen seiner Produzenten. Tatsächlich aber hätte beispielsweise der von den Weinsteins beanstandete Sub-Plot, der die Krebskrankheit eines der vier Jugendlichen thematisiert, guten Gewissens gestrichen werden können – er wirkt deplatziert in einem an schlüpfrigen Gags nicht gerade armen Films, der auch sonst wenig Tiefsinniges für seine karikaturhaften Figuren übrig hat.

Natürlich fragt man sich indes die gesamte Zeit über vor allem, wie die vier Fans auf den so sehnlich erwarteten Film schließlich reagieren werden, wenn sie ihn dann endlich zu Gesicht bekommen. Hier weicht "Fanboys" der bekanntlich enormen Enttäuschung, als die "Episode I" überwiegend aufgenommen wurde, immerhin sehr clever aus. Erics Schlusssatzfrage, bevor die ersten Star-Wars-Bilder auf der Leinwand erscheinen, lautet wohl nicht ganz grundlos: "What if the movie sucks?".


50% - erschienen bei: gamona

Mai 05, 2007

Kino: THE INVISIBLE

Unschuldig ins Jenseits befördert zu werden ist ja schon eine Misere für sich. Dann allerdings auf der Schwelle von Leben und Tod einen Zwischenstopp einlegen zu müssen, um als Geist auf Erden wandeln und den eigentlich nur so halbtot vor sich her vegetierenden Körper doch noch erretten zu können, gestaltet die Lage schon weitaus problematischer. Der lethargische Schüler Nick Powell (Justin Chatwin, zuletzt an der Seite von Tom Cruise in "War of the Worlds") bleibt davon nicht verschont. Eine Verwechslung ist der Grund, weshalb ihn die draufgängerische Annie (Margarita Levieva) kaltblütig ermordet. Doch der vermeintlich tote wandelt fortan "zwischen zwei Welten", wie es der deutsche Verleihtitel schon andeutet – und möchte nichts lieber, als dass sein Körper gefunden, ehe ihm das Lebenslicht gänzlich ausgeblasen wird. Einziges Problem: Er ist unsichtbar und kann weder gehört noch gesehen werden.

Regisseur David S. Goyer ("Blade Trinity") bewegt sich mit dem Remake des schwedischen Thrillers "Den Osynlige" auf neuem Terrain. Große Gefühle und theatralischer Gestus bestimmen ein Mystery-Drama, das sich gern mit exis- tenzialistischen Fragen nach Leben und Tod, Schuld und Sühne oder schicksalhafter Vorherbestimmung auseinander- setzen würde. Leider aber ist "The Invisible" nicht viel mehr als die Teenvariante von Jerry Zuckers "Ghost" – beliebig ausstaffiert, zäh wie Kaugummi und vor allem gänzlich ziel- und ideenlos spult Goyer eine wahllose Abfolge zusammen- hangsloser Szenen herunter, ohne jegliche Motivation in der Erzählung. Von Sinn und Unsinn des Konzepts einmal abgesehen (Fragen nach der Logik bitte hinten anstellen), trifft der Film nie einen konstanten Ton: Meist gefühlsduselig und wesentlich zu dick aufgetragen, dann wieder mit Krimi- und Gruselelementen bis zum Anschlag überzogen. Was also wie ein Ausflug in die "Twilight Zone" beginnt, das wandelt sich schnell zum steifen Teenie-Drama mit besonders süßlichem Finale. Wenn hier dann jedermann um Vergebung bittet, wünscht man sich als Zuschauer nur noch eines: Wann wird’s mal wieder richtig unsichtbar?


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- erscheint bei: DEADLINE 03/07