Aus dem "Buch Daniel" von E. L. Doctorow hat Sidney Lumet einen Film "Daniel" erarbeitet, der die fiktionalisierte Geschichte des denkwürdigen Rosenberg-Falls nicht nur in Kinobilder übersetzt, sondern als politisches Melodram noch einmal neu denkt. Die erweiterte Perspektive des Stoffes, in der die Rekonstruktion des schrankenlosen Antikommunismus und entsprechenden Schauprozesses mit der Verurteilung und Hinrichtung zweier, wie heute bekannt ist, unschuldig bzw. unzureichend angeklagter Rüstungsspione zu einem Erinnerungsszenario des Sohnes verdichtet wird, behält der Film bei. Daniel (wie immer sagenhaft: Timothy Hutton) muss sich, Jahre nach dem Tod der Eltern, dem schweren Kindheitstrauma entgegenstellen, es persönlich und aber auch historisch bewältigen. Die Suche nach einer Wahrheit inszeniert Lumet ebenso als Daniels Suche nach sich selbst, wie in seinem nur wenige Jahre später gedrehten "Running on Empty" erkundet er mit ruhiger Hand die seelischen Spuren, die Risse in der Persönlichkeit eines Heranwachsenden, die Frage nach der Identität eines Menschen, der eben nicht nur von den Eltern (politischer Aktivismus als private Tyrannei), sondern dem ganzen System im Stich gelassen wurde. Im Versuch eines narrativen Essays gelingt dem Film diese Verschränkung auf einfühlsamste, teils bitterste Art, immer eindeutig, aber auch immer klug. "Is there such a thing as too much hope?", so die suggestiv fragende, bestürzende Erkenntnis eines Jungen, in dessen trostlosem Blick sich die ganze fatale Verrücktheit der McCarthy-Ära spiegelt.
90%