Mit jedem neuen Film bestätigt sich in der Regel meine Kritik am Œuvre der Brüder Joel und Ethan Coen, an deren immer wieder erstaunlichen Kenntnis darüber, wie Film und Filme funktionieren, und wie zwei so begabte Handwerker ihr Talent lediglich für ein selbstgefälliges Demonstrieren ebendieser Kenntnis bemühen. Die Filme der Coens, bei aller Raffinesse, kranken zu einem großen Teil am steten Ausstellen studierter Filmgeschichte und dramaturgischer Tricks, ohne dass sie ihre skurrilen, aberwitzigen, detaillierten Figuren für mehr als nur den immer wiederkehrenden Witz über sich selbst nutzen – ein Film der Gebrüder Coen darf nie Gefahr laufen, allzu ernst genommen zu werden. Und trotz der enormen Kino- Versiertheit der Regisseure, der zweifellos hervorragenden Filmemacher, ist es doch stets nur ein ganz bestimmtes Kino, das sie ehren, plündern, bedienen: Ein nerdiger Eintopf, der nie über den Tellerrand schwappt.
Doch die Coens haben ihre Kino- jetzt um eine Weltsicht ergänzt. Endlich. "A Serious Man" ist nicht nur ein persönlicher Coen-Film, der erste vermutlich, der persönlichste gleich obendrein, es ist auch ein zurückgeschraubter, vorsichtiger, verhaltener Film ohne besondere ostentative Effekte, ohne zwanghafte Flüchte ins Komische und ohne irgendwelche Stars in den Haupt- oder Nebenrollen. Er erzählt eine autobiographisch eingefärbte Geschichte in einer jüdischen US-Siedlung in den späten 60er Jahren. Und die Coens haben, vor allem zwischen dem Text, endlich einmal etwas zu erzählen über Menschen, Lebensweisen, Anschauungen – ohne dass sie dabei auf die lieb gewonnenen Stilmittel verzichten müssten. Denn "A Serious Man" ist genauso brillant inszeniert, genauso gerissen geschrieben und auch genauso komisch-lakonisch wie die anderen besseren Arbeiten des Regiegespanns.
Besonders schön ist, dass es dem Film gelingt, die herkömmliche Coensche Filmsprache mit einer authentischen, anrührenden und liebevollen Geschichte zu vereinbaren. Diese dreht sich um Larry Gopnik, einen sympathischen Lehrer, Ehemann und Vater. Einen, es ist leider so, totalen Loser. Denn über Larry ist eine Pechwolke gezogen, die nicht mehr verschwinden möchte. Es beginnt mit Scheidung, es endet mit dem Tod. Vermutlich zumindest. So genau weiß man das nicht. Das ist auch nicht wichtig. Gemeinsam mit Larry erkundet der Zuschauer nämlich eine skurrile jüdische Subkultur, die nach Gesetzen (zweifellos überhöhter) Eigenheiten und bitterböser Absurditäten funktioniert. Eine in jiddisch gedrehte irrwitzige Exposition (die keine ist) veranschaulicht das gleich zu Beginn – hier gibt es einiges zu lernen. Vor allem über die Selbstironie der Coens, über die Sicht auf sich selbst, ihre Kultur, ihre Herkunft und ihre Erziehung.
Warum Larry, dem "Serious Man", im Laufe der Handlung so konsequent viel Unheil widerfährt, das weiß man nicht. Das erfährt man auch nicht. Denn, hier dürfen die Coen-Brüder ganz die alten sein, spinnen sie Zusammenhänge nach der ihnen eigenen Logik: In freien Parallelmontagen erzeugen sie kuriose Spannungsverhältnisse, während sie die eigentliche Erzählung gern für ausschweifende Intermezzi verlassen. Das ergibt hier indes einen Gesamtsinn, denn man erfährt viel über die Figuren und die kleine seltsame Welt, in der dieser Film verortet ist. Das hat einen ganz eigenwilligen Charme und ist trotz seiner gelegentlichen Zähheit und Coen-typischen Humordialektik um einiges interessanter als die rein filmtechnischen Spielereien Marke "No Country for Old Men".
70% - erschienen bei den: 5 FILMFREUNDEN
Doch die Coens haben ihre Kino- jetzt um eine Weltsicht ergänzt. Endlich. "A Serious Man" ist nicht nur ein persönlicher Coen-Film, der erste vermutlich, der persönlichste gleich obendrein, es ist auch ein zurückgeschraubter, vorsichtiger, verhaltener Film ohne besondere ostentative Effekte, ohne zwanghafte Flüchte ins Komische und ohne irgendwelche Stars in den Haupt- oder Nebenrollen. Er erzählt eine autobiographisch eingefärbte Geschichte in einer jüdischen US-Siedlung in den späten 60er Jahren. Und die Coens haben, vor allem zwischen dem Text, endlich einmal etwas zu erzählen über Menschen, Lebensweisen, Anschauungen – ohne dass sie dabei auf die lieb gewonnenen Stilmittel verzichten müssten. Denn "A Serious Man" ist genauso brillant inszeniert, genauso gerissen geschrieben und auch genauso komisch-lakonisch wie die anderen besseren Arbeiten des Regiegespanns.
Besonders schön ist, dass es dem Film gelingt, die herkömmliche Coensche Filmsprache mit einer authentischen, anrührenden und liebevollen Geschichte zu vereinbaren. Diese dreht sich um Larry Gopnik, einen sympathischen Lehrer, Ehemann und Vater. Einen, es ist leider so, totalen Loser. Denn über Larry ist eine Pechwolke gezogen, die nicht mehr verschwinden möchte. Es beginnt mit Scheidung, es endet mit dem Tod. Vermutlich zumindest. So genau weiß man das nicht. Das ist auch nicht wichtig. Gemeinsam mit Larry erkundet der Zuschauer nämlich eine skurrile jüdische Subkultur, die nach Gesetzen (zweifellos überhöhter) Eigenheiten und bitterböser Absurditäten funktioniert. Eine in jiddisch gedrehte irrwitzige Exposition (die keine ist) veranschaulicht das gleich zu Beginn – hier gibt es einiges zu lernen. Vor allem über die Selbstironie der Coens, über die Sicht auf sich selbst, ihre Kultur, ihre Herkunft und ihre Erziehung.
Warum Larry, dem "Serious Man", im Laufe der Handlung so konsequent viel Unheil widerfährt, das weiß man nicht. Das erfährt man auch nicht. Denn, hier dürfen die Coen-Brüder ganz die alten sein, spinnen sie Zusammenhänge nach der ihnen eigenen Logik: In freien Parallelmontagen erzeugen sie kuriose Spannungsverhältnisse, während sie die eigentliche Erzählung gern für ausschweifende Intermezzi verlassen. Das ergibt hier indes einen Gesamtsinn, denn man erfährt viel über die Figuren und die kleine seltsame Welt, in der dieser Film verortet ist. Das hat einen ganz eigenwilligen Charme und ist trotz seiner gelegentlichen Zähheit und Coen-typischen Humordialektik um einiges interessanter als die rein filmtechnischen Spielereien Marke "No Country for Old Men".
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