Februar 18, 2008

BERLINALE 2008 - Rückblick

So, schon wieder vorbei, die kürzesten 10 Tage des Jahres. Das Programm erschien mir dürftig, sehen wollte ich die wenigsten Sachen, und wenn, dann wartete um die Ecke ohnehin schon der baldige Kinostart. Also fiel der Blick wieder aufs Panorama, was dann zu einer mageren Ausbeute von nur fünf Filmen führte (Reviews dazu eventuell in Kürze). Der Hauptgrund: Arbeit und soziale Verpflichtungen, wen man so alles treffen muss und natürlich auch gerne trifft, da kommen quasi alle Filmfreunde von weit her zusammen (die halbe Blogger- und Forengemeinschaft, um genau zu sein).

Was lernen wir aus diesem Jahr Berlinale? Dieter Kosslick ist ein Alt-68er. Die Stones, Patti Smith und Neil Young scheinbar modern. Madonna macht jetzt auf Regisseurin und wertet das Produkt dann gleich im Internet aus. Für den Wettbewerb bleibt gerade noch die Resteware aus Übersee oder Weltpremie- ren, die die Welt bis dato auch aus gutem Grund nicht gesehen hat, übrig. Plakate können einen in hysterisches Lachen ver- setzen, so geschehen beim deutschen Motiv zu "The Other Boleyn Girl", auf dem Scarlett Johansson und Natalie Portman wie zwei Jungdirnen im lasziven Korsett posieren, während Eric Bana schaut, als würde er fragen, wie er sich da nur hinein verirrt haben dürfte. Dieter Kosslicks Englisch sollte endlich mal den Goldenen Bären gewinnen. Filmvorführer scheint kein erlernter Beruf zu sein. Die Variety-Sonder- ausgaben bestehen vorwiegend aus Screening-Terminen für den Filmmarkt. Getränkepreise am Potsdamer Platz wurden um 100% angezogen. Filmstudenten sehen gut aus, aber wirken angespannt und genervt, vermutlich weil die Buñuel-Retro immer ausverkauft ist oder ihr Abschlussfilm nicht auf der Berlinale gezeigt wird. Shahrukh Khan möchte niemals einen Schwulen spielen, posiert auf seinen Plakaten aber besser als jeder Gayporno-Star. Wichtig ist man, wenn um den Hals ein rotes Bändchen baumelt. Noch wichtiger ist man, wenn man dazu die schnieke Berlinaletasche umzuhängen und in der einen Hand einen Latte Macchiato und der anderen Notizblock und Kugelschreiber zu halten hat. Rauchverbot gilt überall, nur nicht auf Berlinale-Partys. Zumindest war das bei der Senator-Fete der Fall, zu meinem Glück. Und Harvey Weinsteins vielleicht auch, der war ebenfalls da. Presse- konferenzen werden nur von Pseudojournalisten besucht, die mit ihren Pseudofragen nicht einmal versuchen, irgendwie nicht pseudo zu wirken. Die Filmauswahl war schon berechenbarer, zumindest um einige Dritte Welt-Dramen, Folter-Dokus und Arme Menschen-Betroffenheitskino reicher. Ein "300" außer Konkurrenz hat gefehlt, ich hätte dafür vielleicht "Rambo" vorgeschlagen. Im Kino husten und schniefen alle vor sich, das reinste Bazillendomizil. Um Studentenermäßigungen zu bekommen, muss man alles, nur kein Student sein. Und der neue Bruce LaBruce soll zu den Highlights der Berlinale zählen – was genau sagt das eigentlich über die 58. Filmfestspiele aus?

Photos: Melanie Renker