Januar 22, 2007

Kino: SAW III

Auch "Saw III" versteht ganz vorbildlich zu demonstrieren, wie ökonomisch es seinen Produzenten abermals gelingt, eine Idee, deren minimalistische Umsetzung bereits zwei Mal in Folge für maximale Gewinne sorgte, endlos neu zu variieren und dabei nichts von seinem exploitativen Charakter einbüßen zu müssen: Dieser dritte Film spult lustlos und handwerklich unterirdisch schlecht eine weitere Abfolge verketteter Todessequenzen herunter, deren Fäden wie gewöhnlich der Jigsaw-Killer in den klapprigen Händen hält. Da bereits die Vorgänger auf mehr oder weniger kreative Art versuchten, ihre Opfer in die unmöglichsten Foltersituationen zu verbannen, müssen derweil gleich mehrere Zacken oben draufgelegt werden. "Saw III" erfreut sich spürbar an seinem blutigen Sadismus und wird dabei vom euphorischen Publikum tatkräftig unterstützt – bei nur 10 Mio. US-Dollar Kosten hat der Film allein im Kino bereits über 150 Mio. eingespielt. Die Fortsetzungen sind längst beschlossene Sache.

Da muss also was dran sein, an diesem Stoff. Zugegeben: Der erste Film war derart übersteigert und stellte seine Trivialität fast schon so ostentativ aus, dass man damit durchaus seinen Spaß haben und die Liste der großzügig inspirierten Vorbilder fast vergessen konnte. Obwohl James Wans Independentmär nicht im Entferntesten auch nur einen Ansatz von der Originalität aufwies, die ihm angedichtet wird, war er schlicht, wesentlich und nicht ganz unclever inszeniert. Dass aus dieser Ballung von einem Plagiat allerdings mehrere Sequels geschöpft werden, erscheint dann doch verwunderlich, krankte bereits der kurze Zeit später nachgeschobene "Saw II" an seiner hanebüchenen Überkonstruktion und völligen Beliebigkeit. Anders als sein Vorgänger vernachlässigte dieser die Thriller-Elemente fast gänzlich und stellte seinem infantilen Plot brutal-bizarre Perversion gegenüber – eine Entwicklung, die nun fortgesetzt wird.

Doch was der Film mit seinen genüsslichen Bildern gequälter Menschen, die in rostigem Ambiente bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt werden, bezwecken möchte, außer dass er die primitive Gier seiner Zuschauerschar insgeheim oder auch ganz offensichtlich befriedigt, das bleibt völlig unklar. Denn die großen Idole, die es in den 70er-Jahren vorgemacht haben – und in deren Tradition jene "Saw"-Filme selbst bekennend ebenso stehen wie ein "Hostel" oder "Texas Chainsaw Massacre: The Beginning" – hatten dann eben doch noch etwas mehr mitzuteilen: Dort wurde zwar mitunter ebenso unangenehm gefoltert, mit filmischen Mitteln allerdings stets die Grenze abgesteckt. Denn die Hoopers und Cravens, die das (Sub)Genre zumindest im amerikanischen Kino festigten, verstanden es zumeist effektvoll, ihre rohen Bilder in den Dienst subtiler Urängste zu stellen – der Einsatz graphischer Gewalt war weniger Mittel zum Selbstzweck, sondern diente der robusten Festigung ihrer subversiv durchtränkten Visionen.

"Saw III" ist als postmoderner Torture Porn eng an seine Vorbilder angelehnt, doch worum es denjenigen, die es einst vormachten, wirklich ging – die Auslotung nicht simpel goriger, sondern gesellschaftlicher und dadurch auch zeitreflexiv gefärbter Extreme – hat Darren Lynn Bousman keinen blassen Schimmer. Er klammert sich wie so viele nur an die Oberfläche dieser potenten Ära und erliegt dem Reiz des Genres: Hauptsache es wird ordentlich gematscht. So erzählt er ein weiteres Mal vom Tumor zersetzten Mörder, der mit seinen archaischen Wertevorstellungen – die sich wie gewohnt in pseudophilosophischen und reichlich albernen Dialogen äußern – unschuldige Opfer in illustre Experimente befördert und sie dadurch zu besseren Menschen zu domestizieren versucht. Das verschont den Zuschauer dieses Mal auch nicht von einer mehrere Minuten langen Operationsszene, bei der in nahen und detaillierten Einstellungen Kopf und Schädel aufgeschnitten und –gebohrt werden. Zu guter Letzt wartet das dann wie gewöhnlich mit einem Schlusstwist auf, der so vorbereitet und gelangweilt daherkommt, dass er die Vorgänger noch bei weitem unterbietet, und ist nicht viel mehr als die reine Redundanz menschenverachtender Brutalität. Selbst das begierigste Splatter-Kiddie hat so viel grundlose Dummheit einfach nicht verdient.


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- erschienen bei: Blairwitch.de