Januar 28, 2007

Retro: WILL SUCCESS SPOIL ROCK HUNTER?

Dieser junge Mann hat es gar nicht so leicht: Rock Hunter ist Werbetexter und dem immerwährenden Druck seiner Branche ausgesetzt, fortlaufend mit neuen spritzigen Ideen aufwarten zu müssen. Jeder Moment erscheint als potentielle Möglichkeit zur Inspiration, man muss mit wachsamen Augen und gespitzten Ohren durch diese laute, bunte Welt schreiten, um nie den Augenblick zu verpassen, in dem er plötzlich da ist, der neue Verkaufsschlager-Einfall. Da kann es durchaus frustrierend sein, wenn der eigene Chef auf dem Flur nicht einmal ein „Guten Morgen“ herausbringt und die Verlobte auch gleich noch den Posten der Sekretärin belegt, wo sie mit drängenden Fragen nach Hochzeit und Idylle die Konzentrationskraft des kreativen Denkers beeinträchtigt. Wenn so einer nun richtig Erfolg hätte – würde ihn das nicht verderben?

Eine gar rhetorische Frage, die Frank Tashlin („The Girl Can't Help It“) dem Zuschauer mit dem Originaltitel „Will Success Spoil Rock Hunter?“ stellt. Natürlich werden im Verlauf dieser vergnüglichen Komödie die Rollen der Despoten und Untertanen neu besetzt, ohne dass der sympathisch exaltierte Titelheld etwas von seiner Bodenständigkeit verlieren müsste. Dabei gerät der als naiver Trottel eingeführte Pechvogel Hunter in eine turbulente Situation nach der anderen: Zunächst fällt er noch ganz zufällig in die Arme des Filmstars Rita Marlowe, dem großen Idol seiner Nichte, beschwört dadurch allerdings ein fulminantes Medieninteresse herauf und befördert sich schließlich fast selbst zum neuen Chef des Unternehmens. Auf dem morgendlichen Flur grüßt dieser seine Angestellten selbstverständlich nicht!

Mit etwas angestaubtem Witz und manch zäher Durststrecke berichtet Tashlin insgesamt dennoch überaus gelungen von den unmöglichen Möglichkeiten eines verlorenen Individuums in den reißerischen Tiefen der Medienwelt. Den wenigsten gelingt es, sich der Strömung zu widersetzen und ihren Rhythmus zu synkopieren – sie nehmen Platz auf dem Steg des Erfolges und beobachten genüsslich, wie ihre Mitstreiter im ewigen Abgrund verschwinden. Da gönnt man dem unbeholfenen Hunter doch jedwede sichere Positionierung, immerhin gelingt ihm diese im Rahmen von Tashlins parodistischer Aufsteigergeschichte nicht getreu dem üblichen Werdegang des Genres: Weder Glück noch eine Aneinanderreihung unglücklicher Missverständnisse (man denke an Preston Sturges’ „Chistmas in July“) begünstigen den Aufstieg des Verlierertypen.

Nein, es ist die Welt der Werbung selbst, eine Branche mit ihren eigenen hanebüchenen Gesetzen, die den Erfolg Hunters initiiert. Ihre undichten Stellen, ihre Konstruktionsfehler lassen das Unverhoffte wahrhaftig werden – mit Hollywoodstar Marlowe (ob die Ähnlichkeiten in Jayne Mansfields Spiel mit Marilyn Monroe Zufall sind? Oder beschwört ihr Name etwa ganz bewusst Verweise zu Rita Hayworth und Jean Harlow herauf?) im Petto für eine lüsterne Werbekampagne tanzt der Junggeselle fröhlich seinem Erfolg entgegen. Mit den Spitzen auf die alles andere als integere Medienlandschaft rund um Fernsehen und Werbung geht der visuelle Appell an das Erlebnis Kino einher. Nach rund zwei Dritteln des Films unterbricht Tashlin und leitet einen kurzen Dialog zwischen Hunter und dem Zuschauer ein, der in Bezug auf die allmähliche Übermacht und Bedrohung des heimischen Fernsehers für die große Leinwand augenzwinkernd dessen Vorteile erläutert:

„Of course, the great thing about television is that it lets you see events live as they happen, like old movies from thirty years ago.“ – Bezeichnend, dass sich die Broadwayproduktion, auf der „Will Success Spoil Rock Hunter?“ basiert, auf der Bühne noch satirisch der Filmbranche verschrieb. Aber trotz Starkult und Showbiz-Attitüden ist die Werbung als symbiotisches Element des Fernsehens dann doch das ungleich reizvollere Opfer. Schließlich sind derart träumerische Geschichten nirgends sonst als im Kino möglich, wo noch der Regisseur die Fäden zur ironischen Distanz in den Händen halten darf.

65%