
Der Film entwirft in mehreren Handlungssträngen, die allesamt in einer kleinen Vorstadtgegend angesiedelt und miteinander verwoben sind, ein Panorama seelischer Abgründe. Er erzählt von einer unglücklichen Hausfrau und Mutter, die ihren Ehemann betrügt, von einem aus dem Gefängnis entlassenen Mann, der sich vor Kindern entblößte und bei seiner Mutter Schutz sucht, einem ehemaligen Polizisten, der von den Erinnerungen eines dramatischen Einsatzes geplagt wird und einem unzufriedenen Hausmann und Vater, der seine Ehefrau hintergeht. Einsamkeit, Frustration und Selbstzweifel be- stimmen diese Schicksale, die ihre gesellschaftlichen Rollen und Muster so anstandslos ausfüllen. Sie erscheinen wie Gefangene in einem einheitlichen System, das Glück und Zufriedenheit mit der Beschaffenheit des häuslichen Vorgar- tens gleichsetzt.
"Little Children" schildert den Kampf dieser Menschen gegen eine alles durchdringende Scheinidylle, die ihre Sehnsüchte nicht akzeptieren möchte. Sie alle haben ihren vorläufigen Platz in der Gesellschaft gefunden, sind verheiratet und wohlhabend oder vorbestraft und mittellos, ihnen gleich ist nichts mehr als der einfache Wunsch geliebt zu werden. Doch wenn die Ankunft in der erstrebten Bürgerlichkeit keine Garantie für individuelles Glück liefern kann, ist der zersetzende Prozess unaufhaltbar. Fields Film ist stets von einer pessimistischen Vorahnung bestimmt, was seine komischen Momente kurzlebig gestaltet und die tragischen Episoden noch viel unerträglicher wirken lässt. Diese so großartig verkörperten Figuren werden nie missbraucht oder vorgeführt, sondern sind Teil eines sensibel in Szene gesetzten Gesellschaftsquerschnitts, der den Zuschauer zu einem stillen, bewegten Beobachter macht.
Die ruhige Erzählstimme besitzt somit auch die Funktion, die einzelnen Stücke zu verbinden und verleiht "Little Children" trotz seiner episodischen Struktur einen fließenden Charakter. Die inszenatorische Stärke des Films ist jedoch eine andere: Field verzichtet fast gänzlich auf bedeutungsschwangere Symbolik. Anders als "American Beauty", der in der Wahl seiner Mittel oft grobschlächtig vorging, den Zuschauer mit artifiziellen Metaphern erdrückte und dadurch zeitweilig in jenen Pastellkitsch verfiel, den er eigentlich zu entlarven versuchte, bleiben feiner Humor und stille Tragik auf einer konstanten Linie. Der Film erhält neben seiner naturalis- tischen Photographie und dem nüchternen Schnitt gerade durch den Verzicht von Überspitzung eine enorme Authen- tizität. Wenn sich die Hausmütter tagtäglich auf jenem Kinderspielplatz zum Lästerplausch versammeln, auf dem später ein kastrierter Päderast schaukeln wird, verbietet sich ohnehin jeder Zynismus von selbst: Das Philistertum richtet sich schließlich zugrunde – an einem Orte reiner Unschuld.
75%