November 17, 2006

Kino: THE COVENANT

Der Vorspann verrät bereits, worum es in diesem Film gehen wird: Hektisch gleitet die Kamera über wahllos montierte Symbole, okkult anmutende Zeichen und Schriften, mit schnellen Überblendungen und fetzigem Metal-Soundtrack unterlegt, erscheinen brennende Pentagramme und die Namen vieler Jungstars, die niemand kennt – und die wohl auch niemand wirklich kennen will. „The Covenant“ nimmt sich nicht nur sehr ernst, sondern möchte auch dementsprechend behandelt werden. Darum wird hier sprichwörtlich nicht lange gefackelt: Das hier ist der geheime Kampf der Hexenerben, ausgefochten zwischen stylishen Teenies. Auf einem Besen fliegen die zwar nicht, für Hokus Pokus soll aber dennoch gesorgt sein. Damit der Zuschauer nicht lange rätseln muss, was diese so bemüht mit verzogenen Mimen dreinschauenden Jungs zu verbergen haben, muss gar nicht erst um Aufklärung gebeten werden.

“Im Jahr 1692, in der Kolonie Ipswich in Massachusetts, schlossen fünf Familien mit unbeschreiblichen Kräften einen Pakt des Schweigens. Eine Familie dürstete nach mehr und wurde verbannt. Ihr Stammbaum verschwand spurlos … bis heute. Stell dir vor, du hast die Fähigkeiten, all das zu tun, was du möchtest – aber je öfter du diese Macht nutzt, desto mehr schwächt sie dich.“

Klingt sehr mysteriös. Und das ist es auch. Hier hat man es mit unheimlichen Kräften, schwarzer Magie und unkontrollierbarer Macht zu tun, also durchaus mit den ganz normalen Problemen, die einen durchschnittlich pubertierenden Jugendlichen so beschäftigen dürften. Doch da sich die Geschichte um vier Hexer, die durch den rivalisierenden Erben eines als ausgestorben gegoltenen fünften Familienclans bedroht werden, schnell erzählen lässt, dürfen auch andere Themen nicht fehlen: Liebe, Freundschaft, Verlust und so weiter eben. Deshalb bestimmt natürlich auch eine blonde Pretty das Geschehen, die sich in den Anführer des geheimen Zirkels, den smarten Caleb, verliebt (und umgekehrt versteht sich!). Dass diese dann im Mittelpunkt der finalen Gefahr, bei der sich ein netter Kommilitone als der gemeine Gegner entpuppt, steht, das kommt dann auch verdammt unerwartet.

Überhaupt strotzt Renny Harlins „The Covenant“ förmlich vor originellem Esprit. Nicht nur ist das Drehbuch unvorhersehbar, spannend und sorgfältig ausgearbeitet, sondern wird die abwechslungsreiche Geschichte packend inszeniert und durch spielfreudige wie talentierte Jungdarsteller ins Leben gerufen. Zumindest ließe sich das problemlos in Stein meißeln, wenn man 12-14 Jahre alt, Genre unerprobt und Freund seichten Serienspuks á la „Charmed“ ist, dann nämlich dürfte man wohl zur Zielgruppe dieses ansonsten einfach nur grausig schlechten Films gehören. Ohne Garantie natürlich!

Obwohl die Erwartungshaltung bei derartigen Produktionen – Okkulthorror gehört bekanntlich zur besonders ausgelaugten B-Movie-Sorte – ohnehin verschwindend gering ist, unterbietet Harlin, einst große Genrehoffnung durch Phantastereien wie „A Nightmare On Elm Street 4“, „The Adventures of Ford Fairlane“ oder „Cliffhanger“, selbst diese. Das ist zwar auch schon eine Kunst für sich, kann aber nicht über die leise Wehmut hinwegtäuschen, dass der Regieheld von einst scheinbar endgültig in die untersten Gefilde Hollywoods abgerutscht ist (nein, „Driven“ war somit kein einmaliger Ausrutscher). Zwar blinzelt hier und da kurzzeitig der Routinier durch, doch gegen dieses komplett einfältige, bis ins Mark triviale Anti-Potential des Films kann auch das nichts mehr ausrichten, „The Covenant“ ist selbst für TV-Verhältnisse (und es handelt sich immerhin um eine Kinoproduktion) erschreckend schwach.

Das alles ist ein reines Sammelsurium sattsam bekannter Klischees und kupfert fleißig von so illustren Vorbildern wie Andrew Flemings „The Craft“, der auf originelle Weise den Horror aus der Vor- in die Großstadt manövrierte, oder besonders Joel Schumachers „The Lost Boys“ ab. Letzterer wird in vielen Einstellungen und Ideen relativ dreist kopiert, wenn die vier College-Jungs als düstere Gestalten der Nacht eingeführt werden und wie ruhelose Hüter eines Geheimnisses, das – man erinnert sich an den freundlichen Hinweis zu Beginn – gar keines mehr ist, erscheinen sollen. Von der doppelbödigen und vielschichtigen Auseinandersetzung mit der Generationsproblematik der genannten Beispiele ist der Film jedoch Lichtjahre entfernt, hier wird lediglich ein unglaublich gelangweilt vorgetragener Plot heruntergespult, der selbst in Ansätzen den Hauch einer Eigenständigkeit scheut.

„Ich wollte eine Art ‚The Lost Boys’ für die heutige Generation machen, und dies war genau das Skript, das mir die Vorlage dafür lieferte“, gesteht Sony Screen Gems-Chef Clint Culpepper beinahe reumütig ein. Schumachers Film hatte allerdings, abgesehen von seinem großartigen Subtext, der auf J. M. Barries „Peter Pan“ fußte, einen wesentlich komplexeren visuellen Stil, eine eigenwillige Ästhetik, gehüllt in werbeclipähnliche Bilder, die den klassischen Rock’n’roll mit den Pop-Zutaten des MTV-Zeitalters vermischten. Harlin bietet dagegen stillosen Nonsens, bei dem insbesondere die visuellen Effekte einen lachhaften Eindruck hinterlassen. Schließlich wird auch vor den erneut aus „The Matrix“ entlehnten Bullet-Time-Sequenzen nicht Halt gemacht, während das unangenehm peinliche Finale im plätschernden Regen, einem Kräftemessen der Kontrahenten, das im Wesentlichen daraus besteht, sich entweder gegenseitig Energiebälle zuzuwerfen oder abwechselnd durch die Luft zu befördern, sogar noch deutlicher an den Abschluss der bekannten Wachowski-Trilogie erinnert.

Unterm Strich also wie befürchtet: „The Covenant“ ist ziemlich alberner PG-13-Spuk für kleine Mädchen, die sich gerne mal ein wenig gruseln und gleichzeitig gut aussehende Coverboys anhimmeln dürfen. Ansonsten amüsiert sich mancher verhalten über Dialoge und Effekte, alle anderen enttarnen Harlins Ulknummer bitte als faulen Zauber und lehnen dankend ab.

25%

Review erschienen bei: Wicked-Vision.de